Verhängnisvolle Handzeichen
ÖAMTC-Rechtsberatung: Aus der Praxis - Was passiert, wenn das Anhaltezeichen des Polizisten missachtet wird? Kann man gut gemeinten Handzeichen trauen? Und welche Geste gilt bereits als Beleidigung?
Ihr Recht von Mag. Gabriele Pfeiffer, ÖAMTC-Juristin
Anhaltezeichen des Polizisten missachtet
Wie einen Verbrecher hatte man Herrn Karl P. behandelt, hatte ihn von einer Parkgarage bis auf die Autobahn verfolgt und mit vorgehaltener Waffe aus dem Auto gezerrt. Der Tatvorwurf: Er habe ein Anhaltezeichen missachtet.
Polizisten und andere Straßenaufsichtsorgane dürfen Fahrzeuglenker durch deutlich sichtbare oder hörbare Zeichen zum Anhalten auffordern. Schlecht beleuchtete Garage, nicht erkennbare Polizeiuniform, dubiose Zeichen - wer kann es Herrn P. da verdenken, dass er aus Angst weiterfuhr? Leider kein Einzelfall. Mithilfe der ÖAMTC-Rechtsberatung erreichte Herr P. letztlich doch einen Freispruch in letzter Instanz.
Tipp:
An sicherer Stelle anhalten und telefonisch bei der Polizei nachfragen.
Falscher Wink
Gut gemeinte Handzeichen können schwere Unfälle auslösen, wie ein tragischer Fall zeigt.
Ein Autofahrer kam in einer Kolonne hinter einem großen Lkw zu stehen. Rechts von ihm warteten zwei 10-jährige Mädchen, um (per Fahrrad bzw. Rollschuh) die Fahrbahn zu überqueren. Mit einer Handbewegung deutete ihnen der Lenker zu queren, obwohl er aufgrund des Lkw den Gegenverkehr nicht einsehen konnte. Die Mädchen fuhren los, hielten aber in der Fahrbahnmitte nicht an. Sie wurden von einem entgegenkommenden Pkw erfasst und schwer verletzt.
Der OGH erkannte auf gleichteiliges Verschulden. Der winkende Lenker hätte bedenken müssen, dass die Mädchen seinem Zeichen vertrauen würden. Die Mädchen wiederum hätten, da sie in der Schule Verkehrserziehung genossen hatten, wissen müssen, dass es gefährlich sei, hinter einem Lkw die Straße zu queren.
Falscher Finger
„Alltägliche“ Handzeichen wie Vogel oder Mittelfinger können sogar strafbar sein! Nämlich als Anstandsverletzung (noch recht billig); schlimmer aber als Beleidigung nach § 115 Strafgesetzbuch. Erstattet der Beleidigte Anzeige, drohen ein paar Tausender Geldstrafe, der Strafrahmen reicht sogar bis zu drei Monaten Haft.
Interessant: Während es hierzulande nur wenige solche Fälle gibt, existieren in Deutschland, basierend auf zahlreichen Urteilen, detaillierte Übersichten, welche Strafen zu erwarten sind. Googeln empfohlen!
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