Falsche Sitzposition im Pkw birgt gefährliches Risiko
Stark zurückgelehnt oder Füße am Armaturenbrett – tödliche Verletzungen bereits bei 30 km/h-Crash möglich.
Der ÖAMTC führte bereits 2012 und 2013 Konsumentenschutzprojekte durch, die zeigten, welche fatalen Auswirkungen es haben kann, wenn man ohne Gurt verunfallt oder die Beine auf dem Armaturenbrett platziert.
In den durchgeführten Crashs prallten die Dummies gegeneinander, durchschlugen den Airbag mit dem Kopf und schleuderten mit den Beinen durch den Innenraum des Fahrzeugs. Diese Projekte veranschaulichten, dass die Rückhaltesysteme (Sicherheitsgurt, Airbags) den Insassen nicht ausreichend schützen können, wenn dieser nicht in der gewohnten Position, aufrecht und nach vorne gerichtet, im Fahrzeug sitzt.
Im Zusammenhang mit selbstfahrenden Fahrzeugen werden neue Fahrzeugkonzepte vorgestellt, in denen die Sitzposition variabel gestaltet wird. Der Lenker wird zunehmend von seiner Fahraufgabe entbunden und kann sich dadurch anderen Tätigkeiten zuwenden. Diese zukünftigen Sitzpositionen reichen von einer leicht geneigten Rückenlehne bis zur Verdrehung des Sitzes um 180°.
Auch wenn vollautomatisiertes Fahren noch weit in der Zukunft liegt, ist die Automatisierung bestimmter Bereiche wie der Autobahn aus technischer Sicht bereits erfolgt (z.B. Stauassistent). In diesem Zusammenhang ist etwa eine liegende Position, um den Insassen für andere Aktivitäten mehr Raum zu geben, bereits in den nächsten Jahren denkbar und von den Automobilherstellern auch angedacht.
Schlittenversuche und Fahrzeugcrash zeigen Problematik
Der ÖAMTC untersuchte daher gemeinsam mit seinen Partnerclubs, wie sich unterschiedliche Sitzpositionen auf die Insassensicherheit und Verletzungsschwere bei Unfällen auswirken. Dafür wurden 18 Schlittenversuche und ein Fahrzeugcrash durchgeführt, bei denen die Dummys aufrechte und liegende Positionen einnahmen. Die Tests zeigen klar, dass sich eine zurückgelehnte Sitzposition oder Füße am Armaturenbrett fatal auswirken können. Schon bei einem Crash mit 30 km/h sind schwere oder sogar tödliche Verletzungen möglich.
Die Testergebnisse haben gezeigt, dass eine leichte Drehung (+/-15°) sich nicht stark negativ auf die Insassensicherheit ausüben würde. Gerade bei liegenden bzw. um 90° gedrehten Sitzpositionen bieten keine der heutigen Gurt- und Airbagsysteme ausreichenden Schutz für die Insassen. Damit die Rückhaltesysteme ihr volles Schutzpotenzial entfalten können, muss die Abstimmung zwischen Gurt, Airbags und der Sitzposition stimmen. Bei einer stark zurückgelehnten Sitzposition besteht die Gefahr des sogenannten 'Submarining': Bei einem Crash bewegt sich der Insasse aufgrund der hohen Beschleunigung nach vorne und der Beckengurt rutscht Richtung Abdomen. Das kann schwere bis tödliche Verletzungen im Bauchraum sowie an der Wirbelsäule – aufgrund darauf einwirkender hoher Kräfte – verursachen.
Ebenso verhängnisvoll sind Füße auf dem Armaturenbrett, wie sie bei längeren Fahrten, etwa in den Urlaub, öfters bei Beifahrern zu sehen sind. Der Crashtest zeigt: Bei einer frontalen Kollision wird der im Armaturenbrett verbaute Frontairbag ausgelöst und drückt die Füße des Dummys nach oben. Aufgrund der zurückgelehnten Sitzposition wird der Oberkörper stärker beschleunigt und prallt mit dem Kopf auf das eigene Knie bzw. Schienbein. Beim Zurückschleudern dreht sich der Dummy aus dem Gurt und trifft die Kopfstütze nicht mehr.
Bei einem realen Unfall würde das zu schwersten bis tödlichen Verletzungen im Kopf, in der Wirbelsäule und/oder in den Beinen führen. Auch wenn es bequem erscheinen mag, ist eine derartige Sitzposition bei allen Fahrten zu unterlassen. Hier ist auch an die Lenker zu appellieren, dass sie ihre Mitfahrenden zur Einhaltung einer korrekten Sitzposition ansprechen.
Neue Innenraumkonzepte erfordern Anpassungen der Rückhaltesysteme
Variable Sitzpositionen sieht man häufig bei futuristisch anmutenden Konzepten von automatisierten Fahrzeugen. Die neuen Innenraumgestaltungen samt Sitzkonzepten reichen von einer leicht geneigten Rückenlehne bis zur Verdrehung des Sitzes um 180 Grad, um sich mit den Mitfahrenden zu unterhalten. Sobald im Zuge der Automatisierung der Fahrzeuge neue Sitzpositionen zugelassen werden, müssen die über Jahrzehnte weiterentwickelten und bewährten Gurt- und Airbagsysteme angepasst werden.
Auch die Fahrzeugstruktur muss so gestaltet werden, dass Kollisionen der Insassen mit der A- oder B-Säule und dem Armaturenbrett verhindert werden. In der Folge müssten dann ebenso die Messmittel und Testszenarien entsprechend weiterentwickelt werden damit die aktuellen Konsumentenschutzprogramme weiterhin die Insassensicherheit überprüfen, bewerten und gewährleisten können.
Richtige Sitzposition nach wie vor Um und Auf zur Eigensicherung
Das vollautomatisierte Fahren mit gedrehten oder liegenden Sitzen liegt noch in der Zukunft. Bis dahin gilt weiterhin: Sitz und Kopfstütze richtig einstellen und auf die Körpergröße anpassen. Das bedeutet dass die Sitzlehne möglichst aufrecht sein und die Kopfstütze ein Niveau mit dem Scheitel bilden sollte. Zudem sollte das Lenkrad bequem erreichbar und die Arme dabei nicht durchgestreckt sein. Der Sicherheitsgurt muss unbedingt verwendet werden. Denn nur die Verwendung des Gurtes sowie eine korrekt eingestellte Sitzposition bieten einen optimalen Schutz im Falle eines Unfalles.