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© Kurt Pinter
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März 2020

Was tun, wenn…?

Es gibt Situationen, in die will man nicht kommen. Zum Glück treten sie nicht häufig auf. Doch es kann nicht schaden, einmal gelesen zu haben, wie man im Fall des Falles am besten reagiert.

Unser Leben wäre ganz schön kompliziert und außerdem schwer erträglich, würden wir uns ständig ausmalen, was alles passieren kann. Wenn uns beispielsweise beim Einsteigen ins Auto täglich bewusst wäre, dass wir möglicherweise nicht mehr selbst aussteigen können, sondern herausgeschnitten werden müssen.

Nicht dauernd an solche beängstigende Situa­tionen zu denken, ist richtig und gesund: Sonst müssten wir uns zitternd vor Angst im Bett verkriechen und wären kaum mehr fähig, unseren Alltag zu bewältigen.

Doch ab und zu sollte man sich bewusst machen, dass auch die alltägliche Mobilität un­erwartet gefährliche, potenziell sogar lebensgefährliche Situationen bereithalten kann. Sich rechtzeitig geistig damit ausein­anderzusetzen, wie man reagieren würde – und vor allem, wie man reagieren sollte –, wenn überraschend etwas Außergewöhnliches eintritt, kann im Ex­tremfall sehr hilfreich sein. Denn wenn etwas passiert, passiert es immer überraschend.

Wir haben einige solcher außergewöhnlicher Situationen aufgeführt und Experten des ÖAMTC, der Polizei, der Feuerwehr und des Roten Kreuzes gefragt, welche Tipps sie geben können, um heil aus der misslichen Lage herauszukommen.

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© Tom Mackinger

Sie überqueren einen Bahnübergang, der Motor stirbt ab, während Sie mitten auf den Gleisen stehen, und lässt sich nicht mehr starten

Lebensgefahr! Alle Passagiere müssen das Auto so rasch wie möglich verlassen und sich abseits des Bahnübergangs in Sicherheit bringen. ÖAMTC-Techniker Steffan Kerbl rät von endlosen Startversuchen und anderen "Heldentaten" dringend ab. Auch zu versuchen, das Auto bei eingelegtem ersten Gang durch Umdrehen des Zündschlüssels mit der Kraft des Starters in kleinen Etappen vorwärts zu bewegen, sollten Sie unterlassen. Das funktioniert bei fast allen Autos technisch nicht mehr und es geht zu viel Zeit verloren.

Auch das Weg­schieben ist bei manchen Autos aufgrund von automatischen Feststellbremsen nicht möglich. Wenn alle in Sicherheit sind, können Sie dem Zug neben den Schienen entgegengehen und den Lokführer mit Handzeichen warnen.

Ein Schranken hat eine Sollknickstelle. Ein kräftiger Erwachsener kann laut ÖBB einen geschlossenen Schranken zur Seite (nicht nach oben!) biegen. Ist das Auto also bei laufendem Motor zwischen Schranken eingeschlossen, können Sie ihn leicht durchbrechen.

Sie beobachten jemanden, der offenbar alkoholisiert ins Auto steigt und wegfahren will

Zivilcourage. Die Polizei sagt: Zivilcourage ist dann gut, wenn man sich selbst nicht in Gefahr bringt. Das gilt vor allem für strafrechtliche Delikte. Alkoholisiert fahren ist aber "nur" eine Verwaltungsübertretung. Bei einem Verdacht auf ein strafrechtliches Delikt hätten Sie das "Anhalterecht", also die Möglichkeit, als Privatperson einzuschreiten. Das aber gilt hier nicht.

"Ob jemand alkoholisiert ist, kann man als Privatperson nicht wirklich feststellen. Dass er für Sie so wirkt, genügt nicht. Sie haben keine geeigneten Hilfsmittel, die hat nur die Polizei", sagt Mag. Manfred Reinthaler von der Landespolizeidirektion Wien. Wenn Sie etwa versuchen, der Person den Autoschlüssel abzunehmen, könnte das Nötigung sein. Daher rät die Polizei von solchen Maßnahmen dringend ab.

Was Sie tun können? Sie können den Lenker höflich ansprechen: Sind Sie betrunken? Wollen Sie nicht lieber ein Taxi rufen? Gibt es eine aggressive Reaktion, sollten Sie sich zurückziehen, aber nach Möglichkeit Kennzeichen, Marke, Type und Farbe des Autos aufschreiben bzw. die Fahrtrichtung merken und dann die Polizei anrufen und den Sachverhalt schildern.

