Leistungsbericht 2020

„Da denkst dir nur: Hoffentlich gehts dem gut.“ Thomas Lerner über die schweren Unfälle, nach denen er im Einsatz ist. „Die schönsten Einsätze sind die daheim.“ Was nicht heißt, dass man im Abschleppdienst nicht auch furchtbare Unfälle erlebt. Thomas erinnert sich daran, wie er ein Auto abge- schleppt hat, dessen Windschutzscheibe voller Blut und Haaren war. Es war ein Unfall auf der Autobahn A4. Er hat noch die Bilder aus der Zeitung im Kopf: Das Fahrzeug hat sich auf der Autobahn über- schlagen, es war nur noch ein Wrack. „Da denkst dir nur: Hoffentlich geht’s dem Fahrer gut, hoffentlich überlebt der“, sagt er dazu. Er selbst fährt noch vorsichtiger, seitdem er Kinder hat, weil er weiß, wie schnell man als Fahrer abgelenkt ist, wenn die Kleine hinten grinst oder der noch Kleinere während der Fahrt Späße macht. Seine Kinder helfen ihm auch, Eindrücke wie die vom beschriebenen Unfall zu verarbeiten. „Die Kinder geben dir so viel zurück, da denkst gar nicht mehr nach. Natürlich ist es anstrengend, vor allem, wenn sie 24/7 daheim sind. Die Kleinen sind solche Raufbolde und dann kuscheln sie wieder und umarmen sich“, erzählt er uns. Aber wenn dann die dreijährige Tochter den Kleineren als ihren allerliebsten Lieblingsbruder bezeichnet, und der Große auch noch mit den jüngeren Geschwistern spielt, da denkt Thomas mit einem Lächeln im Gesicht: „Na, geht ja, doch nicht alles falsch gemacht.“ Thomas arbeitet immer von 6 bis 17 Uhr, an vier Tagen in der Woche. Nach Dienstschluss beginnen allerdings die tollsten Ein- sätze. Wenn sein kleiner Sohn vor der Türe steht, im Garten auf ihn wartet und ruft: „Papapapapapaaaa!“ Auch Thomas freut sich den ganzen Tag lang auf diesen besonderen Moment und über den gemeinsamen Spaß. Ein bis zwei Mal im Monat trifft er sich mit einem Freund beim Schießstand. Der Schießstand ist sein Hobby, dabei kann er abschalten. Spaß macht ihm beim Training mit dem Scharfschützengewehr vor allem, die Konzentration zu finden, die nötig ist, um das Ziel in 200 bis 300 Metern Entfernung zu treffen. Dieser Ausgleich hat ihm im Lockdown gefehlt, ebenso wie ein gemütlicher Abend mit Freunden. Wie die meisten seiner Kollegen bleibt er zuversichtlich. „Naja, außer, als das Klopapier wirklich knapp war: Da gehst in den Supermarkt und es gibt wirklich keines mehr. Das gibts ja nicht, haben die wirklich alle gleich mehrere Packerln auf einmal gekauft?“, erinnert er sich. Thomas selbst habe da nie Panik bekommen und war immer weit davon entfernt „zu hamstern“. Er versteht die ganze Angstmacherei sowieso nicht, das würde ja niemandem helfen – weder im Job noch privat. Er hatte nie Sorgen wegen einer Ansteckung mit dem Coronavirus, hat sich immer ausreichend geschützt und seine beruflichen Einsätze wie gewohnt erledigt. Das Interview hat Thomas über die Freisprech- einrichtung seines Telefons während einer seiner Touren geführt. „Sonst kommst ja nicht dazu, bei acht bis zehn Einsätzen pro Tag – und weniger werden es bestimmt nicht“, erzählt er. Das wäre aber auch der letzte Auftrag für heute, ehe der Feierabend mit dem schöns- ten Einsatz beginnt – der mit seinem Sohn, der schon daheim vor der Haustür auf seinen Papa wartet. 26 • ÖAMTC • Leistungsbericht 2020 • Wir auf der Straße und in der Luft Thomas

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