Test: Hyundai iX35 FCEV
Fahrbericht nach 100.000 Kilometer mit dem Hyundai iX35 FCEV.
© ÖAMTCBrennstoffzellen-Fahrzeug
Der Hyundai iX35 FCEV (Fuel Cell Electric Vehicle) ist ein Brennstoffzellen-Fahrzeug. Im Grunde ist dies ein Elektroauto, bei dem der Strom für den Antrieb durch die Brennstoffzelle erzeugt wird. In der Brennstoffzelle wird Wasserstoff und Sauerstoff zu elektrischer Energie und Wärme umgewandelt. Dies geschieht bei der Umkehrung der Elektrolyse.
Der große Vorteil des Brennstoffzellen-Fahrzeuges ist, dass das Fahrzeug im Fahrbetrieb keine umweltrelevanten Abgase produziert, da die einzige Emission dieser Art Fahrzeug H2O, also Wasser (Wasserdampf) ist.
Aufbau
Jede Brennstoffzelle besteht aus einer Anode (+), einer Kathode (-) und einem Elektrolyten. Als Elektrolyt verwendet man eine Membran – hergestellt aus thermoplastischem Kunststoff, genannt „Ionomer“. Diese Membran ist das Herzstück und wird häufig als PEM (Protonen-Austausch-Membran) abgekürzt.
Funktionsweise
Dieser Prozess ist eine exotherme Reaktion, wo Energie freigesetzt wird. Auf der einen Seite ist die Anode, die mit Wasserstoff angereichert wird. Auf der anderen Seite die Kathode, mit Sauerstoff aus der Umgebungsluft. Der Wasserstoff (H2) will sich mit dem Sauerstoff (O2) zu Wasser (H2O) verbinden. An der Anode wird der Wasserstoff durch einen Platinkatalysator in positive Wasserstoff-Ionen (Protonen) und negativ geladene Elektronen aufgespalten.
Der Elektrolyt (PEM) ist aber nur für positiv geladen Ionen durchlässig, die negativ geladenen Elektronen werden aufgehalten. Wodurch es an der Anode zu einem Elektronenüberschuss und an der Kathode zu einem Elektronenmangel kommt. Um es wieder auszugleichen bewegen sich die negativ geladenen Elektronen über einen externen Stromkreis zur Kathode. Bei dieser Bewegung entsteht Spannung und dadurch ein Stromfluss (Gleichstrom).
Eine Zelle allein ist sehr dünn und hat je nach Temperatur eine Nennspannung von zirka 0,5 bis 1 Volt und eine Zellenleistung von zirka 100 W. Sollten die Oberflächen der Zellplatten vergrößert werden, so kann der Strom erhöht werden.
Um die Leistung für einen Elektromotor zu erbringen, reicht eine Zelle nicht aus, daher werden mehrere Zellen in Reihenschaltung miteinander verbunden, wodurch eine höhere Spannung erzielt wird.
Wirkungsgrad
Der Wirkungsgrad einer Brennstoffzelle liegt je nach Temperatur zwischen 50 und 70%, da der Rest der Energie in Wärme umgewandelt wird. Um diese Wärme abzuleiten, wird die Brennstoffzelle gekühlt. In Verbindung mit einem Elektromotor ist der Wirkungsgrad erheblich höher als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor.
Lagerung des Wasserstoffes
Wasserstoff kann entweder gasförmig unter hohem Druck (350 bis 700 bar) oder flüssig bei -253°C gelagert werden. Um in Fahrzeugen Wasserstoff lagern zu können, muss der Tank superisoliert und doppelwandig sein, da Wasserstoff egal ob gasförmig oder flüssig eine niedrige volumenbezogene Energiedichte aufweist (ca. 1/3 von Erdgas). Die Speicherung von Wasserstoff benötigt daher einen dreimal so großen Tank bzw. Druck wie Erdgas. Zwischen den beiden Hüllen des Tanks befindet sich in einem Vakuum ein Isolationsmaterial, wodurch Abdampfverluste minimiert und der Tank kalt gehalten wird.
Tankstellen lagern Wasserstoff sowohl gasförmig als auch aber nur in seltenen Fällen flüssig.
Der Hyundai iX35 FCEV lagert den Wasserstoff gasförmig mit 700 bar in zwei unterschiedlich großen Tanks. Der kleinere Tank fasst 40L und der größere 104L.
