Theoretisch könnten Einsatzflüge bei schlechter Sicht bereits durchgeführt werden, praktisch gibt es noch Hürden. BLINDFLUG Christophorus Dezember 2024 M A G A Z I N Z E I TSCHR I FT DE R ÖAMTC- F LUGR ETTUNG Österreichische Post AG – MZ 03Z035183 M – Christophorus Magazin, Baumgasse 129, 1030 Wien Emotion Nach Stromschlag trotzt ein dreijähriger Bub dem Schicksal. Seite 4 Innovation Erfolgreiche Testflüge für Transport medizinischer Fracht per Drohne. Seite 12
2 GENERALI WÜNSCHT IHNEN EINE WUNDERBARE ZEIT UND EIN GLÜCKLICHES NEUES JAHR! GENERALI.AT
3 INHALT Einprägsam Highway Partnerschaft Die Hochwasserkatastrophe in Niederösterreich war auch für die ÖAMTC-Flugrettung eine außergewöhnliche Herausforderung. Satellitengestützte Navigation könnte auch in Österreich Allwettereinsätze möglich machen. Innovative Technologie zur Hinderniserkennung sorgt für mehr Sicherheit bei Einsatzflügen. 7. Emotion 16. 19. Vision Auftakt Mit Beginn der Weltcup-Saison geht auch die erfolgreiche Kooperation mit dem ÖSV in die nächste Runde. 11. Information 8. Was es braucht, um Einsätze nach Lawinenabgängen sicher abzuwickeln. 12. Erstmals hat in Österreich eine Drohne abgehoben, um medizinische Fracht zu transportieren. 4. Happy End für Loy und seine Familie nach einer dramatischen Rettungsaktion. Fotos: ÖAMTC/C4 (1), , ÖAMTC/Poglitsch (1), ÖAMTC/HAT (1); COVERFOTO: Montage Peter Scharnagl Gemeinsam in die Zukunft Ein weiteres Jahr neigt sich dem Ende zu – ein Jahr, das für die ÖAMTC-Flugrettung von Innovationen, strategischen Weichenstellungen sowie erfolgreichen Partnerschaften geprägt war. Ein wichtiger Meilenstein ist zweifelsohne die Kooperation mit unseren Partnerclubs, dem ANWB (Niederlande) und dem TCS (Schweiz). Gemeinsam haben wir uns der Herausforderung gestellt, Drohnen für den Transport von medizinischen Gütern einzusetzen, und was als ambitionierte Idee begann, hat bereits erste konkrete Ergebnisse gezeigt. Doch auch abseits dieses Projekts blicken wir auf ein erfolgreiches Jahr zurück. Dank strategischer Entscheidungen ist es uns gelungen, wesentliche Weichen für die Zukunft zu stellen. Ein Blick Richtung 2025 zeigt schon heute, dass es noch viel zu tun gibt. Ein wichtiger Schritt in Richtung wetterunabhängiger Einsätze wäre die Einführung satellitengestützter Navigation, auch bekannt als „Point in Space“-Navigation (PinS). Diese Technologie würde es uns ermöglichen, auch bei eingeschränkter Sicht Einsätze zu fliegen – ein weiterer Baustein, um unsere Vision von witterungsunabhängiger Hilfe Wirklichkeit werden zu lassen. Dies und vieles andere wäre ohne das Engagement unserer Teams nicht möglich gewesen. Mit dieser starken Basis blicken wir voller Zuversicht auf das kommende Jahr. Innovation Trainings Sicherheit Die Drohnen-Trainings der ÖAMTC Fahrtechnik sind für Anfänger:innen und Fortgeschrittene ein spannendes Erlebnis. Die Internationale Kommission für Alpine Rettung fördert die Zusammenarbeit im Bergrettungswesen. 14. 15. MARCO TREFANITZ Geschäftsführung ÖAMTC-Flugrettung
4 EMOTION Christophorus Es ist ein eiskalter, verschneiter 8. Jänner in Kirchberg, Tirol. Familie Neumann ist mit ihren vier Kindern im Alter von drei bis 13 Jahren rodeln. Nachdem die klirrende Kälte unerträglich wird, wird der Heimweg angetreten. Zu Hause wärmen sich die Kinder in der Badewanne auf. Als die dreijährigen Zwillinge Loy und Sam fertig sind, spielen sie im Wohnzimmer hinter der Couch – denn dort haben die Katzen einen kuscheligen Platz. „Mein Mann war bei ihnen, unsere großen Jungs im oberen Stockwerk. Ich habe in der Küche Abendessen zubereitet“, schildert Mutter Yvonne Neumann den tragischen Abend. Plötzlich schreit Loy aus Leibeskräften. „Ich bin sofort zu ihm hingerannt und habe ihn von unserer Stehlampe hinter der Couch weggezogen. Zuerst wusste ich nicht, was mit ihm los ist. Sein Körper war durchgehend steif und er litt unter Schnappatmung. Und plötzlich war da nichts mehr“, erzählt Yvonne Neumann. Die beherzte Mutter beginnt sofort mit TOI, TOI, TOI, LOY Wenn in einem Bruchteil einer Sekunde das Leben aus der Bahn geworfen wird, aber im nächsten Moment wieder alles Hand in Hand zusammenspielt, dann kann man von einer mehr als schicksalhaften Lebensrettung sprechen. von Antonia Lang Fotos: eeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeee
5 EMOTION Christophorus der Herz-Kreislauf-Massage. Statt des Notrufs ruft Vater Tom Neumann im Schock die Nummer der Polizei. Ein Glücksfall, wie sich herausstellt, denn der Ersthelfer, ein Polizist, ist auch Rettungssanitäter und befindet sich auf Streife in unmittelbarer Nähe des Wohnhauses. Er ist binnen kürzester Zeit am Notfallort. Entscheidende Minuten Sofort unterstützt der Polizist die Mutter bei der Reanimation. Zeitgleich geht beim Christophorus 4 der ÖAMTCFlugrettung am Stützpunkt in Reith bei Kitzbühel der Notruf ein. Zuerst ist jedoch nicht klar, ob die Crew rund um Pilot Josef Deutinger, Notarzt Bernhard Leiner und Flugretter Stefan Pichlsberger starten kann. „Es war kurz vor Dienstschluss und wir haben aufgrund der widrigen Wetterverhältnisse nicht mehr mit einem Einsatz gerechnet“, beschreibt Bernhard die Situation. Nach kurzem Abwägen startet die Crew trotz starken Schneefalls zum Notfallort. Als sie dort eintrifft, ist Loy noch immer bewusstlos. „Wir haben das Kind vom Rettungswagen-Team übernommen, Medikamente verabreicht und schließlich defibrilliert“, erzählt Stefan und sagt dazu: „In 20 Jahren als Rettungssanitäter und mit über 3.500 Einsätzen habe ich zum ersten Mal ein Kind defibrillieren müssen.