Sommerreifen im Winter - was droht?
ÖAMTC-Rechtsberatung: Aus der Praxis - Ein Unfall mit Sommerreifen auf Schneefahrbahn kann ziemlich teuer kommen.
Ihr Recht von Dr. Martin Stichlberger, ÖAMTC-Jurist
Pflicht bei Schneefahrbahn: Winterreifen!
Nein, Gerda F. braucht keine Winterreifen. Sie fährt ohnehin wenig, bei Schnee lässt sie ihr Auto stehen. An einem winterlichen Nachmittag benötigte sie dringend etwas aus der Apotheke. „Jetzt ist sicher schon geräumt“, dachte sie und fuhr mit Sommerreifen los. Die Fahrbahn leicht abschüssig und schneebedeckt: Knapp vor Frau F. fuhr ein Motorrad zu weit aus einer Ausfahrt heraus. Sie bremste scharf, doch das Auto rutschte einfach weiter und rammte das Motorrad. Fahrer und Beifahrerin mussten mit der Rettung abtransportiert werden.
Die Folgen
Bei Schneefahrbahn, Matsch oder Eis darf ein Pkw in Österreich zwischen 1. November und 15. April nur mit Winterreifen in Betrieb genommen werden. Welche Konsequenzen drohen bei Missachtung? Nicht weniger als vier Problemfelder sind zu prüfen:
- Mitverschulden. Gewöhnlich würde an einem solchen Unfall Frau F. als Bevorrangte kein Verschulden treffen. Da aber die Sommerreifen kausal für den Unfall waren, wurde Frau F. 50 % Mitverschulden angelastet. Sie erhielt nur die Hälfte ihres Schadens ersetzt.
- Haftpflicht. Die Haftpflichtversicherung von Frau F. zahlte den Verletzten eine hohe Summe an Schmerzengeld und Heilungskosten. Allerdings forderte sie 11.000 Euro von der entsetzten Frau F. zurück. Dieser Regress konnte mit kräftiger Hilfe des ÖAMTC abgewendet werden, da er hier zu Unrecht erfolgte. Zulässig wäre ein Regress dann, wenn eine „Gefahrerhöhung“ vorliegt, etwa, wenn jemand öfters bei Schneefahrbahn mit Sommerreifen unterwegs ist.
- Kasko. Eine Kaskoversicherung (Frau F. besaß keine) kann wegen grober Fahrlässigkeit aussteigen; in der Regel dann, wenn zu den Reifen noch ein weiterer Verstoß dazukommt (z.B. unangepasste Geschwindigkeit). Es kommt aber immer auf den Einzelfall an.
- Strafe. Auch wenn kein Unfall passiert, droht eine Verwaltungsstrafe, wenn man ertappt wird. Schlimmer kam es hier: Da es zwei erheblich Verletzte gab, musste Frau F. wegen „fahrlässiger Körperverletzung“ sogar vor den Strafrichter. Statt einer Verurteilung konnte eine Diversion erreicht werden. Dies kostete Frau F. einen Betrag in Höhe einer Monatspension. „Nie mehr wieder!“, stöhnte sie.
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