Undercover im Traumland
Was passiert nachts auf einem Autosalon? Um das zu erfahren, gingen wir durch die Hölle, folgten dem Licht und trafen am Boden der Tatsachen ein eigenartig besohltes Einkaufswagerl.
Also, das ist so: Den Foto-Markus und mich verbindet die Eigenschaft, neugierig zu sein. Gerade in unserer Branche ist das prinzipiell einmal nichts Unanständiges, sondern, ganz im Gegenteil, beinahe schon etwas Tugendhaftes. Wir sind quasi ständig auf der Suche nach neuen Geschichten, Blickwinkeln und Motiven – und, nein, dafür bohren wir keine Löcher in irgendwelche Wände oder bedienen uns sonstiger unlauterer Methoden, sondern wir suchen da, wo andere nicht suchen. Links und rechts der eingetretenen Pfade, abseits des Mainstreams.
Deshalb auch die Idee, beim Genfer Automobilsalon einmal eine Nachtschicht einzulegen. Zu schauen, was inmitten der Traum-Boliden-Ansammlung passiert – dann, wenn das Publikum die Hallen bereits längst verlassen hat. Wir waren zu allem bereit und auf nichts vorbereitet. Aber wie beginnen? Einsperren lassen? Unter das Putzpersonal mischen? Das Sicherheitspersonal mit dem Sorry-nicht-gewusst-Schmäh bei Laune halten? Hm.
Um die Grenzen des Möglichen ausloten zu können, folgte ein Sondierungs-Anruf bei der Palexpo-Verwaltung, die den Autosalon Jahr für Jahr veranstaltet…
Prolog: Infrastruktur-Backstage-Tour
Und nun waren wir doch sehr baff. Zu unserer Überraschung sollte es nämlich überhaupt kein Problem sein, einmal hinter die Kulissen blicken zu dürfen. Wir hatten mit einer eiskalten Abfuhr gerechnet – und stattdessen eine wahrlich herzliche Umarmung seitens der Palexpo-Verwaltung bekommen. Was für eine Geste, was für ein Stil. Open Mind, open house, danke vielmals.
Tick. Tack.
Nach diesen Einblicken widmen der Foto-Markus und ich uns zunächst wieder dem Tagesgeschäft, denn wie heißt es so schön: Zuerst die Arbeit, dann das Vergnügen. Nun denn, die Früchte unserer Arbeit können sie hier (Autosalon Genf 2019 – die Highlights) konsumieren. Wohl bekomm's.
13 Uhr. Tick.
14 Uhr. Tack.
15 Uhr. Tick.
16 Uhr. Tack.
17 Uhr. Tick.
18 Uhr. Tack. Die Hallen beginnen sich zu leeren. Wir bleiben.
Bonjour Einsamkeit
Bei Mercedes geht's ums Licht
Wir kehren zurück in die Hallen und staunen: Kein Dämmerlicht, keine gähnende Leere, keine gespenstische Stille. Dafür: taghelle Beleuchtung, reges Treiben, eine Soundkulisse aus gegenseitigen Zurufen und handwerklichem Tun. Wir schlendern die mit rotem Teppich ausgelegten Gänge entlang und staunen. Untertags findet das Geschehen ja quasi auf nur einer Ebene statt, im Erdgeschoß, wenn man so will.
Nun aber wurlt es gleich auf mehreren Etagen. Unten bei den Autos sowieso, aber auch darüber, im Hallenhimmel, und etwas tiefer, auf den Beleuchtungsbrücken und Bühnengerüsten, auf mobilen Hebebühnen – auf dem Mercedes-Stand passiert gerade die meiste Action, deshalb halten wir kurz einmal inne. Es dauert nicht lange, da fühlen wir uns an unsere Kindheit erinnert, genauer gesagt an ein Spiel, das uns über lange Autofahrten und so manche Wartezeit hinweg unterhielt:
Ich seh', ich seh', was du nicht siehst…
Und bei BMW, da drehen sie an den Rädern.
Am Stand von Citroën…
Bei Volkswagen dagegen…
Und bei McLaren bringen sie weg, …
Renault holt einen Ex-Star
Welcome to Hell
Liebe Leser, jetzt wird es unterirdisch und himmelhoch gleichermaßen. Wir betreten die Hölle, jenes Paralleluniversum, in dem vornehmlich schwarz gekleideten Gestalten anzutreffen sind. Doch wer glaubt, dass die Hölle unten ist, der irrt. Sie ist oben. Wir steigen in den Aufzug…
Die Hölle ist im Himmel und der ist kunterbunt
Epilog: das Einkaufswagerl
Wir verlassen die Hölle und kehren auf den Boden der Tatsachen zurück. An Buntem und Skurrilem haben wir heute bereits genug gesehen. Aber dann war da doch noch etwas, das uns für einen neuerlichen Moment in seinen Bann zog – dieses Einkaufswagerl nämlich.
Zum Abschluss: Undercover – nomen est omen
Gute Nacht!