Welcher Aggressions-Typ sind Sie?
Die Nerven von Autofahrern, Radfahrern und Fußgängern liegen oft blank. Eine ÖAMTC | AM.PULS-Umfrage zeigt: 59 Prozent der Befragten finden, dass Aggression im Straßenverkehr immer häufiger wird. Wie aggressiv sind Sie im Verkehr? Machen Sie den Test!
Der spinnt ja. Das lasse ich mir sicher nicht gefallen. Bei der nächsten roten Ampel krieg ich dich! Du A******! Es geht manchmal brutal zu auf den Straßen. Laut der jüngsten ÖAMTC | AM.PULS-Umfrage haben 64 Prozent der Befragten schon Streitereien zwischen anderen Verkehrsteilnehmern erlebt. Jeder Fünfte hat schon einmal beobachtet, wie jemand mit dem Fuß gegen ein fremdes Auto oder Fahrrad tritt, 9 Prozent wurden Zeugen von Handgreiflichkeiten oder Spuckattacken.
"Ich finde, dass der Fahrstil grundsätzlich aggressiver geworden ist", stellt Walter Kutzelnig aus Innsbruck fest. "Alle Verkehrsteilnehmer – egal ob Auto-, Motorrad- oder Radfahrer, aber auch die Fußgänger – sind egoistischer geworden. Sie nehmen keine Rücksicht mehr auf andere." Auch Thomas Mayer aus Wien meint verärgert: "Straßenkameradschaft existiert leider nicht mehr."
Straßenkameradschaft existiert leider nicht mehr.
Thomas Mayer, Clubmitglied
Jeder Mensch geht anders mit seinem Ärger um. Manche Verkehrsteilnehmer brüllen, schimpfen und gestikulieren aggressiv, andere fressen die Wut in sich hinein. "Wenn jemand Regeln im Straßenverkehr missachtet, dann ärgert mich das. Es kann dann schon vorkommen, dass ich ihn bei der nächsten roten Ampel zur Rede stelle", erzählt Wolfgang Gaggl aus Salzburg.
Manfred Klein aus Niederösterreich lässt seinen Ärger verbal innerhalb des Autos raus: "Ich schimpfe und schreie vor mich hin, lasse so richtig den Dampf ab. Das hilft mir. Danach fahre ich ruhig weiter." So verhalten sich auch zwei Drittel der Befragten.
Laut dem Verkehrspsychologen Prof. Bernhard Schlag kann Schimpfen aufgebrachten Menschen helfen, wieder "runterzukommen". Er empfiehlt aber, tief durchzuatmen und die Emotion keinesfalls aufs Gaspedal zu übertragen.
Der Tiroler Walter Kutzelnig hat seine eigene Strategie: "Da ich sehr viel Auto fahre, bin ich schon einiges gewöhnt. Wenn mir im Straßenverkehr jemand aggressiv begegnet, lächle ich ihn an – und nehme ihm so den Wind aus den Segeln."
Jeder Zweite drückt auf die Hupe
Ärgern Sie sich auch manchmal über eine Situation im Verkehr? Fast zwei Drittel der Verärgerten schimpfen, jeder Zweite betätigt die (Licht-)Hupe und jeder Fünfte zeigt seine Aggression mit Handzeichen. Bei jedem Sechsten wird sogar die Fahrweise aggressiver.
Quelle: ÖAMTC | AM.PULS-Umfrage
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Aggressive Drängler gefährden andere Lenker
Es ist natürlich ein Unterschied, ob man nur schreit und schimpft oder andere Verkehrsteilnehmer vorsätzlich ausbremst oder bedrängt. Wenn andere Fahrzeuge sie "schneiden" oder ihnen zu dicht auffahren, macht das 91 Prozent bzw. 89 Prozent der Clubmitglieder wütend, so das Ergebnis der Befragung.
Solche Aktionen können schlimme Folgen haben. "Aggressive Drängler gefährden verantwortungsbewusste Verkehrsteilnehmer", so Otmar Bruckner vom Verkehrsdienst im Innenministerium. "Zu dichtes Auffahren war letztes Jahr Ursache für jeden fünften Unfall mit Personenschaden – auf Autobahnen und Schnellstraßen sogar jeden zweite. 2016 kamen dabei dreizehn Personen ums Leben."
Ruhe bewahren: Musik hören hilft, jeder Fünfte singt mit
Den Ärger abprallen lassen? Was tun, um nicht schnell wütend zu werden? Laut der ÖAMTC-Umfrage hilft gute Musik zwei Dritteln der Befragten. Rechtzeitig losfahren und regelmäßige Pausen tragen ebenfalls zu besserer Laune im Auto bei. Aber auch mit dem Beifahrer plaudern oder laut drauflos trällern hilft. 26 % brauchen aber genau das Gegenteil: nämlich Ruhe.