“ Bernhard erklärt: „Es ist sehr selten, dass ein Kind Kammerflimmern hat. Aber das wurde vermutlich durch den Stromschlag über die Lampe ausgelöst.“ Nach über 30 Minuten kommt der Dreijährige wieder zu Bewusstsein. „Das waren gefühlte Ewigkeiten“, erinnert sich seine Mutter. „Der Junge hatte über einen längeren Zeitraum keine Atmung und das Gehirn somit wenig Sauerstoffversorgung“, berichtet Stefan. Ungewisse Prognose Nach insgesamt 45 Minuten ist Loy mäßig stabil und wird bei widrigen Witterungsverhältnissen in die Klinik Innsbruck geflogen. Währenddessen erhält die geschockte Familie rund um Vater Tom und die drei weiteren Söhne › Beim Malen mit Fingerfarben hat Loy sichtlich viel Freude und Spaß. psychologische Betreuung vom Kriseninterventionsteam des Roten Kreuzes. Mutter Yvonne wird vom Team in die Klinik Innsbruck gefahren. Als sie im Spital eintrifft, befindet sich Loy noch im Schockraum. Nach über 2,5 Stunden wird er auf die Kinderintensivstation verlegt. „Dann durfte ich endlich zu ihm. Laut den Ärzt:innen sah es am Anfang richtig schlecht aus. Aber nach und nach wurde die Zuversicht größer und die Prognose besser.“ Als er nach über einer Woche extubiert wird und aufwacht, lächelt der Dreijährige. Aber sein Gehirn erlitt massive Schädigungen. „Die Basalganglien, ein Teil des Gehirns, waren zerstört. Loy konnte weder sprechen noch gehen, Fotos: ÖAMTC / C4 (1), Yvonne Neumann (1)
6 EMOTION Christophorus Sein Zwillingsbruder Sam ist der beste Therapeut und ein unverzichtbarer Helfer am Weg zurück. nicht selbstständig essen oder trinken. Er musste über eine Sonde ernährt werden. Auch seine Körperhaltung war geprägt vom Unfall. Er hatte seine Arme immer ganz angespannt am Körper liegen. Und er nahm alles verzögert war“, erzählt Yvonne Neumann. Was die Ärzt:innen nicht darstellen können, ist, wie sich das Gehirn nach so einer massiven Schädigung neu strukturiert und alternative Wege konstruiert, vor allem bei so kleinen Menschen. Mutter Yvonne: „Für die Neuentwicklung des Gehirns ist laut den Ärzt:innen vor allem das erste Jahr nach dem Unfall unheimlich wichtig.“ Langer Weg zurück Nach über einem Monat im Spital erhält Loy einen Platz im reKiZ, dem Neurologischen Rehabilitations Zentrum des Uniklinikums Salzburg. Eine Fülle an Therapien und damit der Weg zurück ins Leben beginnt. Die Familie steht unter einer massiven Belastung, alles unter einen Hut zu bekommen. Dazu kommt die finanzielle Mehrbelastung. „Wir haben sehr viel Unterstützung und Hilfe sowie Spendengelder erhalten, wofür wir sehr dankbar sind“, berichtet Yvonne Neumann. Fast ein Jahr nach dem Unfall sind laut den Ärzt:innen die Gehirnströme von Loy wie bei einem normal entwickelten Vierjährigen. Der Junge kann wieder gehen und bildet aktuell Zwei-Wort-Sätze. Nach wie vor wird Loy von einem Team aus Physio-, Ergo-, Musiktherapie, Logopädie sowie tiergestützter Therapie betreut. „Aber sein bester Therapeut ist sein Zwillingsbruder Sam. Denn Loy möchte natürlich alles genauso machen wir er“, meint Mutter Yvonne Neumann. Ein Tagebuch mit Fotos von den Therapien soll Loy später an seinen Weg zurück erinnern. Hochemotional war im Sommer dann das Wiedersehen mit der C4-Crew am Stützpunkt in Reith bei Kitzbühel. „Rückblickend muss man sagen, das war eine wirklich gute Teamleistung von allen Beteiligten. Und die Basis hat der Kollege von der Polizei als Ersthelfer gelegt. Er hat einen wirklich großen Hebel bei der Rettung des Kindes gespielt und ihm mit seinem beherzten Eingreifen vermutlich das Leben gerettet“, ist Notarzt Bernhard Leiner überzeugt, und Flugretter Stefan Pichlsberger fügt hinzu: „Bei diesem Einsatz hat einfach alles gepasst, alle Faktoren haben perfekt zusammengespielt. Der Junge konnte von einer optimalen Rettungskette profitieren.“ ▲
7 EMOTION Viele Einsätze im Sommer gab es nicht nur für Christophorus 5. Die Christophorus-Crews halfen, wo immer es nötig war. Einprägsame Erfahrung Das Hochwasser in Niederösterreich war eine außergewöhnliche Herausforderung. Schneller Einsatz rettet Siebenjährigem das Leben Zweiter Geburtstag dank perfekter Teamarbeit für Siebenjährigen. Anfang August kam es imTiroler Lechtal zu einem dramatischen Rettungseinsatz, bei dem durch das perfekte Zusammenspiel von Ersthelfer:innen und Einsatzorganisationen das Leben eines siebenjährigen Buben gerettet werden konnte. Am Anfang stand für Christophorus 5 die Alarmierung zu einem Alpinunfall am Muttekopf in den Lechtaler Alpen, die jedoch aufgrund einer dringenden Umdisponierung durch die Leitstelle Tirol kurze Zeit später für die Crew eine unerwartete Wendung nehmen sollte. In der Nähe von Elbigenalp war ein RaftingBoot im Bereich einer Brücke gekentert. Während sich die meisten Insass:innen rasch ans nahe Ufer retten konnten, wurde der Bub unter Wasser gedrückt und tauchte nicht mehr auf. Der erfahrene RaftingGuide reagierte geistesgegenwärtig, tauchte den Jungen an die Wasseroberfläche und brachte ihn ans rettende Ufer. Doch der Siebenjährige zeigte keinerlei Lebenszeichen mehr. Sofort begannen der Guide und Ersthelfer:innen mit der Reanimation. Bereits wenige Minuten später landete C5 nur wenige Meter entfernt direkt am Ufer. Die Crew setzte die Wiederbelebungsmaßnahmen fort und intubierte den Buben. Nach