Vespa – unverwundbar wunderbar
Wir haben in einem Selbstversuch herausgefunden, dass die neue 125er Primavera schon auch wieder das Zeug zum Kultobjekt hat. Trotz Wenn und Aber.
Kennen sie jemanden, der eine Vespa partout hässlich findet? Ich nicht. Meist reicht die Schwankungsbreite von applaudierend bis zustimmend, in manchen Fällen ist’s ein neutrales "Geht so". Aber wirklich grottige Kommentare sind selten.
Dieses Schönheitsideal-Schicksal teilt die Vespa interessanterweise just mit einem Sportwagen, dem Porsche 911. Dessen Grundform ist über all die Jahre ebenso gleich geblieben, wenngleich Urform und Letztversion größenmäßig natürlich Welten trennen.
Aber: Schritt für Schritt betrachtet ist es schon erstaunlich, wie behutsam und dennoch markant das Design der beiden Stilikonen weiterentwickelt wurde. In einem Anfall von Subjektivität würde ich behaupten: Diese Primavera mit ihrer schlanken, akzentuierten Linie, dem LED-Scheinwerfer und den größeren 12-Zoll-Rädern (ersetzen die bisherigen 11-Zöller) – sie ist die aktuell attraktivste Vespa.
Würde ich die Faszination einer Vespa hingegen auf technischer oder fahrerischer Ebene suchen müssen, es fiele mir ungleich schwerer. Ja, sie ist handlich. Ja, sie ist sparsam. Ja, sie ist quirlig. Aber ja, die Konkurrenz kann in einigen Bereichen mehr.
Vor allem der Motor ist’s, der gewissermaßen das Haar in der Suppe darstellt. Denn von einer 125er erwarte ich, dass sie mich auf Landstraße, Stadtautobahn oder Steigungen bei Bedarf einigermaßen voranbringt. Der iGet-Einzylinder beschleunigt bis 50 km/h zwar durchaus zügig, aber darüber hinaus wird es zäh. Und bei 91 km/h ist dann sowieso Schluss, leider. Immerhin: Der Testverbrauch lag bei unter drei Litern auf 100 Kilometern, das freut.
Wo es noch zwickt? Bei der Sitzposition, ausgerechnet. In der vorgegebenen Sitz-Mulde fühlte ich mich zu tief und zu nah am Lenker, nach hinten rutschen aber war keine Option, weil eine spürbare Stufe Fahrer und Soziusplatz voneinander trennt. Und dann war da noch das ABS, das zwar brav regelte, dessen Feinfühligkeit (wir haben auf unterschiedlichen Belägen getestet) doch noch verbesserungswürdig erscheint. Angesichts eines Anschaffungspreises von knapp 4.800 Euro darf man sich da durchaus mehr erwarten, finde ich.
Vespa Primavera 125, Jahrgang 2018 – eine Erklärung in 7 Bildern
Fazit: Ob ich fasziniert bin von dieser Primavera? Jein. Faszination bedeutet für mich auch über Schwächen hinwegsehen zu können, das gelingt mir bei der 125er nicht wirklich – trotz ihres wunderbaren Styles. Dann lieber die 150er, die motorisch das Quäntchen mehr Pep hat, das mich glücklich macht.