Rechtsabbiegen bei Rot: ÖAMTC-Untersuchung zeigt Nachbesserungsbedarf
Anwendungsbereich sowie Regeltreue der Radfahrenden gering
Seit einem Jahr dürfen Radfahrende an ausgewählten Kreuzungen bei roten Ampeln rechts abbiegen bzw. geradeaus weiterfahren. Gekennzeichnet ist diese Möglichkeit durch ein Zusatzschild mit grünem Pfeil. In Wien wurden seit Inkrafttreten der 33. StVO-Novelle mehr als 330 solcher Grünpfeile montiert. Bereits im Vorfeld gab es viele Diskussionen rund um dieses Thema – für den ÖAMTC Grund genug, nach einem Jahr und umfassenden Vor-Ort-Untersuchungen Bilanz zu ziehen.
Kaum Konflikte, aber viele Missachtungen
"Rechts bei Rot": Zwischen August und Oktober 2023 haben die Verkehrsexpert:innen des Mobilitätsclubs an neun ausgewählten Kreuzungen in Wien beobachtet, wie die neue Regelung umgesetzt wurde und im Alltag funktioniert. Die wesentliche Erkenntnis der Untersuchung: Rechtsabbiegen bei Rot wird nur von einem kleinen Teil der Radfahrenden genutzt. So zeigte sich, dass von rund 2.200 beobachteten Radfahrenden nur 442 (20 Prozent) Rechtsabbieger waren. Davon wiederum bogen 180 Personen (41 Prozent) bei Grün nach rechts ab. Lediglich 262 aller beobachteten Radfahrenden kamen in die Situation, die neue Regelung in Anspruch zu nehmen. Und genau da zeigte sich, was zu erwarten war: 12 Prozent verhielten sich korrekt, 14 Prozent nutzten das Abbiegen bei Rot nicht. 74 Prozent der Nutzer:innen missachteten die Vorgaben der StVO. Allerdings kam es in nicht einmal einem Prozent der Fälle zu Konflikten (insbesondere mit querenden Fußgängern).
Nachbesserungen können mehr Bewusstsein für "Rechts bei Rot" schaffen
Grundsätzlich lässt sich sagen: Die notwendigen rechtlichen und technischen Vorgaben schränken das Einsatzgebiet des Rechtsabbiegens bei Rot von vornherein deutlich ein. Die Nutzungshäufigkeit hängt auch stark von der Bedeutung im Radwegenetz bzw. der Routenwahl ab. Ampelschaltungen im vorgelagerten Bereich spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. ÖAMTC-Verkehrstechniker David Nosé: "Durch die vielen Einschränkungen ist der Mehrwert der Regelung für alle Radler:innen überschaubar. Unsere Untersuchung zeigt gleichzeitig aber, dass es – trotz vieler Missachtungen – kaum Sicherheitseinbußen gibt."
Der Mobilitätsclub regt nach Auswertung der Ergebnisse zu Nachbesserungen an: Die kleinen Zusatztafeln sind einerseits oft nur schlecht erkennbar. Andererseits ist die hohe Quote an Missachtungen der "Halt"-Regelung auffällig – hier fehlt es offenbar an genauer Kenntnis der neuen Regeln. Der Gesetzgeber hat allerdings dafür Sorge zu tragen, dass Neuerungen bekannt werden und die Einhaltung entsprechend kontrolliert wird.
"Rechts bei Rot" ist in Frankreich, Belgien, Dänemark, der Schweiz und den Niederlanden übrigens schon länger im Einsatz. Für Radfahrende verringern sich dabei in erster Linie Wartezeiten. Damit soll das Fahrrad als Verkehrsmittel für schnelles Vorankommen im urbanen Raum attraktiver werden – ein Ziel, das auch der ÖAMTC als Mobilitätsclub ausdrücklich unterstützt. David Nosé abschließend: "Für ein sicheres Miteinander im Straßenverkehr ist es allerdings wesentlich, dass Verkehrsteilnehmer:innen die Bestimmungen kennen und sich daran halten. Wir glauben, dass einige wenige Nachbesserungen zur 'Rechts bei Rot'-Regel mehr Bewusstsein schaffen und dazu beitragen, den Radverkehr in der Stadt noch attraktiver und sicherer zu machen!"