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Überschussladen mit Photovoltaik

ÖAMTC-Untersuchung: Das Elektroauto mit Strom vom eigenen Dach laden – Möglichkeiten und Lösungsansätze.

Saalfelden Photovoltaikanlage Aloisia Gurtner
Saalfelden Photovoltaikanlage © Aloisia Gurtner

Mit zunehmender Verbreitung von Elektroautos stellt sich für viele Nutzerinnen und Nutzer die Frage, wie sich das Fahrzeug zu Hause am besten und günstigsten laden lässt. Kommt der Fahrstrom für das Elektroauto dann auch noch aus der eigenen Photovoltaikanlage (kurz PV), ist das Gefühl mit Sonnenstrom Auto zu fahren unbeschreiblich, denn eigenerzeugter PV-Strom ist nicht nur sauber, sondern auch besonders günstig.

Die Eigenproduktion des Fahrstroms fördert zudem den bedachten Umgang mit Energie, da das Laden von PV-Strom bei schlechtem Wetter durchaus mühsam sein kann. Umso größer die PV-Anlage, umso höher ist die Eigenproduktion und infolge auch die Energiemenge, die für das eigene Elektroauto zur Verfügung steht. Für einen optimalen Betrieb der PV-Anlage in Kombination mit dem Elektroauto sowie weiteren Verbrauchern im Haus, ist jedenfalls auch die Anwendung passender Ladestrategien unerlässlich.

Markus Kaiser, Elektromobilitätsexperte des Mobilitätsclubs

Für die optimale Nutzung des selbst produzierten PV-Stroms gibt es grundsätzlich verschiedenste Möglichkeiten und technische Lösungsansätze. Von der einfachen und recht unkomplizierten PV-Überschussladung mit Netzstromergänzung bis hin zur deutlich effizienteren reinen PV-Überschussladung mit intelligenter Steuerung.

Grundlegendes zur Photovoltaik

Elektromobilitaet_130 ADAC / Martin Hangen © ADAC / Martin Hangen

Die elektrische Leistung von Photovoltaikanlagen wird in Kilowattpeak [kWp] angegeben. Unter standardisierten Testbedingungen wird somit eine vergleichbare Leistung der Solarzellen ermittelt. Diese maximal („peak“) Werte werden in der Praxis aufgrund von unterschiedlichsten Umwelteinflüssen jedoch meistens nicht erreicht, sondern die Leistung ist von Ausrichtung und der tatsächlichen Sonneneinstrahlung abhängig. Als Beispiel bei einer bereits etwas größeren PV-Anlage mit 10 kWp könnte unter besten Umständen eine jährliche Energiemenge von 10.000 kWh erzeugt werden. In unseren Breiten und den vorliegenden Wetterbedingungen kann bei 1 kWp installierter Leistung ein Wert von 0,8 kW angenommen werden, woraus sich in Österreich ein jährlicher Stromertrag bei der genannten 10 kWp Anlage von um die 8.000 kWh ergibt.

Während der Planung einer PV-Anlage mit einer Wallbox ist einiges zu beachten. So sollte das Elektroauto möglichst in den Tageszeiten zuhause sein, wenn auch der größte PV-Überschuss erzielt werden kann. Hier spielt vor allem auch die Ausrichtung der PV-Anlage eine wichtige Rolle.

Grundlegendes zur Ladung eines Elektrofahrzeuges

Elektromobilitaet_003 ADAC / Martin Hangen © ADAC / Martin Hangen

Abhängig vom jeweiligen Elektrofahrzeug und dessen Ladeeinheit, startet der Ladevorgang in der Regel erst ab einer Mindeststromstärke von 6 Ampere. Um den selbst produzierten Sonnenstrom deshalb so gut wie möglich zu nutzen, ist ein PV-Überschuss von mindestens 1,4 kW notwendig. Die meisten modernen Elektroautos können dreiphasig Wechselstrom laden. Um den Ladevorgang an diesen Elektroautos starten zu können, müssen mindestens 3 x 1,4 kW = 4,2 kW an elektrischer Leistung vorhanden sein. Kleinere PV-Anlagen stoßen hier bereits an Ihre Grenzen. Eine reine PV-Überschussladung ohne Netzstromergänzung ist daher mit kleineren Anlagen an vielen Tagen pro Jahr nur in begrenzten Zeitfenstern möglich.

