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ÖAMTC: Abbiegeassistenten für Lkw im Vergleichstest

Vier von neun Nachrüstlösungen zur Detektion von Fußgängern und Radfahrern im Toten Winkel ungenügend

Unfälle zwischen Lkw und ungeschützten Verkehrsteilnehmern (Vulnerable Road User – VRU) passieren im Vergleich zu anderen Unfalltypen selten, enden aber zumeist folgenschwer. "In den vergangenen fünf Jahren wurden jährlich rund 150 ungeschützte Verkehrsteilnehmer bei Kollisionen mit Lkw verletzt – davon verunglückten 13 tödlich. Einige dieser Unfälle waren Abbiegeunfälle, bei denen sich ein ungeschützter Verkehrsteilnehmer im Toten Winkel des Lkw befand", sagt ÖAMTC-Verkehrstechniker David Nosé. Unter Berücksichtigung des hohen Bestandes von rund 73.000 zugelassenen Lastkraftwagen (N2, N3) und Sattelzugfahrzeugen (Quelle: Statistik Austria; Stand: 2020) sollen Lkw-Abbiegeassistenten helfen, den Straßenverkehr besonders für VRU sicherer zu gestalten.

Nach folgenschweren Unfällen zwischen Lkw und VRU im Toten Winkel rüsten viele Betreiber ihre Lkw-Fuhrparks mit Nachrüstsystemen von Abbiegeassistenten aus bzw. gibt es entsprechende Förderungen. Erste Erfahrungen aus der Praxis zeigen jedoch Probleme mit der Erkennung und mit Falschmeldungen durch diese Nachrüstsysteme. Der ÖAMTC hat daher mit seinen Partnerclubs erstmals einen marktumfassenden Vergleichstest von Abbiegeassistenzsystemen mit unterschiedlichen Technologien (Ultraschall, Radar und Kamera) durchgeführt. Die getesteten Systeme wurde dabei nacheinander auf einem Lkw mit 7,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht montiert. Dabei erwiesen sich vier von neun Nachrüstsysteme als ungenügend – lediglich zwei konnten mit "gut" bewertet werden.

Probleme vor allem bei Erkennung von Radfahrenden sowie Fehlwarnungen

Zu Problemen kam es vor allem bei den dynamischen Tests, bei dem sich ein Radfahrer parallel zum fahrenden Lkw bewegte. Bei Systemen, die nicht klassifizieren, also nicht zwischen statischen Objekten wie Bäumen oder Verkehrszeichen und VRU unterscheiden können, trat eine hohe Zahl an Fehlwarnungen auf. Kritisch ist auch der geringe Sichtbereich, d. h. Radfahrer und Fußgänger, die sich weiter als 2,75 m entfernt vom Fahrzeug bewegten, wurden zumeist nicht detektiert. Dies führt dazu, dass Lenker oft nicht oder nicht rechtzeitig gewarnt werden. "Für die Praxis im Straßenverkehr sind weder Systeme mit häufigen Fehlwarnungen noch mit Mängeln bei der Erkennung geeignet. Vier der neun Testkandidaten wurden daher mit 'nicht genügend' bewertet", erklärt der Verkehrstechniker des Mobilitätsclubs.

Zwei klassifizierende Kamerasysteme schnitten "gut" ab

Bei den zwei mit "gut" beurteilten Abbiegeassistenten handelt es sich um Kamera-Systeme von EYYES und H3M. "Beides sind klassifizierende Systeme. Dadurch können statische Objekte und ungeschützte Verkehrsteilnehmer unterschieden werden und der Lenker wird nicht fälschlicherweise gewarnt", erläutert David Nosé. Außerdem wird der VRU bei nahezu allen Geschwindigkeiten, Abständen und Testvarianten rechtzeitig erkannt und der Lkw-Lenker mittels eines differenzierten optischen und akustischen Signals darauf aufmerksam gemacht.

Weiterentwicklung der Systeme unbedingt erforderlich

Grundsätzlich ist die Nachrüstung von Lkw mit Abbiegeassistenten zu begrüßen, da dies einen Beitrag leisten kann, VRU im städtischen Verkehr besser zu schützen. Um einen Mehrwert in der Praxis zu erzielen, ist aber eine Optimierung der Systeme notwendig. Der Mobilitätsclub empfiehlt daher folgendes:

* Der Abdeckungsbereich, in dem ungeschützte Verkehrsteilnehmer erkannt werden können, sollte vergrößert werden.

* Verdeckte Sicht (z. B. durch parkende Fahrzeuge) darf kein Problem bei der Detektion darstellen.

* Um die Häufigkeit von Falschmeldungen zu reduzieren, darf nicht die Funktionalität und der Wirkbereich reduziert werden. So sollten die Systeme den Radfahrer nicht nur erkennen, wenn er den Lkw überholt, sondern auch wenn beide mit gleicher Geschwindigkeit nebeneinander fahren oder der Lkw den Radfahrer überholt.

* Lkw-Abbiegeassistenten sollten zwischen einem Informations- und Warnsignal unterscheiden können. So kann der Lkw-Lenker gezielt gewarnt werden, wenn Kollisionsgefahr besteht. Das Warnsignal darf dabei jedoch nicht allein von einem aktiven Blinker abhängig sein.

* Das Assistenzsystem sollte klar signalisieren, wenn es nicht mehr voll funktionstüchtig ist, damit sich der Lenker nicht fälschlicherweise auf das System verlässt.

ÖAMTC-Verkehrstechniker David Nosé resümiert: "Beim Kauf eines Lkw-Abbiegeassistenten sollte man ein klassifizierendes System wählen, das zwischen ungeschützten Verkehrsteilnehmern und statischen Objekten unterscheiden kann. Zu empfehlen sind ausschließlich solche Systeme, die keine Fehlwarnungen während der Fahrt im realen Straßenverkehr generiert haben. Denn häufige Fehlauslösungen reduzieren das Vertrauen des Lenkers in das System."

Auch der ÖAMTC selbst hat bereits alle seine Abschleppfahrzeuge mit Abbiegeassistenten ausgerüstet.

Aviso an die Redaktionen: Ein Video steht auf der APA-Videoplattform unter http://videoservice.apa.at im Channel OEAMTC oder auf Anfrage zur Verfügung.