Reisen wie im Film
Die Zukunft, ein unendlicher Ort des Ungewissen. Wie künftige Mobilität aussehen könnte, sehen wir in Filmen. Was davon wäre (theoretisch) möglich?
Beam us up, Scotty! Fans der legendären TV-Serie "Star Trek" wissen bei diesem Befehl sofort, worum es geht: Menschen werden dematerialisiert und finden sich in Sekundenschnelle unversehrt an einem anderen Ort wieder – sie werden gebeamt. Schnell, unkompliziert und leider unmöglich. Oder doch nicht?
Schon lange träumen wir von den Möglichkeiten, die die Zukunft bringen könnte. Seit Jahrzehnten versorgt uns Hollywood mit Bildern von fantastischen Wesen, fremden Welten und unvorstellbar praktischen Methoden, von A nach B zu kommen: Marvel-Held Falcon segelt mit metallenen Flügeln in den Kampf und in der "Zurück in die Zukunft"-Trilogie fliegt ein Auto durch Raum und Zeit. Matthew McConaughey nutzt in "Interstellar" Wurmlöcher als Abkürzung und in "Passengers" wird mithilfe von Kryoschlaf die biologische Uhr der Passagiere quasi angehalten.
Was ist also möglich, was ist pure Fiktion? Um diese Frage zu klären, sprachen wir mit Physiker und Film-Fan Werner Gruber, der diese Filmideen mit kritischem Blick auf ihre Realisierbarkeit prüfte. Die meisten Zukunftsphantasien Hollywoods sind zwar nur in Form physikalischer Theorien möglich – doch wären die technischen Fragen gelöst, könnten sie in ferner Zukunft Wirklichkeit werden. Jedenfalls wissenschaftlich betrachtet.
Wegbeamen
Um die Frage zu beantworten: Nein, Beamen ist nicht unmöglich. Allerdings deutlich komplexer als in "Star Trek". Laut Werner Gruber gibt es drei aus physikalischer Sicht theoretisch mögliche Methoden zum Beamen.
Eine Möglichkeit wäre, Materie mit ihrer Antimaterie zusammenzubringen, denn zu jedem Teilchen (z.B. Proton, Elektron) gibt es ein Antiteilchen. Bringt man die beiden zusammen, verschwinden sie und es entsteht Energie in Form eines Lichtstrahls. Bringt man diesen Lichtstrahl zu einem schweren Atomkern, passiert Folgendes: Er trennt sich wieder in Materie und Antimaterie. Also entsteht die aufgelöste Materie an einem anderen Ort wieder – voilà: Es wurde gebeamt.
"Das wurde auch tatsächlich mit einzelnen Teilchen schon gemacht, nur mit Lebewesen gibt's noch keine Chance. Physikalisch ist es aber möglich, also ist es nur mehr eine Frage der Technik", meint Werner Gruber.
Leider mangelt es an Antimaterie, da die Herstellung unglaublich aufwendig und teuer ist. Außerdem bräuchte der Beamvorgang eine zerstörerische Menge an Energie. "Würde Captain Kirk auf der Erde stehen und 'Beam me up, Scotty' sagen, würde die bei dem Versuch, seinen Befehl umzusetzen, freigesetzte Energie einen ganzen Kontinent zerstören", erklärt der Physiker.
Die zweite Methode wäre laut Gruber weniger fatal für die Erde: "Hier würde 'nur' eine Stadt zerstört. Der menschliche Körper besteht aus Zellen, die aus Molekülen bestehen, die wiederum aus Atomen bestehen. Es genügt, anstatt des Körpers nur die einzelnen Atome zu transportieren."
Aber wie wandeln wir einen festen Körper in einzelne Atome um und transportieren diese?
Gruber erklärt: "Indem wir einen menschlichen Körper dazu bringen, dass er zu Plasma wird. Die einzelnen Atome bleiben in diesem Plasma, dieses könnte gesammelt und durch die Gegend geschossen und an anderer Stelle wieder regeneriert werden. So wäre es möglich, die einzelnen Atome eines menschlichen Körpers zu transportieren", so der Physiker.
Die letzte Methode stößt an ethische Grenzen: Der Mensch würde über einen 3-D-Drucker kopiert – also hochauflösend gescannt und auf einem anderen Gerät reproduziert. Es ist bereits möglich, einzelne Atome zu scannen und wieder zusammenzubauen.
