Warum ich gerne Radl fahre
Wir haben 4 Radler gebeten, ihre Faszination für den Drahtesel mit uns zu teilen.
Er lernte Rad fahren, um den Job zu bekommen. Sie wollte sich radelnderweise ursprünglich eigentlich nur etwas dazuverdienen. Der andere "Er" durfte seinen Job fortan auch mit dem Fahrrad erledigen. Und die andere "Sie“ wollte vor 25 Jahren einfach nicht mehr im Stau stehen.
So begannen die Fahrrad-Radlfahrer-Beziehungen unserer vier Gesprächspartner. Was danach passierte, lässt sich nicht einmal annähernd in einem Satz zusammenfassen, nicht einmal in einem furchtbar langen Schachtelsatz, der wie eine in sich gestapelte Matrjoschka-Puppe Episode für Episode freigeben würde. Unsere Porträts sind daher gewissermaßen auch nur Anekdoten, Momentaufnahmen, aus denen sich dennoch ein kleinster gemeinsamer Nenner herausfiltern lässt. Und zwar die Freude an einer so simplen Fortbewegung und ihrer charmanten Wirkung aufs Gemüt.
Herr Brunner lernte Rad fahren, weil er als Jugendlicher eine Lehrstelle als Radmechaniker angeboten bekam. Rad fahren konnte er zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht.
Johanna wiederum sah in der radelnden Boten-Tätigkeit die Chance, ihr Schüler-Dasein finanziell aufzubessern.
Der sportbegeisterte Alexander hingegen war seinerzeit entzückt, dass er seinen Job als ÖAMTC-Pannenfahrer fortan auch per Fahrrad ausüben kann.
Und Barbara war der dichte Auto-Verkehr in Salzburg einfach schon lange zuwider.
Der Herr Brunner | Radmechanikermeister
Begeistert seit rund 60 Jahren. Wenn Sie Wolfgang Brunners Refugium in der Degengasse 37 im 16. Wiener Gemeindebezirk betreten, werden Sie aus dem Staunen nicht herauskommen. Dieser Altbau-Laden ist Lebenswerk – unüberspür-, unüberhör- und unübersehbar. Hier buhlen kistenweise alte Ersatzteile in vollgeräumten Hochregalen um Aufmerksamkeit, vom Plafond baumeln Laufräder, Neuware koexistiert mit Antiquitäten.
Sein Geschäft ist das Ying zum Yang der sterilen Aufgeräumtheit gestylter Sporthandels-Tempel; wie sein Eingang-Freilauf-Fahrrad mit gemufftem Falcone-Stahlrahmen (siehe darunter stehende Bildergalerie) zu einem modernen Elektrofahrrad. Und doch hat beides Berechtigung. Mittendrin der Herr Brunner, mit von Schmutz und Schmier schwarz gefärbten Fingern, ein echtes Unikat. Er ist der Älteste seiner Zunft, Meister eines Lehrberufs, den es gar nicht mehr gibt.
Wie er zum Fahrrad kam? Die Antwort folgt einem verschmitzten Lächeln: "Ich suchte eine Lehrstelle, ging zum Jugendarbeitsamt, in vier Tagen könne ich als Fahrradmechaniker beginnen, wenn ich möchte. Ich wollte. Was ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht konnte, war Rad fahren. Das habe ich dann noch schnell gelernt."
Der Herr Brunner
Johanna | Lastrad-Fahrerin
Begeistert seit rund 6 Jahren. Vor kurzem, da radelte Johanna (Hanter ist nur ihr Boten-Spitzname) noch als Botenfahrerin mit auffällig buntem, auffällig wasserdichtem Rucksack durch Wien. Jetzt bringt sie größere Pakete, größere Dinge, ist mehr Spediteur www.heavypedals.at. Eine Waschmaschine beispielsweise, die passt auf ihr auffälliges Lastrad durchaus drauf. Und wenn noch mehr Transport-Bedarf besteht, dann wird der Anhänger gleich mitgenommen. Kombiniert ergibt das eine maximale Zuladung von rund 170 Kilogramm, die sie ausschließlich mit Muskelkraft via 8-Gang-Schaltung geschmeidig und ökologisch durch die Stadt bewegt.
Warum sie so gerne Rad fährt, sogar beruflich? "Wegen des Gefühls, wenn man mit oder gegen den Wind fährt, dass man sich bewegt. Wenn ich doch einmal U-Bahn fahren muss, dann weiß ich wieder, warum ich Rad fahre. Oder wenn ich wieder einmal in der Stadt Auto fahre, dann stresst es mich, dass ich nicht vorwärts komme, einfach weil andere Leute im Weg stehen. Mit dem Rad kann ich ausweichen, weiterfahren, mir eine alternative Route suchen."