Minuten, die wie eine Ewigkeit erschienen, war wieder ein Kreislauf feststellbar. Mit stabilisierten Vitalfunktionen wurde der kleine Patient in die Klinik Innsbruck geflogen und im Schockraum an die Notfallmediziner:innen übergeben. Eine Woche nach dem Unfall gab es dann gute Nachrichten: Der Junge konnte extubiert werden, hatte keine bleibenden neurologischen Schäden und ist mittlerweile wieder wohlauf. Die rasche und professionelle Zusammenarbeit zwischen den Ersthelfer:innen, der C5Crew, dem Roten Kreuz und der Freiwilligen Feuerwehr war ausschlaggebend für den erfolgreichen Verlauf dieses Rettungseinsatzes. Die Geschichte verdeutlicht, dass Rettung nicht nur eine Frage von Technik und Ausrüstung ist – es ist die gemeinsame Leistung vieler, die den Unterschied macht. ▲ Insgesamt fünf Hubschrauber, darunter zwei eigens abgestellte Sondermaschinen, standen im Einsatz. Die Crews arbeiteten unter extremen Bedingungen, um Menschen aus akuter Gefahr zu retten und abgeschnittene Gebiete zu evakuieren. Ganze Ortschaften standen unter Wasser, Orientierung aus der Luft war kaum möglich. Straßen und Wege waren überflutet, viele Menschen saßen in ihren Häusern fest – auf Balkonen, Dachböden oder sogar auf den Dächern. „Die Ausmaße des Hochwassers waren aus der Luft noch viel gewaltiger, als es die Medienberichte vermuten ließen“, erinnert sich Tom Brändle, Pilot einer der Sondermaschinen. „Die Lage vor Ort war chaotisch. Menschen winkten von Balkonen oder hielten sich an Dächern fest. Unsere Aufgabe war es, sie in Sicherheit zu bringen und an trockenen Orten abzusetzen, wo sie von Feuerwehr und Hilfskräften übernommen wurden.“ Improvisation war gefragt, denn die Leitstelle konnte oft nur grobe Einsatzorte übermitteln, da viele Adressen nicht mehr zugänglich waren. Stattdessen entschieden die Crews direkt aus der Luft, wo Hilfe nötig war. In Loosdorf etwa musste ein Flugretter mit einem Traktor zu einem Haus gebracht werden, um eine Mutter mit ihrem Baby zu retten. Per Taubergung konnten beide in Sicherheit gebracht werden. Die Einsätze wurden durch starken Wind zusätzlich erschwert. Ein besonderer Moment war mit Sicherheit die Geburt des kleinen Noah: Eine hochschwangere Frau wurde von der C3Crew ins Krankenhaus geflogen, wo kurze Zeit später ihr Sohn Noah gesund das Licht der Welt erblickte. „Dieser Einsatz war in 23 Jahren Flugrettung einer der eindrucksvollsten“, fasst Brändle die Tage zusammen. „Die Macht des Wassers, die Ohnmacht der Betroffenen, aber auch der Zusammenhalt und die Hilfsbereitschaft – das alles bleibt unvergesslich.“ ▲ Fotos: Yvonne Neumann (1), ÖAMTC/C5 (1), ÖAMTC-Flugrettung (1)
Lawinenabgänge sind eine der gefährlichsten Bedrohungen in den Alpen, bei denen jede Minute zählt. Die Überlebenschancen sind in den ersten 15 Minuten am höchsten und hängen maßgeblich von der Kamerad:innenrettung ab. Mit jeder weiteren Minute sinkt die Überlebenswahrscheinlichkeit. Eine schnell organisierte Rettung kann jedoch auch danach noch Leben retten. Genau hier übernehmen die Notarzthubschrauber der ÖAMTCFlugrettung eine oft lebensrettende Schlüsselrolle. Pro Jahr fliegen die Crews, ausgestattet mit modernster Suchtechnik wie LVS-Antennen, eine Vielzahl von Lawineneinsätzen, um Hilfe zu leisten. Die Helikopter bringen nicht nur Bergretter:innen sowie Lawinensuchhunde samt Hundeführer:innen schnellstmöglich zur Unglücksstelle, sondern unterstützen aktiv bei der Ortung und der Bergung von Verschütteten. Durch den Einsatz aus der Luft können auch schwer zugängliche Gebiete erreicht werden, was die Chancen auf eine erfolgreiche Lebendbergung beträchtlich erhöht. Zudem können gerettete Personen rasch in geeignete Kliniken transportiert werden. Mit ihrer Expertise, Einsatzbereitschaft und Spezialausrüstung arbeiten die Christophorus-Teams eng mit anderen Einsatzorganisationen zusammen und verbessern so die Bedingungen für die Rettung von Lawinenopfern erheblich. JEDE MINUTE ZÄHLT Ausrüstung und Expertise – Erfolgsfaktoren für Rettungseinsätze. von Ralph Schüller Rascher und schonender Transport zu geeigneten Krankenhäusern Gute Abläufe Lagebeurteilung aus der Luft Kommunikation und Zusammenarbeit aller Einsatzkräfte Notfallmedizinische Versorgung der Patient:innen Transport von Einsatzkräften, Lawinenhunden und Material zur Lawine Situationsabhängig – Suche: terrestrisch oder aus der Luft 8 INFORMATION Christophorus
Lawinensonde mit Empfängerfunktion, Schaufel, Lawinenairbagweste, Evakuierungsset Schaufel und Sonde, LVS-Geräte, externe LVS-Sonde Gute Ausrüstung Alpinrucksack Zusatztasche Einsatzbekleidung Gute Vorbereitung Ausbildung Tägliche Überprüfung der Ausrüstung Besprechung der aktuellen Lage (Wetter, Lawinengefahr etc.) 9 INFORMATION Christophorus
