ÖAMTC-Crashtest beleuchtet Folgen eines Wildunfalls
Test mit einem realistisch nachgebildeten, 180 kg schweren Wildschweinkeiler.
Test mit einem realistisch nachgebildeten, 180 kg schweren Wildschweinkeiler.
2018 wurden 377 Wildunfälle mit Personenschaden registriert, die traurige Bilanz: vier Personen kamen zu Tode. Insgesamt kommen zudem über 75.000 Wildtiere jährlich auf Österreichs Straßen um – im Schnitt sind das über 200 Tiere pro Tag. (Quelle: Statistik Austria, Bearbeitung der ÖAMTC-Unfallforschung).
Der Mobilitätsclub führte gemeinsam mit seinen Partnerclubs einen Crashtest mit einem realistisch nachgebildeten, 180 kg schweren Wildschweinkeiler durch. Das Ergebnis zeigt, dass bei entsprechenden Unfällen bei 80 km/h kurzzeitig eine Kraft auf die Insassen einwirkt, die dem zehnfachen Körpergewicht entspricht.
Am Auto entstand ein erheblicher Schaden, die Insassen blieben jedoch unverletzt. Dieser Umstand verdeutlicht, dass Verletzungen von Fahrzeuginsassen bei Wildunfällen zumeist nicht die Auswirkungen des direkten Aufpralles des Tieres sind, sondern die Folgen, die durch falsche bzw. panische Reaktionen entstehen. Durch misslungene Ausweichmanöver können Fahrzeuge von der Fahrbahn abkommen oder in den Gegenverkehr geraten. Dabei entsteht die Gefahr von Kollisionen mit anderen Fahrzeugen oder Anprallen an Bäume, was fatale Folgen haben kann.
Dies bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass das Verletzungsrisiko für Pkw-Insassen bei Wildunfällen deutlich geringer ist, wenn der Fahrer richtig reagiert- das heißt bremsen, Lenkrad gut festhalten und unbedingt in der Spur bleiben. Um daraus folgende Auffahrunfälle zu vermeiden, sollte der Abstand zum Vorderfahrzeug vergrößert werden, wenn mit Wildwechsel zu rechnen ist.
Unfallrisiko kann gesenkt werden
Nachtsichtassistenten ermöglichen mittels Infrarotkameras ein Graustufenbild trotz Dunkelheit. Dadurch sind sowohl Personen wie auch Tiere am Bildschirm erkennbar. Exemplarisch wurde das System „Night Vision“ von Peugeot getestet, da es das günstigste Nachtsichtsystem in der Mittelklasse ist. Dabei handelt es sich um ein thermales Nachtsichtsystem mit passivem Infrarotsensor. Es wird bei Dunkelheit aktiv und gibt eine audiovisuelle Warnung ab, wenn Fußgänger oder Tiere registriert werden. Es erwies sich im Test als hilfreich und leicht verständlich. Die Anzeige ist nicht dauerhaft aktiviert, erscheint aber sofort, wenn eine Kollisionsgefahr erkannt wird. Auch kleinere Tiere, wie Hasen werden erkannt. Das Warnsymbol unterscheidet sogar zwischen Fußgängern und Wildtieren.
Kritisch zu sehen ist, dass Nachtsichtassistenten generell bislang nur in der Oberklasse oder gegen Aufpreis erhältlich sind. Ein serienmäßiger Verbau ist nicht in Sicht.
Systeme reagieren nur eingeschränkt auf Wildtiere
Getestet wurden die Notbremsassistenten vom Mitsubishi Eclipse Cross und VW T-Cross, da diese sehr gut beim Euro NCAP abgeschnitten haben und serienmäßig eingebaut werden. Diese Systeme sind allerdings nicht für die Erkennung von Wildtieren entwickelt und eingestellt. Dementsprechend ergab der Test, dass man sich bei Wildtieren nicht auf den Notbremsassistenten verlassen kann. Die untersuchten Systeme reagierten nur eingeschränkt auf den Wildschwein-Dummy.
Der Mitsubishi Eclipse Cross mit dem serienmäßig eingebauten Notbremsassistenten FCM+ (Frontal Collision Mitigation) reagierte bei einem schnell kreuzenden Wildschwein (15 km/h) nicht. Erst als die Geschwindigkeit des Dummys auf Fußgängergeschwindigkeit reduziert wurde, warnte und bremste der Mitsubishi automatisch.
Der VW T-Cross erreichte im Euro NCAP-Test 2019 das beste Ergebnis für Notbremsassistenten. Den Zusammenstoß mit einem querenden Radfahrer konnte bis 60 km/h vollständig vermieden werden. Das Radarsystem wurde allerdings für Fußgänger und Radfahrer optimiert, während Wildtiere nicht beachtet wurden. Der Test zeigte, dass der Wildschwein-Dummy vom System nicht eindeutig erkannt wurde und sich die Reaktion daher auf Warnung und Bremsunterstützung beschränkte.
Automatische Notbremsung auch bei Tieren möglich
Bei der Vermeidung von Auffahrunfällen sowie Unfällen mit Fußgängern und Radfahrern haben sich die Assistenzsysteme bewährt. Tiere wurden bei der Entwicklung von Assistenzsystemen bisher kaum berücksichtigt.
Aus dem Test lässt sich schlussfolgern, dass mit etwas Entwicklungsaufwand eine automatische Notbremsung auch bei Tieren möglich wäre. Radarsensoren und Infrarotkameras zeigten im Test besondere Stärken bei der Erkennung von Tieren: Hohe Reichweiten und Funktion auch bei Dunkelheit oder Nebel. Durch ihren Einsatz könnte nicht nur das Risiko für die Fahrzeuginsassen reduziert werden, sondern auch zahlreiche tote Wildtiere vermieden werden.
Wildschadenhilfe durch den ÖAMTC Schutzbrief
Wurde das Fahrzeug - das auf eine schutzbriefgeschützte Person zugelassen ist - durch einen Wildunfall in Österreich (oder im Geltungsbereich des Schutzbriefes im Ausland) beschädigt, vergütet Ihnen der ÖAMTC 80 % der Reparaturkosten bzw. des Selbstbehaltes bis zu einem Höchstbetrag von insgesamt 600,- Euro.