Wie teuer wird es noch?
Autokauf und Abgaben, Fahrkarten und Flugtickets: Von A nach B kommen kostet Geld. Doch wie viel genau? Wer fährt am billigsten, wer am teuersten? Und wie haben sich die Kosten in der Vergangenheit entwickelt? Eine Analyse.
Wenn Sie diese Zeilen lesen, stehen die Chancen gut, dass Sie dies an der Adria tun. Oder in den Alpen. In Stockholm oder Salzburg, Barcelona oder Bregenz. Es ist Urlaubssaison und die Reiselust ist ungebrochen hoch, wie auch das Reise-Monitoring des ÖAMTC zeigt: Demnach wollen 95 % der Menschen in Österreich in den Urlaub.
Doch selbst wenn der Urlaub noch ansteht oder schon längst vom Abenteuer zur Erinnerung geworden ist, so haben Sie sich heute höchst wahrscheinlich schon bewegt. Sind in die Arbeit gefahren oder zum Einkauf – mit der Bahn, dem Bus oder klar: dem eigenen Auto. Wir sind ständig mobil. Und das kostet. Doch wie viel eigentlich genau?
Wie viel ein Pkw kostet
Für die Beantwortung dieser Frage hat auto touring mit ÖAMTC-Experten sowie dem Ökonomen Josef Baumgartner vom WIFO gesprochen, dem Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (siehe unten). Außerdem wurden diverse Daten ausgewertet. Es zeigt sich: Vor allem Autofahren geht richtig ins Geld.
So zeigen Berechnungen der Experten der ÖAMTC Verkehrswirtschaft, dass ein durchschnittliches Auto – herangezogen wurde mit dem Škoda Octavia das am häufigsten neuzugelassene Fahrzeug der letzten Jahre – stolze 677,68 Euro pro Monat kostet (siehe Rechnung rechts). Ein erheblicher Teil davon, mit 388,17 Euro nämlich mehr als die Hälfte, entfällt auf den Wertverlust. Mit 112 Euro im Monat geht Tanken ebenfalls richtig ins Geld. Von diesen 112 Euro entfallen rund acht Euro pro Monat auf die CO2-Bepreisung (ohne Umsatzsteuer). Zur Entlastung des Aufschlags an der Zapfsäule und beim Heizen mit fossilen Energieträgern gibt es den jährlichen Klimabonus (145 bis 290 Euro pro Jahr). Knapp mehr als 50 Euro im Monat fallen außerdem für die Motorbezogene Versicherungssteuer (mVSt) an.
Hinzu kommt: Pendler:innen, die für den Arbeitsweg (20 Kilometer) auf den Pkw angewiesen sind, würden bei durchschnittlichem Gehalt über das Pendlerpauschale mit monatlich 41,40 Euro entlastetet werden.
Weil aber nicht jeder Haushalt neue Autos kauft und Private grundsätzlich eher zum Gebrauchtwagen greifen, lohnt sich auch ein Blick auf die durchschnittlichen Ausgaben der Haushalte laut Statistik Austria, um die monatlichen Kosten des Pkw aufzuzeigen. Alle fünf Jahre erfasst sie bei der Konsumerhebung die Verbrauchsausgaben von privaten Haushalten. Die aktuellste Erhebung fand von Ende Mai 2019 bis Mitte Juni 2020 statt, also noch vor den Teuerungswellen, die die Corona-Pandemie 2020, vor allem aber der Krieg in der Ukraine 2022, mit sich gebracht haben.
Demnach gab ein privater Haushalt für Kfz-Anschaffung und Fahrzeuginstandhaltung schon 2019/2020 im Schnitt 418 Euro pro Monat aus.
Wie sich die Pkw-Preise in den letzten Jahren entwickelt haben
Autofahren hat also schon 2019 und 2020 viel Geld gekostet. Und mit der Inflation der letzten Jahre ist der eigene Pkw nicht günstiger geworden – im Gegenteil: „Im Zeitraum 2020 bis 2023 sind die Verbraucherpreise laut Statistik Austria kumuliert im Durchschnitt über alle Produktgruppen um etwas mehr als 20 % gestiegen. Bei Neuwagen war mit 22 % der Anstieg etwas höher. Deutlich höher gestiegen sind aber die Preise für Gebrauchtwagen. Hier sprechen wir von 32 %“, erklärt Josef Baumgartner vom WIFO. Grund hierfür war der Chipmangel und die damit einhergehenden Lieferengpässe bei Neuwagen, wodurch weniger Autos auf den Gebrauchtwagenmarkt kamen. Das macht sich auch beim Durchschnittsalter des Pkw-Bestandes bemerkbar, das mittlerweile auf knapp unter elf Jahre gestiegen ist. Immerhin: Laut des Gebrauchtwagen-Preis-Index von AutoScout24 sind die Preise seit Anfang des Jahres wieder im Fallen – jedoch von einem sehr hohen Niveau.
