Elektroroller: Leiser geht’s nicht
Elektroroller der 125-Kubikzentimeter-Klasse: Die Leistungsentfaltung ist enorm und der Sieg beim Ampelstart so gut wie sicher. Interesse? Probefahrt gefällig?
Die technologische Entwicklung der einspurigen Elektrofahrzeuge ist rasant, und der Markt wächst mit. Fahrräder, Mopeds, Roller, Motorräder – geredet wird jedenfalls eine Menge über deren jeweilige Varianten mit Elektroantrieb. Wir versuchen ein wenig Ordnung in dieses Stimmengewirr zu bringen. Zu diesem Zweck haben wir zwei Elektroroller der 125-Kubikzentimeter-Klasse getestet, uns ausführlich mit Importeuren unterhalten. Hier unsere Erkenntnisse, in Form eines launigen Frage-Antwort-Stakkatos.
Worauf ist beim Fahren eines Elektromotorrades/Elektrorollers zu achten?
Regel Nummer 1: Drehen Sie bei der persönlich erstmaligen Inbetriebnahme vorsichtig am Gasgriff. Das Ding geht ziemlich ab, selbst eingefleischte Motorradfahrer geben sich nachhaltig beeindruckt. Und Elektromotorräder sind wirklich sehr, sehr leise, man bemerkt die einsetzende Motorleistung akustisch so gut wie gar nicht.
Regel Nummer 2: Tja. Elektromotorräder sind sehr leise. Fußgänger sind gegebenenfalls zart anzuhupen. Oder Sie bahnen sich mit einem charmanten „Verzeihen Sie bitte“ Ihren Weg. Der Fußgänger weicht dann gerne zur Seite, manchmal lächelt er sogar.
Wie kann das Ding aufgeladen werden?
Ganz einfach an der 220-Volt-Steckdose. Eine eigene Garage ist sinnvoll, ebenso eine Lademöglichkeit am Arbeitsplatz, da bekommt der Besuch bei der Oma oder beim Wirten einen neue, erweiterte Bedeutung. Es ist auch durchaus angebracht, ein Verlängerungskabel mit zu haben. Zudem gibt es immer mehr öffentliche Stromtankstellen, manche sogar gratis nutzbar, zum Beispiel bei Supermärkten. Bei einigen Elektro-Mopeds kann der Akku auch einfach entnommen und im Wohnzimmer aufgeladen werden. Bei leistungsstärkeren Modellen ist der deutlich größere Akku für den händischen Transport schlichtweg zu schwer. Ausnahmen: Die KTM Freeride E-SM mit recht kleinem Akku und die Zero FX mit zwei Akkus, die separat herausgenommen werden können.
Was gibt es über die Akkus noch zu wissen?
Mittlerweile werden so gut wie ausschließlich auf Lithium basierende Akkumulatoren verbaut. Bleiakkus sind Geschichte, Stand der Technik sind LiFePo-Akkus (Lithium-Eisenphosphat-Akkus). Diese sind eigensicher, also nicht selbst entzündbar, und bei gleichem Gewicht deutlich leistungsstärker als Bleiakkus.
Allerdings sind LiFePo-Akkus um ein Eck teurer als Bleiakkus und benötigen ein ausgeklügeltes Batteriemanagement (BMS). Das BMS war lange Zeit ein kritisches Thema, funktioniert jedoch mittlerweile sehr gut, was bei heutzutage verbauten LiFePo-Akkus in einer Lebensdauer von vielen Jahren resultiert. Nach 50.000 gefahrenen Kilometern wird oftmals noch eine Akkuleistung von 70 Prozent und mehr garantiert. Und das ist auch gut so, denn die Akkus sind bei Elektromotorrädern der Preistreiber schlechthin – sie schlagen mit rund 50 Prozent der Fahrzeugkosten zu Buche. Die Akkuleistung wird in Kilowattstunden (kWh) angegeben. Je höher dieser Wert ist, desto höher ist auch die Reichweite.
Wie hoch ist die Reichweite?
Beim Elektroroller beträgt die Reichweite innerstädtisch rund 100 Kilometer, wobei dieser Wert stark von Fahrgeschwindigkeit und abgerufener Fahrleistung abhängt. Fährt man durchgehend Topspeed, sinkt die Reichweite rasch auf 50 oder 60 Kilometer.
