eCall
eCall ist ein in der EU eingeführtes bordeigenes Notrufsystem basierend auf der europäischen Notrufnummer 112. Durch das automatische Notrufsystem kann die Zeitspanne zwischen Unfall und Eintreffen der Rettungskräfte deutlich verkürzt und somit die Unfallfolgen reduziert werden. Es bringt Chancen, aber auch Risiken. Hier sind die Fakten, die Sie wissen müssen.
© iStock / Martin DimitrovInfo
Schon bald werden aus unseren Autos im Falle des Falles auch mobile Notrufsäulen: Will ein Hersteller ein neues Pkw-Modell oder einen Lkw bis 3,5 Tonnen höchstzulässiges Gesamtgewicht für den Verkauf in der Europäischen Union genehmigen (typisieren) lassen, dann muss dieses seit 31. März 2018 serienmäßig mit dem automatischen Notrufsystem eCall (steht für „emergency call“) ausgestattet sein.
Wie funktioniert eCall?
Mittels im Auto eingebauter Sensoren, einer GPS-Einheit zur Positionsbestimmung, einer eingebauten SIM-Karte und einer eingebauten Freisprecheinrichtung. Durch Drücken des SOS-Knopfs oder wenn bei einem schweren Unfall die im Auto eingebauten Crash-Sensoren Alarm schlagen und z.B. den Airbag auslösen, wird automatisch ein Signal an die Notrufnummer 112 übermittelt. Eine Einsatzzentrale versucht umgehend, eine Gesprächsverbindung zum Auto aufzubauen, um die Lage abschätzen zu können.
Datenübermittlung
Zuerst einmal wird ein solcher Notruf in der Einsatzzentrale als eCall-Notruf (also als besonders dringend) angezeigt. Automatisch mit dem Notruf mitgesendet werden folgende Grundinformationen:
- Fahrzeugposition
- Fahrtrichtung (wichtig auf dem Autobahnnetz)
- Antriebsart: Benzin, Diesel, Gas (CNG/LPG), E-Batterie Fahrzeug, Wasserstofffahrzeug
- Anzahl der Personen im Fahrzeug (durch Sitzgurte)
- Fahrgestellnummer
Das alles dient dazu, dass die Einsatzkräfte möglichst umfassende Informationen bekommen. Kommt eine Sprechverbindung zustande, kann der Einsatz-Koordinator in einem Gespräch mit den verunfallten Personen mehr über eventuelle Schwierigkeiten oder Verletzungen erfahren. Mit diesen Infos sind die Helfer noch besser auf den speziellen Fall vorbereitet.
Wozu eCall?
Um im Notfall Hilfe anzufordern, ohne dass ein Mobiltelefon benutzt werden muss. Das kann entweder mittels eines eigenen Notfall-Knopfs (SOS-Knopf) geschehen oder ganz automatisch, wenn man selber nicht in der Lage ist, den Knopf zu drücken, etwa nach einem schweren Unfall. Das kann lebensrettend sein, weil man dadurch nicht mehr darauf angewiesen ist, dass Unfallzeugen oder gar zufällig zu einem späteren Zeitpunkt Vorbeikommende professionelle Hilfe holen.
Das meint der Club
eCall ein passives System, das nur im Notfall aktiv wird. Den Herstellern wurde jedoch erlaubt, in ihre Autos statt dem gesetzlich vorgeschriebenen „Basis“-eCall auch eigene, leistungsfähige Datenübertragungs-Systeme einzubauen. Diese können deutlich mehr als nur automatische Notrufe abzusetzen. Solche Systeme sammeln – oft ohne Wissen der Fahrzeughalter – rund um die Uhr Daten und senden sie an die Hersteller. Diese verkaufen diese Daten dann an Werkstätten und Versicherungen weiter.
Entscheidend ist, dass Verbraucher detailliert Kenntnis über die Art des Datenaustausches erhalten und diesem auch aktiv zustimmen. Fahrzeugbesitzer haben nicht nur Anspruch auf Datentransparenz, sie müssen zudem auch frei wählen können, ob und wem welche Daten zur Verfügung gestellt werden.