Langzeittest ÖAMTC
Anschaffung
Der Hyundai iX35 FCEV wurde am 12.05.2015 zu einem Preis von 78.000 € vom ÖAMTC erworben. Seit diesem Zeitpunkt ist er ein Testfahrzeug in der Abteilung Technik, Test und Sicherheit. Es war das erste Brennstoffzellen-Fahrzeug im ÖAMTC Fuhrpark. Das Nachfolgermodell, der Hyundai Nexo ist seit November 2019 ebenfalls im Fuhrpark vertreten.
Tankstellen
In Österreich gibt es fünf Wasserstofftankstellen - jeweils eine in Wien, Niederösterreich, Oberösterreich, Steiermark und Tirol. Betrieben werden alle von der OMV. Die häufigsten Tankungen wurden in Wien (Shuttleworthstraße 10, 1210 Wien) und in Wr. Neudorf (IZ NÖ Süd Straße Objekt 9 4, 2351 Wiener Neudorf) durchgeführt.
Verbrauch
Laut Hersteller ist der Normverbrauch des Hyundai iX35 FCEV:
- Innerorts 0,89 kg H2/100 km
- Außerorts 0,99 kg H2/100 km
- Gesamt 0,95 kg H2/100 km
Der Durchschnittsverbrauch über die gesamte Testdauer beträgt: 1,41 kg H2/100 km und liegt somit um 0,46 kg H2/100 km oder 48% über der Werksangabe.
Bei Kilometerstand 91.261 kam es zu einem Totalausfall, das Fahrzeug musste abgeschleppt werden. Nach langer Fehlersuche in der Werkstatt wurde die 12-Volt Batterie und mehrere Steckverbindungen ausgetauscht.
Kosten
Servicekosten
Die Service Intervalle des Hyundai iX35 FCEV sind vergleichbar mit einem normalen PKW mit Verbrennungsmotor, entweder einmal jährlich oder nach 15.000 Kilometern.
Die gesamten Servicekosten im Zeitraum von 2015 bis 2020 betragen 5.034,27 €.
Tankkosten
Im Zeitraum von 2015 bis 2020 wurde das Fahrzeug 555 Mal betankt. In Summe wurden 1.418,03 kg Wasserstoff getankt. Da ein kg Wasserstoff 9€ kostet, belaufen sich die Tankkosten auf 12.744,90 €.
Sonstige Kosten
In den 5 Betriebsjahren sind die folgenden Kosten angefallen:
- Antifrostschutzmittel: 72,68 €
- Außenreinigungen: 77,43 €
- Neue Reifen + Alufelgen: 2.298,00 €
Fahrberichte der ÖAMTC-Techniker
Im Zuge des Langzeittest wurden von mehreren Nutzern des Testfahrzeuges Erfahrungsberichte erstellt welche nachstehend angeführt sind.
Techniker A
Allgemeiner Eindruck
Da der ix35 FCEV keine reine Neuentwicklung ist (Basis bildete das auf Verbrennungsmotoren ausgelegte Fahrzeug), ist keine optische Auffälligkeit gegeben. Einschränkungen der Praxistauglichkeit waren nur beim Kofferraumvolumen gegeben. Aufgrund der unter dem Kofferraumboden gelegenen Wasserstofftanks (in Summe 5,6 kg) ist der Kofferraum in der Höhe um etwa 10 cm verringert. Dies bedeutet natürlich, dass das verfügbare Volumen um einiges verringert wird. Im Normalfall ist dies jedoch unerheblich und vernachlässigbar.
Die Wertigkeit des Fahrzeuges (bspw. der Innenraummaterialien) entspricht dem der Verbrennungsmotor-Versionen und ist als solide zu bezeichnen. Die Bedienung ist – bis auf erweiterte Funktionen zum Thema Brennstoffzelle – dem des Basismodells angepasst und erfordert keine Eingewöhnung. Selbst der Automatikwählhebel entspricht dem der Basisversionen – lediglich erweitert um die Funktion L für verstärkte Rekuperation. Da diese Modellvariante bereits 2009 auf den Markt kam und der ix35 FCEV erst am Ende des Modellzyklus präsentiert wurde, sind (mit Ausnahme von ESP) keine aktiven Assistenzsysteme an Bord.
Tanken & Reichweite
Das Fahrzeug hat lt. Werksangabe einen Normverbrauch (NEFZ) von 0,95 kg. Dies ergibt eine theoretische Reichweite von 590 km. In der Praxis waren jedoch maximale Reichweiten von 450 km im Bereich des Möglichen – überwiegend wurde jedoch bereits ab 350 km versucht eine der fünf in Österreich befindlichen Tankstellen aufzusuchen.