10 Erschöpft, aber glücklich – Richard Leitner nach der Zielankunft. INNOVATION Christophorus Testlauf für den Ernstfall Perfekte Zusammenarbeit am Hubschrauberlandeplatz Ende Oktober wurde am Hubschrauberlandeplatz des AUVA-Unfallkrankenhauses Salzburg eine Einsatzübung durchgeführt. Unter realitätsnahen Bedingungen – inklusive simulierter Rauchentwicklung nach der Landung – testeten die beteiligten Organisationen ihre Alarmierungs- und Einsatzabläufe. Das Zusammenspiel von Feuerwehr, Rettung, Polizei, der C6-Crew und dem Notfallteam des UKH Salzburg verlief reibungslos und bestätigte einmal mehr die Stärke der Zusammenarbeit im Ernstfall. So realitätsnah wie möglich wurde der Zwischenfall nachgestellt. Wissen rettet Leben Sicherheit kompakt im Rucksack Die „Lawinenfibel“ des Österreichischen Kuratoriums für Alpine Sicherheit liefert auf kompakte Weise entscheidendes Wissen für Schneesportler:innen. Von Lawinenkunde über Strategien zur Vermeidung von Zwischenfällen bis zur Verschüttetenrettung – die praktische Broschüre unterstützt dabei, sich risikobewusst abseits der Pisten zu bewegen. Sie passt in jeden Rucksack und soll helfen, Lawinenunfälle zu vermeiden und Leben zu retten. Bildgewaltig Bestellen, solange der Vorrat reicht 2024 geht in die Zielgerade – warum daher nicht jetzt auch schon an ein Weihnachtsgeschenk für alle Hubschrauberbegeisterten denken? Gut, dass es für 2025 wieder einen Wandkalender der ÖAMTC-Flugrettung gibt. Auf zwölf Monatsblättern liefern eindrucksvolle Bilder von Crew-Mitgliedern und Fans der Flugrettung Einblicke in den Einsatzalltag der Lebensretter:innen, zeigen die Technik sowie die Christophorus-Flotte im Wechsel der Jahreszeiten und erlauben einen eindrucksvollen Blick auf die Arbeit der Flugrettung. Der Fotokalender im Großformat kann ab sofort unter flugrettung@oeamtc.at bestellt werden. Ausdauer und Leidenschaft HeliAir-Techniker beim Ötztaler Radmarathon 2024 Als passionierter Radfahrer und Mitglied des HeliAir Racing Teams stellte sich Richard Leitner beim diesjährigen Ötztaler Radmarathon einer der größten Herausforderungen im Radsport und überzeugte mit einer beachtlichen Leistung. Leitner bewältigte die berüchtigte 227 Kilometer lange Strecke mit über 5.500 Höhenmetern in beeindruckenden acht Stunden und drei Minuten. Der Ötztaler Radmarathon gilt als eine der anspruchsvollsten Radsport-Herausforderungen Europas. In diesem Jahr gingen über 4.000 Radsportler:innen an den Start, um bei mildem Wetter Alpenpässe wie den Brenner- und den Jaufenpass sowie das Timmelsjoch zu bezwingen.
11 Eine langjährige Mitgliedschaft und regelmäßiger Austausch auf fachlicher Ebene verbinden die ÖAMTCFlugrettung mit dem Österreichischen Kuratorium für Alpine Sicherheit (ÖKAS). Unfallprävention ist im Auftrag des ÖKAS zentral, denn Ziel ist es, Einsatz- und Unfallzahlen möglichst gering zu halten. „Unfallprävention ist besser und günstiger als Rettung und Therapie von Menschen oder der Wiederaufbau von Strukturen“, sagt Peter Paal, der Präsident des ÖKAS. Als österreichweite unabhängige Arbeitsplattform zu alpinen Fachfragen arbeitet das ÖKAS mithilfe des umfangreichen Netzwerks seiner Mitgliederinstitutionen und Expert:innen fachübergreifend an der Verbesserung der alpinen Sicherheit, im Speziellen im Bereich der Berg- und Schneesportausübung. Wichtig ist dabei auch die Sicherung des alpinen Lebens- und Verkehrsraums. Mit Vorträgen, Publikationen und eigenen Veranstaltungen wird zum Dialog und zu besserer Vernetzung aufgerufen. Das ÖKAS versteht sich als Meinungs- und Bewusstseinsbildner. Es erforscht Ursachen und Methoden, um vorhersehbare Unfälle zu vermeiden, klärt darüber hinaus auf, dass es 100-prozentige Sicherheit imTätigkeitsfeld des alpinen Raums nicht geben kann. Schlussendlich liegt die Eigenverantwortung bei den Einzelnen und es dürfen viele Entscheidungen selbst getroffen werden. Innovative Forschungsansätze und moderne Präventionsstrategien im Bereich des Alpinsports sind der Schlüssel zu mehr Sicherheit am Berg. Das ÖKAS analysiert und bewertet Gefahrenquellen im alpinen Raum und gibt dazu objektive Empfehlungen ab – unabhängig von jeglichen politischen Einflüssen. Im zweimal jährlich erscheinenden Fachmagazin „analyse:berg“ werden neben aktuellen Statistiken auch Interviews und Fachbeiträge publiziert, die allen Freizeitsportler:innen enorm viel Mehrwert bringen. Für das in Zusammenarbeit mit der Alpinpolizei entstehende Magazin wünscht sich das ÖKAS mehr Leser:innen, denn nur durch Streuung und Weitergabe von Erfahrung und Wissen wird es möglich, den stetig steigenden Unfallzahlen entgegenzuwirken. s Sicher in den Bergen Viele Alpinunfälle wären vermeidbar. Deswegen lautet das Ziel des Kuratoriums für Alpine Sicherheit, durch aktive Präventionsarbeit die Zahl der Alpinunfälle zu senken. „analyse:berg“ Thematisiert zweimal jährlich das Unfallgeschehen. Fotos: Studio für Design und Kommunikation (1), ÖAMTC/Schwarzenberger (1), privat (1),, ÖAMTC/C6 (1) INNOVATION Christophorus Weltcup-Auftakt Bewährte Kooperation mit dem ÖSV geht in die nächste Runde Der traditionelle Auftakt der Skirennläufer:innen in Sölden markiert auch für die ÖAMTC-Flugrettung wieder den Start in die Weltcup-Saison. Im Rahmen der langjährigen Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Skiverband (ÖSV), stehen bei allen heimischen WeltcupBewerben eigens abgestellte Notarzthubschrauber bereit, um im Fall der Fälle rasch und professionell Hilfe leisten zu können. Ob bei schweren Stürzen oder anderen medizinischen Notfällen – die Christophorus-Crews sorgen dafür, dass verletzte Athlet:innen schnellstmöglich versorgt und zeitnah ins Krankenhaus gebracht werden können. Dieses Engagement ist ein zentraler Bestandteil der Sicherheitsvorkehrungen bei den internationalen Skirennen und trägt wesentlich zum Schutz der Sportler:innen bei. Der Weltcup-Auftakt in Sölden war damit nicht nur sportlich ein Höhepunkt, sondern auch der Startschuss für eine Saison, in der die ÖAMTC-Flugrettung wieder unverzichtbarer Partner des Skisports ist. Erfolgreiche Partnerschaft im Wintersport.
