ÖAMTC mit dabei beim weltgrößten Elektroauto-Test in Norwegen
Getestet wurden 31 aktuelle Elektroautos auf Reichweite und Ladezeit.
Norwegen und Elektromobilität
Auf den ersten Blick eine wahre Erfolgsgeschichte. Hohe Subventionen, viele Vorteile im Straßenverkehr und Zulassungszahlen von mittlerweile über 75 % sprechen eine eindeutige Sprache. Elektrofahrzeuge dominieren das Straßenbild. Aufgrund dieser Entwicklungen und der starken Nachfrage der Norweger:innen nach Elektrofahrzeugen, hat sich Norwegen innerhalb Europas mittlerweile zur ersten Anlaufstelle für viele neue Fahrzeughersteller etabliert. Vor allem asiatische Hersteller launchen ihre neuen Modelle für Europa meist in Norwegen.
Die breite Auswahl an neuen Elektrofahrzeugen und die hohe Nachfrage nach E-Autos hat den norwegischen Automobilclub NAF (Norwegian Automobile Federation) dazu bewogen, jährlich ihren „Verdens Storste Elbiltest“ (zu Deutsch „Der weltgrößte Elektroauto-Test“) durchzuführen und aktuell erhältliche Elektrofahrzeuge auf deren Reichweite und Ladezeit zu testen. Grund genug für uns vom ÖAMTC, unsere Kolleg:innen vom NAF bei diesem beeindruckenden Test zu begleiten.
Markus Kaiser, ÖAMTC Elektromobilitätsexperte
"Wir konnten heuer das erste Mal beim weltgrößten Elektroautotest unseres norwegischen Partnerclubs dabei sein und unsere Kolleg:innen vom NAF bei diesem beeindruckenden Test tatkräftig unterstützen. Die Ergebnisse der in Summe 31 getesteten Elektrofahrzeuge hinsichtlich Reichweite und Ladegeschwindigkeit waren zum Teil wirklich faszinierend und ein guter Indikator auch für uns in Österreich, auch wenn es einige der getesteten Fahrzeuge - v.a. chinesischer Hersteller - bis dato am heimischen Automobilmarkt noch nicht gibt."
Beim Verdens Storste Elbiltest handelt es sich um einen Reichweiten- und Ladetest, der realitätsnah eine Überland- bzw. Urlaubsreise abbildet und so eine ideale Ergänzung zu den WLTP-Angaben der Hersteller bietet. Beim Test wurden in Summe 31 rein batterieelektrisch betriebene Fahrzeuge unterschiedlichster Hersteller, dabei jedoch unter gleichen Bedingungen und auf jeweils der gleichen Strecke, betrachtet. Alle Fahrzeuge wurden auf deren Reichweite sowie deren Ladezeit getestet. Diese zwei Kategorien stellen auch die wesentlichen Qualitätsparameter dar, die ein Auto für eine gute Alltags- und Reisetauglichkeit aufweisen sollte.
Testergebnisse
Alle Fahrzeuge wurden auf der festgelegten Route (siehe Bild) von Oslo in Richtung Norden, vorbei an Lillehammer, Ringebu, Dombås und Hjerkinn gefahren, bevor der Test schließlich auf der letzten Etappe durch den Rondane-Nationalpark in Richtung Folldal und zurück nach Ringebu beendet wurde. Das Wetter am Testtag war durchgehend wechselhaft. Es gab einige Regenschauer und die Temperatur lag zwischen 7 und 15 °C.
