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DruckenDie Gurtpflicht (Anschnallverpflichtung) in Österreich
Vorschriften, Ausnahmen, Strafen und Schutzwirkung.

Die Vorschriften zur Gurtpflicht in Österreich
In Österreich gibt es klare gesetzliche Bestimmungen zur Gurtpflicht im Auto. Sie ist im Kraftfahrgesetz (KFG) geregelt und gilt sowohl für Erwachsene als auch für Kinder.
Welche Vorschriften gelten für Fahrzeuginsassen?
- Die Gurtpflicht (Anschnallverpflichtung) gilt für alle Fahrzeuginsassen eines Kfz, sofern ein Sitzplatz mit einem Gurt ausgestattet ist.
- Jede:r Fahrer:in und Mitfahrer:in ist für sich selbst verantwortlich, sich im Auto anzuschnallen.
- Für Kinder bis 14 Jahren muss der:die Fahrer:in dafür sorgen, dass diese angeschnallt sind.
Was gilt für die Kindersicherung im Auto?
- Kinder bis 14 Jahre, die kleiner als 1,35 Meter sind, benötigen eine dem Gewicht und der Größe des Kindes entsprechende Rückhaltevorrichtung,
- Kinder ab 1,35 Meter können einen üblichen Sicherheitsgurt benützen.
- Bei Kauf müssen die Kindersitze mindestens der ECE-Regelung Nr. 129 ("i-Size") entsprechen.
- Sonderfall: Hat das Fahrzeug keine Sicherheitsgurte (meistens historische Fahrzeuge), dürfen Kinder unter 3 Jahren überhaupt nicht mitfahren und Kinder ab 3 Jahren nicht auf den Vordersitzen befördert werden.
Alle Informationen zum richtigen Kinderrückhaltesystem, richtigen Anwendung und Ausnahmen finden Sie unter: Die richtige Kindersicherung im Auto und Alles über Kindersitze.
Gibt es Ausnahmen von der Gurtpflicht?
Ausnahmen für den Nichtgebrauch des Sicherheitsgurts gibt es
- in Verkehrssituation mit sehr geringer Gefahr wie beim Aus- und Einparken oder langsamen Rückwärtsfahren,
- wenn der Gebrauch des Sicherheitsgurts wegen Körpergröße oder schwerster körperlicher Beeinträchtigung nicht möglich ist. Für die Gurtbefreiung ist eine Bestätigung auszustellen, die mitzuführen und ggf. vorzuweisen ist.
Wie hoch sind die Strafen bei Nichtangurten?
Bei Verstoß gegen die Gurtenpflicht besteht
- Anspruch auf ein "Organmandat" in der Höhe von EUR 50,-
- Bei Nichtbezahlung kommt es zu einer Geldstrafe bis max. EUR 100,- im Verwaltungsstrafverfahren.
- Bei Verstoß gegen die Kindersicherungspflicht drohen für den:die Lenker:in eine Anzeige und Verwaltungsstrafe von 70 Euro bis zu EUR 10.000,- sowie eine Vormerkung im Führerscheinregister.
Zahlt die Versicherung, wenn man nicht angeschnallt war?
War ein Fahrzeuginsasse nicht angeschnallt, ist bei einer Verletzung bei einem Unfall mit einer Schmerzengeld-Reduktion (rund 1/4) zu rechnen.
Schutzwirkung des Sicherheitsgurts
Der Sicherheitsgurt muss korrekt angelegt werden, um im Falle eines Unfalls seine Schutzwirkung entfalten zu können.
Worauf ist beim Anlegen des Sicherheitsgurtes zu achten?
- Der Gurt muss straff anliegen, darf nicht über dem Hals oder unter der Achsel verlaufen. Der Bauchgurt sollte nicht über den Bauch oder den Oberkörper ziehen.
- Auf keinen Fall dicke Jacken unter dem Sicherheitsgurt tragen.
- Um den vollen Schutz der Rückhaltesysteme zu gewährleisten, darf die Sitzlehne nicht zu weit nach hinten geneigt sein und die Kopfstütze sollte ein Niveau mit dem Scheitel bilden.