12 INNOVATION Christophorus Noch liegt leichter Nebel über den Wiesen im oberösterreichischen Frauschereck. Doch trotz der frühen Stunde herrscht schon rege Betriebsamkeit im dortigen AIRlabs-Testgebiet. Ein Team der ÖAMTC-Flugrettung und des niederländischen ANWB trifft letzte Vorbereitungen für den Probeflug einer Drohne, die in Zukunft medizinische Fracht schnell und sicher über große Distanzen transportieren soll. Die Stimmung am Boden ist konzentriert, aber auch voller Vorfreude. Die Drohne hebt ab, durchbricht den Dunst und fliegt präzise und schnell über das oberösterreichische Hügelland – Kurs: grenzüberschreitende Versorgung und rascher Transport über Hunderte Kilometer hinweg. Was Frauschereck an diesem Tag so besonders macht, wiederholt sich zeitgleich in der Schweiz und in den Niederlanden. Denn im Rahmen eines europäischen Projekts erkundet die ÖAMTC-Flugrettung gemeinsam mit ihren Partnern ANWB Medical Air Assistance und TCS (Schweiz) unter realen Bedingungen und länderübergreifend die Möglichkeiten dieser Technologie. Koordiniert und gesteuert wird alles in Echtzeit von einer zentralen Leitstelle in Den Haag. Von dort aus verfolgt ein eingespieltes Team jede Flugbewegung und jedes kleine Detail der Streckenführung, sodass die Drohnen sicher und punktgenau ihre Ziele erreichen. Die Idee hinter den Testflügen ist bestechend einfach: Im Notfall kann eine Drohne oft viel schneller und direkter ein Ziel erreichen, als dies auf dem Landweg möglich wäre. „Wir können uns vorstellen, dass eine Drohne in Zukunft Blutkonserven in abgelegene Regionen oder Medikamente bzw. medizinisches Equipment zu Krankenhäusern bringt, wenn Straßen blockiert oder Umwege notwendig sind“, erklärt Marco Trefanitz, Geschäftsführer der ÖAMTCFlugrettung. „Die Technik soll unsere Crews unterstützen und uns helfen, in bestimmten Situationen wertvolle Minuten zu sparen – Minuten, die über Leben und Tod entscheiden können.“ Pionierarbeit Diese Technologie zur Einsatzreife zu bringen, ist allerdings alles andere als NEXT STEP Erstmals hat in Österreich eine Drohne abgehoben, um medizinische Fracht über eine weite Strecke zu transportieren – allerdings nur im Testbetrieb. von Ralph Schüller
13 INNOVATION Christophorus ein leichtes Unterfangen. Ein erstes, rein österreichisches, Entwicklungsprojekt der ÖAMTC-Flugrettung im vergangenen Jahr hat gezeigt, dass der Weg zur Alltagstauglichkeit deutlich komplexer und kostenintensiver ist als ursprünglich angenommen. Dennoch hat es wertvolle Erkenntnisse über notwendige rechtliche und technische Voraussetzungen geliefert. Marco Trefanitz erläutert: „Sehr schnell mussten wir erkennen, dass die Anpassung nationaler rechtlicher Rahmenbedingungen eine ebenso große Herausforderung ist wie die technische Entwicklung selbst.“ Eine weitere Schlussfolgerung daraus war, dass für den Aufbau eines erfolgreichen Drohnenservices internationale Kooperationen und die Nutzung von Synergien von größter Bedeutung sind. Die enge Zusammenarbeit auf europäischer Ebene zeigt nun, wie wertvoll die Bündelung von Ressourcen und Know-how sein kann. „Das Thema muss international gedacht werden“, betont Trefanitz, „denn nur gemeinsam können wir die Infrastruktur und das Fachwissen aufbauen, die für den Einsatz dieser Technologie nötig sind.“ Perspektive Die erfolgreichen Tests in Frauschereck, bei denen die Drohne insgesamt über 300 Kilometer zurückgelegt hat, sowie die Flüge in den Niederlanden und der Schweiz zeigen eindrucksvoll, was diese Technologie schon leisten kann – und an welchen Schrauben noch gedreht werden muss, um den Drohnenservice zum Regelbetrieb zu machen. Aber eines ist klar: Die Stärke von Drohnen liegt darin, sich sicher, effizient und ressourcenschonend in abgelegenen Regionen und auf langen Strecken bewegen zu können. Das Projekt steht am Anfang einer europäischen Vision. In enger Zusammenarbeit mit den Partnern ANWB und TCS geht es der ÖAMTC-Flugrettung darum, ein vernetztes Drohnensystem zu schaffen, das in unterschiedlichen Situationen schnell und zuverlässig zeitkritische medizinische Hilfsgüter bringt. Drohnen haben das Potenzial, zu einem festen Bestandteil der europäischen Gesundheitsversorgung zu werden. ▲ Die Drohnen konnten problemlos von Den Haag aus gesteuert werden. Insgesamt 47 Flüge wurden im Kontrollzentrum koordiniert. Länder- und organisationsübergreifend wird intensiv an der Umsetzung gearbeitet. Fotos: ÖAMTC/Poglitsch (3), ANWB (1)
