ÖAMTC-Erhebung: Verhalten im Straßenverkehr lässt oft zu wünschen übrig
1.200 Verkehrsteilnehmer:innen unterschiedlicher Mobilitätsformen beobachtet
Eine aktuelle Erhebung des Mobilitätsclubs gemeinsam mit der Exekutive, die im Herbst 2022 in Wien durchgeführt wurde, zeigt: Viele Verkehrsteilnehmer:innen halten sich nicht an die Vorschriften. Schwerpunkt der Untersuchung war das Verhalten an Kreuzungen, hier wurden während der morgendlichen Stoßzeit insgesamt rund 1.200 Autofahrer:innen, Fußgänger:innen, Radfahrer:innen und Nutzer:innen von E-Tretrollern beobachtet. "Leider waren ausgerechnet Fußgänger:innen, die bekanntlich über keine Schutzausrüstung verfügen, am unvorsichtigsten: 27 Prozent überquerten die Straße entweder trotz Rotlicht oder nutzten vorhandene Schutzwege nicht", fasst ÖAMTC-Verkehrspsychologin Marion Seidenberger zusammen.
Ein hoher Wert, vor allem im Vergleich zu den übrigen Verkehrsteilnehmer:innen: Mit Fahrrad oder Scooter ignorierten sieben Prozent die rote Ampel, bei den Autofahrer:innen kam es im Zuge dieser Beobachtung einmal vor – wobei einige in der kurzen Spanne zwischen Erlöschen des grünen Abbiegepfeils und Rot fuhren, was ebenfalls ein unnötiges Risiko bedeutet. "Das heißt im Übrigen nicht, dass sich Kfz-Lenker:innen immer an die Regeln halten, wie vergangenen ÖAMTC-Untersuchungen zeigen, bei denen wir vor allem in Hinblick auf Gurt, Blinken und Ablenkung häufig gesehen haben, dass man es mit den Vorschriften nicht sonderlich genau nimmt", stellt Seidenberger klar. "Kommt das mit dem aktuell von uns festgestellten Fehlverhalten anderer zusammen, wird es noch gefährlicher."
Weitere Auffälligkeiten der aktuellen Beobachtung: Rund ein Fünftel der beobachteten Radler:innen hielt sich nicht an die klar ersichtliche Bodenmarkierung, die Fußgeh- und Fahrradbereich trennt. Ungefähr genauso viele Fahrrad- oder Scooter-Fahrer:innen verließen im Kreuzungsbereich den für sie bestimmten Radweg und näherten sich via Gehsteig an – was klar den Verkehrsregeln widerspricht und neben dem Gefährdungs- auch viel Konfliktpotenzial birgt.
"Insgesamt ist durch die Missachtung von Regeln und das allgemeine Benehmen, das Viele an den Tag legen, das Miteinander im Straßenverkehr zum Teil stark belastet", hält die ÖAMTC-Expertin fest. "Im schlimmsten Fall kann es dadurch sogar zu Unfällen kommen – im Zuge unserer Untersuchung haben wir tatsächlich mehrere Beinahe-Kollisionen beobachtet." Der Mobilitätsclub appelliert daher einmal mehr an alle Verkehrsteilnehmer:innen, sich stets fair und vor allem auch regelkonform zu verhalten und damit einen wesentlichen Beitrag zur Erhöhung der Verkehrssicherheit auf Österreichs Straßen zu leisten.
Beobachtungsfahrten zeigen Fehlverhalten aus Sicht von Verkehrsteilnehmer:innen
Die "stehende" Erhebung war nur ein Teil der Untersuchung. "Erstmals haben wir mit Rädern und E-Rollern 'Beobachtungsfahrten' durchgeführt, um das Geschehen direkt aus dem Verkehrsfluss erfassen zu können", erklärt Seidenberger. 43 solcher Fahrten wurden zu unterschiedlichen Zeiten in Wien durchgeführt – und mehrheitlich wurde mindestens eine Übertretung festgestellt, rund 40 Prozent davon schwerwiegend, darunter Rotlichtmissachtungen am Fußgänger:innenübergang, Fahrten gegen die Einbahn o. ä.
"Häufigstes Fehlverhalten war eine deutlich zu hohe Annährungsgeschwindigkeit an Radfahrüberfahrten – hier sind 10 km/h erlaubt, was vor allem dem Schutz der Radfahrenden selbst dient", stellt die ÖAMTC-Expertin klar. "Generell wurde bei rund 20 Prozent der Beobachtungsfahrten eine nicht angepasste Fahrweise festgestellt – speziell das hohe Tempo und das allgemein aggressive Fahrverhalten fielen auf." Und: Bei den Radfahrenden schützte sich immerhin die Hälfte mit einem Helm, bei den E-Scootern, mit denen sehr hohe Geschwindigkeiten erreicht werden, waren es nur zwölf Prozent.
Schwerpunktaktion zeigt bewusstes Ignorieren von Regeln
Gemeinsam mit der Fahrradpolizei Wien wurde zusätzlich eine Schwerpunktaktion durchgeführt. Dabei wurde unter anderem festgestellt, dass 70 Prozent der Radfahrenden und 80 Prozent der E-Tretroller-Nutzer:innen ein gut sichtbares Stoppschild ignorierten. "Im Gespräch mit den von der Exekutive angehaltenen Verkehrssünder:innen zeigte sich ein ganz anderes Problem: Fast alle wussten sofort, was sie 'angestellt' hatten. Das deutet darauf hin, dass wir es hier nicht mit unabsichtlichen Ausrutschern oder übersehenen Verkehrszeichen zu tun haben, sondern dass die Regeln bewusst ignoriert werden", sagt Seidenberger. "Offenbar fehlt vielen das Bewusstsein, dass die Vorschriften keineswegs Schikane sind, sondern durchaus Sinn haben und vor allem die schwächeren Verkehrsteilnehmer:innen schützen sollen."