Betriebs- und Erhaltungs-Kosten überdurchschnittlich gestiegen
Doch nicht nur die Anschaffungskosten, sondern auch die übrigen Ausgaben für den Betrieb und den Erhalt eines privaten Pkw sind vor allem in den vergangenen drei Jahren überdurchschnittlich stark gestiegen. Während das allgemeine Preisniveau gegenüber April 2021 um 21,6 % gestiegen ist, erhöhten sich die Kosten für Betrieb und Erhalt eines Autos um 25,7 %.
Konkret wurde etwa der Reifenservice um 39 %, eine Stunde beim Kfz-Spengler um rund 28 % und ein Ölservice um etwa 25 % teurer. Die starken Preistreiber der letzten drei Jahre waren aber vor allem die Kraftstoffe. Eine Auswertung der Agenda Austria ergab etwa, dass der Diesel zu den zehn am stärksten von der Teuerung betroffenen Produkten zählt – mit einem Plus von 44 % zwischen April 2021 und April 2024.
Kosten im öffentlichen Verkehr
Ebenfalls stark im Steigen: Die Preise für Flugtickets. So meldet der Thinktank Agenda Austria ein sattes Plus von 88 % für internationale Flüge zwischen 2021 und 2024.
Auf der anderen Seite steht der Bahnverkehr, der weder teurer noch günstiger geworden ist – freilich bei üppigen öffentlichen Förderungen von rund zehn Milliarden Euro im Jahr. Für Dauerkarten, sprich, Monats- und Jahrestickets sind die Preise zurückgegangen. Das, so klärt WIFO-Experte Josef Baumgartner auf, liege an den wirtschaftspolitischen Maßnahmen, sprich, dem Klimaticket. Die Bahn ist übrigens keine Ausnahme: So sind auch die Anschaffungskosten von anderen Fortbewegungsmitteln wie Motorrad- und Fahrrad unterdurchschnittlich stark gestiegen. „Bei Letzteren sind die Preise 2023 im Durchschnitt sogar wieder etwas gesunken“, merkt Ökonom Josef Baumgartner an. Dem gegenüberstehen Bruttolöhne von unselbstständig Erwerbstätigen, die zwischen 2020 und 2023 im Schnitt um 17,4 % gestiegen sind, also weniger stark als die Inflation und deutlich weniger als die Autokosten.
Welche Rolle Steuern spielen
Einen gehörigen Anteil der Kosten, mit denen Autofahrer:innen konfrontiert sind, sind Steuern und Abgaben. Laut des exemplarischen Beispiels der ÖAMTC-Verkehrswirtschaftsexperten entfallen rund 83 Euro der im Monat anfallenden 677,68 Euro allein auf die Motorbezogene Versicherungssteuer (mVSt) sowie die Mineralölsteuer (MÖSt). Das macht sich auch im Staatshaushalt bemerkbar: 2023 wurden durch MÖSt, die beispielsweise auch bei Lkw anfällt, und mVSt fast 6,7 Milliarden Euro eingenommen. Insgesamt wurden im Jahr 2023 15,51 Milliarden Euro Steuern durch den Straßenverkehr in die Staatskasse gespült – fast zwölf Prozent der gesamten Steuereinnahmen im letzten Jahr.
Für Erhalt und Ausbau des Straßennetzes wurden im selben Zeitraum aber nur etwa fünf Milliarden Euro ausgegeben. „Selbst wenn man externe Kosten des Straßenverkehrs für Umwelt und Gesundheit in einem realistischen Ausmaß einkalkuliert, ist der Autoverkehr einer der größten Nettozahler ins Budget des Finanzministers. Wir sollten aber auch im Verkehrssektor nicht völlig vom Prinzip der Kostenwahrheit abgehen“, sagt Bernhard Wiesinger, Leiter der Interessenvertretung des ÖAMTC.
Trotz Teuerung kein Verzicht auf Mobilität
Die Kosten des Autofahrens werden also immer höher. Dennoch möchten die meisten Menschen nicht auf das Auto verzichten, wie aus einer aktuellen Mobilitätsstudie des ÖAMTC hervorgeht. So gaben nur 16 % der 2.000 Befragten an, ihr Mobilitätsverhalten aufgrund der Teuerungen verändern zu wollen, während 60 % dies nicht planen. Der Rest wisse es noch nicht.
Von jenen 16 % der Befragten, die eine Veränderung planen, gaben wiederum 31 % an, nur noch die nötigsten Strecken mit dem Pkw fahren zu wollen. 20 % meinten, das Fahrrad beziehungsweise E-Bike häufiger nutzen zu wollen, 14 % wollen mehr zu Fuß gehen.
Interessant: Mehr als die Hälfte der Befragten gab an, dass sie die Teuerungen stark spüren würde. Dass dennoch lediglich 16 % ihr Mobilitätsverhalten ändern möchten, zeigt auch die Relevanz des eigenen Pkw.
