Natürlich geht's!
Mit Elektroautos kann man keine Geschäftsreisen machen, ihre Akkus können nicht gelöscht werden – und ökologisch korrekt entsorgt schon gar nicht: Drei Vorurteile, die wir anhand einer ausgedehnten Dreitages-Tour durch Österreich entkräften.
Vielbeschäftigte Kilometerfresser meiden Elektroautos meist wie der sprichwörtliche Teufel das Weihwasser: Die immanente Angst, auf dem Weg zu einem wichtigen Termin unterwegs wertvolle Zeit beim Aufladen zu verlieren oder das erlaubte Autobahn-Tempo nicht ausreizen zu können, schreckt ab.
Dieses zermürbende Gefühl, im Gegensatz zu all den anderen daneben auf der Straße zu langsam zu sein, nicht g'scheit voranzukommen, durch Überholmanöver keine kleinen psychologischen Siege zwischendurch zu erzielen, ist angesichts dieser Zeiten des permanenten Drucks von allen Seiten aber auch irgendwie verständlich, keine Frage.
Lassen Sie mich bitte trotzdem gleich eingangs vorwegnehmen, welche zwei Lehren ich daraus zog, nachdem ich soeben drei Tage lang versucht habe, den vollgepackten Berufsalltag eines Vielfahrers nachzuvollziehen – in einem Elektroauto.
Erstens: Die Qualität der inneren Ruhe, die das stille und konstante Dahingleiten in einem E-Auto auf der Langstrecke erzeugt, ist mit keinem noch so tollen Stundenlohn aufzuwiegen. Ich persönlich empfinde das stets als schöne Zeit für mich selbst, wenn ich mir genüsslich und vor allem auch bewusst neue Musik (persönlicher Geheimtipp: Larkin Poe) oder schwierige Hörbücher zuführe, ohne ständig – klick, klick – den Blinkerhebel zwischen den Fingern zu spüren. Schließlich geht das seit jeher nirgendwo so gut wie allein im Auto.
Zweitens: Während dieser Tour ist unser Fotograf Markus in einem eigenen Begleitfahrzeug mitgefahren, da er und ich – Stichwort: Abstand – kein Corona-Risiko eingehen wollten. Er war in einem dieselgetriebenen Pick-up unterwegs, hat alle legalen Geschwindigkeiten ausgenützt und kam auf langen Etappen aber trotzdem meist nur ein paar Minuten früher ans Ziel als ich im Elektroauto.
Sprich: Flottes Fahren inklusive ständigem Bremsen und Beschleunigen führt bloß subjektiv schneller zur Destination. Die Durchschnittsgeschwindigkeit macht's aus, und die ist im Elektroauto eben nur marginal geringer als in einem Verbrenner.
(Hinweis: Dies ist eine sehr lange und ausführliche Reportage, die viele Facetten der Elektromobilität behandelt. Wir freuen uns, wenn Sie sich die Zeit nehmen, schätzen die Lesedauer allerdings auf etwa 20 bis 30 Minuten.)
Das Wurstsemmerl schlinge ich halt nimmer schnell im Auto runter, sondern draußen. Macht auch weniger Brösel am Sitz.
Christoph Löger, Redakteur
1.700 Kilometer: In drei Tagen durch Österreich
Unsere Route sollte zuerst von Wien ins Burgenland führen, wo wir uns in Frauenkirchen von einem Team der dortigen Freiwilligen Feuerwehr zeigen ließen, worauf es ankommt, wenn ein Elektroauto verunfallt (mehr dazu gleich).
Dann ging es weiter nach Kärnten: Dort waren wir mit einem Herren verabredet, über dessen spannende Beziehung zur Elektrizität Sie ebenso lesen werden, wenn Sie diesen Zeilen weiter folgen.
