Sicher zur Schule
Eye-Tracking-Aufnahmen einer aktuellen ÖAMTC-Untersuchung zeigen, wohin junge Verkehrsteilnehmer schauen.
Wohin schauen Kinder, wenn sie die Fahrbahn überqueren? Erkennen sie potenzielle Gefahren zeitgerecht?
Eine ÖAMTC-Blickuntersuchung zeigt, dass Kinder grundsätzlich zu viel wahrnehmen und noch nicht einschätzen können, welches herannahende Auto für das Überqueren der Fahrbahn relevant ist. Analysiert wurde das Blickverhalten von sechs- bis siebenjährigen Kindern sowie von elf- bis zwölfjährigen. Die Probanden wurden mit speziellen Eye-Tracking-Brillen von Viewpointsystem ausgestattet. Die Untersuchung fand an geregelten und ungeregelten Kreuzungen im 19. Bezirk in Wien statt. Weitere Szenarien waren Radwegüberquerungen sowie Ein- und Ausfahrten am Gehweg.
Die spannendsten Ergebnisse im Detail:
Zu großer Abstand zur Kreuzung
Sechs- bis siebenjährige Kinder bleiben häufig Schutz suchend zu nahe an der Hausmauer oder hinter dem Parkstreifen stehen. Dort können sie nur schwer von anderen Verkehrsteilnehmern gesehen werden und sehen auch selbst nicht in den Kreuzungsbereich hinein.
"Zeigen Sie Ihrem Kind, dass es sich eine Schultaschen-Breite entfernt von der Gehsteigkante aufstellen soll, damit es frei in die Fahrbahn blicken kann", erklärt ÖAMTC-Verkehrspsychologin Marion Seidenberger.
Irrelevante Blickführung
Sechs- bis siebenjährige Kinder schweifen mit ihrem Blick beim Überqueren der Fahrbahn noch zu weit ab, sind überfordert und nehmen Unwichtiges zu intensiv wahr.
Sie können Tempo und Entfernung eines herannahenden Autos schwer abschätzen. Wenn andere Fußgänger ebenfalls die Fahrbahn überqueren möchten, orientieren sich Kinder sehr stark an ihnen.
"Erwachsene müssen immer damit rechnen, dass ihr Verhalten ein Vorbild für die jungen Verkehrsteilnehmer ist", betont Seidenberger.
Die Kameraaufzeichnungen der Eye-Tracking-Brillen zeigen das Blickverhalten der Probanden
Gefahren lauern überall
Die jüngsten Probanden achten wenig auf Garagenausfahrten. Meist schauen sie diese nur kurz an. Noch erschreckender ist die Erkenntnis, dass Elf- bis Zwölfjährigen einfach vorbeigehen. "Ihr Fokus und Blick bleibt auf den bisherigen Weg gerichtet, der ohne Verzögerung fortgesetzt wird", erläutert die ÖAMTC-Verkehrspsychologin. Auch Zebrastreifen, die über Radwege führen, sorgen für enorme Unsicherheit. Alle Probanden waren extrem überfordert und wussten nicht, wie sie sich verhalten sollen: weitergehen oder stehen bleiben?
Der Schulweg sollte regelmäßig geübt, das richtige Verhalten im Straßenverkehr wiederholt werden.
Marion Seidenberger, ÖAMTC-Verkehrspsychologin
Schlechte Sicht durch Hindernisse
"An Schulwegen muss der vorgezogene Aufstellbereich an Kreuzungen frei und einsehbar sein", betont Marion Seidenberger. Leider verdecken hängende Mistkübel, Wartehäuschen, Werbetafeln oder Radfahrabstellanlagen oft den Sichtbereich. Denn sogar höher sitzende Lenker, etwa Rad- und Lkw-Fahrer:innen, können Personen, die hinter oder neben einem Gebüsch oder einem Mistkübel an Kreuzungen stehen, zu spät sehen oder gar übersehen.
Üben, üben, üben
Der Schulweg muss immer wieder gemeinsam geübt werden. "Wichtig dabei ist dem Kind zu zeigen, auf was es achten muss und wo es sich genau vor dem Queren der Fahrbahn hinstellen soll", so die Expertin. "Liebe Eltern, bitte weisen Sie nicht nur auf mögliche Gefahren hin, das verunsichert Ihr Kind." Besser: Positiv mit Ihrem Nachwuchs Stück für Stück mit praktischen Anweisungen den Schulweg gemeinsam abgehen, erklären und vorzeigen.
Video: Gefahren am Schulweg
Details zur ÖAMTC-Blickstudie
Um zu verstehen, wo die Gefahren für Kinder lauern, hat der ÖAMTC in Kooperation mit Viewpointsystem mittels Eye-Tracking-Brille das Blickverhalten von Kindern beim Überqueren eines Schutzweges analysiert. Die von Viewpointsystem entwickelte Brille digitalisiert das menschliche Blickverhalten. Das System besteht aus drei Kameras: Die Frontkamera fängt das Blickfeld ein. Die beiden Innenkameras, die auf die Augen gerichtet sind, filmen sämtliche Augenbewegungen.