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Drohnen faszinieren Hobbyfotografen genauso wie Vermessungstechniker, doch ihre Handhabe ist mit einigen Auflagen verbunden. Die neue EU-Drohnen-Verordnung ist vor wenigen Tag in Kraft getreten.

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Drohnen faszinieren Hobbyfotografen genauso wie Vermessungstechniker, doch ihre Handhabe ist mit einigen Auflagen verbunden. Die neue EU-Drohnen-Verordnung ist vor wenigen Tag in Kraft getreten.

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Januar 2021

Vorsicht, Luftikus

Der Drohnenmarkt wächst. Auch kommerzielle unbemannte Luftfahrzeuge für Industrieanwendungen boomen. Doch nun muss sich der Markt neu ordnen, seit 31. Dezember 2020 ist das neue EU-Regulativ in Kraft.

Sie waren auch 2020 eines der beliebtesten Weihnachtsgeschenke. Tausende sorgten unter dem Christbaum für strahlende Gesichter: Drohnen. Vom handtellergroßen Mini-Spielzeug für 50 Euro bis zum Quadrocopter mit 500 Gramm, mit Flughöhen bis zu 5000 Meter, hochwertiger Foto- und Videotechnik, Geschwindigkeiten bis zu 70 km/h und Preisen ab 1.000 Euro.

Das Drohnengeschäft boomt. Doch Vorsicht ist geboten, denn die hochgerüstete Version des altersmüden Modellflugzeugs ist nicht nur ein beliebtes Spielzeug, sondern kann auch gefährlich werden – beim Eintritt in Verbotszonen, im schlimmsten Fall bei Zusammenstößen im Luftraum oder am Boden.

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Neues Drohnenrecht

"Man sollte sich bereits beim Kauf überlegen, was es zu beachten gilt, in der Handhabe und insbesondere auch im Hinblick auf rechtliche Vorgaben", empfiehlt ÖAMTC-Drohnenexperte Benjamin Hetzendorfer. Seit 31. Dezember 2020 ist das neue EU-Drohnenregulativ in Kraft.

Mit diesem fällt die bisher gültige Genehmigungspflicht für Drohnen über 250 Gramm; ein aufwendiges Verfahren, das einige Wochen in Anspruch genommen, 330 Euro an Gebühren gekostet hat und nur ein Jahr gültig war.

Das Ergebnis: nur geschätzte 15 Prozent der Drohnenpiloten waren dieser nachgekommen, der Rest fliegt "illegal". Konkret weisen die Aufzeichnungen der Austro Control für 2019 rund 2.700 Registrierungen aus. 

"Das neue Regulativ hat einen risikobasierten Ansatz, sprich: Je höher das Risiko, das vom Flug der Drohne ausgeht, desto höher die Auflagen an den Piloten oder Betreiber", detailliert Philipp Piber, Abteilungsleiter des neuen Drone Competence Center der Austro Control mit aktuell acht Mitarbeitern. Rund 80 Prozent aller Drohnenpiloten sind registrierungspflichtig.

"Die Registrierung ist ab sofort deutlich einfacher, online auf www.dronespace.at möglich und verpflichtend für die Kategorien Open, Specific und Certified", so Piber. Sie ist verbunden mit einem sogenannten kleinen oder großen Drohnenführerschein. Dieser inkludiert theoretische, teils praktische Schulungen und Tests. "Wissen wird in Sachen Flugsicherheit, Datenschutz, Luftrecht, Meteorologie und zu technischen Themen gefragt", weiß Hetzendorfer.

Nach Absolvierung erhält der Drohnenpilot eine Bestätigung und eine Art Kennzeichen, das die Drohne identifiziert. Die Kosten sind mit 31,20 Euro für fünf Jahre deutlich günstiger als bisher.

90 Prozent der aktuellen Drohnen fallen in die Kategorie Open, die in Subkategorien unterteilt ist. Diese entscheiden, ob Drohnen nahe, bis zu drei Meter oder 150 Meter entfernt von Menschen fliegen dürfen. Kriterien sind Gewicht und Geschwindigkeit.

Für die Kategorie Open bis 25 Kilogramm Gewicht ist der direkte Sichtkontakt zum Copter vorgeschrieben, Flüge sind bis maximal 120 Meter über Grund erlaubt. Das Fliegen über Menschenansammlungen ist streng verboten, ebenso in der Nähe von Flughäfen, Hauptverkehrsadern, Nationalparks oder militärischen Einrichtungen. Wer illegal im Luftraum unterwegs ist, muss mit Strafen bis zu 22.000 Euro rechnen.

Wir bemühen uns quasi auf einer mehrspurigen Autobahn einen Radweg zu integrieren.

Philipp Piber, Austro Control

Der nächste Schritt in Sachen Drohnen ist die Zusammenführung von bemannter und unbemannter Luftfahrt. "Wir bemühen uns quasi auf einer mehrspurigen Autobahn einen Fahrradweg zu integrieren", erklärt Philipp Piber anschaulich und ergänzt: "In der bemannten Luftfahrt gilt das Prinzip 'erkennen und vermeiden', bei Drohnen braucht es dafür technische Hilfsmittel. Das Ziel sind Software-Sicherheitslösungen."