Quelle: ÖAMTC | AM.PULS-Umfrage
Kampfzone Straße
Die Medien sind voll mit Schlagzeilen zu Konflikten im Straßenverkehr: "Streit um Rettungsgasse: Salzburger brutal niedergeschlagen", "Kampfzone Straße" oder "Weiblicher Parksheriff von Mann attackiert".
Erst im September wurde eine Mitarbeiterin der Wiener MA67, die für Parkraumüberwachung zuständig ist, von einem Autofahrer gewürgt. Auslöser: Er hatte ein Organmandat an der Windschutzscheibe seines geparkten Autos. "Das ist zum Glück nur ein Einzelfall", betont Patrick Maierhofer von der Landespolizeidirektion Wien. "Die Polizei wird jedoch des Öfteren als Streitschlichter geholt. Kleinigkeiten können sehr schnell eskalieren", erzählt Maierhofer. "Manchmal hilft es bereits, dass wir hinzukommen." Die Schuldfrage klären die Polizisten jedoch nicht, obwohl das die Beteiligten manchmal gerne hätten.
Was ist Ihre Strategie gegen Aggression? Gar nicht erst ärgern? Runterschlucken und lächeln? Zwei Dritteln der Befragten hilft die Lieblingsmusik, 21 Prozent singen selbst und fast jeder Zweite redet mit dem Beifahrer. Dass das konstruktiv ist, bestätigt auch der Verkehrspsychologe Prof. Bernhard Schlag.
In Stress-Situatinen tief durchatmen
Interview mit Prof. Dr. Bernhard Schlag, Psychologe und Professor für Verkehrspsychologie an der TU Dresden.
— Warum leben Menschen Ihre Aggressivität so stark im Auto aus?
Bernhard Schlag:Im Auto bzw. im Kraftfahrzeug, der Name ist ja schon Programm, hat man so viel Kraft unterm Gesäß wie sonst im Leben nicht. Mit diesem Powermobil hat man die Möglichkeit, etwas umzusetzen.
— Verführt das Auto zum Frustabbau, weil man den Ärger vermeintlich anonym ausleben kann?
Bernhard Schlag:Genau. Die Anonymität schlägt das Gefühl von Verantwortlichkeit für das eigene Tun. Insofern begünstigt Anonymität eher Regelübertretungen. Wenn Menschen immer damit rechnen müssten, zur Verantwortung gezogen zu werden, dann würden sie natürlich besser überlegen, warum sie etwas machen oder etwas unterlassen sollten. Untersuchungen zeigen, dass Lenker mit Beifahrer sich eher an Regeln halten und auch vorsichtiger Auto fahren.
— Warum liegen bei Menschen, die im Alltag sonst eher ruhig sind, im Straßenverkehr plötzlich die Nerven blank?
Bernhard Schlag:Das Primärmotiv ist Mobilität: Autofahrer möchten von A nach B kommen – und das möglichst unfallfrei und ungehindert. Läuft die Fahrt jedoch nicht nach Plan ab, kann das zu aggressivem Verhalten führen. Diese Menschen können nicht akzeptieren, dass sie auf ihrem Weg zum Ziel aufgehalten worden sind und nicht in der vorgenommenen Zeit ankommen.
— Pedalisten gegen Blechfreunde und vice versa: Warum liegen sich unterschiedliche Verkehrsteilnehmer oft in den Haaren?
Bernhard Schlag:Radfahrer fühlen sich als Unterlegene im Straßenverkehr sehr oft im Recht. Die Verkehrsordnung berücksichtigt das auch ein bisschen. So führt der Radfahrstreifen ja manchmal auch gegen die Einbahn. Das ist ein klassischer Ressourcen-Konflikt, denn die Ressourcen werden von verschiedenen Verkehrsteilnehmern unterschiedlich beansprucht.
— Schimpfen und fluchen als Ventil?
Bernhard Schlag:Das kann unterschiedliche Wirkungen haben. Manche sagen: Schreie es raus, aber mache nichts! Das kann bei einigen Leuten günstig sein. Aber ich empfehle: Die Emotion nicht aufs Gaspedal übertragen, sondern tief ein- und ausatmen. Das ist generell sehr beruhigend. Man hat so wieder mehr Kontrolle über sich selbst und bekommt Distanz zu der Situation. Sehr wirksam.
— Wie soll man sich verhalten, wenn ein anderer aggressiv auf einen losgeht?
Bernhard Schlag:Am besten nicht auf seinen eigenen Emotionen und auf der erlebten Provokation des anderen ausrutschen, sondern seine Souveränität so weit beibehalten, dass man sich aus der Situation herausnehmen kann.
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