"Ein Virus könnte man so schon transportieren, allerdings dauert das ungefähr 20 Stunden. Für Transporte auf andere Planeten wäre das theoretisch schon eine Option", erzählt der Sci-Fi-Experte.
Hier kommt aber noch ein größeres Dilemma: "Entsteht ein Duplikat eines Menschen an einem anderen Ort, muss das Original ausgelöscht werden. Ist das dann Mord? Und wo steckt die Seele? Da legt man sich mit der Kirche an", wirft der Physiker grinsend ein.
Kurzum: Beamen wäre theoretisch möglich, allerdings noch zu teuer, nicht an Lebewesen möglich und ein ethisches Problem.
Grundsatz: Wenn etwas physikalisch nicht verboten ist, kann man sicher sein, dass es irgendwann passieren wird.
Werner Gruber, Physiker
Kryoschlaf
"Am jahrelangen Schlaf sind wir schon deutlich näher als am Beamen", meint Gruber zum Kryoschlaf in "Passengers" oder "Alien".
"Das Problem ist hier, dass das Wasser im menschlichen Körper entzogen und ersetzt werden müsste – und da haben wir noch nicht die richtige Mischung."
Allerdings ist das Einfrieren des Kopfes ein eigenes Problem. "Neben der Verknüpfungsstruktur der Neuronen machen auch die Hormone unsere Denkweise aus, und den menschlichen Hormonhaushalt nachzubauen ist sehr kompliziert. Dazu fehlen uns aber nur noch die richtigen Zutaten, das ist schon lange keine Science-Fiction mehr", betont der Film-Fan.
Ikarus und Falcon
Der Traum vom Fliegen wurde in der Mythologie in der Geschichte von Ikarus aufgegriffen, der, kurz zusammengefasst, übermütig zu nahe an die Sonne flog. Weshalb sich die mit Wachs am Holzgestell befestigten Federn lösten. Abgesehen von dem zu schweren Gestell: Könnte es einem Menschen überhaupt gelingen, mit reiner Muskelkraft zu fliegen?
"Es kommt auf die Flugart an. Ein Flatterflug der Arme würde nicht gelingen", so Gruber. Aber mithilfe der Beinmuskulatur gelang bereits ein kurzer Aufstieg, bis dem Sportler beim Radeln die Puste ausging. "Allerdings muss man sagen, dass wir noch nicht ans Ende unser biochemischen Grenzen gestoßen sind. Ich sage nur: Anabolika," lacht Gruber.
Im aktuellen Marvel-Universum der "Avengers"-Filme fliegt auch eine Art moderner Ikarus umher. Als Falcon unterstützt Soldat Sam Wilson die Superhelden aus der Luft. Sein praktisches Wingpack mit übergroßen Flügeln und Raketenantrieb verleiht ihm schier Superkräfte. Gruber stellt klar: "So ein Wingpack gibt es nicht. Aber es wird an Wingsuits mit Raketenantrieb gebaut."
Schneller als Licht: Warp
Einstein sagt in der Relativitätstheorie: "Materie kann sich nicht schneller als das Licht bewegen."
Die Relativitätstheorie wird oft als "nichts kann sich so schnell wie das Licht bewegen" interpretiert, aber das ist falsch.
Werner Gruber, Physiker
Das wird oft als "nichts kann sich so schnell wie das Licht bewegen" interpretiert. Gruber klärt auf: "Das ist falsch. Außer Materie gibt es im Universum ja auch noch Raum." Nun ist für den Physiker Folgendes vorstellbar: "Die Raum-Zeit-Struktur so gut zu krümmen, dass sich eine Warp-Blase um ein Objekt baut. Und dieses Raumgebiet könnte mit Überlichtgeschwindigkeit durchs Universum verschoben werden." Diese Idee veröffentlichte Miguel Alcubierre 1992.
Es ist vereinfacht gesagt so, als stiege man in einen Bus, der sich bewegt, man selbst aber nicht. Das Problem dabei: Um dieses Raum-Zeit-Gebilde, also die Warp-Blase, zu bauen, brauchte es irrsinnig viel Energie, die wir derzeit noch nicht erzeugen können.
Zeitreise
Wenn wir an Reisen denken, denken wir zumeist an den nächsten Urlaub. Aber was wäre, wenn wir Reisen ganz anders denken und à la "Zurück in die Zukunft" verschiedene Zeiten beliebig durchreisen könnten?