Den Großglockner rechts und die Felbertauern-Straße gewinnend (samt beeindruckenden 30 Kilometern Reichweiten-Rückgewinnung bei der Bergab-Fahrt), wies der Terminkalender nach Kössen in Tirol. Dort ging es schließlich darum, zu erfahren, was eigentlich mit den Akkus gecrashter E-Autos passiert (Sie ahnen's schon: Auch darüber werden wir weiter unten ausführlich berichten).
Zurück nach Wien fuhren wir, samt einiger ausgedehnter Abstecher zwecks hübscher Fotomotive, über das "kleine deutsche Eck" und die Westautobahn. Macht zusammen rund 1.700 Kilometer – inklusive jeweils mehrstündiger Aufenthalte während der Geschäftstermine.
Möchten Sie mitfahren? Kein Problem. Steigen Sie einfach ein…
Notizen von unterwegs
Die große Preisfrage
Ich war in keinem teuren Tesla unterwegs, mit dem man – je nach Budget – heute ohnehin schon recht friktionsfrei zu jeder Jahreszeit bis zu 500 Kilometer nonstop abspulen kann, sondern einem relativ leistbaren Elektro-Kleinwagen: Der Renault Zoe (ab 22.390 Euro) bewährt sich beim auto touring bereits seit einiger Zeit als Dauertest-Kandidat und hat mir in der Praxis nun gezeigt, dass es mit einem auf den ersten Blick eher für die Stadt geeigneten Stromer tatsächlich möglich ist, frei von Kompromissen auch längere Touren zu unternehmen.
Hier ein paar Klischees, die es anhand des realen Alltags zu entkräften gilt, beginnend mit der Autobahn-Geschwindigkeit: Noch vor zwei Jahren war ich der Überzeugung, dass in einem Elektroauto Tempo 110 der beste Kompromiss sei, um die Reichweite zu maximieren und die Reisezeit gleichzeitig zu minimieren. Ich habe mich getäuscht.
Zumindest was den Zoe betrifft, sind 120 km/h auf Dauer nämlich kein Problem. Sie mögen sich vielleicht wundern, welchen Unterschied die mickrigen 10 Stundenkilometer mehr denn machen. Unterwegs stellt man aber fest: einen sehr großen. Denn genau dieser Bereich entscheidet darüber, wie flüssig man auf der Autobahn mitschwimmt. Es ist jenes Fenster, in dem man Lkw zügig überholt, motivierte Linksspur-Rennfahrer aber nicht über Gebühr verärgert.
Mit Tempomat 120 und ein wenig Vorausschauen schaffe ich es im Zoe sogar regelmäßig, 200 Kilometer zu fahren, ohne Strom- oder Bremspedal auch nur ein einziges Mal zu berühren – den Tempomat-Tasten am Lenkrad sei's gedankt.
Thema Reichweite
Unser Zoe mit dem großen 52-kWh-Akku schafft auf der sehr praxisnahen auto-touring-Normrunde 367 Kilometer und verfehlt damit nur knapp die Werksangabe (385 km nach WLTP). Unterwegs reizt man das natürlich nicht aus, sondern entscheidet sich für eine der zwei heiß diskutierten Ladestrategien: Den Akku entweder möglichst leer fahren und dann mit wenigen Stopps laaange laden. Oder öfter anstecken, dafür aber jeweils kürzer.
Für mein Fahrprofil hat sich Letzteres im Alltag als praktikabel erwiesen: Alle zwei Stunden rund zwanzig Minuten zu pausieren ist in Sachen Konzentration ohnehin empfehlenswert, und das Wurstsemmerl schlinge ich halt nimmer schnell im Auto runter, sondern draußen. Macht auch weniger Brösel am Sitz.
Außerdem: Diese Minuten kann man hervorragend dazu nützen, um in Ruhe wichtige Telefonate zu führen, die man sonst unterwegs erledigt hätte – und vermeidet peinliche Notlügen wie "Du, Chef? Da kommt grad ein Tunnel."
