ÖAMTC-Erhebung: Anhaltebereitschaft an ungeregelten Schutzwegen bei 89 Prozent
Ein Drittel aller Fußgängerunfälle ereignen sich am Schutzweg
Schutzwege haben die Aufgabe, Fußgängern ein ungehindertes und ungefährdetes Überqueren der Straße zu ermöglichen. Tatsächlich kommt es aber immer wieder zu Konflikten und in weiterer Folge auch zu Unfällen, teilweise mit schwerwiegenden Folgen: Insgesamt verunfallen österreichweit jährlich rund 1.000 Personen auf Schutzwegen – die Hälfte davon auf nicht-signalgeregelten Zebrastreifen. Die Anzahl der Fußgängerunfälle ist in Österreich seit 2007 zwar um 15 Prozent gesunken, die Zahl der Schutzwegunfälle blieb jedoch konstant (Quelle: Statistik Austria). Im Zuge der UN-Verkehrssicherheitswoche hat der Mobilitätsclub daher die Anhaltebereitschaft von Fahrzeuglenkern vor ungeregelten Schutzwegen erhoben.
"Wir konnten beobachten, dass Fahrzeuglenker ihre Geschwindigkeit vor Schutzwegen eher vermindern, wenn für sie Fußgänger am Fahrbahnrand, der so genannten Auftrittsfläche, erkennbar sind. Die richtige Ausstattung und entsprechende Sichtbarkeit der Schutzwege sind somit essenziell. Und man kann es nicht oft genug sagen: Der stärkere Verkehrsteilnehmer hat auf den Schwächeren zu achten", hält ÖAMTC-Verkehrstechniker David Nosé fest. Fahrzeuglenker müssen im Bereich von Zebrastreifen immer vorausschauend und bremsbereit fahren. Fußgänger sollten ihren Querungswunsch zudem deutlich und unmissverständlich anzeigen und sich vor Betreten des Schutzweges vergewissern, dass ein gefahrloses Queren möglich ist. Im Idealfall sollte Blickkontakt zum Fahrzeuglenker hergestellt werden.
Nur eine 100-prozentige Anhaltebereitschaft ist akzeptabel – Fußgänger sollten Querungswunsch deutlich anzeigen
Der ÖAMTC hat an ausgewählten Schutzwegen in Wien über 1.000 Beobachtungen durchgeführt. Das Ergebnis: 89,6 Prozent der Fahrzeuglenker ermöglichten einem Fußgänger das ungehinderte Queren der Fahrbahn. Bei Pkw-Lenkern liegt die Quote mit 91,5 Prozent etwas höher, bei Einspurigen lediglich bei 66,7 Prozent. Bei Unterscheidung nach höchstzulässiger Geschwindigkeit – 30 oder 50 km/h – zeigten sich keine signifikanten Abweichungen (92,5 zu 90,4 Prozent). Dennoch gilt: Nur eine 100-prozentige Anhaltebereitschaft ist akzeptabel. "Im Zuge der Beobachtungen haben wir auch das Verhalten der zu Fuß Gehenden vor der Querung der Fahrbahn am Schutzweg dokumentiert. Dabei konnten wir feststellen, dass 17,8 Prozent der querungswilligen Fußgänger keinen Blickkontakt zum Fahrzeuglenker suchten, respektive keinen Blick nach links und rechts getätigt hatten", erklärt der ÖAMTC-Verkehrstechniker.
In Kombination mit den festgestellten Nicht-Anhaltungen der Fahrzeuglenker zeigte sich, dass das in nahezu jedem dritten Fall eine Rolle gespielt hatte. Daraus kann abgeleitet werden, dass ein deutliches Anzeigen des Querungswunsches durch den zu Fuß Gehenden eine nicht zu unterschätzende Relevanz für die Wahrnehmung und das korrekte Verhalten der Lenker hat. Generell sind die Gründe für Schutzwegunfälle jedoch vielfältig: Unachtsamkeit oder Ablenkung, schlechte Sichtbeziehungen zwischen Fußgängern und Fahrzeuglenkern durch Abschattungen oder ungünstige Lage, unzureichende Beleuchtung, nicht angepasste Geschwindigkeit bzw. nicht anhaltebereites Fahren, aber auch Fehlverhalten von Fußgängern.
