Auf die Vespa, fertig, los
Wer hat sich vom Original am meisten abgeschaut? Bimie, Kymco, Suzuki oder Sym? Ein 125er-Vergleich.
Sie kennen die Redewendung "Oft kopiert, nie erreicht"? Nun, wenn diese vier Worte einem Zweirad zurechenbar sind, dann wohl der Vespa. Ja, auch Vespa hat unterschiedliche Modelle am Start, aber im Großen und Ganzen – und die zahlreichen Fangirls und -boys mögen mir das verzeihen – folgen sie der ewig gleichen, Wespen-artigen Designlinie.
Über die Jahrzehnte hat diese ikonenhafte Formensprache zahlreiche Nachahmer gefunden. In manchen Fällen war die Inspiration mehr als offensichtlich und ziemlich plump, in anderen Fällen sorgten nur einzelne stilbildende Elemente für optische Vertrautheit. So richtig nahe kam dem italienischen Original in seiner Gesamtheit freilich kaum ein anderes Modell. Was dazu führt, dass die Vespa mit ihren weiteren typischen Merkmalen wie der Blechkarosserie oder der Einarmschwinge nach wie vor einzigartig ist. Und teuer.
Da stellt sich natürlich die Frage: Zahlt sich der tiefe Griff ins Geldbörsel aus? Oder ist man mit den optisch ähnlichen, technisch aber simpler gestrickten und somit günstigeren Alternativen vielleicht sogar besser dran?
Alternativen wie jenen von Bimie, Kymco, Suzuki oder Sym? Wir beginnen die Vorstellung beim Original – und küren danach die günstigste, die fahraktivste, die aufwändigste und die alternativste Alternative.
Hinweis: Eine tabellarische Gegenüberstellung der wichtigsten Daten sowie der Preise findet sich am Ende des Artikels.
Los geht's!
Das Original – die Vespa Primavera 125
Ab fünftausend Euro beginnt das Vergnügen, viele Sondermodelle kosten dann aber doch noch ein paar Hunderter oder gar Tausender mehr – zur besseren Veranschaulichung: Am oberen Ende der 125er-Palette von Vespa liegt derzeit die GTS Super Tech 125 für 6.599 Euro.
Zurück zur Primavera und ihren Vorteilen: knackiges Handling, spritziger Motor, gute Ergonomie, großes Helmfach (schluckt anstandslos unseren Test-Halbschalenhelm), tadellose Bremserei (ABS ist serienmäßig an Bord) und enorm viel stilsicheres Zubehör (das natürlich extra zu bezahlen ist).
Ob hingegen die Blechkarosserie nun als Vor- oder Nachteil zu sehen ist, darüber lässt sich vorzüglich debattieren. Klar ist: Nach einem Sturz braucht es Spengler und Lackierer, um die entstandenen Scharten zu beseitigen – und das kostet meist mehr, als einen gebrochenen Kunststoffteil zu ersetzen. Klar ist aber auch: In den Punkten Nachhaltigkeit sowie Look & Feel sticht Blech Plastik.
Abgesehen vom zwar fairen, aber doch deftigen Preis von zumindest 4.999 Euro hat die Vespa Primavera kein substanzielles Manko. Zwei Jahre Garantie, längstes Serviceintervall in diesem Vergleich: alle 5.000 km.
Fazit: Für die Vespa entscheidet sich, wer genügend Geld parat hat, technischen Gefallen an Blechkarosserie und Einarmschwinge findet, nichts falsch machen möchte und den hohen Wiederverkaufswert schätzt.
Alexander Fischer, stv. Chefredakteur
Alternative Nr. 1 – Bimie Grazie Sport
Die Elektro-Alternative zur Verbrenner-Vespa war im vergangenen Jahr der meistverkaufte Elektroroller hierzulande. Der erste Eindruck ist ein guter, die Materialanmutung passt, die Kunststoffblende an der Hinterrad-Schwinge dient vorrangig der Optik. Hart abgestimmtes Fahrwerk, tadellose Bremserei, aber kein ABS (also nicht einmal gegen Aufpreis), Reichweite rund 90 Kilometer, herausnehmbarer Akku (wiegt ca. 20 Kilo). Serienmäßig sehr hurtige Beschleunigung, der Gasgriff verlangt allerdings nach einem sensibel agierenden Handgelenk.
Was ein wenig stört: Da das Trittbrett über keine ausreichend lange, ebene Fläche verfügt, können großfüßige Menschen ihre Schuhe nie hundertprozentig eben abstellen. Außerdem ist der Abstand zwischen Knie und Lenker vergleichsweise klein, der verfügbare Knieraum insgesamt nicht unbedingt opulent. Großgewachsenen bzw. langbeinigen Mitmenschen empfehlen wir daher eine intensive Probefahrt.
Der Preis von 4.590 Euro wirkt auf den ersten Blick sehr üppig, lässt sich aber dank Umweltförderung um 700 Euro reduzieren. Ein Jahr Garantie, Serviceintervall alle 3.000 km, aufgrund fehlender mechanischer Verschleißteile geringe Servicekosten.
Fazit: Die Bimie Grazie Sport ist die alternativste Alternative. Für sie entscheidet sich, wem die Elektro-Variante der Vespa (die Elettrica) zu teuer, zu schwach bzw. zu langsam und – in Bezug auf den nicht herausnehmbaren Akku – zu wenig flexibel ist.