Die Detektion vom Kurs abgekommener Drohnen ist eine große Herausforderung. Lösungen dafür entwickelt das österreichische Hightech-Unternehmen Frequentis. Seit kurzem wird auf 18 Flughäfen in Norwegen ein Drohnenmanagementsystem getestet: eine Software, die die Kommunikation zwischen Fluglotsen, Blaulichtorganisationen und Drohnenpiloten ermöglicht. "Es braucht ein Gehirn, bei dem die Informationen zusammenlaufen", sagt Executive Assistent Joachim Edel.

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Wachsende Vielfalt an Drohnen für Hobbypiloten.
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Alle wichtigen Infos finden sich in der ÖAMTC-Dohnen-App.
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Eine Spielzeugdrohne muss gekennzeichnet sein.

Laborbetrieb

Mit Roswitha Wiedenhofer von der FH Joanneum leitet Edel auch das Projekt AIRlabs, gefördert mit 6,5 Millionen vom Bundesministerium für Klimaschutz & Technologie und der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG). AIRlabs ist im Juli 2020 mit 25 Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft gestartet, darunter Bladescape, Frequentis oder die FH Joanneum.

AIRlabs will als Enabler agieren und stellt Flughallen und Lufträume für den Testbetrieb bereit, um Österreich als Innovationsführer zu etablieren. Denn Unmanned Air Systems (UAS) sind nicht nur ein interessantes Gefährt für Technikfreaks und Hobbyfotografen, sondern sie gewinnen auch in Lawinen- und Brandschutz, Vermessung oder Landwirtschaft an Bedeutung.

"Österreich nimmt in der Drohnentechnologie eine Vorreiterrolle ein", bestätigt Gerhard Peller, Managing Director von Bladescape, ein Gesamtlösungsanbieter unbemannter Luftfahrzeugsysteme. In der Inspektion von Infrastruktur stattet Bladescape Drohnen mit Sensoren und Kameras aus, plant den Einsatz und wertet mit lernfähiger KI und Software Daten wie Wärme- oder Multispektralbilder aus.

So werden Hochspannungsleitungen inspiziert und Auffälligkeiten wie Risse, Verfärbungen oder UV-Emissionen, erkennbar am Knistern von Leitungen, registriert. Eine andere Anwendung ist die Kontrolle von Brückenpfeilern. So hat Bladescape die Innenräume der 150 Meter hohen Pfeiler der Europabrücke im Stubaital mit Käfigdrohnen begutachtet, die in stoßsicheren Käfigen die Wände auf- und abfliegen.

"Effizienz, Detailinformation und Genauigkeit der neuen Systeme sind einzigartig", sagt Peller, der die immer noch verbreitete manuelle Inspektion mit Fernglas oder Brückenvermessungen mittels gefährlicher Abseilaktionen ablösen möchte.

Der Kunde erhält am Ende eine Auswertung, keine Bilder und Flugdaten, das verhindert die Weitergabe sensibler Dateninformationen. Denn die Bilder und Videos haben eine Auflösung von bis zu 120 Megapixel. Genau diese hochwertige Technik ist das Besondere an Drohnen. Erfasst man in dieser hohen Auflösung ein Fußballfeld im Weitwinkel, werden einzelne Personen auf der Tribüne klar erkennbar, Full-HD liefert hingegen lediglich verschwommene Gesichter, zoomt man diese heran.

EU-Drohnenregulativ: Die neuen Regeln

Neuerungen

  • Verpflichtende Online-Registrierung unter www.dronespace.at.
  • Kosten: 31,20 Euro. Gültigkeit: 3 Jahre. Mindestalter: 18 Jahre.
  • "Kleiner" und "großer" Drohnenführerschein.
  • Einstufung in die Kategorien "Open", "Specific" und "Certified".
  • Abstand zu Menschen klar definiert.
  • Betreibernummer, am Fluggerät anzubringen.
  • Übergangsfrist bis 01.01.2023.
     

Online-Registrierung ist vorgeschrieben für alle Drohnen mit Kamera (ausgenommen Spielzeugdrohnen).
Drohnenführerschein​​​​​​ ist verpflichtend für Betreiber von Drohnen mit mehr als 250 Gramm
ÖAMTC-Service mit Infos zu Drohnen unter www.oeamtc.at/drohnen
Drohnen Info App (seit 2017) bietet eine interaktive Karte, Informationen zum EU-Drohnenregulativ, ein Flugbuch, News.
Drohnenflugtrainings (seit April 2018) für private und gewerbliche Kunden. Infos unter: www.oeamtc.at/fahrtechnik/drohnen
Drohnenversicherung für alle registrierungspflichtigen Drohnen. Kosten bis zu 250 Gramm ab ca. 55 Euro. Ermäßigungen für ÖAMTC-Mitglieder bei Air & More.