Pkw oft alternativlos
Dass das eigene Auto besonders in ländlichen Regionen wichtig und oft auch alternativlos ist, zeigt auch eine Forschungsarbeit von Georg Hauger, Verkehrsplaner an der TU. „Wir haben Menschen, die am Land leben, Mobilitätstagebücher ausfüllen lassen. Welche Wege haben sie? Wann? Wohin? Mit welchem Verkehrsmittel? Wie zufrieden sind sie mit der Situation? Erstes Ergebnis: Ohne individuelle Mobilität kann kaum jemand seine täglichen Aktivitäten zufriedenstellend erfüllen“, erzählte Hauger dem auto touring vor wenigen Monaten. Außerdem sei das Hauptkriterium für die Wahl des Mobilitätsmittels auch nicht der Preis, sondern die Zeit. „Oft steht auch gar nicht die tatsächliche Zeit im Vordergrund, sondern das individuell wahrgenommene Zeitgefühl. Die Zeit im Auto wird stärker als Privatzeit wahrgenommen als jene im öffentlichen Verkehrsmittel“, so Hauger.
NEKP: Weitere Teuerungen drohen
Steuern und Sprit, Wertverlust und Wartung: Der eigene Pkw kostet viel Geld – und es könnte sogar noch teurer werden. Zwar scheint es aus heutiger Sicht so, als würden die Preise für Rohöl leicht sinken, wie Josef Baumgartner erzählt.
Doch stehen mit dem Nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP) Forderungen im Raum, die das Autofahren einschränken bzw. noch einmal empfindlich teurer machen könnten.
So waren in einem ersten Entwurf Vorschläge festgehalten, wie etwa die Erhöhung der CO2- Bepreisung auf bis zu 70 Cent je Liter Sprit, ein Vorziehen des Neuzulassungsverbots für Verbrenner-Pkw auf 2027 oder 2030, die Einführung von City-Mauten und autofreien Tagen sowie eine Absenkung der Tempolimits. Die vom Klimaministerium dafür geförderten Wissenschaftler:innen des Climate Change Center Austria (CCCA) schlugen im Februar 2024 wiederum vor, eine kilometerabhängige Maut auf allen Bundes-, Landes- und Gemeindestraßen von bis zu 20 Cent je Kilometer einzuführen.
Im Widerspruch zu derartigen Einschränkungs- und Belastungsvorschlägen hat der ÖAMTC im Jänner 2024 eine Studie präsentiert, wie die Klimaziele 2030 durch eine Erhöhung der biogenen Beimengung zu Benzin und Diesel (neben mehr Elektromobilität und weniger Tanktourismus) erreicht werden können. Die dadurch zu erwartende Preiserhöhung an der Zapfsäulen: moderate vier bis neun Cent je Liter im Jahr 2030.
Bernhard Wiesinger, Leiter der ÖAMTC Interessenvertretung: „Nur die Kosten fürs Autofahren erhöhen und sich Einschränkungen ausdenken ist zu wenig. Wir müssen die Klimaziele erreichen, gleichzeitig Mobilität erhalten und deren Leistbarkeit sicherstellen. Nur wenn die Politik alle drei Ziele im Blick hat, nimmt sie langfristig die Mehrheit der Menschen mit.“
Flüge teuer, Bahn billig
Josef Baumgartner forscht am WIFO an Inflation. auto touring hat ihm fünf Fragen gestellt.
Wie haben sich die Pkw-Preise im Vergleich zur allgemeinen Inflation entwickelt?
Im Zeitraum 2020 bis 2023 sind die Verbraucherpreise laut Statistik Austria kumuliert im Durchschnitt über alle Produktgruppen um etwas mehr als 20 Prozent gestiegen. Bei Neuwagen war mit 22 Prozent der Anstieg etwas höher. Deutlich höher gestiegen sind aber die Preise für Gebrauchtwagen. Hier sprechen wir von 32 Prozent.
Weshalb sind Gebrauchte so überdurchschnittlich teuer geworden?
Weil es weniger Angebot gegeben hat. Die Produktion von Neuwagen war aufgrund des Chipmangels eingeschränkt. Dadurch gab es eine höhere Nachfrage nach Gebrauchtwagen. Gleichzeitig behielten Menschen ihre Autos länger, weil Neuwagen eben nur eingeschränkt verfügbar waren.
Wie sieht es in anderen Sektoren aus?
Die Preise im Bahn- und öffentlichen Nahverkehr sind durch das Klimaticket für Dauerkarten zurückgegangen. Unterdurchschnittlich waren die Preissteigerungen bei Motor- und Fahrrädern. Bei Letzteren sind die Preise 2023 im Durchschnitt sogar wieder etwas gesunken. Flugtickets sind hingegen erheblich teurer geworden.
Wie hat sich das Gehaltsniveau verändert?
Von 2020 bis 2023 sind die Bruttolöhne von unselbstständig Beschäftigten um 17,4 Prozent gestiegen, also im Vergleich zur Inflation unterdurchschnittlich stark.
Wie schätzen Sie die zukünftige Preis-Entwicklung von Strom, Diesel und Benzin ein?
Hier geben die Futures-Märkte Hinweise, wo Energieprodukte im Großhandel heute für die Lieferung zu einem späteren Zeitpunkt gekauft werden. Diese deuten für Rohöl für die nächsten zwei Jahre auf einen leichten Rückgang hin. Bei Erdgas und Strom wird bei den europäischen Großhandelspreisen ein leichter Anstieg erwartet. Doch die Großmarkt-Energiepreise sind volatil und von geopolitischen Entwicklungen abhängig.