Reichweitentest
Fahrzeug (Marke u. Modell) |
Verbrauch nach WLTP (lt. Hersteller) | Reichweite nach WLTP (lt. Hersteller) | Reichweite im Test | Abweichung Reichweite - Absolut | Abweichung Reichweite - Prozentual |
Mercedes-Benz EQS 450+ | k.A. | 711,0 km | 620,0 km | -91,0 km | -12,80% |
Mercedes-Benz EQS 580 4MATIC | k.A. | 647,0 km | 596,0 km | -51,0 km | -7,88% |
BMW i4 eDrive40 | 16,9 kWh/100 km | 565,0 km | 583,6 km | 18,6 km | 3,29% |
BMW iX xDrive50 | 21,4 kWh/100 km | 591,0 km | 568,5 km | -22,5 km | -3,81% |
Tesla Model Y LR Dual Motor | 16,9 kWh/100 km | 507,0 km | 545,0 km | 38,0 km | 7,50% |
BMW i4 M50 | 19,0 kWh/100 km | 497,0 km | 521,1 km | 24,1 km | 4,85% |
Polestar 2 LR Single Motor | 17,8 kWh/100 km | 517,0 km | 520,6 km | 3,6 km | 0,70% |
Kia EV6 RWD | 16,5 kWh/100 km | 528,0 km | 500,2 km | -27,8 km | -5,27% |
Skoda Enyaq Coupe RS | 17,8 kWh/100 km | 491,0 km | 497,0 km | 6,0 km | 1,22% |
Audi e-tron Q4 40 | 18,1 kWh/100 km | 498,0 km | 460,9 km | -37,1 km | -7,45% |
Audi e-tron Q4 50 quattro | 19,3 kWh/100 km | 459,0 km | 459,6 km | 0,6 km | 0,13% |
Kia EV6 4WD | 18,0 kWh/100 km | 484,0 km | 459,2 km | -24,8 km | -5,12% |
VW ID.5 GTX | 18,7 kWh/100 km | 473,0 km | 453,0 km | -20,0 km | -4,23% |
Polestar 2 LR Dual Motor | 19,8 kWh/100 km | 477,0 km | 446,6 km | -30,4 km | -6,37% |
Hyundai Ioniq 5 RWD | 16,8 kWh/100 km | 481,0 km | 446,0 km | -35,0 km | -7,28% |
Skoda Enyaq iV80X | 18,2 kWh/100 km | 481,0 km | 446,0 km | -35,0 km | -7,28% |
NIO ES8 | 21,5 kWh/100 km | 500,0 km | 443,6 km | -56,4 km | -11,28% |
Mercedes-AMG EQE 43 4MATIC | k.A. | 518,0 km | 443,0 km | -75,0 km | -14,48% |
MG ZS Long Range | 17,8 kWh/100 km | 440,0 km | 443,0 km | 3,0 km | 0,68% |
Ford Mustang Mach-E GT | 20,0 kWh/100 km | 500,0 km | 436,6 km | -63,4 km | -12,68% |
Xpeng P7 | 19,4 kWh/100 km | 470,0 km | 436,0 km | -34,0 km | -7,23% |
VW ID.4 GTX | 18,9 kWh/100 km | 466,0 km | 428,0 km | -38,0 km | -8,15% |
Volvo C40 Recharge |
21,1 kWh/100 km | 437,0 km | 418,7 km | -18,3 km | -4,19% |
Renault Mégane E-tech | 17,1 kWh/100 km | 428,0 km | 413,0 km | -15,0 km | -3,50% |
Mercedes-Benz EQB 350 4MATIC | k.A. | 407,0 km | 411,0 km | 4,0 km | 0,98% |
BYD Tang | 21,6 kWh/100 km | 400,0 km | 407,6 km | 7,6 km | 1,90% |
Porsche Taycan 4 Cross Turismo | 25,0 kWh/100 km | 412,0 km | 403,0 km | -9,0 km | -2,18% |
BMW iX xDrive40 | 20,8 kWh/100 km | 400,0 km | 399,4 km | -0,6 km | -0,15% |
Maxus Euniq6 | 21,0 kWh/100 km | 354,0 km | 388,4 km | 34,4 km | 9,72% |
Cupra Born | 15,5 kWh/100 km | 424,0 km | 376,0 km | -48,0 km | -11,32% |
Hongqi EHS-9 | 22,0 kWh/100 km | 465,0 km | 371,0 km | -94,0 km | -20,22% |
Beim Test sehr positiv aufgefallen sind der BMW i4 eDrive40 mit 18,6 km, der BMW i4 M50 mit 24,1 km, der Maxus Euniq6 mit 34,4 km sowie angeführt durch das Tesla Model Y LR Dual Motor mit 38,0 km über der WLTP-Reichweitenangabe des Herstellers.