Ladelösungen

Haus mit Wallbox ohne PV-Anlage

02_Ladeschema ohne PV ADAC © ADAC

Um das eigene Elektroauto mit PV-Strom zu laden gibt es unterschiedliche Strategien. Die einfachste Art ein Elektroauto zu laden ist mittels einer Wallbox und Strom zu 100% aus dem Stromnetz. Der Haushalt wird mit einem Netzanschluss an das Niederspannungsnetz des lokalen Energieversorgers angeschlossen. Über den Stromverteiler mit Zähler gelangt der Strom in das Hausnetz. An diesem Übergabepunkt, sind sämtliche elektrischen Hausverbraucher sowie die Wallbox angeschlossen. Es besteht nur die Möglichkeit den Strom über das Niederspannungsnetz zu beziehen. Bei dieser Art das Elektroauto zu laden wird keine Intelligenz in den verbauten Komponenten wie beispielsweise der Wallbox benötigt. Wer sich bewusst mit regenerativem Strom fortbewegen möchte, kann dies nur durch die Wahl eines Ökostromtarifes realisieren.

Haus mit Wallbox und PV-Anlage

01_Ladeschema mit PV ADAC © ADAC

Bei dieser Lösung werden die die Verbräuche bzw. die Einspeisung über einen Zweirichtungs-Stromzähler gemessen. Die Hausverbraucher sind repräsentativ über die Glühbirne dargestellt. Die PV-Anlage besteht aus zwei Komponenten. Zum einen die Solarmodule am Dach, und zum anderen dem Wechselrichter, welcher den Strom ins Haus-, bzw. Stromnetz einspeist. Sofern ausreichend Strom von der PV-Anlage vorhanden ist, fließt dieser bevorzugt in die häuslichen Verbraucher und der Rest wird in das öffentliche Stromnetz eingespeist.

Bei dieser Hausausstattung ist der Ladevorgang nicht gesteuert, das Laden erfolgt also mittels Netzstromergänzung. Bei ausreichend Sonnenschein kann somit ein Teil oder sogar zeitweise die volle notwendige Ladeleistung vom eigenen PV-Strom gedeckt werden. Bei Bewölkung oder einer kleinen PV Anlage erfolgt jedoch sofort ein Ausgleich aus dem öffentlichen Netz. Vorteil dieser Strategie ist, dass die Ladezeiten des Elektroautos kürzer sind und es keine technischen Anforderungen an die Wallbox oder gar an eine komplexe Steuerung gibt.

Wer keine automatisches Energiemanagement hat und trotzdem möglichst PV-Strom laden will, kann dieses auch mittels manueller Regelung des Elektroautos optimieren. Dabei wird mittels Smartphone, am Fahrzeug oder an der Wallbox je nach Sonneneinstrahlung der Ladevorgang aktiviert oder deaktiviert, bzw. die Ladestromstärke reguliert. Bei größeren PV-Anlagen und guter Witterung kann mit dieser Variante ein beachtlicher Anteil an PV-Strom zum Laden genutzt werden. Der Vorteil bei dieser Lösung sind die geringen Investitionskosten. Nachteilig jedoch der damit verbundene höhere Steueraufwand.

Haus mit Wallbox, PV-Anlage und Energiemanagement

03_Ladeschema mit PV und Energiemanagement ADAC © ADAC

Wer sicherstellen will, dass das eigene Elektroauto nur mit eigenem Strom vom Dach geladen wird, der benötigt eine automatische Steuerung durch ein Energiemanagementsystem. Ein solches Hausenergiemanagementsystem misst jeweils den aktuell eingespeisten Strom und weiß daher, wieviel Strom von der PV-Anlage noch übrig ist und wieviel mittels einer geeigneten Wallbox in das Elektroauto geladen werden kann. Der Vorteil ist hier die deutlich effizientere Ausnutzung des eigenen PV-Stroms. Nachteilig jedoch die zusätzlichen Investitionskosten in eine intelligente Wallbox sowie ein entsprechendes Hausenergiemanagementsystem.