Was das oftmals kritisierte "Lade-Wirrwarr" angeht: Die Tankkarte unseres Zoe ist für zwei Anbieter freigeschaltet: Wien Energie und Smatrics. Mit Ersterem kann man in der Bundeshauptstadt mittlerweile an fast jedem Eck laden (und zahlt dabei keine Parkgebühren), Smatrics versorgt (nicht nur in Österreich) dazu auch außerhalb des Stadtgebiets mit guter Abdeckung samt vielen Roaming-Partnern – entlang den Autobahnen auch stets mit Schnellladern.
Stichwort Schnellladen: Der Zoe kann 50 kW Gleichstrom aufnehmen, weniger als 39 kW waren's bis zur 80-Prozent-Marke des Akkus unterwegs aber nie – toll! Zwar mussten wir im Osttiroler Gebirge einmal "fremdladen", haben aber, sehr simpel, die auf der Station per QR-Code ersichtliche Smartphone-App der TIWAG runtergeladen, uns registriert und konnten – obwohl "nur" Laufkundschaft – unkompliziert und günstig bezahlen (15,23 kWh um 3,35 Euro). Dauer der Handy-Tippselei: keine zwei Minuten.
Praktische Erfahrungen
Ich verstehe zwar die Kritik am teils undurchsichtigen Lade-Angebot, kann sie persönlich aus meinem Alltag aber nicht ganz nachvollziehen: Während meiner rund 25.000 E-Auto-Kilometer in den letzten paar Jahren habe ich in Ländern wie Kroatien, Großbritannien oder den USA eigentlich nie mehr gebraucht als mein Mobiltelefon, um binnen weniger Minuten weiterzukommen.
ÖAMTC ePower: Seit Oktober können Sie als ÖAMTC-Mitglied (und auch Nicht-Mitglieder) an bereits 17 ÖAMTC-Standorten in ganz Österreich günstig Strom tanken. Zur Verfügung stehen Wechselstrom-Stationen (bis zu 22 kW) und Gleichstrom-Schnelllader (bis zu 75 kW). Abgerechnet wird fair – nicht nach Ladezeit, sondern nach tatsächlich bezogener Strommenge. Mehr Informationen finden Sie unter www.oeamtc.at/oeamtc-epower.
Vielleicht auch noch ein nicht unwesentliches Detail, auf das wir im Zuge dieser Reise – mit einem Elektroauto samt zeitlich engen Terminen – schon vorab bei der Planung Wert gelegt haben: Wir haben für die Übernachtungen gezielt nach Hotels gesucht, bei denen man den Zoe laden kann, während wir schlafen. Das ist für E-Fahrer insofern nicht ganz unerheblich, weil man eine Tages-Tour dann so timen kann, dass beim Check-in zu Sonnenuntergang kaum Reichweite übrig bleibt, der Akku zum Frühstück aber wieder voll ist.
Leider haben wir entlang unserer Route nur wenige Beherbungen gefunden, die dieses Service anbieten. Und wir meinen damit keine normalen Haushalts-Steckdosen, wo der Hotelchef seufzend sein SUV aus der Privatgarage fährt, damit dem vermeintlich exotischen Fahrzeug des Gasts Strom zugeführt werden kann, sondern vernünftige Wallboxen mit mindestens 11 kW Saft.
Deshalb nur so als Tipp: Elektroauto-Kunden werden künftig nicht weniger, sondern mehr, das ist logisch absehbar. Wer da im Tourismus jetzt Weitblick zeigt, könnte sich künftig eine dankbare Stamm-Klientel sichern.
Themenwechsel: der Mythos Akkubrand
Im Crash-Fall seien Elektroautos höchst gefährlich, so die gängige Mär. Wir haben unterwegs deshalb auch im Burgenland gestoppt und vor Ort nachgeforscht: bei der Freiwilligen Feuerwehr Frauenkirchen.