Johanna "Hanter"
Alexander | ÖAMTC E-Bike-Pannenhilfe
Begeistert seit zwei Jahren. Seit es die E-Bike-Pannenhilfe des ÖAMTC gibt, ist Alexander dabei. Gut, das ist noch nicht so lange her (im Sommer 2015 ging es los), aber als Pannenfahrer ist er jetzt doch schon wieder seit gut zwölf Jahren unterwegs. Spricht man ihn auf seine Erfahrungen als radelnder Helfer an, dann klingen seine Antworten wie ein Bukett aus positiven Eindrücken, schönen Reaktionen, netten Gesten und anerkennenden Worten. "Viele Radfahrer fragen mich, ob sie mich ein Stück begleiten dürfen. Sie fahren dann mit zu meinem Einsatzort, weil sie mit mir plaudern wollen, weil sie interessiert sind an dieser Dienstleistung."
Was ihm, von solch erfreulichen Begleiterscheinungen einmal abgesehen, am beruflichen Radeln noch gefällt? "Bei Schönwetter gibt es eigentlich eh nichts Besseres als Rad zu fahren. Man ist an der frischen Luft, für die Gesundheit ist’s super, und wenn man sportlich begeistert ist, dann ist das perfekt." Da die Pannenradler hauptsächlich in den Wiener Innenstadtbezirken unterwegs sind, gelangt er sehr rasch von Einsatzort zu Einsatzort, dank des Elektroantriebs seines Dienst-Pedelecs macht sich das 50-Kilogramm-Mehrgewicht des Anhängers auch auf Steigungen kaum bemerkbar. Auf die Praxis angesprochen berichtet er stolz: "Rund 90 Prozent aller Pannen können wir beheben. Und, was nur wenige wissen, wir bieten auch Pannenhilfe für Fahrräder an."
Alexander
Barbara | Pendlerin
Begeistert seit rund 25 Jahren. Barbara ist eine wirklich passionierte Radlerin. Die gebürtige Salzburgerin wohnt nördlich der Stadt, arbeitet südlich des Zentrums, macht tour-retour tägliche 16 Kilometer. Hochgerechnet auf ihre mehr als zwei Jahrzehnte lange Radlerei ergibt das rund 85.000 Kilometer. Wow! Wer mit dem Auto schon einmal nach oder durch Salzburg durch musste, der erahnt allerdings sofort, wo ihre Begeisterung fürs Fahrrad wurzelt, warum sie seit so vielen Jahren tagein, tagaus mit dem Rad zur Arbeit fährt. Sie spricht es auch schmunzelnd aus: "Das Verkehrskonzept der Stadt lässt nichts anderes zu."
Gleichzeitig kennt sie ihr großes Glück: "Mein täglicher Weg führt mich mehrheitlich die Salzach entlang, das ist ein wunderschöner Radweg. Ich genieße das sehr, das ganze Jahr über." Und noch etwas gibt es da seit kurzem, das ihr die Pendlerei fast schon zum Genuss macht: "Seit Herbst letzten Jahres fahre ich mit diesem E-Bike und bin total begeistert. Erstens wegen der Nachhaltigkeit, zweitens komme ich nicht mehr so verschwitzt in die Firma, da kann ich wieder so absteigen, wie ich aufgestiegen bin, nicht völlig aufgelöst." Ob sie in ihrer Freizeit auch noch Rad fährt, wollen wir wissen. "Ja, freilich", kommt es da postwendend. "Und ergänzend kommt Yoga hinzu." Dabei geht sie ähnlich engagiert ans Werk wie beim Radfahren, gibt sogar Unterricht. www.bodymindyogasalzburg.at
Barbara
Ein kurzes Nachwort in eigener Sache
Der ÖAMTC nimmt seine Rolle als Mobilitätsclub auch in punkto Fahrrad sehr aufmerksam wahr. Mancherorts ist das vielleicht noch nicht ganz so durchgedrungen, sonst würde sich das Bild des reinen Autofahrerclubs nicht gar so eisern halten. Fakt ist vielmehr, hier ein kleiner Auszug:
Fahrrad-Broschüre. Jährlich wird dieser kleine Almanach an Wissenswertem rund um das Thema Fahrrad in den ÖAMTC-Stützpunkten neu aufgelegt. Wie wähle ich die richtige Rahmengröße? Woher weiß ich, ob mir der Helm gut passt? Die Antworten auf solche (und noch einige mehr) Fragen finden Sie in der Broschüre. Und: Routenvorschläge, eine ganze Menge.
Fahrrad-Pannenhilfe. All unsere Pannenfahrer bieten auch Radfahrern in Not ihre Hilfe an, beispielsweise bei einem Platten. Einzige Voraussetzung: Der Einsatzort muss einigermaßen leicht und vorschriftsmäßig mit dem Pannenauto erreichbar sein.
Fahrrad-Registrierung. In Kooperation mit Fase24 bietet der ÖAMTC seinen Mitgliedern eine Fahrrad-Registrierung an, Kosten: 7 Euro.
Ganz generell. www.oeamtc.at/fahrrad als idealer Ausgangspunkt. Dort finden sich u.a. Tests (z.B. der aktuelle Helmtest), die Fahrrad-Champion-App (für iOS und Android), Tipps, Videos, Rechtsinfos und vieles mehr.