Haus mit Wallbox, PV-Anlage, Energiemanagement und Stromspeicher

04_Ladeschema mit PV, Energiemanagement und Stromspeicher ADAC © ADAC

Um den Strom der eigenen PV-Anlage noch effizienter ausnutzen zu können und für die Nacht bzw. Schlechtwettertage zur Verfügung zu haben, gibt es die Möglichkeit der Speicherung von PV-Strom in stationären Stromspeicher. Sofern dieser groß genug ist und entsprechende Ausgangsleistungen bereitstellen kann, kann daraus auch das Elektroauto geladen werden. Im Heimbereich eingesetzte stationäre Stromspeicher – in der Regel Lithium-Ionen-Batterien – müssten für adäquate Lademengen aber relativ groß ausgelegt werden. Dadurch wird die Investition sehr kostspielig. Zudem ist auch das Laden und Entladen eines Stromspeichers nicht verlustfrei. So arbeiten Lithium-Ionen-Speicher in der Regel mit einem Wirkungsgrad von 90 %. Das heißt, um einen 10 kWh großen Stromspeicher zu 100 % zu laden sind 11 kWh notwendig. Daher ist es aus Gründen der Effizienz besser, das Auto direkt vom Dach zu laden, ohne den Strom im stationären Stromspeicher zwischen zu speichern. In Bezug auf das Energiemanagement des Hauses ist es ratsam, den Eigenverbrauchsanteil entsprechend der Endverbraucher anzupassen bzw. zu priorisieren. So sollte das Energiemanagementsystem mit dem selbst produzierten PV-Strom zuerst die üblichen Stromverbraucher im Haushalt, bei Mehrerzeugung dann über die Wallbox das Elektrofahrzeug und erst zuallerletzt den stationären Stromspeicher aufladen. Wenn alle Stromverbraucher im Haushalt mit eigenem PV-Strom versorgt werden und auch das Elektrofahrzeug sowie der stationäre Stromspeicher voll aufgeladen sind, erst dann sollte der überschüssige Strom in das öffentliche Netzt eingespeist werden.

Ladestrategien

Unter welchen Bedingungen der selbst erzeugte PV-Strom besonders gut ins Elektroauto geladen werden kann, hängt von vielen Einflussfaktoren ab. Diese wären allen voran die Größe der PV Anlage, die Ausrichtung (Osten, Süden oder Westen) sowie der Neigungswinkels der Solarmodule, die täglichen Fahrstrecken und die möglichen Ladezeiten.

In den nachfolgenden Schaubildern sind exemplarisch drei Ladestrategien und dessen Auswirkung auf mögliche Ladezeitfenster dargestellt. Der Hausverbrauch wird der Einfachheit halber nicht dargestellt. Auf der vertikalen Achse der Schaubilder ist der momentane PV-Überschuss dargestellt, der normalerweise ins Netz eingespeist werden würde. Auf der horizontalen Achse ist die Uhrzeit aufgetragen. Die gelbe Linie zeigt den PV-Überschuss in Abhängigkeit der Uhrzeit und die in der gleichen Farbe dargestellte Fläche die PV-Energiemenge. Die grau eingefärbte Fläche ist die Menge an bezogenen Netzstrom.

Netzstromergänzung

Lastprofil mit Lademanagement - 1. Netzstromergänzung ADAC © ADAC

Als Beispiel wird hier der Ladevorgang um sieben Uhr morgens gestartet und läuft bis circa 19 Uhr. Die verwendete Wallbox ist so eingestellt, dass der PV-Stromanteil maximal ist, jedoch auch bei zu wenig Strom vom Dach das Elektroauto lädt. Das heißt in dieser Konfiguration benötigt das Elektroauto mindestens eine elektrische Leistung von 4,2 kW. Anhand der gelben Linie wird deutlich, dass morgens die PV-Leistung nur bei ca. 1 kW liegt und somit der „Rest“ mit 3,2 kW aus dem Stromnetz ausgeglichen werden muss. Ab ca. 11 Uhr ist ausreichend Strom vom Dach vorhanden, so dass ausschließlich PV-Strom verwendet werden kann. Auch steigert die Wallbox nun entsprechend der verfügbaren PV-Leistung die Ladeleistung bis auf 7 kW und reduziert diese auch wieder entsprechend. Zwischen 13 und 15 Uhr fällt die PV-Leistung unter 4,2 kW und die Differenz wird mit Netzstrom ausgeglichen. Der beschriebene Vorgang wird bis zum Abschalten der Wallbox gegen circa 19 Uhr so weitergeführt. Der Vorteil dieser Variante ist, dass der Ladevorgang ganztägig und witterungsunabhängig stattfinden kann – jedoch unter Umständen nur mit verringerter Ladeleistung oder im Zweifelsfall auch nur mit Netzstrom. Dabei wird immer der komplette produzierte Strom vom Dach geladen, was den Eigenverbrauchsanteil natürlich erhöht. Nachteilig ist der potenziell hohe Anteil an Netzstrom, welcher natürlich bezahlt werden muss.

PV-Überschussladen

Lastprofil mit Lademanagement - 2. PV-Überschussladung ADAC © ADAC

Die Wallbox startet in diesem Beispiel den Ladevorgang nur, sofern ausreichend Strom vom Dach vorhanden ist. Bei dem gezeigten Fall wird jedoch schnell klar, dass die möglichen Ladefenster während des Tages limitiert sind, da die PV-Anlage schlicht zu klein dimensioniert ist. Es kann somit nicht effektiv der vorhandene PV-Strom in das Elektroauto geladen werden und relativ viel davon geht „ungenutzt“ ins öffentliche Stromnetz. Auch wird bei schlechtem Wetter die Mindestgrenze vielleicht gar nicht überschritten. Positiv ist, wenn geladen wird, dann zu 100% sauberer Strom vom eigenen Dach.