Grundsätzlich gilt, so sicher wie das Amen im Gebet: Beginnt ein Elektroauto zu brennen, steht's am nächsten Tag – mal mehr, mal weniger reißerisch beschrieben – in der Zeitung. Vom "Flammeninferno" liest man da, aber auch manchmal von der kompletten Unbedenklichkeit im Falle eines Crashs. Das ist durchaus verständlich – schließlich polarisiert die Mobilitätsrevolution in Richtung Elektrifizierung ja seit geraumer Zeit.
Wie sieht's mit den Fakten aus?
Sind E-Autos tatsächlich potentiell brandgefährliche Käfige, aus denen es kein Entrinnen gibt?
Vorweg zur Beruhigung: nein. Sie brennen nicht öfter oder intensiver als benzin- bzw. dieselgetriebene Autos – nur eben anders. Christian Klejna, Technik-Experte des ÖAMTC, erläutert: "Egal welche Antriebstechnik, moderne Fahrzeuge sind extrem sicher. Auch in Elektroautos sind alle Sicherheitsvorrichtungen verbaut, die es auch in konventionell angetriebenen Autos gibt. Aber ja, natürlich: Nach einem heftigen Aufprall kann jedes Fahrzeug zu brennen beginnen."
Wir bemühen die Statistik: Untersuchungen zeigen, dass bei Verbrennungsmotoren pro einer Milliarde gefahrener Kilometer mit durchschnittlich 90 Fahrzeugbränden gerechnet werden muss. Wegen ihrer vergleichsweise geringen Verbreitung gibt es für Elektroautos dazu zwar noch keine belastbaren Statistiken, tendenziell aber dennoch keinen Grund, bei ihnen höhere Brandzahlen anzunehmen. Das haben auch Crashtests des ADAC oder der DEKRA bestätigt, bei denen festgestellt wurde, dass das Risiko eines E-Auto-Brandes bei Unfällen vergleichbar oder sogar geringer ist als bei Verbrenner-Fahrzeugen.
Beispiele gefällig? Achtung: Der Sound des Aufpralls ist nicht schön anzuhören…
1) Nissan Leaf
2) Der neue VW ID.3
Fahrzeugbrände sind sehr selten. Das ist bei Elektroautos nicht anders als bei solchen mit Verbrennungsmotor.
Christian Klejna, ÖAMTC-Experte
Selbst-Check: der normale E-Alltag
Heute, wenn Sie diese Zeilen lesen, haben Sie bestimmt schon mehrere Male Ihr Smartphone in Händen gehalten. Vielleicht haben Sie auch mit einem Akku-Staubsauger die Wohnung sauber gemacht oder über Nacht die Batterie Ihres E-Bikes in der Küche geladen. Dinge, mit denen wir heute selbstverständlich und bedenkenlos hantieren.
Was diese mit einem Elektroauto gemeinsam haben? Lithium-Ionen-Akkus, die sie versorgen.
Wir haben uns im Alltag aber nicht nur an Strom gewöhnt: Täglich bewältigen wir unsere Auto-Mobilität in fahrenden Kisten, denen ein dünnwandiger Tank mit bis zu hundert Litern leicht entzündlicher Flüssigkeit innewohnt. Angst haben wir dabei freilich keine: Der Umgang damit ist uns nicht neu, wir können nämlich auf langjährige (und sichere) Erfahrungen damit zurückblicken.
Was beim E-Auto-Unfall technisch passiert
Grundsätzlich sperrt die Crash-Sensorik zuerst einmal die Hochvolt- Anlage, es besteht für die Insassen also keine Gefahr durch Stromschläge. Wurden beim Aufprall die Zellen des Akkus beschädigt, kann es aber geschehen, dass Kurzschlüsse entstehen, dabei die Elektolyt-Flüssigkeit im Inneren verdampft und dieser bis zu 700 Grad heiße Dampf durch ein Sicherheitsventil entweicht. Und weil viele Bauteile unserer Autos heute aus Kunststoff bestehen, können diese zu brennen beginnen und eine Kettenreaktion auslösen.
