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ÖAMTC-Studie zeigt: Geschwindigkeit von Motorrädern wird vor Kreuzungen massiv unterschätzt

Fehleinschätzungen vor Kreuzungsmanövern erhöhen Unfallrisiko erheblich.

Ein Motorrad lieg nach Unfall quer auf der Straße
Unfall Motorrad © Shutterstock

Viele Verkehrsteilnehmer:innen unterschätzen die Geschwindigkeit von Fahrzeugen, die sich Kreuzungen nähern – insbesondere jene von Motorrädern. Das zeigt eine aktuelle Untersuchung des Mobilitätsclubs in Zusammenarbeit mit dem Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV).

"Das kann schnell zu gefährlichen Situationen führen, etwa wenn Fahrer:innen riskante Manöver unternehmen, weil sie Tempo und Abstand eines herannahenden Fahrzeugs falsch beurteilen", warnt ÖAMTC-Verkehrspsychologin Marion Seidenberger.

Motorräder werden als langsamer wahrgenommen

Im Rahmen der Studie wurden 78 Proband:innen mit verschiedenen Verkehrssituationen an einer simulierten Kreuzung konfrontiert. Aus ihrem eigenen Fahrzeug heraus sollten sie die Geschwindigkeit von Pkw, Lkw und Motorrädern einschätzen, die auf die Kreuzung zufahren. Die Auswertung zeigt: Besonders bei Motorrädern hatten die Testpersonen Schwierigkeiten.

ÖAMTC-Verkehrspsychologin Marion Seidenberger

"Nur etwa drei Prozent der Schätzungen bei einer Geschwindigkeit von 55 km/h waren korrekt, bei 77 km/h gab es sogar gar keine richtige Antwort. Das verdeutlicht, wie schwer es Menschen fällt, Geschwindigkeiten im Straßenverkehr akkurat zu erfassen. Gerade hohe Annäherungsgeschwindigkeiten werden oft unterschätzt – besonders bei Motorrädern. Vermutlich trägt die schmale Silhouette der Zweiräder dazu bei, dass sie optisch als weiter entfernt erscheinen – ein gefährlicher Irrtum, der fatale Folgen haben kann."

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Situative Unterschiede und Selbstüberschätzung als zusätzliche Risikofaktoren

Auffällige Unterschiede in der Selbstwahrnehmung der Proband:innen zeigten sich vor allem in konkreten Kreuzungssituationen, wie dem Linksabbiegen und Geradeausfahren. "Obwohl sich die Fahrer:innen nach eigener Aussage grundsätzlich sicher fühlten, legen die tatsächlichen Messwerte nahe, dass sie beim Geradeausfahren tendenziell risikobereiter agieren und geringere Abstände zu anderen Fahrzeugen akzeptieren", so Seidenberger.

Die Unfallstatistik unterstreicht diese Problematik: "Betrachtet man die Kreuzungsunfälle nach Fahrtrichtung, zeigt sich, dass mehr als die Hälfte (53 Prozent) beim Geradeausfahren passieren, 26 Prozent beim Linksabbiegen und 17 Prozent beim Rechtsabbiegen. An Ampelkreuzungen sind Linksabbiegeunfälle mit einem Anteil von 44 Prozent am häufigsten. Oft werden Annäherungsgeschwindigkeiten falsch eingeschätzt, was zu unkontrollierten Bremsmanövern, Auffahrunfällen oder Rotlichtüberfahrten führt", so Klaus Robatsch, Leiter des Bereichs Verkehrssicherheit im Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV).

Insgesamt ereigneten sich im Jahr 2023 rund 22 Prozent aller Unfälle mit Personenschaden an Kreuzungen in Österreich – das sind 7.735 Unfälle. Davon entfielen 23 Prozent auf Kreuzungen mit Ampelanlagen und 77 Prozent auf Kreuzungen ohne (Quelle: KFV).

Ein weiteres zentrales Ergebnis der Studie: Viele Autofahrer:innen überschätzen ihre Fähigkeit, Annäherungsgeschwindigkeiten vor Kreuzungen zuverlässig zu beurteilen. Wer sich in dieser Hinsicht als besonders kompetent einschätzte, erzielte im Test keine besseren Ergebnisse als jene, die ihre Fähigkeiten kritischer bewerteten. Verkehrsteilnehmer:innen neigen oft dazu, Risiken zu unterschätzen und die eigenen Fähigkeiten zu überschätzen – das führt leider ebenfalls oft zu gefährlichen Situationen im Straßenverkehr.

Sensibilisierung in der Ausbildung gefordert

Um die Verkehrssicherheit zu erhöhen, fordern ÖAMTC und KFV gezielte Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung.

"Wir müssen in der Führerscheinausbildung stärker auf die Wahrnehmung von Geschwindigkeiten eingehen und Autofahrer:innen für die besonderen Gefahren an Kreuzungen sensibilisieren. Konzentration und Aufmerksamkeit sind besonders im Kreuzungsbereich enorm wichtig, jegliche Ablenkung gefährdet die Sicherheit", erklärt Seidenberger abschließend. Verkehrssicherheitskampagnen und praxisorientierte Schulungen könnten helfen, kritische Fehleinschätzungen zu vermeiden und Unfälle damit zu reduzieren.

Ein ÖAMTC-Pannenhelfer, der einer Autofahrerin bei einer Panne hilft, mit einem Fahrzeug im Hintergrund.

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