Überraschend die schnelle Antwort des Experten: "Ja, Zeitreisen sind möglich, aber nur in die Zukunft." Wie bitte? Haben wir etwas verpasst?
So einfach geht's dann doch nicht. Gruber erklärt: "Wir alle haben eine Zeitmaschine in der Küche" – denn unser gefrorenes Schnitzel im Tiefkühler macht quasi eine Zeitreise, wenn es eingefroren und drei Monate später wieder herausgenommen wird. Dadurch macht das Schnitzel einen "Zeitsprung" drei Monate in seine Zukunft und "wacht" beinahe in dem Zustand auf, in dem es eingefroren wurde, allerdings ohne sich zu bewegen. Für Menschen ist das noch nicht möglich, der Organismus ist komplexer.
Aber von der Tiefkühltruhe abgesehen, wie könnten wir tatsächlich die Zeit durchreisen? Die Möglichkeit, in die Vergangenheit zu reisen, stellt uns vor mehrere Herausforderungen. Zunächst das Problem der Kausalität (aus Ereignis A folgt Ereignis B). Um dies zu lösen, benötigt es neben Einsteins Relativitätstheorie auch die Quantenmechanik. Beide Theorien sind wissenschaftlich abgesichert, widersprechen einander aber. Wesentlicher Unterschied laut Gruber: "Bei Einsteins Theorie ist die Zeit der wichtigste Parameter, während die Quantenmechanik Zeit nicht kennt." Kompliziert? Und wie.
Daraus ergibt sich die wesentliche Frage: Welche Theorie hat recht? Derzeit gibt’s mehrere Konzepte, die versuchen, eine übergeordnete Theorie zu erstellen, um dieses Problem zu lösen, darunter die Quantenfeldtheorie.
Die Physiker streiten übrigens derzeit noch ergebnislos beim Thema Zeitreiseparadoxon, z.B.: Was passiert, wenn ich mir selbst begegne? Würde sich die Zukunft schon bei der Idee, in die Vergangenheit zu reisen, ändern?
Tatsache ist: "Das Reisen in die Vergangenheit ist derzeit noch nicht möglich. Aber es wird daran gearbeitet und das Gemeine ist: Theoretisch funktioniert es. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir den Schmäh draufhaben. Wenn es einmal eine Formel gibt, haben wir fast gewonnen. Die Umsetzung ist dann nur mehr eine finanzielle Frage", so Gruber.
Schwarzes Loch, Wurmloch
Auch mithilfe von schwarzen Löchern könnte es möglich sein, der Zeit ein Schnippchen zu schlagen. Für die Besatzung im Film "Interstellar" war es ein Albtraum, genauer betrachtet aber eine Möglichkeit, in die Zukunft zu reisen. "Fliegt man ein paar Minuten am Ereignishorizont eines schwarzen Lochs entlang, vergehen währenddessen auf der Erde hunderte Jahre", erklärt Gruber. Aber Achtung: Ein schwarzes Loch ist nicht groß oder klein, sondern immer punktförmig. Daher nennt man ein schwarzes Loch auch "Singularität". Der Ereignishorizont rundherum ist das, was man sieht, und die Grenze, die nicht überschritten werden darf. Einmal innerhalb des Ereignishorizonts, kommt nichts mehr raus, nicht einmal Licht.
Könnten aber zwei schwarze Löcher verbunden werden und so einen Tunnel, ein sogenanntes Wurmloch, zwischen Galaxien bilden? Noch lange nicht realisierbar, aber laut Gruber möglich: "Schritt eins wären zwei Singularitäten, die nebeneinander als Endpunkte stehen, von denen jeweils ein 'Schlauch' in einem 'Eingang' mündet: Das ist die Raum-Zeit. Noch ist es aber kein Tunnel, da man in den schwarzen Löchern stecken bliebe."
Also ist die theoretische Idee, sich dieses Konstrukt wie eine waagrechte Sanduhr vorzustellen (Grafik oben). Nun müsste man beide Singularitäten, die den Tunnel "schließen", herausschneiden und dann die "Sanduhr" wieder zusammennähen. Der daraus entstandene Tunnel wäre aber noch zu schmal und müsste mit "exotischer Materie" gefüllt werden – ein Stoff, der sich aufgrund von Gravitation abstößt und so den Tunnel stabilisiert. Und schon haben wir ein Wurmloch gebaut.