Im Rahmen der Testfahrten wurde ausschließlich an den Tankstellen in Wien (Shuttleworthstraße) sowie in Wr. Neudorf getankt. Da die Tankstelle in Wien einen Prototyp darstellt, waren einige Tankvorgänge unvollständig, wurden abgebrochen oder es war gar nicht möglich zu tanken. Zudem ist die Druckleistung der Anlage zu gering, weshalb ein Vollauftanken des Fahrzeuges nie möglich war (zumeist 7/8 Tankfüllung mit prognostizierten Reichweiten von 420 bis 480 km). Generell gilt das dünne Tankstellennetz in Österreich als klares Problem zu deklarieren, ebenso die tlw. unzureichende Zuverlässigkeit. Gelegentlich musste ein Besuch bei einer der Tankstellen unvollendeter Dinge beendet werden, da aufgrund diverser Umstände (technischer Fehler, Stromausfall, kein H2O, etc.) kein Auftanken möglich war.
Im Zuge der ersten vier Betriebsjahre konnte zudem (subjektiv) festgestellt werden, dass die (tatsächliche als auch prognostizierte) Reichweite geringer wurde. Anfangs wurden noch über 500 km prognostiziert, gegen Ende der Testfahrten im Sommer 2019 waren i.d.R. nur mehr 380 bis 400 km angeführt. Die Betankung selbst kann als unproblematisch und selbsterklärend bezeichnet werden.
Über den Testzeitraum hinweg wurde ein Verbrauch von rd. 1,4 kg pro 100 km erzielt. Je nach Einsatzgebiet war die Schwankungsbreite sehr groß – innerstädtisch konnte der Durchschnittsverbrauch auf rd. 0,9 kg gesenkt werden. Bei hohem Autobahnanteil stieg der Verbrauch auf bis zu 1,6 kg je 100 km an.
Kosten
Hinsichtlich der Kosten muss ein dickes Minus angeführt werden. Sowohl die Anschaffung des Fahrzeuges als auch der Betrieb (Exkurs: bei einem aktuellen Preis von 90 Cent je 100g Wasserstoff ergibt das je Tankfüllung - bei theoretischem Volltanken - rd. 50 Euro an Kosten à bei lediglich bis zu 400 km Reichweite) und Servicekosten übersteigen die Betriebskosten herkömmlich angetriebener Fahrzeuge z.T. um ein Vielfaches. Hier bedarf es dringender Anpassungen um diese – durchaus zukunftsfähige Technologie – einer breiteren Masse zugänglich zu machen.
Fahreindruck
Der Antrieb erfolgt über einen 100 KW (136 PS) starken Elektromotor. Die Fahrleistungen können aber maximal als ausreichend bezeichnet werden – sportliche Fahrweise bzw. kurzfristiges Überholen benötigen ausreichenden Vorausblick. Der sonstige Eindruck ist überwiegend positiv – das Fahrwerk ist sehr komfortabel abgestimmt und ermöglicht problemlos längere Fahrten.
Längere Steigungen auf Autobahnen bringen den Antrieb an seine Grenzen. Das äußert sich v.a. durch nachlassenden Vortrieb (von bspw. 130 km/h auf rd. 100 km/h – so geschehen mehrmals auf der A21bei Hochstraß oder auf der S6 im Semmering-Gebiet). Beim Bergabfahren besteht die Möglichkeit per Getriebestufe L auf eine verstärkte Rekuperation zurück zu greifen. Allerdings – und dies stellt ein durchaus veritables Problem dar – kann dies nur bei kurzen Gefällestrecken genützt werden. Nach etwa zwei Kilometern ist der kleine Zusatzakku voll und die Rekuperation endet. Dies ist insofern ungünstig, da dadurch überhaupt keine Motorbremswirkung mehr gegeben ist und man nahezu durchgehen via Bremspedal verzögern muss. Der Umstand ist zudem sehr unbefriedigend da dadurch sehr viel speicherbare Energie verloren geht.
Fazit
Unterm Strich ist der ix35 FCEV ein durchaus praxistaugliches Auto für den Alltag – insofern man in der Nähe einer der fünf Wasserstofftankstellen in Österreich wohnt. Ein Großteil aller notwendigen Fahrten kann problemlos absolviert werden – längere Etappen bedürfen sorgsamer Planung und Vorabinformation der Verfügbarkeit der entsprechenden Tankstellen. Über den Testzeitraum hinweg kam es zu keinen Problemen am Fahrzeug – weder hinsichtlich der generellen Baubasis noch hinsichtlich des Antriebes (das bei anderen Testern durchaus nicht der Fall war). Die hin und wieder auftretenden „Kinderkrankheiten“ können jedoch damit begründet werden, dass es sich um keine reine Neuentwicklung, sondern lediglich um Abänderung eines bestehenden Fahrzeugkonzeptes gehandelt hat.