Das Problem: Brennt ein Akku einmal, lässt er sich kaum mehr löschen, da das Lithium darin mit Sauerstoff reagiert – auch in Verbindung mit Wasser. Die betroffenen Zellenpakete können nur mehr gekühlt werden, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern.
Und hier kommt die Feuerwehr ins Spiel…
Bei der Feuerwehr am Land
Am Beispiel einer größeren unter den vielen Freiwilligen Feuerwehren Österreichs haben wir uns in Frauenkirchen im Burgenland die Strategie für einen Unfall mit einem Elektroauto angesehen. Dort setzt man in Sachen Know-how übrigens auf Schulungen des ÖAMTC, die der Club interessierten Feuerwehren anbietet.
Wichtig, so Wolfgang Zwinger von der FF Frauenkirchen: "Wir sprechen bei Einsätzen mit E-Fahrzeugen von keinem Standard-Vorgehen nach Vorgabe unseres Landes- oder Bundes-Feuerwehrverbandes." Sprich: allgemein gültige Aussagen für alle Feuerwehren kann er nicht treffen, jeder Unfall ist speziell und gesondert zu betrachten.
Laut Feuerwehr der Stadt Wien ist es für die Einsatztaktik in der Erstphase aber auch nicht wichtig, womit das Fahrzeug angetrieben wird: Oft ist die Antriebsart zu Beginn des Einsatzes nicht erkennbar, deshalb nähert sich der Löschtrupp dem brennenden Auto immer so, als ob spezielle Sicherheitseinrichtungen verbaut wären, wie sie etwa bei gasbetriebenen Kfz erforderlich sind.
Erst beim weiteren Brandverlauf ist ein Unterschied zwischen Autos mit Verbrennungsmotor und solchen mit Elektro- bzw. Hybridantrieb zu erwarten, da im Brandrauch komplexere Schadstoffe und Schwermetalle aus der Batterie freigesetzt werden und außerdem mehr Löschwasser zum Kühlen des Akkus benötigt wird.
Menschenrettung und Eigensicherung stehen immer im Vordergrund.
Reinhard Rovny, Einsatzleiter FF Frauenkirchen
Simulation eines E-Auto-Unfalls
Wir sind mit dem Renault Zoe nach Frauenkirchen gekommen, um uns damit einen simulierten Einsatz mit einem verunfallten E-Auto zeigen zu lassen. Zum Spaß können wir den Testwagen natürlich nicht crashen, also beschränken wir uns auf praktisch demonstrierte Theorie.
Grundsätzlich gilt: Der Einsatzleiter entscheidet, wie, wann und womit vorgegangen wird. In unserem Fall ist das Reinhard Rovny. Er erklärt: "Zuerst stehen Menschenrettung und Eigensicherung im Fokus, erst dann werden die restlichen Probleme angegangen."
Für mich als "Unfallopfer" heute extrem beruhigend: Während seine Kollegen draußen arbeiten, sitzt er neben mir im Auto und schildert ruhig, welche Schritte gerade durchgeführt werden. Ein Standard-Procedere bei solchen Einsätzen. Immerhin kann es durch die Werkzeuge extrem laut werden, und das Opfer soll nicht in Panik geraten, wenn etwa die Dachsäulen aufgeschnitten werden.
Reinhard macht das bei mir hervorragend. Im Ernst: Kommt man plötzlich in eine so schlimme Situation, ist man wirklich nur dankbar, so jemanden an seiner Seite zu haben. Jemanden, der einem das Gefühl gibt, gerade jetzt nicht allein zu sein.
Schwenk zu den Kollegen nach draußen: Dank spezifischer Informationen zum verunfallten Automodell, die die Einsatzkräfte vor Ort auf einem Tablet einsehen können, wissen sie genau, wo sie ansetzen können. Auch das beruhigt – wenn man's weiß.