14 Der „Drohnenführerschein“ kann ebenfalls in den Kursen erlangt werden. Drohnen-Trainings Ein spannendes Erlebnis für Technikbegeisterte – von Einsteiger:in bis Profi! Noch auf der Suche nach einem außergewöhnlichen Last-Minute-Weihnachtsgeschenk? Die Drohnen-Trainings der ÖAMTC Fahrtechnik bieten Technikbegeisterten die ideale Gelegenheit, den sicheren Umgang mit Drohnen zu erlernen und ihr Flugwissen zu erweitern. Ob Anfänger:in oder Fortgeschrittene:r – die Trainings vermitteln praxisnah die Grundlagen für einen sicheren und verantwortungsvollen Drohnenflug. Dabei stehen Themen wie Flugrecht, Technik und Navigation ebenso im Fokus wie praktische Flugübungen unter Anleitung von Profis. Alle Informationen und die Möglichkeit zur Anmeldung finden Sie unter www.oeamtc.at/fahrtechnik/drohnen/. Ausgezeichnet Gold für den Geschäftsbericht der ÖAMTC-Flugrettung Eine beeindruckende Premiere gab es für den Geschäftsbericht „Im Fokus“ der ÖAMTCFlugrettung: Bei den renommierten 38th Annual International ARC Awards wurde er mit einer Gold-, einer Silbermedaille sowie einem Grand Award ausgezeichnet. Der Jahresbericht, der erstmals erschien, überzeugte die internationale Fachjury durch die gelungene Kombination aus strategischer Darstellung und anschaulicher Aufbereitung der Leistungen der Flugrettung. Besonders hervorgehoben wurde die klare visuelle Umsetzung, die das Engagement und den gesellschaftlichen Beitrag der Flugrettung in den Mittelpunkt rückt. Die Auszeichnung spiegelt die hohe Qualität und die interdisziplinäre Zusammenarbeit innerhalb des ÖAMTC wider, die in die Erstellung des Berichts geflossen sind. Mit „Im Fokus“ ist es gelungen, nicht nur einen hochwertigen Überblick über die Arbeit der Flugrettung zu schaffen, sondern auch einen neuen Standard für die Kommunikation in diesem Bereich zu setzen. Auch die Sicherheit beim Rodeln war Thema im Heft. Eine neue Ära Im Dezember 2014 haben wir über den Beginn einer neuen Ära im Flugrettungswesen berichtet: Techniker:innen der HeliAir hatten die Umrüstung der ersten zwei ÖAMTC-Notarzthubschrauber für Nachteinsätze abgeschlossen. Der Rest ist Geschichte: Die Tests verliefen ohne Probleme, und nach Abschluss aller Genehmigungsverfahren hebt Christophorus 2 seit 2017 rund um die Uhr zu Einsätzen ab. Dusk till dawn Wir werden immer wieder nach den Dienstzeiten der Christophorus-Crews, die nicht an einem 24-Stunden-Stützpunkt arbeiten, gefragt. Die Antwort ist: Es gibt keine genauen Uhrzeiten, die Einsatzbereitschaft richtet sich nach Sonnenauf- und -untergang. Weil sich Notfälle bekanntlich an keine Uhrzeit halten, gibt es aber auch Ausnahmen: An mehreren Stützpunkten, darunter C1 (Innsbruck), C9 (Wien), C11 (Klagenfurt) und C12 (Graz), darf auch im Winter bis in die frühen Nachtstunden geflogen werden. Anno dazumal INNOVATION Christophorus Wissenswert
15 Fotos: ÖAMTC/Postl (2), IKAR (1) Seit 1948 bringt die Internationale Kommission für Alpine Rettung Expert:innen und Fachleute aus aller Welt zusammen, um ihr Wissen zu teilen, voneinander zu lernen und durch den Austausch von Best Practices die Arbeit im alpinen Rettungswesen weiterzuentwickeln. Die Unabhängigkeit der IKAR ermöglicht es, nationale Expertise zu bündeln und die Zusammenarbeit zwischen Bergrettungsdiensten und verwandten Organisationen zu fördern. Zentrales Ziel ist, die Sicherheit im Bergrettungsdienst zu verbessern und das Unfallrisiko für Einsatzkräfte zu senken. Auch die ÖAMTC-Flugrettung ist seit Jahrzehnten aktives Mitglied dieses einzigartigen Netzwerks. Internationale Zusammenarbeit Ein besonderes Anliegen der IKAR ist die Förderung des internationalen Dialogs und der Zusammenarbeit zwischen Bergrettungsdiensten. Als Plattform bietet die IKAR ihren Mitgliedern die Möglichkeit, Empfehlungen, Richtlinien und erprobte Verfahren gemeinsam zu erarbeiten und zu verbreiten. Dabei geht es nicht nur um die neuesten Rettungstechniken oder verbesserte Ausrüstungen, sondern auch um die psychische und physische Belastbarkeit der Rettungskräfte. Gemeinsame Interessen und gegenseitiges Verständnis für die vielfältigen Herausforderungen im Bergrettungswesen schaffen ein starkes Netzwerk, in dem auch Prävention eine zentrale Rolle spielt: Regelmäßige Schulungen und Sicherheitsmaßnahmen helfen dabei, Unfälle bei Einsätzen zu vermeiden. Austausch auf höchstem Niveau Ein Highlight im Jahreskalender der IKAR ist der internationale Kongress, bei dem aktuelle Entwicklungen und Themen unter den verschiedensten Gesichtspunkten beleuchtet werden. In diesem Jahr fand der Kongress im griechischen Thessaloniki, statt. Auch die ÖAMTCFlugrettung war durch einen Piloten und zwei Flugretter vertreten. In mehreren Arbeitsgruppen wurden neue Rettungstechniken, Sicherheitsempfehlungen und die mentale Belastung im Einsatzalltag thematisiert sowie diskutiert – alles Aspekte, die für die Sicherheit und für das Wohlbefinden von Rettungskräften von entscheidender Bedeutung sind. Nachhaltigkeit als Leitprinzip Die IKAR versteht sich als unabhängige und politisch neutrale Organisation. Mit einem offenen Zugang zu Informationen und einem solidarischen Miteinander wird ein gegenseitiger Austausch, von dem Bergrettungsdienste weltweit profitieren, ermöglicht. Im Mittelpunkt der gemeinsamen Bemühungen steht die Sicherheit aller Rettungskräfte. Dabei spielt auch die nachhaltige Weiterentwicklung der Organisationen selbst eine wichtige Rolle: Eine strategische Planung sichert die langfristige finanzielle Stabilität der IKAR und garantiert, dass sie auch in Zukunft als verlässliche Anlaufstelle für Bergrettungsorganisationen weltweit fungiert. ▲ Für mehr Sicherheit Die Internationale Kommission für Alpine Rettung (IKAR) fördert weltweit die Zusammenarbeit und den Austausch unterschiedlichster Organisationen im Bergrettungswesen. Voneinander lernen ist ein wesentlicher Aspekt der internationalen Vernetzungstreffen. INNOVATION Christophorus
