Wertvoller Rohstoff

Wie neue gesetzliche Vorgaben der EU und Österreichs die Recyclingquote von Lithium-Ionen-Batterien für E-Fahrzeuge erhöhen sollen. Von Maria Brandl.

In China fallen bereits die ersten Millionen ausgedienter Lithium-Batterien aus E-Autos an. In Europa erwarten nur E-Auto-Pioniere wie Renault demnächst nennenswerte Mengen an Altbatterien, die zu entsorgen sind.

Was China und Europa eint: Auf beiden Kontinenten steckt das Recycling von Lithium-Batterien aus E-Autos in den Kinderschuhen.

Dabei ist "Abfall der Rohstoff am falschen Ort", erklärt Roland Pomberger von der Montanuniversität in Leoben Ende Juni anlässlich seines Vortrages "Herausforderungen und Lösungen für das Recycling von Lithium-Ionen-Batterien", den er auf Einladung des Österreichischen Vereins für Kraftfahrzeugtechnik an der TU Graz hielt.

Pomberger ist einer der Pioniere des Lithium-Batterie-Recyclings. Als abfallrechtlicher Geschäftsführer und Konzernverantwortlicher für Forschung & Entwicklung der steirischen Firma Saubermacher drängte ihn Firmengründer Hans Roth schon sehr früh, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Seit 2012 leitet Pomberger den Lehrstuhl für Abfallverwertungstechnik und Abfallwirtschaft der Montanuni Leoben.

Abfall ist Rohstoff am falschen Ort.

Univ.-Prof. Roland Pomberger, Abfall- und Recyclingexperte

In Zusammenarbeit mit der Universität erarbeitete Saubermacher ein umfassendes Konzept für Lithium-Ionen-Batterierecycling, das zusammen mit Redux Recycling, einer 100-Prozent-Tochter von Saubermacher in Deutschland, umgesetzt wird (auto touring berichtete in Ausgabe feb/21). Produktionsstart war 2018, die Jahreskapazität beträgt 10.000 Tonnen pro Jahr.

Derzeit beträgt laut Pomberger der Batterieabfall aus der E-Mobilität in Österreich nur einige hundert Tonnen. Der Rücklauf von alten E-Auto-Batterien ist grundsätzlich in der EU noch sehr gering. Deshalb gibt es, so der Experte, in Europa zwar rund ein Dutzend Batterierecycler, aber keinen davon in industriellem Maßstab.

Dies wird sich ändern. Bis 2030 werden 1,5 Millionen Tonnen an zu entsorgenden Batteriezellen aus E-Fahrzeugen erwartet.

Die Wiederaufbereitung ist sehr komplex. Einerseits enthält eine Lithium-E-Auto-Batterie verschiedenste Materialien, die teils sehr kritisch für die Umwelt sind. Andererseits sind sie als Abfall vergleichsweise groß und schwer und ihre Zusammensetzung ändert sich ständig, ohne dass der Recyclingbetrieb Näheres darüber weiß.

Der Aufwand dafür wird "noch auf lange Sicht viel höher sein als der Wert der Rohstoffe", ist Pomberger überzeugt – trotz der aktuell stark steigenden Rohstoffpreise. Bezahlen wird den Mehraufwand schlussendlich der Kunde.




Der Aufwand für das Recycling wird noch auf lange Sicht viel höher sein als der Wert der Rohstoffe.






Roland Pomberger, Professor für Abfallverwertungstechnik und Abfallwirtschaft der Montanuni Leoben


Damit die ausgedienten E-Auto-Batterien dennoch nicht im großen schwarzen Loch verschwinden, ist in der EU eine Verordnung (Entwurf A9-0031/2022) in Ausarbeitung, die fixe Recyclingquoten für diverse Batteriematerialien vorsieht. Darunter befinden sich nicht nur Nickel, Kupfer oder Kobalt, sondern auch Lithium, das derzeit aus Kostengründen praktisch weltweit nicht recycelt wird.

Wiederaufbereitetes Lithium ist derzeit rund zehn Mal so teuer wie "frisches" Lithium aus einem Salzsee. Diese Materialien müssen zudem wieder für die Produktion neuer Batterien eingesetzt werden, was die Aufgabe zusätzlich erschwert.

Anders als geplant wird jedoch laut Pomberger kein europaweites Pfandsystem für Altbatterien von E-Autos kommen, dafür aber ein Batteriepass mit Angaben etwa über Zellchemie, Inhaltsstoffe, CO2-Fußabdruck, Anteil recycelter Stoffe sowie Hersteller.

Wer für die Einhaltung der Vorgaben verantwortlich sein wird, die Fahrzeughersteller oder die Batteriehersteller, ist bislang nicht entschieden. Klar zeichnet sich ab, dass immer mehr Autohersteller selbst ins Batterierecycling einsteigen. Ob Betriebe wie Saubermacher nur wertvolle Basisarbeit erledigten oder zu den Gewinnern des Rennens gehören werden, ist laut Pomberger offen.