Test – Zeitraum: Sommer 2015 bis Sommer 2019
Techniker B
Allgemeiner Eindruck
Das Fahrzeug ist auf Grund der Größe und Karosserie-Form voll alltagstauglich, jedoch ist das Kofferraum-Volumen im Verhältnis zur Fahrzeuggröße eher gering. Der Kofferraum-Boden ist wegen dem Wasserstoff Tank höhergesetzt, was die Nutzbarkeit im Vergleich zur Verbrenner-Variante etwas einschränkt, vor allem auch wegen der Stufe zwischen Ladekante und Kofferraum-Boden. Das Bedienkonzept ist logisch und schlüssig, es gibt in der Bedienung keine Unterschiede zu einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor und Automatikgetriebe. Das Fahrzeug verfügt bis auf ESP über keine aktiven Fahrerassistenzsysteme – es ist auch kein Tempomat verbaut, was für ein Fahrzeug dieser Klasse einen Minuspunkt darstellt.
Tanken & Reichweite
Mit einem vollen Tank kommt man laut Anzeige im Bordcomputer rund 380 Kilometer weit. In der Praxis zeigt sich, dass diese Reichweite selbst bei vorausschauender Fahrweise und bei gemäßigtem Tempo nicht verlässlich erreicht werden kann. Der Rückgang der prognostizierten Reichweite liegt rund 10 bis 15 Prozent über den tatsächlich zurückgelegten Kilometern. Vor allem bei Autobahntempo ist der Wasserstoff-Verbrauch erheblich höher als vom Bordcomputer angegeben.
Als problematisch erweist sich das Tankstellennetz: Mit nur fünf Tankstellen in ganz Österreich muss jede Fahrt genau geplant werden. Außerdem ist die schwankende Zuverlässigkeit der Tankstellen zu bemängeln – die Tankstelle in Wien in der Shuttleworthstraße hat sich als unzuverlässig erwiesen. Aber auch die Tankstellen der neueren Bauart (Wr. Neudorf, Asten, Graz und Innsbruck) hatten schon Ausfälle zu verzeichnen. Der Tankvorgang selbst gestaltet sich völlig unproblematisch und dauert nicht länger als bei flüssigem Kraftstoff für Verbrennungsmotoren.
Fahreindruck
Der ix35 FCEV zeigt sich im Fahreindruck recht unspektakulär: Das Fahrwerk ist sehr komfortabel und wenig sportlich ausgelegt. Verglichen mit einem batterieelektrischen Fahrzeug ist der Antrieb wenig kraftvoll, aber völlig ausreichend. Bei Verwendung der Fahrstufe D erfolgt die Rekuperation mit Ladung des Puffer-Akkus nur bei leichter Betätigung der Bremse, während in der Fahrstufe L ab einer Geschwindigkeit von etwas unter 100 km/h automatisch bei Gaswegnahme rekuperiert wird. Auf einer längeren Gefällestrecke kann die Rekuperation auf Grund der geringen Akkukapazität jedoch nur kurz verwendet werden – ein Akku mit mehr Kapazität würde sich hier als vorteilhaft erweisen.
Auf längeren (Autobahn-) Steigungsstrecken zeigt sich, dass nach dem Aufbrauchen der Akku-Kapazität die Leistung der Brennstoffzelle nicht ausreicht, um das Tempo zu halten bzw. weiter zu beschleunigen.
Panne (22.09.2019)
Am 22.09.2019 kam es bei einem Kilometerstand von 91.261km zu einem Totalausfall. Während konstanter Autobahnfahrt bei Tempo 130 kam ohne Vorwarnung folgende Meldung im Bordcomputer: „Stop vehicle immediately“. Zu diesem Zeitpunkt waren alle Fahrzeugfunktionen (u.a. Servolenkung und Bremse) verfügbar, jedoch wurde keine Leistung mehr angenommen. Das Fahrzeug ist in die Pannenbucht ausgerollt und musste abgeschleppt werden, was in weiterer Folge zu einem Werkstattaufenthalt von drei Monaten geführt hat.