Gefährdung eines Fußgängers bringt Eintragung ins Vormerksystem
Gemäß Straßenverkehrsordnung hat der Lenker eines Fahrzeuges einem Fußgänger, der sich auf einem Schutzweg befindet oder diesen erkennbar benützen will, das unbehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen. "Erkennbar ist der Querungswille des Fußgängers dann, wenn dessen Absicht objektiv aus seinem Gesamtverhalten hervorgeht", erklärt Nosé. Fußgänger dürfen dagegen einen Schutzweg nicht unmittelbar vor einem herannahenden Fahrzeug und für dessen Lenker überraschend betreten. Rechtlich wird zudem zwischen Behinderung und Gefährdung unterschieden. "Eine Behinderung liegt dann vor, wenn der Fußgänger die Überquerung der Fahrbahn nicht in der beabsichtigten Weise fortsetzen kann. Darüber hinaus liegt eine Gefährdung vor, wenn der Fußgänger auf der Fahrbahn stehen bleiben oder 'zurückspringen' muss, um eine Kollision mit dem Fahrzeug zu verhindern." Der Strafrahmen liegt dabei zwischen 72 und 2.180 Euro. Zudem ist anzumerken, dass unabhängig von einer verhängten Verwaltungsstrafe bei einer Gefährdung eines Fußgängers beim Überqueren eines Schutzweges eine Eintragung ins Vormerksystem erfolgt.
Schutzwegunfälle und dabei getötete Fußgänger (2017-2019)
Bundesland |
2017 |
2018 |
2019 |
|||
Unfälle |
Getötete |
Unfälle |
Getötete |
Unfälle |
Getötete |
|
Burgenland |
9 |
0 |
19 |
0 |
11 |
0 |
Kärnten |
49 |
0 |
58 |
0 |
48 |
1 |
Niederösterreich |
118 |
1 |
135 |
3 |
156 |
2 |
Oberösterreich |
148 |
1 |
175 |
1 |
170 |
2 |
Salzburg |
61 |
0 |
60 |
0 |
66 |
1 |
Steiermark |
142 |
4 |
147 |
0 |
147 |
1 |
Tirol |
66 |
0 |
86 |
0 |
80 |
2 |
Vorarlberg |
53 |
1 |
68 |
1 |
75 |
0 |
Wien |
391 |
4 |
458 |
4 |
454 |
3 |
Österreich |
1.037 |
11 |
1.206 |
9 |
1.207 |
12 |
Quelle: Statistik Austria; Bearbeitung: ÖAMTC Unfallforschung
#roadsafety - ÖAMTC ist Partner der UN-Verkehrssicherheitswoche 2021
Die UN-Verkehrssicherheitswoche ist Teil des 10-Jahres-Aktionsplans "Decade of Action for Road Safety“ der Vereinten Nationen zur Verbesserung der globalen Verkehrssicherheit. Ziel ist, von 2021 bis 2030 mindestens 50 Prozent der Todesfälle und Verletzungen im Straßenverkehr zu verhindern. Als Partner der UN-Verkehrssicherheitswoche unterstützt der ÖAMTC Maßnahmen zur Vermeidung von Unfällen und Verletzten in allen Verkehrsteilnehmergruppen. Die Anerkennung hoher Sicherheitsstandards zum Nutzen der Verkehrsteilnehmer ist dabei ebenso eine zentrale Aufgabe wie die Weitergabe von neuen technischen Erkenntnissen und allgemeinen Sicherheitsinformationen, die Durchführung von Schulungen, Trainings sowie der aktive offene Dialog mit allen Verkehrsteilnehmergruppen auf Augenhöhe.