Ein Gewinner ist auf jeden Fall die Umwelt. Trotz des hohen Aufwands beim Recycling ist der CO2-Fußabdruck eines recycelten Batteriemetalls laut Rohstoffexperten von BASF um ein Viertel geringer gegenüber der "Förderung aus natürlichen Quellen".

Wenn E-Autos brennen

Beim Umgang mit Elektroautos, die in Flammen aufgehen, ist man mittlerweile schon viel weiter als noch vor drei Jahren. Von Maria Brandl.

"Der Brand des Tesla in Tirol war ein Meilenstein", erklärt Prof. Roland Pomberger von der Montanuniversität Leoben in seinem Vortrag über Lithium-Batterie-Recycling auf der TU Graz vergangenen Juni.

Ein Model S von Tesla war 2019 in Tirol gegen einen Baum gekracht, begann zu brennen, das Feuer griff auch auf die Lithium-Batterien über. Damit begann das Rätselraten, was zu tun wäre.

Der Tesla stand wochenlang in einem Wasserbad in einem Container. Der Unfall zeigte nicht nur Aufholbedarf bei der technischen Bewältigung des Problems, sondern auch im rechtlichen Bereich.

Vielfach unterschätzt – auch von Autoherstellern – wird der Umstand, dass ausgebaute beschädigte E-Auto-Batterien in Österreich ein Gefahrengut darstellen und deshalb nur mittels Sondertransport und Spezialgenehmigung außer Landes gebracht werden können, etwa zu einer Recyclinganlage.

Das Grundproblem: "Beschädigte Batteriezellen können immer wieder zu brennen beginnen", erklärt ÖAMTC-Hochvoltexperte Christian Klejna. "Von außen ist aber oft nicht zu erkennen, ob die Batteriezelle beschädigt ist."




In der Praxis beginnen E-Auto-Batterien weit seltener zu brennen als allgemein angenommen wird.






Roland Pomberger, Abfall- und Recyclingexperte


Für verunfallte E-Fahrzeuge müssen in Autowerkstätten, aber auch bei der Feuerwehr, bei Abschleppdiensten und Abfallentsorgern, spezielle Hochvoltfachkräfte ausgebildet werden. Die Fachleute entscheiden, wie der Brand des jeweiligen E-Autos einzuschätzen ist. Davon hängt das weitere Vorgehen ab.

Pomberger wie Klejna betonen, dass in der Praxis E-Auto-Batterien weit seltener zu brennen beginnen – oder bei E-Auto-Bränden beschädigt werden – als allgemein angenommen. Die umfangreichen Feuerschutzprogramme in den Batteriemodulen selbst scheinen zu wirken. Wenn die Antriebsbatterie, also die Lithium-Batterie des E-Autos, nicht vom Brand betroffen ist, kann laut Wiener Berufsfeuerwehr grundsätzlich auch "ein E-Auto wie jedes andere gelöscht werden".

Der Tesla-Unfall in Tirol beschleunigte jedenfalls die Entwicklung von Unfallmaßnahmen für E-Fahrzeuge. Entsorger-Betriebe wie Saubermacher in der Steiermark oder Seda-Umwelttechnik in Tirol konstruierten Spezialcontainer für die sichere Zwischenlagerung verunfallter E-Fahrzeuge.

Ausgewählte Autowerkstätten, aber auch neue Servicepunkte des ÖAMTC, verfügen quer über ganz Österreich über sogenannte Quarantäne-Plätze für das sichere Abstellen solcher Unfallautos. "Das Thema ist inzwischen bei allen Autoimporteuren angekommen", meint Klejna.

Der nächste Schritt sind Spezialcontainer, in denen verunfallte E-Autos bei der Zwischenlagerung nicht mehr automatisch geflutet werden, sondern erst, wenn Sensoren einen Brand anzeigen. Laut Firma Saubermacher werden diese in Kürze zur Verfügung stehen.

Diese Container sollen Kooperationspartnern wie Porsche Austria oder Denzel etwa in einem Monats-Abo angeboten werden. Über die genauen Kosten schweigen sich die Beteiligten aus. Grundsätzlich sind diese Spezialcontainer laut Klejna ein großer Schritt für die Schadensminimierung. Versicherungen könnten laut Klejna nämlich behaupten, dass nur bei einem Brand der Lithium-Batterie die Flutung des E-Autos gerechtfertigt ist.

Auch abseits der Haftungs- und Kostenfrage ist noch vieles unklar. Hier soll ein neues Gesetz abhelfen. Es soll Lösungsvorschläge für "sicherheitsrelevante Fragen bei Unfallsituationen mit batterieelektrischen Fahrzeugen" bieten, auch für die besonders gefürchteten E-Auto-Brände in einem Tunnel oder in einer Garage. Die Entscheidungshilfen dafür werden im Projekt "Recover-E" bis Ende dieses Jahres erarbeitet. Projektpartner sind die Montanuniversität Leoben, der Bundesfeuerwehrverband, der ÖAMTC, Seda-Umwelttechnik sowie der TÜV Süd.