Fazit
Der Hyundai ix35 FCEV erweist sich als bedingt praxistauglich. Der problemlose Fahreindruck und die gute Nutzbarkeit werden durch das dünne Werkstätten- und Tankstellennetz stark getrübt. Außerdem ist das Fahrzeug (bzw. die gesamte Wasserstoff-Mobilität) auf der Kostenseite sehr unattraktiv. Neben dem hohen Anschaffungspreis liegen auch die variablen Betriebskosten stark über dem Niveau eines konventionellen Verbrenner Antriebs.
In Anbetracht dessen, dass das Fahrzeug eines der ersten am Markt erhältlichen Wasserstoff-Fahrzeuge war und es sich außerdem um keine Neu-Entwicklung, sondern um ein umgebautes Verbrenner-Fahrzeug handelt, sind während des Testzeitraums wenig Probleme bzw. Kinderkrankheiten aufgetreten.
Test – Zeitraum: September 2019 & und Mai bis Juli 2020
Ergebnisse der TU Wien Studie zu dem Fahrzeug
Ziel der Studie (https://oevk.at/publikationen/) war die Vermessung, Analyse und Bewertung der Funktionsweise, Energiebilanz/-effizienz und Reichweite des Brennstoffzellenfahrzeuges Hyundai iX35 FCEV.
Energiebilanz
Die Brennstoffzelle erzeugt elektrische Energie, die an verschiedene Verbraucher verteilt wird. Die Abbildung 4 zeigt, welcher Verbraucher wie viel Prozent der elektrischen Energie benötigt. Der ideale Zustand ist bei +20°C und +30°C Umgebungstemperatur gemessen worden, es wurde angenommen, dass dort 100% der Energie verwendet wird. Bei anderen Temperaturen wird mehr Energie benötigt.
Sollte es eine höhere Umgebungstemperatur haben, so steigt der Energiebedarf durch die Klimaanlage und durch das Innenraumgebläse (NV-/Niedervolt-Netz), obwohl weniger Energie für den Vortrieb verbraucht wird.
Wenn die Umgebungstemperatur kühler wird, so steigt der Energiebedarf für den Vortrieb (durch den erhöhten Fahrwiderstand), für den Luftkompressor und den PTC-Heizer, dafür fällt die Energie für die Klimaanlage weg. Der Energiebedarf bei einer Umgebungstemperatur von -20°C ist um 40% höher als bei einer Umgebungstemperatur von +20°C.
In der Abbildung ist ersichtlich, dass der mit Abstand größte Teil der Energie von der elektrischen Antriebsmaschine (Inverter), für den Vortrieb genutzt wird. Verbraucher, die ebenfalls viel Energie benötigen sind, elektrischer PTC-Heizer, Klimaanlage, Niedervolt-Netz (Innenraumgebläse) und Luftkompressor.
Wirkungsgrad der Brennstoffzelle
Laut den Messungen der TU Wien beläuft sich der Gesamtwirkungsgrad des Hyundai iX35 FCEV je nach Temperatur auf 30% bis 39%.
Im Vergleich dazu sind die Wirkungsgrade der anderen Motoren:
- Benzinmotor: 25%
- Dieselmotor: 30-35%
- Elektromotor: 90%
- Erdgasmotor (CNG): 30-35%
Damit der Gesamtwiderstand bestimmt werden kann, müssen mehrere Wirkungsgrade einfließen. Diese sind der Inverterwirkungsgrad (96%), der E-Maschinenwirkungsgrad (91%), der mechanische Wirkungsgrad (92%) und der Wirkungsgrad für die Klimatisierung.
In Summe ergeben sich die Wirkungsgrade laut Abbildung 5. Hierbei ist ersichtlich, dass das Fahrzeug den besten Wirkungsgrad bei einer Umgebungstemperatur von +20°C besitzt.
Reichweite
Wie bei jedem Fahrzeug hat die Umgebungstemperatur auch einen Einfluss auf die Reichweite eines Brennstoffzellenfahrzeuges. In diesem Test wurden die maximalen Reichweiten des Hyundai iX35 FCEV auf dem Rollenprüfstand, bei unterschiedlichen Umgebungstemperaturen, ermittelt.
In der Abbildung sieht man, bei welcher Temperatur die maximale Reichweite erzielt werden kann.
Wie schon bei dem Wirkungsgrad des Fahrzeuges ersichtlich, wird der ideale Zustand bei einer Umgebungstemperatur von +20°C erreicht. Die maximale Reichweite kann je nach Temperatur stark abweichen. Bei kalten Temperaturen von -20°C verringert sich die Reichweite um 30%, bei hohen Temperaturen von +40°C verringert sich die Reichweite um 15%.