Die richtige Sitzposition
- Augen etwa auf halber Höhe der Frontscheibe
- Vorderkante des Sitzes nicht zu weit nach oben stellen
- Sitzfläche sollte einige Zentimeter vor Kniekehle enden
- Hinten so nah wie möglich zu Rückenlehne
- Bei Durchtreten der Pedale dürfen Füße nicht durchgestreckt werden
- Abstand Oberkörper zu Lenkrad 25-30 cm
- Möglichst aufrechte Sitzposition
- Scheitel des Kopfes sollte in einer Ebene mit oberer Kante der Kopfstütze sein
Gefahr bei falscher Sitzposition
Bei einer "liegenden Lenkposition" verliert der Rücken viel Lehnenkontakt, und die Entfernung zur Kopfstütze wächst gefährlich. Bei einem Crash sind die stauchenden Belastungen auf die Wirbelsäule deutlich größer. Es besteht zudem die Gefahr des "Durchtauchens“ unter dem Beckengurt. Zudem liegt der Diagonalgurt nicht eng genug an, der Oberkörper bewegt sich bei einer Kollision ein größeres Stück ungebremst nach vorne.
Was passiert ungesichert bei einem Crash mit 30 km/h?
Selbst bei geringen Geschwindigkeiten können Unfälle zu gravierenden Verletzungen führen, falls der Sicherheitsgurt nicht angelegt ist. Ein Zusammenstoß mit nur 30 km/h ist gleichzusetzen mit einem Fall aus vier Metern Höhe.
Dies verdeutlicht, wie aussichtslos es ist, ohne Sicherheitsgurt zu versuchen, die Wucht des Aufpralls mit Armen und Beinen abzufangen. Ein nicht angeschnallter Pkw-Insasse müsste imstande sein, bei einem Aufprall mindestens das Zehnfache des Körpergewichtes mit den Armen und Beinen abzustützen - dies ist unmöglich. Daher sollte der Gurt immer - auch bei kurzen Fahrten im Ortsgebiet - angelegt werden.
Neue Gurtsysteme
Seit einigen Jahren verfügen Sicherheitsgurte über Gurtstraffer und adaptive Gurtkraftbegrenzer.
- Gurtstraffer sorgen dafür, dass im Falle eines Unfalls der Sicherheitsgurt gestrafft wird und der Insasse somit früher an der Fahrzeugverzögerung teilnimmt. Dabei wir der Gurt in wenigen Millisekunden um 10-15 cm angezogen.
- Gurtkraftbegrenzer begrenzen dagegen wiederum die maximale Kraft, welche im Zuge eines Unfalles auf die Insassen wirkt.
Mehr dazu unter " Adaptive Rückhaltesysteme können Grad der Verletzung mindern".

Sicherheitsgurt rettet Leben
Fragen & Antworten zur Gurtpflicht in Österreich
Gilt die Gurtpflicht auch für Schwangere?

Die Verpflichtung zum Anlegen des Sicherheitsgurtes gilt auch für Schwangere. Der Dreipunktgurt ist unverzichtbar und muss richtig am Körper anliegen.
- Der Beckengurt muss ganz unten um den Bauch und über die Hüftknochen gelegt und straffgezogen werden. Nicht über den Bauch spannen, weil bei einem Unfall innere Verletzungsgefahr besteht.
- Mit dem Schultergurt den Beckengurt nochmals fest nachspannen. Dann den Schultergurt oberhalb des Bauches verlaufen lassen.
- Die Sitzlehne darf nicht zu weit nach hinten geneigt sein.
Wie kann ein Antrag auf Befreiung von der Gurtpflicht gestellt werden?
Ist dies aufgrund der Körpergröße oder schwerster körperlicher Beeinträchtigung des:der Benützers:in nicht möglich, kann eine Ausnahme genehmigt werden.
Voraussetzungen
- Antrag auf Ausnahmegenehmigung von der Gurtanlegepflicht bei der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde (Bezirkshauptmannschaft), der Landespolizeidirektion, in Wien beim Verkehrsamt
- Die Feststellung der Behörde erfolgt durch ein Ermittlungsverfahren (amtsärztliche Untersuchung); die Gurtbefreiung kann auch befristet werden, wenn angenommen werden kann, dass die körperliche Beeinträchtigung nicht dauerhaft ist.
- Über diese Feststellung ist eine Bestätigung auszustellen, die mitzuführen und gegebenenfalls vorzuweisen ist.
Für nähe Informationen kontaktieren Sie uns unter ÖAMTC Behindertenberatung.
Ist der:die Fahrer:in dafür verantwortlich, dass alle Insassen angeschnallt sind?
Jede Person (Lenker:in, Beifahrer:in) ab 14 Jahren ist für ihr eigenes Verhalten bzw. Fehlverhalten in Bezug auf die Gurtpflicht verantwortlich und strafbar.
Bei Kindern, die jünger als 14 Jahre alt sind, muss der:die Fahrer:in für die korrekte Sicherung durch den Sicherheitsgurt oder geeignete Kinderrückhaltesysteme sorgen.