16 VISION Christophorus Menschenleben zu retten ist die Mission der ÖAMTC-Flugrettung – und dafür heben die gelben Notarzthubschrauber über 20.000-mal pro Jahr ab. Mit Ausnahme der 24-Stunden-Stützpunkte Christophorus 2, 14 und 17 finden diese Einsätze in der Regel tagsüber statt. Doch auch das ist nicht immer möglich: Bei Schlechtwetter, z. B. bei Nebel oder Schneefall, kann es passieren, dass die Crews am Boden bleiben müssen. Der Hintergrund: Hubschrauber dürfen laut Gesetz nur unter Sichtflugbedingungen betrieben werden. Liegt die Sichtweite unter dem vorgeschriebenen Minimum, ist ein Start ausgeschlossen. Diese Regelung dient der Sicherheit, denn im bodennahen und teilweise unkontrollierten Luftraum, in dem Hubschrauber unterwegs sind, besteht immer die Gefahr, auf Hindernisse zu treffen. Passiert das, sind Schäden am Fluggerät noch die glimpflichste Folge, im Extremfall könnte es sogar zum Absturz kommen. Wetterproblematik Die Vision der ÖAMTC-Flugrettung ist eine Erweiterung ihres grundsätzlichen Auftrags: Menschenleben sollen unabhängig von Einsatzort, Uhrzeit und Wetterbedingungen gerettet werden. Hinsichtlich örtlicher Unabhängigkeit spricht das Netz an Christophorus-Stützpunkten, das längst ganz Österreich abdeckt, für sich. In Bezug auf die Uhrzeit wurde mit den ersten Standorten im 24-Stunden-Betrieb der erste Schritt getan, für eine mögliche Ausweitung ist alles vorbereitet. Bleibt also das Wetter – aber auch hier gibt es gute Nachrichten: Der technische Fortschritt ermöglicht es inzwischen, Einsätze auch bei Schlechtwetter durchzuführen. Ein Beispiel dafür ist das von Christophorus 11 (Klagenfurt) eingesetzte Nebeldurchstoßverfahren, über das wir in der Dezember-Ausgabe 2023 berichtet haben. Dabei handelt es sich um ein echtes Erfolgsmodell, mit dem bereits HELI-HIGHWAY „Point in Space“ oder: wie die satellitengestützte Navigation Allwettereinsätze möglich macht. von Stefan Tschernutter
VISION Christophorus 17 Unfall Start bei Sichtflug Sichtfenster Landung bei Sichtflug Krankenhaus Stützpunkt CHRISTOPHORUS PinS-Korridore ermöglichen bei schlechten Sichtverhältnissen eine satellitengestützte Navigation zwischen definierten Punkten. Start und Landung müssen aber weiterhin unter Sichtflugbedingungen erfolgen. Beispiel für ein lokales PinS-Verfahren: Fotos: ÖAMTC/Schornsteiner (1); Grafik: Andreas Hnat zahlreiche Leben gerettet werden konnten. Es gibt allerdings eine Einschränkung: Dieses Verfahren kann nur in der Nähe von Verkehrsflughäfen eingesetzt werden, weil es von deren Infrastruktur abhängig ist. Sichere Korridore Gemeinsam mit der Flugsicherungsbehörde Austro Control arbeitet die ÖAMTC-Flugrettung daher an einer Lösung, bei der es keine Einrichtungen am Boden für sichere Starts, Landungen und Flüge braucht. Die vielversprechendste Methode ist als „Point in Space“ (PinS) bekannt und beschreibt ein satellitengestütztes Verfahren für den Instrumentenflug. Vereinfacht ausgedrückt: Nach dem Start unter Sichtflugbedingungen folgen Pilot:innen, von den Bordinstrumenten gelotst, fixen Routen, auf denen der Hubschrauber weder durch Hindernisse noch durch andere Fluggeräte gefährdet ist. Der Anflug endet an einem virtuellen Navigationspunkt (dem „Point in Space“) in der Nähe des Landeplatzes. Der Rest, also sowohl die Landung selbst als auch der neuerliche Start, muss aus Sicherheitsgründen wiederum unter Sichtflugbedingungen erfolgen. Im Endeffekt kann man sich PinS also wie einen Korridor vorstellen – oder wie eine Autobahn, auf der gerade nichts los ist: Solange man dort unterwegs ist, kann man sich darauf verlassen, dass es keinen Quer- oder Gegenverkehr, keine plötzlichen Kurven und keine überraschenden Hindernisse gibt. Während der Auf- und Abfahrt ist hingegen erhöhte Aufmerksamkeit gefordert – speziell, wenn die Wetterbedingungen schwierig sind. Der Vorteil: Ein solcher Heli-Highway benötigt keine zusätzliche Infrastruktur, weil die Navigation – im Gegensatz zu anderen Verfahren – komplett über Satelliten funktioniert. Aktuelle Situation Derzeit gibt es zwei Gebiete, in denen PinS von ÖAMTC-Notarzthubschraubern genutzt werden kann: Eines ist der Raum Oberwart (Burgenland) rund um den Stützpunkt von Christophorus 16, der aktuell eine Art „Insel“ darstellt und vor allem Schulungen und dem Sammeln neuer Erkenntnisse dient. Unter Realbedingungen zum Einsatz gekommen ist PinS hingegen in einem anderen ›
