Kasko-Fiasko
ÖAMTC-Rechtsberatung: Aus der Praxis - Kasko-Ablehnung nach Nichtmeldung eines Sachschadens.
Ihr Recht von Dr. Martin Stichlberger, ÖAMTC-Jurist
Krach mit der Kaskoversicherung
Frau Dr. Hanna E. (47), praktische Ärztin, ist allseits als verantwortungsvoll, ehrlich und umsichtig bekannt. Da ihre zweijährige Tochter im Urlaub hoch zu fiebern begann, beschloss die Ärztin am vor-letzten Abend spontan, nach Hause zu fahren. Knapp vor dem Ziel, kurz nach Mitternacht, passierte es. Frau Dr. E. geriet aufs Bankett, touchierte einen Leitpflock und ein Verkehrszeichen. Ihr arg beschädigtes Auto war immerhin fahrbereit. Da niemand anderer beteiligt war, fuhr sie gleich heim und versorgte ihre Tochter.
Meldepflicht
Gleich in der Früh rief Frau Dr. E. bei ihrer (zum Glück bestehenden) Kaskoversicherung an, ob eine polizeiliche Meldung nötig sei. Nein, sagte man ihr. Sicherheitshalber fuhr sie dennoch zur Polizei. Stammleser dieser Kolumne wissen: zu spät! Die Meldung muss „ohne unnötigen Aufschub“ gemacht werden, wenn ein Schaden an fremdem Gut verursacht wird – sei er auch klein, wie hier ein verbogenes Verkehrszeichen und ein abgebrochener Leitpflock.
Zu Recht erhielt Frau Dr. E. nach einigen Tagen eine Strafe über 150 Euro wegen Nichtmeldens eines Sachschadens.
Kasko-Ablehnung
Satte 15.000 Euro betrugen die Reparaturkosten des Autos; umso schockierter war die Ärztin über das Schreiben der Kaskoversicherung: „Sie haben Fahrerflucht begangen, also eine Obliegenheit verletzt. Deshalb kann keine Leistung erbracht werden.“ Solche Schreiben liegen der Rechtsberatung öfters vor – die darin enthaltene Schlussfolgerung ist rechtlich schlicht unkorrekt.
Judikatur
Denn dazu existiert eine klare Rechtsprechung: Nicht jede „Fahrerflucht“ führt zur Leistungsfreiheit, vielmehr muss ein Verdacht der Alkoholisierung (oder ähnlicher Beeinträchtigung) vorliegen. Die Versicherung muss beweisen – zwar nicht die Alkoholisierung, sehr wohl aber eine „konkrete Verdachtslage“. Die lag hier nicht im Geringsten vor. Der Club-Jurist musste mehrfach energisch auf die Judikatur pochen, damit die Kasko einlenkte und zahlte.
Explizit
Damit kein Missverständnis entsteht: Selbstverständlich hat bei Alkoholisierung jegliche Versicherungsleistung zu entfallen. Jedoch sollen „brave“ Versicherte nicht durch irrelevante Formalfehler um die ihnen zustehende Leistung gebracht werden.
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