Elektromotorräder kommen, teils mit Zusatzakku, mit einer Ladung bis zu 250 Kilometer weit. Die KTM Freeride E-SM wiederum hat einen sehr kleinen Akku, was in einer Reichweite von rund 50 Kilometern resultiert.
Wie lange dauert ein Ladevorgang?
Eine Komplett-Aufladung nimmt je nach Modell zwischen drei und acht Stunden in Anspruch. Wobei die Technologie-Entwicklung zügig voranschreitet und sich zweifellos Synergien mit der Automobilindustrie ergeben.
Wie hoch sind die Stromkosten für 100 Kilometer Fahrleistung?
Für 100 Kilometer benötigt man beim Elektroroller rund fünf Kilowattstunden (kWh) elektrischen Strom. Eine kWh kostet im privaten Haushalt 19 Cent, macht also rund einen Euro für 100 Kilometer.
Und wie hoch sind die Wartungskosten?
Die Wartungskosten für Luftfilterwechsel, Motorservice, Ölwechsel und Kühlerflüssigkeit entfallen komplett. Ab und zu sind die Bremsklötze und die Reifen zu erneuern sowie eine Inspektion durchzuführen. That’s it. Unterm Strich ist der Betrieb eines Elektromodells deutlich günstiger als bei jenen mit Verbrennungsmotor.
Ist beim Kauf eines Elektromotorrades eine Normverbrauchsabgaben zu entrichten?
Nein.
Was ist ein Radnabenmotor?
Der Radnabenmotor ist beim Zweirad ein fix im Hinterrad verbauter Elektromotor. Der Stator des Motors ist fix mit der Schwinge verbunden, der Rotor dreht sich frei und treibt so das Hinterrad direkt an. Großer Vorteil: Bei einem Fahrzeug mit Radnabenmotor gibt es keine Kette und keinen Riemen – der Antriebsstrang ist wartungsfrei. Da der Radnabenmotor das Fahrzeug direkt, also ohne Untersetzung antreibt, benötigt er aber mehr Kraft als ein rahmenfest verbauter Elektromotor. Durch den Einbau des Radnabenmotors direkt im Hinterrad erhöht sich allerdings der Anteil an ungefederten Massen. Und das wiederum bedingt ein träger agierendes Fahrwerk. Im Rennsport, wo die Motorräder im Grenzbereich bewegt werden, ist der Radnabenmotor daher ein absolutes No-Go, im Alltagsbetrieb gilt er hingegen als intelligente, unkomplizierte Lösung.
Ist das Elektromotorrad emissionsfrei?
Lokal betrachtet ja, global betrachtet nein. Die Art und Höhe der Schadstoffemissionen hängt von der Art der Stromproduktion ab: Windkraft und Photovoltaik (PV) gelten als emissionsneutral, elektrischer Strom aus Wasserkraft ist differenziert zu betrachten, Strom aus Biomasse steht in Österreich aktuell im Kreuzfeuer der Kritik, Atomkraft und fossile Energie sind sowieso pfui. Aber den Stromanbieter kann man ja mittlerweile frei wählen, und prinzipiell gibt es auch den Luxus einer privaten PV-Anlage.
Gibt es in Österreich Förderungen für Elektromotorräder?
Prinzipiell ja, allerdings sind sie oft nur regional verfügbar. In Niederösterreich wird der Kauf eines Elektromotorrades zum Beispiel mit bis zu 1.000 Euro gefördert.
Kommen alle Elektromotorräder aus China?
Nein, bei Weitem nicht. Zero kommt beispielsweise aus Kalifornien, KTM aus Österreich, Johammer ebenso, Eccity aus Frankreich und vR aus der Schweiz. Randbemerkung für Insider: Die großartigen amerikanische Brammo-Eisen sind leider Geschichte. Anfang des Jahres wurde Brammo von Polaris endgültig gekauft, seitdem werden nur noch Antriebsstränge produziert. Schenkt man jedoch den Gerüchten Glauben, dann ist ein Nachfolgemodell unter dem Namen Victory Charger bereits in Planung.
Exemplarische Marktübersicht
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