Eine überragende Schnauze
ÖAMTC-Rechtsberatung: Aus der Praxis - Darf eine Parkmarkierung von der Karosserie überragt werden? Korrekt abgestellt oder nicht?
Ihr Recht von Dr. Martin Stichlberger, ÖAMTC-Jurist
Mit und ohne Parkmarkierungen
Während beim Fußball Millimeter über Millionen entscheiden können („Hat der Ball die Linie mit vollem Umfang überschritten?“), geht es im Verkehr bei der gleichen Frage um einen runden Hunderter und beträchtlichen Ärger. Darf eine Parkmarkierung von der Karosserie überragt werden? Und wenn ja, wie weit?
Gehsteig „mit“
„Meine Reifen sind genau innerhalb der Bodenmarkierung gestanden,“ berichtete Daniel R. über eine Schrägparkzone, „nur die Motorhaube ist in den Gehsteig geragt.“ Die Juristen rieten zur Zahlung der Anonymverfügung über 56 Euro. Die Sache ist eindeutig: Eine Parkmarkierung ist strikt einzuhalten. Immerhin wird geringfügiges Überragen von Polizisten und Parksheriffs mit gesundem Hausverstand toleriert - in der Praxis durchaus sinnvoll!
Gehsteig „ohne“
Bis 1. 10.2022 lag die Sache anders, wenn auf der Gehsteigseite keine Parkmarkierung, sondern die bloße Gehsteigkante vorhanden wäre. Dann hätte das schrägparkende Fahrzeug sehr wohl in den Gehsteig ragen dürfen, sofern nicht Fußgänger, insbesondere auch Personen mit Kinderwagen oder Behinderte mit Rollstuhl, an der Benützung des Gehsteigs gehindert würden.
Nach der mit 1.10.2022 in Kraft getretenen StVO-Novelle ist die Rechtslage präziser und auch strikter: Nunmehr ist jedes Hineinragen von Fahrzeugteilen in den Gehsteig ausdrücklich verboten, egal ob mit oder ohne Parkmarkierung. Ausgenommen ist ein Hineinragen in geringfügigem Ausmaß (z. B. Seitenspiegel, Stoßstange) sowie für Ladetätigkeiten bis zu 10 Minuten. Es muss jedoch immer mindestens 1, 5 m Gehsteigbreite freibleiben. Weiterhin erlaubt bleibt selbstverständlich das Halten und Parken auf dem Gehsteig, wenn eine entsprechende Bodenmarkierung vorhanden ist.
Ganz klar ist: Überlange Fahrzeuge haben in Schrägparkzonen nichts verloren!
Im Out
Mithilfe der Rechtsberatung und etwas Glück blieb Margit B. eine Strafe erspart. In ihrer Siedlung waren neue Parkmarkierungen eingezeichnet worden; mutig parkte sie sich auf der anderen Seite ein. Sie habe das Fahrzeug „nicht entsprechend der Bodenmarkierung“ abgestellt, lautete die Strafverfügung.
Aber: Dieser Tatvorwurf ist nur dann korrekt, wenn das Fahrzeug zumindest teilweise innerhalb von Bodenmarkierungen steht. Befindet es sich gänzlich außerhalb, kann nur ein etwaiges anderes Delikt bestraft werden. In unserem Fall wäre „zu geringe Restfahrbahnbreite“ infrage gekommen. Die Behörde versäumte es, innerhalb eines Jahres den richtigen Vorwurf zu erheben - Verfolgungsverjährung eingetreten!
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