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© Tom Mackinger

Während der Fahrt sehen Sie plötzlich, dass es aus dem Motorraum raucht

Eigenschutz. "Brennende Autos explodieren nicht", beruhigt Brandkommissär Jürgen Figerl von der Wiener Feuerwehr. Raucht das Fahrzeug, sollte man rasch am Fahrbahnrand oder dem Pannenstreifen anhalten, den Motor abstellen und die Feststellbremse aktivieren. Dann den Schlüssel abziehen und das Auto verlassen.

Den Bereich per Pannendreieck in ausreichendem Abstand sichern und 122 wählen – den Notruf der Feuerwehr. Wichtig: eine möglichst exakte Ortsangabe. Sollte ein Feuerlöscher verfügbar sein, kann man (unter Berücksichtigung des Eigenschutzes!) einen Löschversuch unternehmen, so Figerl. Aber: "Brandrauch ist hochgiftig. Nichts tun, wenn es nicht ohne Einatmen von Rauch möglich ist."

Außerdem: Beim Öffnen der Motorhaube ist mit schlagartigem Flammenaustritt zu rechnen. Zum Schluss in ausreichendem Sicherheitsabstand auf die Feuerwehr warten und ihr den Autoschlüssel übergeben.

Während einer nächtlichen Autofahrt sehen Sie Personen, die versuchen, Sie anzuhalten

Vorsicht! Grundsätzlich ist man nicht verpflichtet anzuhalten. Ausnahmen sind natürlich: Es handelt sich um einen Verkehrsunfall und man ist daran in irgendeiner Form beteiligt. Und: Wenn jemand offensichtlich in großer Gefahr oder schwer verletzt ist.

Aber Hilfe kann man immer auch holen, indem man mit dem Handy den Notruf wählt (Polizei: 133). In der konkreten Situation rät Mag. Manfred Reinthaler von der Landespolizeidirektion Wien: Mit verschlossenen Fahrzeugtüren anhalten, das Fenster einen Spalt öffnen, nicht aussteigen und fragen, was denn eigentlich passiert ist. Wenn die Antwort unbefriedigend ist, sollte man ­sagen, dass man jetzt die Polizei anrufen und Hilfe holen wird, und das dann auch tun. Vor allem wenn man alleine ist, sollte man auf keinen Fall aussteigen – auch nicht als kräftiger Mann.

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Ihr Kind kann im letzten Moment noch in die U-Bahn oder den Zug einsteigen, ehe die Türen schließen, aber Sie bleiben am Bahnsteig zurück

Der Zug fährt ab. Sowohl Eltern als auch Kinder werden panisch, wenn sie unvorhergesehen getrennt werden. "Wenn im Zug oder am Bahnhof kein Personal aufzufinden ist, gibt es Notsprechstellen, über die man in direkten Kontakt mit der Zugmannschaft treten kann. Im Zug sind sie immer an der Einstiegsstelle", erklärt Bernhard Rieder von den ÖBB. Im Zug kann der Not­stopp gezogen werden.

Auch bei den Wiener Linien gibt es eine Notsprecheinrichtung neben dem Notstopp am Bahngleis. "Wir empfehlen Kindern grundsätzlich, bei den Öffis die erste Tür zum Ein- und Aussteigen zu nutzen. So haben unsere Fahrer/-innen die Jüngsten am besten im Blick", so Christoph Heshmatpour von den Wiener Linien.

Sie fahren bergab und merken, dass die Bremsen beginnen nachzulassen

Anhalten. In Hollywood-Filmen rasen Autos mit sabotierten Bremsen bergab und können nicht mehr gestoppt werden. Roland Frisch von der ÖAMTC Fahrtechnik beruhigt: "Das sogenannte 'Fading' wird normalerweise, sofern kein technischer Defekt vorliegt, durch ein Überhitzen der Bremse verursacht. Meist weil sie beim Bergabfahren stark beansprucht wurde."

Sobald Sie bemerken, dass die Bremsleistung nachlässt, sollten Sie deshalb sofort anhalten und die Bremsen abkühlen lassen. Wenn Sie danach die Bergabfahrt wieder fortsetzen, sollten sie verstärkt die Motorbremse einsetzen. Lieber einen Gang mehr als gewohnt runterschalten, also beispielsweise mit dem zweiten statt mit dem dritten Gang bergab rollen. Je niedriger der Gang, desto stärker die Motorbremswirkung. Das sollten Sie schon von Anfang an nutzen.

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Sie liegen auf einer Luftmatratze und bemerken, dass Sie immer weiter aufs offene Meer hinaustreiben

Liegenbleiben. Karmen Kreidl, Einsatzleiterin bei der Österreichischen Wasserrettung, rät in solchen Situationen vor allem eines: "Unbedingt auf der Matratze bleiben."