"Leider haben wir noch keine 'exotische Materie' und das Raum-Zeit-Schneiden funktioniert nur theoretisch", betont Gruber.
Einfach schweben
Neben Zeitreisen zeigt uns die "Zurück in die Zukunft"-Reihe noch eine weitere Möglichkeit der Mobilität: das Schweben.
Als Marty McFly im zweiten Teil im Jahr 2015 ankommt, gibt es dort Hoverboards, also schwebende Skateboards. Bitter für uns: 2015 gab es leider noch kein schwebendes Hoverboard.
Tatsächlich wäre diese Art der Fortbewegung bereits möglich. "Denken Sie an Magnetschwebebahnen", so Gruber. Es ist ein diamagnetischer Effekt, der dafür sorgt, dass das Board schwebt. In Dresden existiert ein Turnsaal, in dem ein Mensch auf einem Schwebeboard gleiten kann. "Das habe ich selbst ausprobiert", verrät der Profi.
Das Problem: Soll es überall funktionieren, müssten im Asphalt Magnete eingebettet sein. Möglich, aber sehr teuer.
Leben im All
Seit Neil Armstrong am 21. Juli 1969 seinen großen Schritt für die Menschheit auf den Mond tat, träumen wir von der Möglichkeit, fremde Planeten zu besiedeln. Hollywood griff die Idee unter anderem in "Der Marsianer" auf: Mark Watney (Matt Damon) strandet am Mars und wird spektakulär gerettet.
Aber wäre es aus heutiger Sicht überhaupt möglich, eine Kolonie auf dem Roten Planeten zu gründen? Mit heutiger Technik könnte der Mars in neun Monaten erreicht werden.
"Vorsicht", mahnt der Experte: "Am Mond oder Mars ein Feriendomizil zu errichten, ist keine Frage von Zeit oder Geld, sondern von Überlebenswahrscheinlichkeit. Das ist auch das Problem bei Marsflügen."
Denn bei längerem Aufenthalt im All ohne Schutz des Erdmagnetfeldes wären Menschen zu lange sogenannten "Flares" (Protuberanzen) der Sonne ausgesetzt. Diese Elektronen und Protonen können Strahlenkrebs auslösen.
Kurz gesagt: Längeres Leben am Mond oder Planeten wie dem Mars ist erst möglich, wenn es ein Heilmittel gegen Krebs gibt.
Dies trifft im Endeffekt auf alle Science-Fiction-Filme, die im All spielen, zu. Abgesehen davon, dass Strahlenkrebs für Hollywood-Regisseure kein Thema sein dürfte, wird im Film auch immer von unendlicher Energie ausgegangen. In keinem der Blockbuster kämpfen die Figuren mit zu hohen Stromrechnungen oder umweltschädlichen Energiequellen. Aber wer sagt, dass nicht morgen etwas Neues erfunden wird?
Zur Person: Werner Gruber
Der 1970 geborene Physiker versorgt Neugierige und Freunde gepflegter Unterhaltung bereits seit vielen Jahren mit interessanten Zugängen zur Physik. Von 2007 bis 2015 wurde er als Mitbegründer des Kabarett-Trios "Science Busters" bekannt, das physikalische Phänomene komödiantisch aufgreift.
Von 2013 bis März 2022 leitete er die astronomischen Einrichtungen der Volkshochschule Wien (Urania Sternwarte, Kuffner-Sternwarte, Planetarium Wien). Er machte das Planetarium zu einem der modernsten der Welt.
Gruber ist zudem an der Fakultät für Physik der Uni Wien tätig und seit 2021 Forschungskoordinator des Burgenlandes.
Der bekennende Sci-Fi-Fan hat in seinem Büro Nachbauten diverser Raumschiffe aus "Star Trek", darunter die Enterprise oder ein Borg-Quader. Dem Thema Hollywood hat er ein Buch gewidmet und es scheint kaum etwas aus der Science-Fiction-Welt zu geben, das er nicht kennt. Gruber hat auch Roland Emmerich bei dessen letztem Hollywoodfilm "Moonfall" beraten. Nur wenigen gelingt es, die Alltagsphysik so klar und humorvoll zu erklären wie dem Oberösterreicher.