Die maximale Reichweite des Fahrzeuges ist im schlimmsten Fall 297 Kilometer und im besten Fall 427 Kilometer.
Alternative Fahrweise
Auf dem Rollenprüfstand kann man auch alternative Fahrweisen simulieren.
Die TU Wien hat folgende Geschwindigkeitsprofile erstellt und den Energiebedarf verglichen. Diese Profile waren jeweils eine Stopp-and-Go Fahrt, mehrere Konstantfahrten bei Geschwindigkeiten von 30, 50, 70, 100, 130 km/h, Fahrten mit Einfluss der Fahrbahnneigung (-2% und +2%) und Fahrten nach unterschiedlichen Fahrstilen (aggressiv und ökonomisch). Die Messungen erfolgten bei einer Umgebungstemperatur von +20°C und betriebswarmen Fahrzeug, ohne aktivierte Klimatisierung.
In der Abbildung sieht man sehr gut, wie man die Reichweite des Fahrzeuges mit kleinen Änderungen erhöhen könnte. Das man diese Reichweiten im normalen Alltag nicht erreicht, ist leider selbstverständlich, da es nicht möglich ist durchgehend 50 km/h zu fahren oder eine Neigung von -2% zu haben.
Wasserstoffbedarf
Ein weiteres Ergebnis des Testberichtes der TU Wien ist der theoretische Wasserstoffbedarf des Fahrzeuges. Zu der Menge des Wasserstoffes, welche die Brennstoffzelle benötigt, kommen auch noch Spülverluste hinzu. Diese Spülverluste liegen zwischen 3 und 8%, diese Verluste werden in kaufgenommen, damit man die Brennstoffzelle Spülen beziehungsweise reinigen kann.
Der geringste Wasserstoffbedarf von 1,3 kgH2/100km wurde bei einer Umgebungstemperatur von +20°C erreicht.
Luft- und Sauerstoffbedarf
Die Brennstoffzelle benötigt neben Wasserstoff auch noch Sauerstoff, deshalb wurde auch der Sauerstoffbedarf des Fahrzeuges ermittelt. In der folgenden Abbildung 9 ist ebenfalls gut ersichtlich wie viel Energie die Brennstoffzelle bereitstellt.
Der Sauerstoffbedarf wurde wieder bei unterschiedlichen Umgebungstemperaturen festgestellt. Der minimale Sauerstoffbedarf 10,0 kg/100km wurde bei einer Umgebungstemperatur von +20°C festgestellt.
Bei einer Temperatur von -20°C erhöht sich der Sauerstoffbedarf um 43% auf 14,3 kg/100km. Sollte es zu einer Temperatur von +40°C kommen, steigt der Sauerstoffbedarf immerhin auf 12,0 kg/100km, das entspricht einer Erhöhung um 20%.
Heizen des Innenraumes
In der Abbildung ist ersichtlich wie viel Prozent der Wärmeenergie, für die Heizung des Innenraums, von dem Innenraumwärmetauscher der Brennstoffzelle bereitgestellt wird. Der Rest muss durch den PTC Heizer aus elektrischer Energie umgewandelt werden.
Fazit
Der generelle Eindruck des Hyundai iX35 FCEV ist, dass es ein taugliches Alltagsfahrzeug ist.
Die größten Probleme hatten wir anfangs nicht mit dem Fahrzeug, sondern mit den Wasserstoff- Tankstellen. Mit der Zeit wurden diese Probleme aber immer weniger. Bei dem Fahrzeug merkt man, dass es einer Kleinserie entstammt und die Technik noch nicht ganz ausgereift ist. Die Dauer der Werkstätten Aufenthalte waren aus diesem Grund immer länger als bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor.
Das Fahrgefühl des Hyundai iX35 FCEV ist sehr angenehm und vergleichbar mit einem herkömmlichen batterieelektrisch angetriebenen Fahrzeug.
Der große Vorteil des Brennstoffzellenfahrzeuges im Vergleich zu Elektrofahrzeugen liegt in der kürzeren Dauer für eine Tankfüllung, die vergleichbar mit einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor ist. Die Reichweite erscheint für den Alltag vollkommen ausreichend.
Der große Nachteil liegt derzeit jedoch am Umstand, dass es noch sehr wenige Wasserstofftankstellen (fünf in ganz Österreich) gibt und daher die Flexibilität und Autonomie in der Wahl der Routen sehr eingeschränkt ist.