Dass Elektroautos dabei besondere Gefahren bergen, ist übrigens ein Mythos: Die Hochvolt-Kabel verlaufen nie durch Dach oder Säulen, sondern stets im Fahrzeugboden. Wolfgang Zwinger von der FF Frauenkirchen: "Spätestens seit unserer Schulung beim ÖAMTC wissen wir auch, dass wir eine brennende Batterie nicht löschen können, sondern nur mit Wasser kühlen."
Keine Sorge: Zu diesem Zeitpunkt sind Sie als Unfallopfer längst aus dem Fahrzeug geborgen und versorgt.
Das passiert beim Feuerwehr-Einsatz
Feuer aus!
Die Lage unseres simulierten "Unfalls" im Burgenland ist nun unter Kontrolle, wir wollen aber wissen, was im Anschluss mit den Akkus unseres Zoe passieren würde. ÖAMTC-Spezialist Klejna erklärt den Ablauf: "Ist die Batterie beschädigt, sollte das Auto 72 Stunden in einem sicheren Bereich verwahrt werden, wo es mit ausreichend Wasser versorgt werden kann, bevor der Akku abgetrennt und per Sondertransport zu einem zertifizierten Entsorgungsbetrieb gebracht wird."
Um darüber mehr zu erfahren, machen wir uns auf den Weg nach Kössen in Tirol – allerdings nicht ohne vorher noch in Kärnten einen Zwischenstopp einzulegen.
Grund für den kurzen Umweg: die Familie Ogris. Aber lesen Sie am besten selbst…
Zuerst wurde ich belächelt, dann bekämpft. Heute schätzt man, was ich mache.
Emil Ogris, lebt auf seinem Hof energieautark
Exkurs: Besuch beim Kärntner Elektro-Pionier
Emil Ogris ist gelernter Elektrotechniker und hat bereits 1980 eine riesige Photovoltaik-Anlage auf das Grundstück seines landwirtschaftlichen Betriebs gestellt. 150.000 Schilling hat das gekostet, sprichwörtlich ausgezahlt hat es sich längst: "Heute würde die Anlage 25.000 Euro kosten, aber mit unserem Verbrauch von 25.000 kWh im Jahr, was etwa 5.500 Euro Stromkosten entspricht, amortisiert sich das ja schnell", sagt Herr Ogris bei unserem Besuch.
Wie machen Sie das, Herr Ogris?
"Wir leben autark, sind von der Mineralöl-Wirtschaft entkoppelt", erzählt er und zeigt, warum: Den Traktor etwa hat er auf E-Antrieb umgebaut, eine mobile Photovoltaik-Einheit auf einem Anhänger versorgt die Motorsense. Und: "Vor 7 Jahren war ich zum letzten Mal bei einer Tankstelle, um Benzin für die Rasenmäher zu kaufen. Die sind jetzt aber auch längst elektrisch."
Kernstück der unabhängigen Stromversorgung per Sonnenenergie: zwei Akkus mit 250 und 100 kWh Speicher im Keller. Allein die große Batterie kann das Gehöft zehn Tage lang bedienen, zur Not steht auch ein Blockheiz-Kraftwerk bereit, dessen umgebautes Diesel-Aggregat mit Sonnenblumenöl läuft – alles per Computer gesteuert.
Und Lebensmittel? Mobilität?
Auch in den Supermarkt geht Familie Ogris selten: Dank Getreide- und Kartoffelfeld, Obst- und Gemüsegarten sowie einem Glashaus werden fast alle Lebensmittel selbst produziert.
Für die Mobilität der drei Generationen, die hier unter einem Dach leben, sorgen drei neue Elektroautos – und ein altes: ein Peugeot 106 aus den 1990er-Jahren. Dessen ineffizienten Nickel-Cadmium-Akku hat Emil Ogris 2008 auf Lithium-Eisenphosphat umgebaut. Das Resultat: 280 statt 70 Kilometer Reichweite.
