Artikel drucken
DruckenE-Auto im Winter: Heizleistung und Wärmeisolation
Verringerte Reichweite - Heizung "bedient" sich aus Batteriestrom.
Wie schnell kann die Fahrgastzelle bei tiefen Temperaturen erwärmt werden und wie lange bleibt die Wärme im Innenraum erhalten?
Die kalte Jahreszeit und die dabei vorherrschenden tieferen Außentemperaturen erfordern einen erhöhten Heizbedarf, um die Fahrgastzelle eines PKWs auf eine behagliche Temperatur zu bringen. Während beim Verbrenner die Abwärme des Motors als Nebenprodukt zur Heizung verwendet werden kann, muss diese Wärme beim Elektrofahrzeug zusätzlich und mit entsprechendem Energieeinsatz erzeugt werden. Für Elektroautos bedeutet dies, dass die zusätzliche Energie zum Heizen aus der Antriebsbatterie genommen werden muss und daher nicht mehr für den Fahrbetrieb zur Verfügung steht. Der dadurch entstehende Mehrenergiebedarf für die Erzeugung von Wärme wirkt sich direkt auf eine reduzierte Reichweite aus.
Wurde diese Wärme einmal erzeugt, sollten die Wärmeverluste in der Folge natürlich möglichst gering sein, damit die Wärme in der Fahrgastzelle auch so lange wie möglich gehalten werden kann. Beim Elektroauto ist eine gute Wärmeisolierung der Fahrgastzelle daher besonders wichtig, um die kostbare Energie optimal einzusetzen und dadurch im Winter die Reichweite zu steigern.
Der ÖAMTC hat gemeinsam mit seinen Partnern im Zuge einer Studie ermittelt, wie energie- und zeiteffizient Elektroautos heizen, wie viel Heizleistung für das Halten der Temperatur nötig ist und wie lange die Wärme im Innenraum gehalten werden kann. Dafür wurden umfassende Messungen am Klimaprüfstand bei einheitlichen -10 °C Umgebungstemperatur auf behagliche 20 °C Fahrgastzellentemperatur durchgeführt.
Markus Kaiser, E-Mobilitätsexperte beim ÖAMTC
„Die tatsächliche Reichweite eines Elektro-Autos hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Eines der wichtigsten Kriterien ist die Temperatur: Vor allem auf Kälte reagieren Batterien empfindlich bzw. steigt bei tiefen Umgebungstemperaturen der Heiz- und dadurch auch der Energiebedarf. Umso wichtiger ist bei Batterie-Elektrofahrzeugen daher die Effizienz der Heizung und die Isolierung des Innenraums – denn je länger und besser die Wärme gehalten werden kann, desto weniger muss man heizen und desto mehr Energie steht für den Fahrbetrieb zur Verfügung."
Ziel der Untersuchung
Ermittelt wurde neben der Aufheizdauer, also der Zeit, die zum Aufheizen der Fahrgastzellen bei Temperaturen von -10 °Celsius in der Kältekammer benötigt wurde, auch die Wärmeisolation – also wie lange die gewonnene Wärme im Innenraum gehalten werden konnte.
Die Testfahrzeuge
Bei der Auswahl der Testfahrzeuge wurde darauf Wert gelegt, Modelle aus möglichst allen Fahrzeugklassen zu untersuchen. Unter den Testkandidaten befinden sich daher sowohl Kleinwagen, Kompakt- und Mittelklassefahrzeuge, mit weniger zu beheizenden Innenraum, als auch geräumige SUVs mit entsprechend größeren Fahrgastzellen.
- Fiat 500e (Kleinwagen)
- Renault Zoe (Kleinwagen)
- VW e-Up (Kleinwagen)
- VW ID.3 (Kompaktklasse)
- Hyundai Kona Elektro (Kompaktklasse-SUV)
- Tesla Model Y (Mittelklasse-SUV)
- BMW iX (Oberklasse-SUV)
Testdurchführung
Die Messungen an den ausgewählten Testfahrzeugen teilten sich in drei Phasen auf:
- Zunächst wurde der Innenraum der Fahrgastzelle bei allen Testfahrzeugen auf eine Zieltemperatur von durchschnittlich 20 °C aufgeheizt.
- Anschließend wurde das Dauerheizen unter die Lupe genommen, um die Innenraumtemperatur auf dieser erreichten Durchschnittstemperatur zu halten.
- Zum Abschluss wurde in der Kältekammer die Wärmeisolation untersucht, wie lange das Auskühlen des Innenraums bei -10 °C Umgebungstemperatur dauerte.