Alexander Fischer, stv. Chefredakteur
Alternative Nr. 2 – Kymco New Like 125i
In puncto Detailverliebtheit steht der Like der Vespa fast um nichts nach. Es ist spür- und sichtbar, dass bei einigen Elementen (z.B. der Sitzbank oder der Gestaltung der Kunststoffteile) mehr Arbeitsschritte als bei der Konkurrenz bis zur Fertigstellung notwendig sind. Dieses Plus an Arbeitsschritten wirkt sich dann aber auch auf den Preis aus. Der Like ist die teuerste Verbrenner-Alternative in diesem Roller-Reigen.
Davon abgesehen: Tadellos verarbeitete Kunststoffteile rundum, vergleichsweise stoisches Handling, aber recht harte Fahrwerksabstimmung, tadellos zupackende Bremsen. Ins Helmfach passen nur zierliche Halbschalenhelme. Langbeinigen könnte zudem der Abstand zwischen Trittbrett und Lenker zu gering sein – darauf sollte bei einer Probefahrt unbedingt geachtet werden.
Das Basismodell (gibt's ab 3.399 Euro) verfügt nur über ein Kombi-Bremssystem, die empfehlenswertere Version mit ABS kostet knapp viertausend Euro, verfügt aber auch über eine bessere Ausstattung (z.B. ein Topcase). Zwei Jahre Garantie, Serviceintervall alle 4.000 km.
Fazit: Der Kymco ist die aufwändigste Alternative. Für ihn entscheidet sich, wer selbst nicht zu groß ist, nach einer günstigeren Vespa-Alternative Ausschau hält und trotzdem Wert auf Details und solide Verarbeitung legt.
Alexander Fischer, stv. Chefredakteur
Alternative Nr. 3 – Suzuki Adress 125
In diesem Vergleich ist der Adress die günstigste Alternative zur Vespa, weil: fast halb so teuer. Die Verarbeitung ist an sich tadellos, Materialanmutung und Konstruktion lassen jedoch erkennen, wie der knapp kalkulierte Preis zustande kommt.
Positiv fallen das geringe Gewicht (etwas mehr als 100 Kilo sind es nur), das einfache Handling, die allgemeine Quirligkeit sowie die geringe Sitzhöhe auf, die den Suzuki auch für kleinere Fahrer:innen interessant macht. Dass die Ergonomie trotzdem auch für größere Personen ganz gut passt, überrascht.
Allerdings ist der 8-PS-Motor der schwächste im Vergleich, was speziell im Sozius- oder Autobahnbetrieb spürbar wird. Im rein innerstädtischen Betrieb hingegen schwimmt man mehr als nur locker mit. Außerdem verfügt der Adress nur über ein Kombi-Bremssystem, eine wünschens- und empfehlenswerte ABS-Variante ist nicht erhältlich.
Worauf wir außerdem unbedingt hinweisen müssen, weil es beinahe einzigartig ist: Der Adress verfügt noch über einen Kickstarter. Sollte die Batterie also einmal leer sein, kann der Motor mit einem beherzten Tritt wieder in Schwung gebracht werden.
Den Adress gibt's ab 2.790 Euro, zwei Jahre Garantie, Serviceintervall alle 4.000 km.
Fazit: Der Suzuki ist die günstigste Alternative in diesem Test. Für ihn entscheidet sich, wem die Vespa-Optik nur bedingt wichtig ist, wer möglichst wenig Geld ausgeben und trotzdem einen vollwertigen 125er haben will.
Alexander Fischer, stv. Chefredakteur
Alternative Nr. 4 – Sym Fiddle 125
Optisch ist der Fiddle der Vespa wohl am ähnlichsten (finden wir), kostet aber in der Basisversion rund zweitausend Euro weniger – wie das geht? Einfachere Technik, günstigere Materialien, weniger Hingabe für Details, trotzdem ist der Gesamteindruck tadellos.
Serienmäßig ist beim Basismodell allerdings nur ein Kombi-Bremssystem an Bord. Die empfehlenswertere ABS-Version kostet 600 Euro mehr, verfügt zudem über einen wassergekühlten Einzylinder-Motor (jener im Basismodell ist nur luftgekühlt).
Davon abgesehen gibt sich der Fiddle ausgesprochen quirlig und sehr vergnüglich, ist sicherlich die fahraktivste Alternative. Tadellose Bremserei. Positiv: Für Mitfahrende gibt es sehr robuste, ausklappbare Fußrasten. Außerdem verfügt er über ein großes Helmfach, in das sogar unser Test-Halbschalenhelm anstandslos hinein passte. Für Langbeinige geht’s jedoch ähnlich eng zu wie beim Kymco, deshalb gilt auch hier: Bei der Probefahrt unbedingt auf den Spielraum zwischen Knie und Lenker achten.
Den Fiddle gibt's bereits ab 2.890 Euro, zwei Jahre Garantie, Serviceintervall alle 4.000 km.
Fazit: Der Sym ist die fahraktivste Alternative. Für ihn entscheidet sich, wer vorrangig auf den Preis und weniger auf die Materialanmutung achtet, trotzdem ein optisch und fahrerisch vollwertiges Produkt sucht. Großes Helmfach.
Alexander Fischer, stv. Chefredakteur