PV-Überschussladen mit automatischer Phasenumschaltung

Lastprofil mit Lademanagement - 3. PV-Überschussladen (mit. Phasenumschaltung) ADAC © ADAC

Im letzten Beispiel werden die möglichen Ladezeitfenster unter Verwendung einer PV-Überschuss- und Phasenumschaltfunktion gezeigt. Bei geringen PV-Leistungen unter 4,2 kW schaltet die Wallbox nur eine der drei möglichen Phasen und beginnt bereits bei 1,4 kW Überschuss mit dem Laden. Dadurch kann das Elektrofahrzeug über den Tag gesehen sehr effektiv ausschließlich vom eigenen Dach geladen werden und es wird keine zusätzliche Netzenergie bezogen. Diese Ladestrategie ermöglicht einen sehr hohen Anteil an Eigenstromnutzung. Zudem sind durch die Möglichkeit einphasig zu laden die Ladezeitfenster pro Tag deutlich länger.

Verfügbare Lösungsansätze am Markt

Elektromobilitaet_052 ADAC / Martin Hangen © ADAC / Martin Hangen

Ein Elektroauto mit Sonnenstrom zu laden, ist die beste Möglichkeit CO2-neutral autozufahren und schont dabei den Geldbeutel. Wer die Möglichkeit zur Nutzung von Sonnenstrom hat, sollte dies auch machen. Jedoch ist das Marktangebot an Lösungen zum PV-Überschussladen vielfältig und etwas schwer zu durchschauen. Im Zweifelsfall empfiehlt es sich, einen kompetenten Elektriker in die Planungen mit einzubeziehen, da die realisierbaren Lösungsansätze häufig von den häuslichen Gegebenheiten abhängig sind. Die Kernkomponenten des PV-Ladens (Netzstromergänzung und Überschussladen) sind der Stromzähler (Zweirichtungszähler) im Haushalt, eine Wallbox sowie ein Energiemanagementsystem, welches die Stromflüsse überwachen und steuern kann. Das Energiemanagementsystem entscheidet, wie viel Strom in Abhängigkeit der sonstigen häuslichen Verbraucher in das Elektroauto geladen werden kann.

Die Lösungsansätze sind mannigfaltig. Einige Anbieter bieten komplette Lösungen vom Stromspeicher, Hausenergiemanagement, kompatibler Wallbox und Möglichkeiten der Nutzung von Cloud-Strom-Angeboten aus einer Hand an. Auch besteht die Möglichkeit, Lösungen individuell durch das Verwenden von kompatiblen Produkten selbst zusammen zu stellen, bzw. eine Erweiterung einer bestehenden Anlage.

ÖAMTC Empfehlungen an die Fahrzeughersteller

  • Onboard-Ladegeräte von Elektroautos sollten das Laden auch bei niedriger Stromstärken/Ladeleistung ermöglichen und dabei einen guten Wirkungsgrad erzielen
  • Mehrmaliger Start und Stopp des Ladevorgangs bei wechselhaftem Wetter darf nicht zum Ladeabbruch des Elektroautos führen
  • Wallboxen für PV-Überschussladen sollten eine automatische Phasenumschaltung beinhalten
  • Elektroautos sollen regelmäßige Umschaltvorgänge zwischen ein- und mehrphasigem Laden unterstützen

Tipps für die Verbraucherin / den Verbraucher

  • Mit einem Elektroauto lässt sich der Eigenverbrauchsanteil der eigenen PV-Anlage deutlich erhöhen
  • Die PV-Anlage so groß wie möglich entsprechend der individuellen Möglichkeiten und Gegebenheiten vor Ort auslegen
  • Mögliche Ladezeiträume bei der Planung der PV-Anlage berücksichtigen
  • Vor dem Kauf des Elektroautos informieren, ob das Auto zum PV-Überschussladen geeignet ist (minimale Ladeleistungen, etc.)
  • Beim Kauf einer Wallbox auf die Überschussladefunktion achten
  • Mit einer automatischen Phasenumschaltfunktion lässt sich das PV-Überschussladen maximieren
Ein Radfahrer mit Helm, ein E-Mopedfahrer mit Helm und ein blaues E-Auto beim Laden an einer Tankstelle. Im Hintergrund ist eine Wasserstoff Lademöglichkeit.

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