18 VISION Christophorus Gebiet: Im Jänner 2024 flog Christophorus 17 (stationiert im steirischen St. Michael) einen Patienten zum LKH Graz, das als erstes Krankenhaus Österreichs über einen „Point in Space“ verfügt. Dieser Transport hätte ohne das neue Verfahren aufgrund der Wetterlage so nicht durchgeführt werden können. Neben diesen beiden Punkten, die für die Flugrettung besonders relevant sind, verfügen auch Verteidigungs- und Innenministerium über die Möglichkeit, PinS an ausgewählten Orten einzusetzen. Auch diese Organisationen haben damit eine Option, Hubschrauber von A nach B zu bewegen, wenn kein Sichtflug möglich ist. Ein unschätzbarer Vorteil, wenn es z. B. um Assistenzeinsätze bei Naturkatastrophen wie dem Hochwasser im Sommer 2024 geht. Was es noch braucht In Kooperation mit den großen Flottenbetreibern ÖAMTC-Flugrettung, Bundesheer und Polizei hat die Austro Control vor einigen Jahren die ersten von der EU geförderten Pilotprojekte gestartet, aus denen sich lokale PinS-Lösungen wie am LKH Graz entwickelt haben. In einem nächsten Schritt sollen die derzeit noch relativ isolierten Standorte zu einem echten Netzwerk an Heli-Highways verbunden werden. Vorher braucht es Bedarfserhebungen, die zeigen, wo und unter welchen Voraussetzungen solche Korridore sinnvoll, effizient und möglichst breit nutzbar sind. Davon abgesehen müssen selbstverständlich gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, darunter fällt auch eine Anpassung der Meldepflicht von Luftfahrthindernissen. Weiters muss in die technische Ausrüstung der Hubschrauber investiert werden, ebenso in die Ausbildung der Crews. Es bleibt also noch genug zu tun – dass es aber funktionieren kann und der richtige Weg ist, zeigt der Blick über die Grenzen hinaus: Sowohl die Schweiz als auch Norwegen verfügen bereits über umfangreiche PinS-Korridore, ohne die die Rettung Dutzender Menschenleben pro Jahr nicht möglich gewesen wäre. ▲ Noch muss dichter Nebel oft weiträumig umflogen werden oder auf ein Aufreißen der Nebeldecke gewartet werden. „Mithilfe modernster Technologie konnten wir bei schwierigen Wetterbedingungen sicher am Dach der Klinik landen. Ein weiterer Schritt, um Leben zu retten – jederzeit und überall.“ ROLAND RETSCHITZEGGER Pilot
VISION Christophorus 19 Mit einer auf der European Rotors in Amsterdam unterzeichneten Entwicklungspartnerschaft bündeln die ÖAMTC-Flugrettung und die deutsche LAKE FUSION Technologies Airborne GmbH (LFT) ihre Expertise, um innovative Sicherheitslösungen in den Flugbetrieb zu integrieren. Ziel ist es, neue Maßstäbe in der Hinderniserkennung zu etablieren. Ein zentraler Bestandteil der Zusammenarbeit ist das „Situational Awareness System“ (SitAwS), eine moderne Technologie zur präzisen Umfelderkennung. Dieses auf LiDAR-Technologie basierende System ermöglicht es, Hindernisse wie Hochspannungsleitungen oder Seile zuverlässig zu erkennen. Besonders unter schwierigen Bedingungen wie Dunkelheit oder schlechtem Wetter soll SitAwS Pilot:innen ein präzises Navigieren erleichtern und so potenziell kritische Situationen vermeiden. „Unsere Partnerschaft mit der ÖAMTC-Flugrettung ist ein bedeutender Schritt, um neue Sicherheitsstandards für Notarzthubschrauber zu setzen“, erklärt Christian Meyer, CEO von LFT. Auch Marco Trefanitz, CEO der ÖAMTC-Flugrettung, hebt das große Potenzial der Kooperation hervor: „Gemeinsam mit LFT können wir technologische Lösungen entwickeln, die in kritischen Einsatzsituationen den entscheidenden Unterschied machen und die Sicherheit in der Flugrettung insgesamt weiter erhöhen. Wir freuen uns auf die innovative Zusammenarbeit mit einem Partner, der unsere Visionen teilt.“ Mit dieser Partnerschaft setzen die ÖAMTC-Flugrettung und LFT ein klares Zeichen für die Zukunft. Gemeinsam entwickeln und arbeiten die beiden Organisationen daran, neue Maßstäbe in puncto Sicherheit zu setzen. ▲ Neue Partnerschaft Innovative Technologie für mehr Sicherheit in der Flugrettung. Marco Trefanitz, ÖAMTC-Flugrettung, und Christian Meyer (LFT) bei der Unterzeichnung. Fotos: Lake Fusion (1), ÖAMTC/Kraxner (1) Das Österreichische Umweltzeichen für Druckerzeugnisse, UZ 24, UW 686 Ferdinand Berger & Söhne GmbH. Impressum Herausgeber Christophorus Flugrettungsverein, Baumgasse 129, 1030 Wien ZVR: 727468201 Tel.: (01) 711 99-37051 E-Mail: flugrettung@oeamtc.at Geschäftsführung Marco Trefanitz, Klaus Schwarzenberger, Oliver Schmerold Medieninhaber/Verleger ÖAMTC Verbandsbetriebe GmbH, Baumgasse 129, 1030 Wien Chefredaktion Ralph Schüller, Baumgasse 129, 1030 Wien Redaktion Antoia Lang, Stefan Tschernutter – unter Mithilfe aller Mitarbeiter:innen des Christophorus-Teams Artdirection Andreas Hnat Layout Birgit Rusa Lektorat Angelika Hierzenberger-Gokesch Produktion Andreas Kaleta, Peter Scharnagl Druck F. Berger und Söhne Ges.m. b. H., Wiener Straße 80, 3580 Horn Offenlegung gemäß Paragraf 25 Mediengesetz: www.oeamtc.at/offenlegung Unterstützt von Christophorus M A G A Z I N
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