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Besitzstörungsfalle

Seit einigen Jahren nehmen unverschämte Forderungen im Zusammenhang mit Besitzstörungen zu. Der Club rät Mitgliedern, was zu tun ist. 

Jährlich bearbeitet die ÖAMTC-Rechtsbe­ratung allein in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland weit über 1.000 Fälle von unerwarteten Forderungen bezüglich Besitzstörungen. Was viele nicht wissen: Eine Besitzstörung kann sehr schnell begangen werden.

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Was bedeutet „Besitzstörung“?

Es kann bereits ausreichen, auf einem im Privatbesitz befindlichen Grundstück zu wenden, sein Auto zu lange auf einem Kundenparkplatz abzustellen oder die Parkmöglichkeiten eines Restaurants zu nutzen, ohne in diesem Moment Gast zu sein. Auch eine Abkürzung über ein Tankstellengelände kann eine Besitzstörung darstellen.

Umgekehrt kann man selbst sehr schnell betroffen sein, etwa wenn auf dem gemieteten Stellplatz unberechtigt ein fremdes Auto abgestellt oder in der eigenen Hauseinfahrt wiederholt gewendet wird. Nicht immer muss dabei Privatgrund befahren werden. Hausbesitzer:innen können etwa in ihrem Besitz gestört werden, wenn jemand auf öffentlicher Straße ver­botenerweise ganz oder teilweise vor ihrer Garageneinfahrt parkt und sie diese dadurch nicht oder nur erheblich erschwert nutzen können.

Wichtig zu wissen:

Privatbesitz muss nicht unbedingt gekennzeichnet sein. Nach der Rechtsprechung genügt es, wenn eine bestimmte Fläche sich erkennbar vom übrigen Straßenraum abhebt, etwa durch einen Zaun oder eine Hecke.

Geschäftsmodell Besitzstörung

Klarerweise muss sich niemand gefallen lassen, in seinem Besitz gestört zu werden. Seit einigen Jahren gehen jedoch einzelne Unternehmen und Anwaltskanzleien in einer Häufigkeit und Art und Weise gegen vermeintliche Störer:innen vor, die klar finanzielle Interessen erkennen lassen. Dazu werden geeignete Privatgrundstücke, etwa von aufgelassenen Betrieben und Geschäften, gepachtet oder gemietet und schlecht bis gar nicht beschildert, wodurch diese in gewisser Weise zum Parken bzw. Wenden einladen.

Dabei wird der Platz intensiv mit Kameras überwacht. Befährt jemand auch nur kurz diese Fläche unberechtigt, etwa zum Umdrehen, schnappt die Falle zu: Der oder die Halter:in wird über das Kennzeichen ausgeforscht und eine Forderung von mehreren Hundert Euro flattert ins Haus, samt Androhung einer Besitzstörungsklage, falls die Zahlung samt Abgabe einer ­Unterlassungserklärung verweigert wird.

Warum nicht gleich geklagt wird? Rein mit der Besitzstörungsklage verdienen Besitzer:innen nichts, Verlierende müssen „nur“ sämtliche Gerichtsgebühren und den gegnerischen Anwalt zahlen. Hingegen wandert die außergerichtliche Zahlung direkt in die Tasche der Besitzer:innen. Diese geforderten Beträge liegen zumeist knapp unterhalb des kostengünstigsten Ausgangs ­eines Besitzstörungsverfahrens, in dem der Kläger gewinnt. Es ist die Furcht vor höheren Kosten, die Betroffene dazu verleitet, die „sichere“, weil klar kalkulierbare Lösung zu wählen, nämlich die geforderte Summe zu bezahlen.

ÖAMTC-Mitglied Herr W. musste sich so ­einer Forderung stellen.

Wie bereits bei früheren Ausflügen stellten Herr W. und seine Frau das Auto auf einem Parkplatz im Wienerwald ab, der bei Wanderfans und Hobbyastronom:innen sehr beliebt ist. Doch dieser war mittlerweile an ein privates Parkplatzunternehmen verpachtet worden.