Airtaxi made in Austria

Österreich ist auch in einem weiteren Gebiet gemeinsam mit internationalen Partnern Vorreiter, nämlich der Urban Air Mobility – kurz gesagt: Flugtaxis. Hier ist das oberösterreichische Aerospace-Unternehmen FACC gemeinsam mit der chinesischen Gruppe EHang sowie Investor ProSieben/Sat.1/Puls4 tätig. Ehemals Produzent der bekannten Fischer Schi, hat FACC ein autonom fliegendes Airtaxi für zwei Personen entwickelt. Für dieses gibt es seit kurzem die weltweit erste Genehmigung für einen kommerziellen Pilotbetrieb in China.

Der erste Flug mit dem EHang Airtaxi von FACC

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Hightech für den Grenzschutz

Auch Rettungs- und Polizeieinsätze und nicht zuletzt der Grenzschutz und militärische Zwecke finden mit den hochtechnologisch ausgestatteten, unbemannten Luftvehikel statt. CEO Hannes Hecher präsentiert das neue Produktionsgebäude des österreichischen Drohnenherstellers Schiebel Aircrafts mit seiner spiegelblanken, modernen Fassade am Rande des Flugplatzes Wiener Neustadt. 20 Millionen Euro ließ sich Schiebel die Verdopplung der Werksfläche kosten, einzig errichtet für Bau und Entwicklung des Camcopter S-100. Der unbemannte Helikopter, mit dem Schiebel Weltmarktführer ist, wird zu hundert Prozent für den Export gebaut.

In der neuen Halle steht ein einsatzfähiges Gerät. Es ist drei Meter lang, 1,5 Meter hoch und wiegt leer 110 Kilogramm. Der Helikopter hat ein superleichter Kohlefaser-Monocoque und ist "eine Plattform, die trägt und nichts kann", so Hecher. Sie wird via Laptop gesteuert und kann sich bis zu zehn Stunden in der Luft halten. Kostenpunkt mit Einschulung: ein niedriger einstelliger Millionenbetrag.

Es ist das Equipment für UAS dieser Größe, das deren Einsatz bestimmt und im Zentrum steht: hochsensible Sensorik und Elektronik, bildgebende Radarsysteme, Elektrooptik- und Infrarotsysteme oder Hypospektralkameras, die Objekte anhand einer Analyse der Molekülstruktur identifizieren. Sie alle liefern Bilder und Daten – bei Tag und Nacht, bei Eisnebel und dichten Wolken. Zu den Einsatzgebieten des Camcopter zählt der Grenzschutz am Land und zur See, etwa von der European Maritime Safety Agency (EMSA) oder das Aufdecken von "Irregularitäten" wie illegaler Warenwege oder die Bekämpfung von Terrorismus.

Schiebel_Marine_CMS.jpg Schiebel
© Schiebel

Von der Minensuche zur Drohne

Das Unternehmen hat Hans Georg Schiebel von seinem Vater übernommen und über manche Hürde zunächst mit einem Minensuchgerät zum Erfolg geführt. Der Camcopter findet weltweit Absatz, wurde vielfach für das Design prämiert und ist im Museum of Modern Art in New York ausgestellt. Zu Hauptkunden und Einsatzgebieten gibt sich das Unternehmen zugeknöpft. "Rechtlich ist die unbemannte Luftfahrt noch nicht in die bemannte integriert, für jeden Einsatz braucht es eine Anmeldung", sagt Hecher, "daher suchen wir nach Kunden, die ein hohes Interesse haben, Lufträume zu separieren. Das sind primär Staaten."

350 Camcopter sind laut Hecher weltweit im Einsatz, etwa für die Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA) in Frankreich und Dänemark, die Britische Küstenwache oder die Australian Navy. Erstkunde waren 2003 die Armed Forces der Vereinigten Arabischen Emiraten. Der Camcopter wird seither gemeinsam weiterentwickelt.

Schiebel hat aber auch eine Niederlassung in Abu Dhabi. Der Camcopter heißt dort Al Sabr, der Standhafte, und wird von ADASI, einem Unternehmen für Autonome Systeme und Drohnen, produziert und verkauft. Erst im Februar 2020 wurden Al Sabr-UAS für 55 Millionen Euro von der Regierung der VAE beauftragt.

Für Ausschreibungen arbeitet Schiebel häufig mit Rüstungsunternehmen wie Thales, Airbus, Northrup Grumman oder Raytheon in Australien als Partner. Einer sollte die lokalen Gegebenheiten kennen, so Hecher. Weitere Niederlassungen des Unternehmens gibt es in Australien und den USA. 70 Millionen Euro will Schiebel heuer umsetzen. Der Markt wächst.

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Für den Bau des Camcopter S-100 investierte Schiebel 20 Millionen Euro in die Verdopplung der Produktionsfläche. Die Drohne ist drei Meter lang, 1,5 Meter hoch und wiegt ohne Payload 110 Kilogramm. 
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Hannes Hecher im Foyer des neuen Headquarters von Schiebel Airccrafts in Wiener Neustadt mit dem Erfolgsprodukt, dem Camcopter S-100, im Hintergrund.
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Die Schiebel-Drohnen sind zu Land wie auch zur See im Grenzschutz im Einsatz – mit hochtechnologischer Sensorik, Elektroniksystemen und Kamera-Equipment.

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