Flug verspätet oder annulliert – was Reisenden wann zusteht
Betreuungsleistung und Ausgleichszahlung bei Verspätung – neues EuGH-Urteil bei Verspätung außerhalb der EU
Erhöhtes Flugaufkommen, Tarifkonflikte, zu wenig Personal – der Sommer 2019 wird zum Ärger der Flugreisenden wieder zahlreiche Verspätungen und Annullierungen mit sich bringen. "Einfach hinnehmen muss man das in vielen Fällen allerdings nicht. Die EU-Fluggastrechte-Verordnung gibt den Passagieren zahlreiche Rechte", weiß ÖAMTC-Jurist Nikolaus Authried. So ist die Fluglinie im Falle eines verspäteten Abflugs grundsätzlich verpflichtet, unentgeltlich Snacks und Erfrischungen anzubieten sowie Telefonate oder das Versenden von E-Mails zu ermöglichen. Die Betreuungsleistung ist von der Dauer der Verspätung und der Flugdistanz abhängig: So hat man z.B. bei Flugstrecken bis 1.500 km ab zwei Stunden Verspätung Anspruch auf die Betreuungsleistung. Bei einer Verspätung von mindestens fünf Stunden, hat der Fluggast das Recht, auf den (Weiter-)Flug zu verzichten und den Ticketpreis zurückzuverlangen. Falls nötig, muss er zum Ausgangsort zurückgebracht werden.
Bei drei Stunden verspäteter Ankunft steht Passagieren Ausgleichszahlung zu – bei "Einheitsflügen" auch außerhalb der EU
"Kommt man mindestens drei Stunden verspätet am Endziel an, haben Flugreisende außerdem Anspruch auf eine Ausgleichszahlung", sagt der ÖAMTC-Jurist. Die Höhe hängt dabei von der gebuchten Strecke ab und reicht von 250 Euro bei Flugstrecken bis 1.500 km bis zu 600 Euro bei Flugstrecken über 3.500 km außerhalb der EU.
Grundsätzlich gilt die EU-Fluggastrechte-Verordnung nur dann, wenn der Flug in der EU startet bzw. aus einem Drittland in die EU erfolgt und von einer EU-Airline durchgeführt wird. Ein kürzlich gefälltes Urteil des Europäischen Gerichtshof (EuGH) weitet den Schutz der Passagiere einmal mehr auch auf jene Fälle aus, in denen eine Flugreise auf mehrere Teilflüge aufgeteilt ist und der Umstieg bzw. die Landung in einem Nicht-EU-Land stattfinden – und es dort zu einer Verspätung kommt. Wichtige Voraussetzung dabei ist, dass der Flug "als Einheit" gebucht wurde und nicht die Teilflüge separat.
Kein Anspruch auf eine Ausgleichszahlung besteht dann, wenn die Fluglinie nachweisen kann, dass die Verspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen ist (z.B. Schlechtwetter, Flughafensperren, Terror) – diese müssen von der Fluglinie allerdings nachgewiesen werden. Außerdem muss die Airline belegen können, dass sich die Folgen der außergewöhnlichen Umstände auch dann nicht vermeiden lassen hätten, wenn alle zumutbaren Maßnahmen (etwa eine Umbuchung) ergriffen worden wären.
Ansprüche auch bei Flugannullierung – bei Pauschalreisen Preisminderung möglich
"Die Fluggastrechte-Verordnung samt den genannten Ansprüchen kommt auch bei Flug-Annullierungen zur Anwendung – außer man wurde rechtzeitig, jedenfalls aber mindestens 14 Tage vor dem Abflug, informiert", sagt ÖAMTC-Experte Authried. Auch bei Annullierungen sind je nach Fluglänge pauschalierte Ausgleichszahlungen vorgesehen. Und auch hier können außergewöhnliche Umstände die Airline von der Pflicht zur Leistung von Ausgleichszahlungen befreien.
"All das gilt auch für Pauschalreisende. Sie können im Falle von Flugverspätungen über vier Stunden eine Preisminderung vom Reiseveranstalter verlangen – unabhängig vom Grund der Verspätung und vom Vorliegen eines Verschuldens", weiß der Jurist. "Unter Umständen muss dann aber eine erhaltene Ausgleichszahlung der Airline berücksichtigt werden."
ÖAMTC-Mitglieder können sich mit konkreten Fragen und Problemen mit Flugreisen an den Mobilitätsclub wenden: Die Juristen beraten kompetent und kostenlos. Infos unter www.oeamtc.at/rechtsberatung.