Während des Aufheizvorgangs konnten schon erste beeindruckende Erkenntnisse gewonnen werden: Bei fast allen der getesteten Elektroautos kommt bereits innerhalb kürzester Zeit rund 20 °C warme Luft aus den Luftdüsen, nach fünf Minuten waren es bereits fast 40 °C. Der Grund hierfür ist, dass die elektrischen Heizsysteme in Elektroautos sofort mit dem Aufheizvorgang beginnen, während bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren erst der Motor und das Kühlsystem auf Temperatur gebracht werden müssen, bis Wärme für die Heizung des Innenraums zur Verfügung steht. Ein hinsichtlich des Wohlbehagens, vor allem bei Kurzstrecken, klarer Vorteil für das E-Fahrzeug.
Energiebedarf - Wie viel Energie wird zum Aufheizen benötigt?
Beim Energiebedarf, der zum Erwärmen des Innenraums auf 20°C (lt. Bordcomputer) benötigt wurde, gab es teils deutliche Unterschiede. Sowohl der Fiat 500e als auch der Hyundai Kona Elektro benötigten hierfür die geringste Energiemenge mit jeweils 1,5 kWh. Das Tesla Model Y benötigte mit 1,6 kWh nur unwesentlich mehr Energie. Der Renault Zoe brauchte 1,8 kWh aus der Batterie für die Aufheizung auf 20 °C. Interessante Ergebnisse zeigten sich beim mittlerweile in die Jahre gekommenen VW e-Up: Dieser benötigte trotz kleinem Innenraum exakt gleich viel Energie, wie der deutlich größere BMW iX, nämlich 2,0 kWh. Den höchsten Energiebedarf im Testfeld hatte der VW ID.3 mit 2,3 kWh.
Aufheizdauer - Wie lange dauert der Aufheizvorgang?
Zur einheitlichen Bewertung der Heizleistung wurde die Messlatte für alle Testfahrzeuge in dieser Untersuchung bewusst sehr hochgelegt: Es reichte nicht, wenn lediglich beim Fahrersitz 20°C erreicht wurden. Erst wenn der gesamte Innenraum der Fahrgastzelle die Zieltemperatur erreicht hatte, also die Wärme sowohl auf dem Fahrerplatz als auch auf der Rückbank und im Fußbereich messbar war, galt das Fahrzeug als komplett aufgeheizt.
Vorhandene Sitz- und/oder Lenkradheizungen sind zwar nicht Gegenstand der Untersuchung gewesen, doch die Nutzung dieser körpernahen Heizsysteme ist auf jeden Fall empfehlenswert, um im täglichen Betrieb Energie zu sparen.
Bei den Ergebnissen zur Aufheizdauer zeigten sich teils deutliche Unterschiede: Das größte Testfahrzeug, der BMW iX, erreichte trotz seiner geräumigen Fahrgastzelle die Zieltemperatur von 20 °C schon nach rund 13 Minuten. Die beiden Kompakten VW ID.3 und Hyundai Kona Elektro brauchten bereits doppelt so lang: rund 25 Minuten. Der kleine Fiat 500e benötigte sogar etwas mehr als 30 Minuten, um den Innenraum auf 20 °C aufzuheizen.
Im Vergleich dazu haben der Renault Zoe, das Tesla Model Y und der VW e-Up, nicht so gut performt. Diese drei Testfahrzeuge schafften es auch nach über 40 Minuten nicht, den Innenraum komplett auf durchschnittlich 20 °C zu erwärmen. Der Renault Zoe erreichte eine durchschnittliche Höchsttemperatur von 14 °C, das Tesla Model Y 15 °C und der VW e-Up lediglich 10 °C. Gründe für eine ungleichmäßige Wärmeverteilung gibt es mehrere: Neben der systembedingten Heizungsregelung ist ein weiterer und leider nicht so positiver Grund, dass die Hersteller teilweise an den Luftdüsen gespart haben. Beim BMW iX machen sich bei tiefen Umgebungstemperaturen von -10 °C die zusätzlichen Lüftungsdüsen in der B-Säule eindeutig bezahlt.
Wärmeisolation – Wie lange kann die Wärme im Innenraum gehalten werden?
Um die Wärmeisolation der Fahrzeuge zu untersuchen, wurde die Heizung bei -10 °C Umgebungstemperatur abgeschaltet. Damit sollte ein alltägliches Szenario nachgestellt werden, nämlich wenn das aufgeheizte Auto mal kurz für schnelle Besorgungen beim Bäcker, bei der Apotheke oder etwa beim Kaufhaus abgestellt wird. Bei jedem Zwischenstopp kühlt das Auto ab und muss anschließend wieder neu auf die gewünschte Zieltemperatur aufgeheizt werden. Je besser also die Wärmeisolation ist, umso weniger Energie muss für die neuerliche Aufheizung des Innenraumes aufgewendet werden.
Gestartet wurde die Abkühlphase bei allen Testfahrzeugen jeweils bei der eingestellten Zieltemperatur von 20 °C. Diese Innenraumtemperatur wurde im Durchschnitt jedoch nur vom BMW iX, VW ID.3, Fiat 500e und Hyundai Kona Elektro erreicht. Das Tesla Model Y begann bei lediglich 15 °C, der Renault Zoe bei 14 °C und der VW e-Up sogar nur bei 10 °C.