Die Reichweitenangaben verfehlt haben ganz klar alle getesteten Modelle von Mercedes wie der Mercedes-Benz EQS 580 4MATIC -51,0 km, der Mercedes-AMG EQE 43 4MATIC -75,0 km und der Mercedes-Benz EQS 450+ -91 km, sowie auch der Cupra Born mit -48,0 km, der NIO ES8 mit -56,4 km und der Ford Mustang Mach-E GT mit -63,4 km. Weit hinter den Erwartungen und somit als absolutes Schlusslicht positionierte sich das chinesische SUV Hongqi EHS-9. Mit einer zurückgelegten Strecke von lediglich 371 km statt den angegebenen 465 km nach WLTP entsprach dies einer Reichweiteneinbuße von 94 km.
Ladetest
Neben der Reichweite ist vor allem für die Langstrecke entscheidend, dass das Fahrzeug eine möglichst hohe Ladegeschwindigkeit aufweist, um nach einem Ladestopp wieder zügig voranzukommen. Neben dem Reichweitentest wurden beim Verdens Storste Elbiltest des NAF auch die Gleichstrom-Schnellladeeigenschaften von unter 10 % auf exakt 80 % Batterie-Ladezustand der einzelnen Testfahrzeuge erhoben.
Die maximale Ladeleistung kann als Vergleichsfaktor nicht direkt herangezogen werden, da diese von den meisten Autos nur kurze Zeit - zumeist nur am Anfang des Ladezyklus - erreicht wird. Aus diesem Grund wurde die durchschnittliche Ladegeschwindigkeit bis zu einem Ladezustand von 80 % erhoben und auf den Reichweitenzuwachs pro Stunde umgerechnet.
Fahrzeug (Marke u. Modell) |
Ladegeschwindigkeit (Reichweitenzuwachs pro Stunde) |
Kia EV6 RWD | 972 km/Stunde |
Mercedes-Benz EQB 350 4MATIC | 969 km/Stunde |
Porsche Taycan 4 Cross Turismo | 930 km/Stunde |
Hyundai Ioniq 5 RWD | 894 km/Stunde |
Kia EV6 4WD | 880 km/Stunde |
Unter den 5 Ladegeschwindigkeitssiegern befanden sich mit den beiden KIA EV6, dem Hyundai Ioniq 5 und dem Porsche Taycan vier Fahrzeuge, die auf einer modernen 800 V-Technologie basieren. Mit einem theoretischen Reichweitenzuwachs von über 970 km/Stunde hat der KIA EV6 RWD diesen Vergleichstest für sich entscheiden können, dicht gefolgt von dem Mercedes-Benz EQB 350 4MATIC mit knapp 970 km/Stunde und dem Porsche Taycan 4 Cross Turismo mit 930 km/Stunde.
Fazit
Die durchgeführten Tests im hohen Norden haben sehr interessante Ergebnisse hervorgebracht. Viele der getesteten Fahrzeuge konnten die WLTP-Reichweitenangaben sowie die versprochenen Ladezeiten der Hersteller erreichen bzw. diese sogar teilweise deutlich übertreffen. Das Feld an guten und wirklich alltags- sowie reisetauglichen Elektrofahrzeugen ist mittlerweile sehr groß und nicht mehr mit dem Angebot von vor ein paar Jahren zu vergleichen. Nichtsdestotrotz gab es bei wechselhaftem norwegischen Wetter auch Modelle, welche die WLTP-Reichweitenangaben nicht erreicht haben, was für die jeweiligen Hersteller Ansporn für Effizienzsteigerungen sowie höhere Leistungsfähigkeiten ihrer Fahrzeuge sein sollte.
Sowohl die Testsieger als auch die Schlusslichter zeigten auf, dass sich die Elektromobilität in den Vergangenen Jahren immens weiterentwickelt hat. Die Batterietechnologien und auch Ladeeigenschaften der Fahrzeuge werden immer besser. Dadurch werden die Reichweiten höher und die Ladezeiten zugleich geringer. Und das, bei mittlerweile Fahrzeugen aller Fahrzeugklassen.