Warum? "Schwimmen ist kräfteraubend, man kühlt aus und wird weniger leicht gesehen. Gegen die Strömung anzukämpfen ist ebenfalls kontraproduktiv. Aber man kann versuchen, schräg gegen die Strömung aus dem Strömungsbereich heraus in ruhigeres Wasser zu paddeln. Das Wichtigste jedoch ist, handlungsfähig zu bleiben und keine Panik aufkommen zu lassen. Machen Sie sich bemerkbar, winken Sie und rufen Sie um Hilfe, falls jemand in Hörweite ist."

Um solchen Situationen vorzubeugen, rät sie, sich mit den Bedingungen vor Ort vertraut zu machen: "Wie stark sind Ebbe und Flut, wann setzen sie ein, wo gibt es Strömungen? Aus welcher Richtung kommt der Wind, ist ein Wechsel der Windrichtung zu erwarten?"

Sie kommen an eine Unfallstelle, es gibt offenbar Verletzte, Sie sind allein

Absicherung. "Um Folgeunfälle zu vermeiden, ist es wichtig, für Sicherheit zu sorgen. Verschaffen Sie sich zuerst einen Überblick und sichern Sie dann die Unfallstelle ab", sagt Mathias Amon, Erste-Hilfe-Experte beim Roten Kreuz. Konkret bedeutet das: Abstand halten, Warnblinkanlange einschalten, Fahrzeug am rechten Straßenrand oder am Pannenstreifen abstellen.

"Ziehen Sie noch im Auto die Warnweste an und steigen Sie vorsichtig aus, idealerweise Richtung Fahrbahnrand. Machen Sie dann andere Verkehrsteilnehmer auf die Gefahr aufmerksam. Stellen Sie ein Warndreieck in ausreichender Entfernung auf und rufen Sie die Rettung", so Amon. "Kann man sich gefahrlos der Unfallstelle nähern und sind Verletzte im Fahrzeug, helfen Sie beim Aussteigen und bringen Sie sie aus der Gefahrenzone. Personen, die nicht reagieren, müssen immer aus dem Fahrzeug gezogen werden. Dafür eignet sich der Rautekgriff. Danach die Atmung überprüfen, um weitere Erste-Hilfe-Maßnahmen zu setzen, bis der Rettungsdienst eintrifft."

Sie bemerken, dass Sie irrtümlich falsch auf die Autobahn aufgefahren sind – als Geisterfahrer

Gegen die Fahrtrichtung. Falls Sie selbst Geisterfahrer sind, rät die Asfinag:

  • Schalten Sie die Warnblinkanlage und das Abblendlicht ein.
  • Halten Sie am nächstgelegenen Fahrbahnrand an (das kann auch der mittlere Grünstreifen sein) und ziehen Sie die Warnweste an.
  • Steigen Sie aus dem Auto und bringen Sie sich hinter der Leitschiene in Sicherheit.
  • Fahren Sie keinesfalls im Rückwärtsgang zur Auffahrt zurück.
  • Wenden Sie nicht und kreuzen Sie keinesfalls die Fahrbahn.
  • Warten Sie auf Hilfe.

Sie haben mit einer Geldstrafe von bis zu 2.180 Euro zu rechnen. Zusätzlich wird der Führerschein für mindestens sechs Monate entzogen.

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© Tom Mackinger

Sie verlieren die Kontrolle über das Auto, kommen von der Fahrbahn ab und stürzen ins Wasser

Sache von Sekunden. In dieser Situa­tion zählt vor allem eines: schnell sein. Jürgen Figerl von der Wiener Feuerwehr: "Man muss möglichst rasch eine Rettungsöffnung schaffen, also eine Tür oder ein Fenster aufmachen, und mit allen Insassen umgehend das Auto verlassen."

Wenn das Öffnen nicht klappt, kann man eine Scheibe mit einem Nothammer einschlagen – sofern vorhanden und griffbereit. Figerl: "Mit der Hand oder dem Ellenbogen braucht man’s gar nicht erst zu probieren, das funktioniert nur im Film."

Sollten Sie Zeuge sein, wenn ein Auto ins Wasser fällt, dann hängt Ihr Vorgehen stark davon ab, wie weit Sie von diesem entfernt sind und wie tief es schon gesunken ist. Befindet es sich schon zur Gänze unter der Wasseroberfläche oder ist in einen Fluss gestürzt, wird ein Rettungsversuch mit vorhandenen Mitteln vermutlich nicht möglich sein: Es droht Gefahr, von der Strömung selbst mitgerissen zu werden. Deshalb: Sofort die Feuerwehr (Notruf 122) verständigen und eine möglichst genaue Ortsangabe bekannt geben.