Auch bei den Ergebnissen zur Wärmeisolation zeigte sich ein interessantes Bild: So konnte der BMW iX seinen Innenraum nicht nur am schnellsten aufheizen, er konnte durch eine sehr gute Wärmeisolation diesen auch am längsten warmhalten. Nach 30 Minuten herrschte im Innenraum des BMW iX noch immer eine Temperatur von 10 °C. Ähnlich gute Isolationswerte hatte auch der VW ID.3 und der Fiat 500e. Bei beiden Fahrzeugen lag die durchschnittliche Innenraumtemperatur nach 30 Minuten bei rund 9 °C. Der Renault Zoe, das Tesla Model Y und der VW e-Up, die allesamt die durchschnittliche Innenraumtemperatur von 20 °C nicht erreicht haben, fielen in ihrer Temperatur auch deutlich weiter ab. Alle drei Fahrzeuge konnten jedoch nach 30 Minuten bei -10 °C Umgebungstemperatur noch immer 5 °C in der Fahrgastzelle aufweisen.
Mythos: Mit dem E-Auto bei Kälte im Stau stehen - Geht sich das mit der Energie aus?
Die Bilder von kilometerlangen Staus bei eisigen Temperaturen sind jedem bekannt. Die in diesem Zusammenhang oft geschürte Angst, mit einem E-Auto dabei erfrieren zu müssen, leider auch. Sollte solch eine Extremsituation wirklich eintreten und müsste man im E-Auto tatsächlich eine ganze Nacht aushalten, würde man trotz allem nicht frieren müssen. Die Heizleistung zum Halten der Innenraumtemperatur wurde im Stand untersucht und war bei allen Testfahrzeugen mit 1,5 bis 2 kW sehr gering. Diese Angst ist daher unbegründet und aufgrund der Untersuchungsergebnisse auch absolut nicht gegeben – es sei denn natürlich, der Akku ist zu Staubeginn bereits stark entladen.
Hilft eine Wärmepumpe dabei, Energie für die Aufheizung der Fahrgastzelle zu sparen?
Dass Wärmepumpen Energie einsparen können und gegenüber klassisch elektrischen Heizern (PTC-Heizer) deutlich effizienter arbeiten, ist bekannt. Das können sie jedoch auch nur bei entsprechenden Umgebungstemperaturen. Unsere aktuelle Untersuchung zeigte bei sehr kalter Umgebungstemperatur von -10 °C nämlich keinen signifikanten Effizienzvorteil der Wärmepumpe.
Die Testfahrzeuge VW ID.3, BMW iX, Renault Zoe und Tesla Model Y waren allesamt mit einer Wärmepumpe ausgestattet, hatten aber unter den definierten Testbedingungen im Vergleich zu den übrigen drei Fahrzeugen mit simpler Heiztechnik einen ähnlich hohen Energiebedarf.
Fazit
Wenn der Innenraum der Fahrgastzelle einmal warm ist, sollte er diese Wärme idealerweise auch möglichst lange halten können. Je besser die Wärmeisolation und je länger die Wärme im Innenraum gehalten werden kann, desto weniger muss auch nachgeheizt werden. Wo Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren auf deren Motorwärme als Heizunterstützung zurückgreifen können, sind Heizenergiebedarf und Wärmeverluste bei Elektroautos ungleich relevanter.
Die Automobilhersteller sollten den Fokus bei Elektrofahrzeugen verstärkt auf das Thema Wärmeisolation legen. Mit einer guten Wärmeisolation kann Energie eingespart und dadurch die Reichweite für den Fahrbetrieb erhöht werden, was vor allem im Winter bei tiefen Temperaturen ein positiver Effekt für die Nutzer:innen wäre.
ÖAMTC Tipps für Konsument:innen
- Neben der Luftheizung sollte - sofern vorhanden - auch auf körpernahe Heizsysteme wie Sitz- und Lenkradheizung zurückgegriffen werden. Diese sorgen für Wohlbehagen und sparen zudem Energie.
- Türen und Fenster immer nur so kurz wie möglich öffnen.
- Wenn möglich und vorhanden, das Elektroauto in einer Garage abstellen, um die Temperaturdifferenz zur Umgebungstemperatur so gering wie möglich zu halten und dadurch den Heizenergiebedarf zu reduzieren.
- Das Auto vorwärmen, während es noch an der Ladestation angeschlossen ist. Die Energie für den Aufheizvorgang der Fahrgastzelle wird nicht von der Batterie, sondern über das Netz bezogen. Das verringert zwar in Summe nicht den Energiebedarf, erhöht aber die Reichweite für den Fahrbetrieb.
- Einstellmöglichkeiten der Heizung nutzen, um einzelne Bereiche des Innenraumes, wie beispielsweise den Fahrersitz oder auch die Rückbank, gezielt zu beheizen.