„Es war stockfinster. Dabei haben wir die neu angebrachten unbeleuchteten Schilder mit dem Hinweis auf die Parkgebühr übersehen“, erinnert sich Herr W.

Ein Irrtum, der das Mitglied teuer zu stehen hätte kommen können: Sechs Wochen später kam Post von einer deutschen Anwaltskanzlei. Lediglich mit einer Zahlung von 395 Euro als ­außergerichtlicher Vergleich samt Abgabe einer Unterlassungserklärung könne eine Besitzstörungsklage abgewendet werden.

Doch Herr W. zahlte zunächst nicht, sondern wandte sich an die kostenlose Rechtsberatung des Clubs - ein Glück, wie sich später noch herausstellen sollte.

So reagieren Betroffene am besten

Wichtig ist in jedem Fall rasch vorzugehen und ehrlich zu prüfen, ob man überhaupt fremden Besitz gestört hat. Dabei kommt es rechtlich auf eine gewisse Mindestintensität an, also etwa ob geparkt wurde oder kurz gewendet.

Eine Besitzstörungsklage darf außerdem höchstens 30 Tage nach Kenntnis der Störung und des konkreten Störers eingebracht werden. Aber Vorsicht: Kenntnis des Störers erlangt der oder die Besitzer:in erst, sobald die Behörde den oder die Fahrzeughalter:in bekannt gibt.

Bei unverschämten Vergleichsangeboten könnte man versuchen, einen deutlich geringeren Betrag zu überweisen und eine Unterlassungserklärung für künftige Störungen mitzusenden. Im Optimalfall geben sich Besitzer:innen mit dem geringeren Betrag zufrieden. In ­einigen besonders dreisten Fällen empfehlen die Jurist:innen des Clubs sogar, überhaupt nichts zu bezahlen und eine Klage zu riskieren.

Nikolaus Authried, ÖAMTC-Jurist

"Mitglieder sollten in jedem Fall zur Einzelprüfung die ÖAMTC-Rechts­beratung nutzen."

Wie hilft der Club?

Zuallererst hilft der Club bei Einzelfällen. „Clubmitglieder sollten in jedem Fall die kostenlose ÖAMTC-Rechtsberatung nutzen, um ihre persönliche Situation beurteilen zu lassen und so ihre Chancen zu klären“, betont ÖAMTC-Jurist Nikolaus Authried. In Fällen mit einer klärungswürdigen Rechtsfrage und entsprechenden Erfolgsaussichten übernimmt der Club die potenziellen Kosten für ein Musterverfahren. Im Fall von Herrn W. etwa konnte mithilfe des ÖAMTC-Vertrauensanwalts die Klage abgewiesen und dem Mitglied hohe Kosten erspart werden.

Darüber hinaus werden laufend Ansätze geprüft, wie unseriösen Geschäftsmodellen ein Riegel vorgeschoben werden darf. Wenngleich eine Gesetzesänderung, aufgrund der berechtigten Relevanz von Besitzschutz in der Rechtsordnung weniger einfach ist, wäre eine Obergrenze für die beschriebenen Vergleichsangebote vor Klagseinbringung denkbar.

Der Club appelliert nicht zuletzt an die Richter der Bezirksgerichte, mit Augenmaß vorzugehen. Einige von ihnen weisen mittlerweile Besitzstörungsklagen ab, wenn die Intensität der Störung äußerst gering war oder keine Wiederholungsgefahr, etwa durch Abgabe einer Unterlassungserklärung, gegeben ist. Damit besteht zumindest die Chance, dass derartigen Geschäftsmodellen die Grundlage entzogen wird. Letzten Endes kann sich jedoch auch jede:r Einzelne bestmöglich davor schützen, indem fremder Besitz respektiert wird sowie etwaige Auf­lagen der Besitzer:innen eingehalten werden.

Kostenlose Rechtsberatung an den ÖAMTC-Stützpunkten

Die Club-Jurist:innen stehen mit Rat und Tat zur Seite. Termine unter Tel. 01 711 99-21530. Mehr Infos unter ÖAMTC-Rechtsberatung.