Leistungsbericht 2020
„Da machst keinen Unterschied zwischen den Patienten.“ „Als Held sehe ich mich nicht.“ Da kommt man schnell auf den Boden. Viele Schicksale, tragische Unfälle, bei insgesamt 17 Jahren im Rettungsdienst hat Michael in seinem Job alles gesehen. Ob ihm ein Einsatz speziell in Erinnerung geblieben ist? Nicht einer, viele: Er erzählt von den Geburten, bei denen er dabei war, von Neugeborenen, die im Helikopter ins Krankenhaus gebracht wurden, von dramatischen Unfällen. Ein sätzemit Kindern gehen ihm sehr nahe, so etwas nimmt einfach die gesamte Crew mit. Wie man das alles verarbeitet? „Wir beim ÖAMTC sind eine große Familie, wir können alle miteinander“, erzählt Michael – da kann man diese schrecklichen Einsätze, die Bilder, die einem erst nicht aus dem Kopf gehen, gemeinsam aufarbeiten. Bei all dem betont er, dass es eben sein Job ist. Er tut, was zu tun ist. Das sagt er mit einer bestimmten Bescheidenheit, denn als Held sieht er sich nicht, sondern ganz einfach als Flugretter und somit sowohl als Sanitäter, als auch als rechte Hand des Piloten und auch des Notarztes. Bei Bergungen übernimmt er als Spezialist die Führung. Das ist eben seine Arbeit . Natürlich hat sich viel durch Covid-19 verändert. Da die gesamte Crew laufend mit vielen Ärzten in Verbindung steht, wurden zahlreiche Gespräche darüber geführt. Es gab viele Fragen zu beantworten: Wie schützen wir uns? Was ist die beste Ausrüs- tung? Welche Hygienemaßnahmen braucht es jetzt? Es gab Ärzte, die sehr gelassen über dieses Virus gesprochen haben, andere waren sehr besorgt. „Ich persönlich hatte keine Angst vor einer Ansteckung bei Einsätzen“, sagt Michael dazu und lobt seinen Arbeitgeber: Es gab immer hervorragende Informationen, nie zu wenig Schutzausrüstung. Woche für Woche gab es ein aktuelles Lagebild: Wieviele Menschen sind aktuell erkrankt? Gibt es Engpässe bei der Schutzausrüstung? Die Lösungen des ÖAMTC waren aus Michaels Sicht immer hoch- professionell: Bei Onlinekonferenzen mit Intensivmedizinern aus Innsbruck wurde alles offen ausgesprochen. Auf die leichte Schulter hat das alles natürlich niemand genommen. Aber was genau auf sie zukommen wird, wussten die Mitarbeiter natürlich nicht. Was für Michael klar war: Auch jetzt muss jeder Patient optimal versorgt werden. „Virus hin oder her, wir müssen unseren Job machen. Jetzt kommt man zu einem Einsatz. Ein Herzinfarkt, ein Autounfall, etwas passiert beim Skifahren. Man weiß nicht: Ist der Patient Corona- positiv oder nicht? Aber das darf keinen Unterschied machen: Denn jeder Mensch hat das Recht auf die beste medizinische Versorgung.“ „Da gibts einfach keine Steigerung“ , erzählt Michael, der sich an den Jahresbeginn erinnert. Nachdem er für das Rote Kreuz gearbeitet hat und seit 2014 nebenbei als Flugretter tätig war, hat er endlich seinen Traumjob bekommen und in St. Michael in der Obersteiermark beim neuen ÖAMTC Christophorus-Stützpunkt angefangen. Nach vielen Jahren im Rettungsdienst war das genau die Stelle, die er sich immer gewünscht hat. „Fliegen ist wortwörtlich das Höchste, das ich erreichen kann“, erzählt er, der viele Schulungen im Hubschrauber- bereich, Cockpittrainings und Ausbildungen im Air Rescue College des ÖAMTC absolviert hat, ehe es ganz weit nach oben ging. Wie oft er abhebt? „Ich fliege mindestens einen Einsatz am Tag. Bei uns am Stützpunkt sind es ja 90 bis 100 im Monat“, lässt uns Michael wissen. Dabei handelt es sich um Einsätze im alpinen Bereich, aufwändige Intensivtransporte von einem Spital ins nächste. Speziell im ländlichen Bereich ist der Hubschrauber oft das schnellste Transportmittel, das bei Notfällen wie einem Herzinfarkt oder nach einem Unfall zum Einsatz kommt. Und klar: Weniger Arbeit wurde es 2020 natürlich nicht. Wir auf der Straße und in der Luft • Leistungsbericht 2020 • ÖAMTC • 19 Michael
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