Bernhard Wiesinger, Leiter ÖAMTC-Mitgliederinteressen
FAQs
Ab wann?
Seit 31. März 2018 müssen neu genehmigte Fahrzeugtypen der Klasse M1 und N1 über ein eCall-System verfügen – das sind alle Pkw und Lkw bis 3,5 Tonnen höchstzulässigem Gesamtgewicht.
Die davon getrennten Regeln zur dazugehörigen eCall-Infrastruktur (Leitstellen), die die Mitgliedstaaten bis zum 1. Oktober 2017 einrichten müssen, sind Ende Juni 2014 in Kraft getreten.
Wen erreicht der Notruf 112?
Der EU-weit gültige Notruf 112 ist in Österreich zu einer Einsatzzentrale im Innenministerium geroutet. Je Bundesland ist dort eine zertifizierte Leitstelle vorgesehen, deren Mitarbeiter/-innen darauf geschult sind, auf Deutsch und Englisch die Schwere eines Unfalles aufgrund der Aussagen der Betroffenen möglichst genau einzuschätzen.
Wo funktioniert eCall?
Überall in Europa, wo ein Mobiltelefon Empfang hat. Weil eCall keine schnelle Datenverbindung voraussetzt, sondern auf der GSM-Basis aufbaut (und die Daten eigentlich in einer GSM-Fax-ähnlichen Verbindung sendet), selbst bei minimaler Empfangsqualität. Die Infrastruktur für die Notrufe in den einzelnen Ländern ist unterschiedlich geregelt. In einigen Ländern ressortieren die Leitstellen zu den Innenministerien, in anderen wiederum zu den Rettungsorganisationen.
Wer bezahlt eCall?
Der Autokäufer mit dem Neuwagenpreis. Der Preis für das System soll laut Experten bei rund 100 Euro pro Fahrzeug liegen, wegen der großen Stückzahlen aber bald nach unten rutschen. Für die SIM-Karte selbst ist keine Grundgebühr fällig, und die (nur) im Notfall übertragenen Datenmengen sind minimal.
Werden unsere Wege jetzt überwacht?
Nein, eCall ist ein „schlafendes“ System, das sich nur dann aktiviert, wenn die im Auto verbauten Sensoren Alarm schlagen – also im Falle eines Unfalles. Danach werden alle Daten sofort gelöscht. Es steht dadurch im Gegensatz zu ähnlichen Systemen, die Autohersteller gegen Aufpreis anbieten.
Pan Europäischer eCall versus Fahrzeughersteller eCall
Neben dem Pan Europäische eCall, der ab 31. März 2018 verpflichtend in alle neuen PKW eingebaut werden muss, können seitens der Fahrzeughersteller auch der herstellereigene eCall ins Fahrzeug eingebaut werden. Herstellereigene eCall finden sich in Fahrzeugen in den oberen Segmenten bzw. bei vernetzen Fahrzeugen.
Nach EU- Gesetzgebung (EU VO 2015/758) muss der Pan Europäische eCall bei einem Einsatz/ Call prioritär gegenüber dem Herstellereigenen eCall behandelt werden.
Weiters ist in dieser Verordnung festgehalten worden, dass der Hersteller dem Kunden beim Kauf eines Fahrzeuges die beiden eCall (falls Hersteller eCall vorhanden) aufzeigen muss.
Pan Europäischer eCall unterliegt datenschutzrechtlich dem Minimaldatensatz [Minimum Set of Data, kurz MSD].
Herstellereigener eCall unterliegt keinen datenschutzrechtlichen Bestimmungen. D.h. dass der Hersteller eine genaue Historie (Bremsverhalten, Geschwindigkeit usw.) bei einem Unfall besitzt.
Muss ich mein Auto nachrüsten?
Nein, Sie müssen Ihr Fahrzeug nicht nachrüsten.
Die eCall Pflicht gilt ab 31. März 2018 nur für neu genehmigte Fahrzeugtypen der Klasse M1 und N1 – das sind alle Pkw und Lkw bis 3,5 Tonnen höchstzulässigem Gesamtgewicht.