Sie entdecken bei großer Hitze ein Kind/ein Tier in einem abgestellten verschlossenen Auto

Allerletztes Mittel. Rechtlich gibt es die Möglichkeit, die Scheibe einzuschlagen. Aber nur als allerletztes Mittel, betont die Polizei. Man darf also zwar das Eigentum einer anderen Person beschädigen, um ein Leben oder die Gesundheit zu retten. Das ist im Strafrecht ein sogenannter "zu rechtfertigender Notstand". Aber vorher muss man genau prüfen: Ist es wirklich die einzige Möglichkeit, die man in diesem Moment hat? Es könnte ja sein, dass jemand erst vor wenigen Sekunden in eine Apotheke gegangen ist, um ein Medikament für das Kind zu holen. Vielleicht schläft das Kind ja inzwischen auch nur.

Ist niemand in der Nähe, sollte man schnell die Polizei rufen, die vor allem im städtischen Raum innerhalb weniger Minuten an Ort und Stelle sein und rasch tätig werden wird. Wenn ÖAMTC-Pannenfahrer durch die Seitenscheibe ins Auto gelangen wollen, kleben sie diese ab, damit sie nicht splittert, und schlagen sie mit einer Hammerspitze in der Mitte ein. Mit einem Stein etwa wird man mit Sicherheit scheitern.

Sie sitzen am Beifahrer­sitz eines fahrenden Autos und der Fahrer verliert das Bewusstsein

Albtraum. Der Lenker sackt aus gesundheitlichen Gründen zusammen und verliert die Kontrolle über das Fahrzeug. Was nun? Vorweg: Nie den Zündschlüssel drehen oder abziehen! Beim Abstellen des Motors fällt die Servolenkung aus, im schlimmsten Fall rastet auch die Lenkradsperre ein. Roland Frisch von der ÖAMTC Fahrtechnik: "Wichtig ist, das Lenkrad von der Beifahrerseite aus zu übernehmen und zu versuchen, den Gang rauszunehmen oder bei Automatikgetrieben auf Neutral zu stellen. Dann das Fahrzeug kontrolliert ausrollen lassen." Das gilt natürlich für eine ebene Fahrbahn, nicht bei Bergabfahrt. Im äußersten Notfall kann auch eine Leitplanke o. Ä. in möglichst spitzem Winkel angesteuert werden, um diese als Bremse zu benutzen. Nach Stillstand: Gefahrenstelle absichern, die Rettung (Notruf 144) anrufen und beim Fahrer Erste-Hilfe-Maßnahmen setzen.

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© Tom Mackinger

Sie stehen am Ende eines Staus oder rollen darauf zu, da sehen Sie im Rückspiegel, wie ein Schwerfahrzeug viel zu schnell auf Sie zukommt

Abstand lassen. Diese potenziell lebensgefährliche Situation kann man bereits vorsorglich entschärfen, sobald man sich selbst dem Stauende nähert. Zuerst gilt es natürlich, die Warnblinkanlage zu aktivieren, um den möglicherweise unachtsamen Nachfolge-Verkehr auf den bevorstehenden Stillstand aufmerksam zu machen. Danach am besten mindestens zwei Auto­längen Abstand zum vorderen Fahrzeug halten und den Rückspiegel aufmerksam beobachten, bis man sich nicht mehr in der Gefahrenzone befindet. Den Grund erklärt Roland Frisch von der ÖAMTC Fahrtechnik: "Übersieht ein Nachkommender das Stauende und kann nicht mehr bremsen, kann man den Freiraum vor dem eigenen Auto noch nützen, um schnell in eine möglicherweise vorhandene Lücke zwischen den Fahrspuren zu manövrieren."

Sie fahren mit einem Anhänger, der unkontrolliert zu schlingern beginnt

Kraftvoll. Eine Situation, wie sie viele Gespann-Fahrer schon erlebt haben: Sie fahren auf der Autobahn und der Anhänger beginnt zu "schlingern". Erste Anzeichen: Der Hänger beginnt sich leicht von rechts nach links zu bewegen, obwohl es keine Lenkbewegungen am Lenkrad gibt. Gehen Sie vom Gas. Im Normalfall sollte sich das Gespann dabei wieder stabilisieren. Nicht Gas geben, um es "gerade zu ziehen"! Wesentlich heikler wird es, wenn sich die Schlingerbewegung auf das Zugfahrzeug überträgt. Spätestens jetzt: Lenkung ge­rade halten und rasch die Geschwindigkeit reduzieren – wenn nötig kurz, aber stark bremsen (speziell bei auflaufgebremsten Anhängern). Wichtig: Beim Überholen auf ausreichend Abstand zum Nebenfahrzeug achten, sonst kann der Hänger durch den Sog ins Schlingern geraten.

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