Weibliche Crashtest-Dummies finden bisher kaum Anwendung
Höchste Zeit für Erhebung detaillierter Sicherheitsdaten in der Unfallforschung in Bezug auf Frauen.
Seit über 20 Jahren leisten die Crashtests des Verbraucherschutzprogramms Euro NCAP einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Verkehrssicherheit auf europäischen Straßen.
Weibliche Crashtest-Dummies
Im Zuge von Crashtests werden über Sensoren an lebensgroßen Puppen – den Crashtest-Dummies – diverse Daten erhoben, die der Unfallforschung als Grundlage für Verbesserungsvorschläge und zur Weiterentwicklung der Fahrzeugsicherheit dienen. Bis heute finden spezifisch weibliche Crashtest-Dummies jedoch kaum Anwendung in der Unfallforschung bzw. repräsentieren nur eine Minderheit der Frauen.
Zum größten Teil kommen in Crashtests "50-Prozent-Mann" und "95-Prozent-Mann"-Dummies zum Einsatz. Deren Maße sind so dimensioniert, dass sie Männerkörperwerte berücksichtigen. Resultierend daraus lassen sich vor allem passende Sicherheitseinrichtungen für den Großteil der Männer entwickeln bzw. adaptieren.
Für die Entwicklung von Sicherheitsmaßnahmen für die weibliche Anatomie werden aktuell jedoch nur "5-Prozent-Frauen"-Dummies eingesetzt – diese repräsentieren mit einer Körpergröße von 152 cm und einem Körpergewicht von 54 kg lediglich 5 Prozent aller Frauen. ÖAMTC-Verkehrspsychologin Marion Seidenberger erklärt: "So lassen sich keine validen Daten zu körperlichen Unfallfolgen für die Mehrheit der Frauen im Straßenverkehr erheben. Um konkrete und belastbare Daten zur Optimierung der Fahrzeugsicherheit für Frauen zu generieren, müssen endlich spezielle 'Frauen-Dummies' entwickelt und eingesetzt werden, die – wie bei Männern – die Anatomie von 50 Prozent bzw. 95 Prozent aller Frauen repräsentieren."
Bereits 2021 stellte die schwedische Regierung im UNECE-Gremium für passive Fahrzeugsicherheit (der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa) den Antrag, eine eigene Arbeitsgruppe mit der Betrachtung der Frauensicherheit im Straßenverkehr einzuberufen. "Wir begrüßen diesen Vorschlag im Sinne der Fahrzeugsicherheit für Frauen. Denn selbst wenn vermehrt in die Entwicklung von Frauen-Dummies investiert wird, finden diese immer noch viel zu selten Anwendung in Pkw-Crashtests. Außerdem sollten die Dummies auch verstärkt in Crashtests zur Simulation von Unfallsituationen mit dem Fahrrad, zu Fuß gehenden Personen oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln eingesetzt werden", gibt Seidenberger zu bedenken.