Ob man ihn manchmal für ein wenig verrückt hält? "Zuerst wurde ich belächelt, dann bekämpft und heute geschätzt", grinst er.
Was bringt's der Umwelt? Wir fragen Peter Traupmann, Geschäftsführer der Österreichischen Energieagentur: "Stellt man die CO2-Äquivalente von Diesel und dem österreichischen Strom-Mix mit 25 Prozent Import-Anteil gegenüber, spart Familie Ogris im Jahr 15 Tonnen CO2 ein. Eine imposante Menge."
Am Schauplatz: der Hof von Emil Ogris
Letzte Station
Wir sind am Ziel unserer dreitägigen Elektroauto-Tour durch Österreich angekommen – bei der Firma SEDA Umwelttechnik GmbH in Kössen/Tirol. Das Unternehmen arbeitet schon länger mit renommierten Autoherstellern zusammen und hat sich auf Umgang, Transport, Lagerung sowie Rücknahme und Behandlung von elektrischen Alt- und Unfallfahrzeugen spezialisiert.
Im hiesigen Elektrofahrzeug-Recycling-Center von SEDA werden Lösungen entwickelt, wie damit umzugehen ist, dass E-Autos bis 2025 schätzungsweise bereits 50 Prozent aller Neuwagen ausmachen werden.
Ja, Akkus können recycled werden
Wir treffen Sebastian Raubinger und Andreas Obinger, die uns erklären, was mit E-Autos geschieht, die zu ihnen kommen: Zuerst erfolgt eine Schadensbewertung, dann werden das Fahrzeug stromfrei geschaltet, alle Flüssigkeiten entnommen, der Akku getrennt und zerlegt.
Die einzelnen Module werden schließlich behandelt, gelagert und dem Recycling- Prozess zugeführt. ÖAMTC-Profi Christian Klejna dazu: "Beim Recycling werden die Akkus geschreddert, der Sauerstoff entzogen und die einzelnen Metalle thermisch voneinander gelöst, damit sie in anderen Produkten wiederverwendet werden können."
Beim Rundgang über das Werksgelände sehen wir einige Beispiele für das Equipment, auf das SEDA teils eigene Patente besitzt: etwa Akku-Transportboxen in verschiedenen Größen, die extrem robust sind und strenge Brand- und Falltests aushalten müssen. Oder auch riesige Container, in die ganze Autos passen und die bei Bedarf mit Wasser geflutet werden können. Und nicht zuletzt: spezielle E-Auto-Brandschutzhüllen für Abschleppwagen, die als aufsetzbare Module flexibel einsatzbereit sind – künftig etwa auch von den Pannenfahrern des ÖAMTC, so die momentane Planung.
Moderne Brainpower
Wir sehen und spüren: Hier ist Hirnschmalz vorhanden, hier sind Lösungen für die Aufgaben der Zukunft längst fertig. Warum dauert trotzdem alles so lange? Sebastian Raubinger: "Das Problem sind die Behörden. Da ist leider noch immer oft sehr wenig technische Ahnung da, deshalb traut sich auch niemand Entscheidungen zu treffen."
Dass schlussendlich auch die Automobil-Industrie selbst gefordert ist, erfahren wir von Roman Sykora vom Österreichischen Bundes-Feuerwehrverband: "Die Hersteller müssen eine Lösung für das Problem mit überhitzten Akkus in Elektrofahrzeugen anbieten. Sie und die Fachwerkstätten müssen einfach Verantwortung für ihre Produkte übernehmen, und es muss für uns als Feuerwehr jedenfalls auch eine Rund-um-die-Uhr-Erreichbarkeit für die Übernahme solcher Autos geben."
Werk-Rundgang SEDA Umwelttechnik GmbH