Der:die Fahrer:in sollte aber sichergehen, dass alle Insassen zur Sicherheit aller angeschnallt sind. Ein:e im Fond sitzende:r, nicht angegurtete:r Mitfahrer:in gefährdet im Zuge eines Unfalles nicht nur sein:ihr eigenes sondern auch das Leben des vorne Sitzenden.
Ist die Verletzung der Gurtpflicht ein Vormerkdelikt?
Falsche Kindersicherung ist ein Vormerkdelikt! Das Führerschein-Vormerksystem sieht vor, dass bei Verstößen gegen die Kindersicherungsbestimmungen neben einer Verwaltungsstrafe (Strafrahmen bis EUR 10.000,–) auch eine Vormerkung im Führerscheinregister vorgenommen wird. Bei der zweiten Vormerkung innerhalb von zwei Jahren wird der Besuch eines Kurses angeordnet, der die Wichtigkeit der richtigen Kindersicherung bewusst machen soll. Bei weiteren Verstößen kommt es sogar zur Entziehung der Lenkberechtigung.
Seit wann gibt es die Gurtpflicht in Österreich?
Die Gurtpflicht wurde in Österreich am 15. Juli 1976 eingeführt. Den größeren Meilenstein in der Erhöhung der Verkehrssicherheit brachte allerdings der 1. Juli 1984. Ab diesem Zeitpunkt wurden Verstöße mit einer Organstrafverfügung sanktioniert. Der Strafsatz für das Organmandat betrug anfangs 100 Schilling, umgerechnet ca. 7 Euro.
Die Auswirkung auf die Unfallzahlen war signifikant: Vorher kamen Jahr für Jahr rund 1.900 Menschen im Straßenverkehr ums Leben – 1985 sank diese Zahl deutlich auf rund 1.500.
Rund neun Prozent aller im Auto gesicherten Personen tragen bei einem Crash schwere bis tödliche Verletzungen davon. Bei den ungesicherten Pkw-Insass:innen ist diese Quote mit rund 30 Prozent mehr als dreimal so hoch – auch daran ist zu erkennen, wie wirksam ein Sicherheitsgurt ist (Quelle: Statistik Austria).
Gilt die Gurtpflicht in Bussen?
Für Busfahrgäste im Reiseverkehr gilt die Gurtpflicht und kann nur beim kurzfristigen Verlassen des Sitzplatzes unterbrochen werden. Fahrgäste im Linienverkehr sind von der Anschnallpflicht ausgenommen.
In Reisebussen hat der:die Lenker:in dafür zu sorgen, dass Kinder ab 3 Jahren die vorhandenen Sicherheitsgurte verwenden, fährt eine erwachsenen Begleitperson mit, geht diese Verpflichtung auf diese über.
Gilt die Gurtpflicht auch bei Taxis oder Mietwagen?
Ja, auch in Taxis und Mietwagen muss grundsätzlich der Sicherheitsgurt angelegt werden.
Taxis oder auch Mietwägen (wie z.B. Uber) sind in Österreich von der Verpflichtung zur Kindersicherung durch Rückhalteeinrichtungen ausgenommen. Der ÖAMTC empfiehlt jedoch, auch im Taxi oder Mietwagen mitfahrende Kinder altersentsprechend zu sichern. Insbesondere bei der Fahrt zum Flughafen lässt sich im Vorfeld gut abklären, ob mitreisende Kinder sicher unterwegs sein können.
Warum ist es so wichtig, keine dicke Jacke unter dem Gurt zu tragen?
Das Problem ist der nicht optimal anliegende Gurt. Dieser sollte bei Erwachsenen den Brustkorb und die Hüftknochen, bei Kindern Brustkorb und den Bereich der Oberschenkel umspannen.
Durch eine dicke Jacke liegt der Gurt beim Anschnallen oft über dem unteren Bauchraum - und dann kann schon ein Notbremsmanöver kleinere Verletzungen verursachen. Bei einem Aufprall mit relativ geringem Tempo, z. B. einem Auffahrunfall im Stadtverkehr mit unter 20 km/h, kann das untere Gurtband in den Bauch einschneiden. Das kann zu inneren Verletzungen und Blutungen führen. Hosenträgergurte in Kindersitzen sind bei dicker Kleidung oft zu locker, hier können Nackenverletzungen auftreten.
Daher: Vor dem Einsteigen ins Auto Mantel oder Jacke ausziehen oder die Winterbekleidung über den Gurt legen. Das gilt besonders für mitfahrende Kinder. Ist es sehr kalt, hilft eine vorgewärmte Decke.