Verwaltungsstrafverfahren
Ein Überblick über die Unterschiede zwischen Organstrafverfügung, Anonymverfügung, Strafverfügung, Straferkenntnis und Lenkererhebung (Lenkerauskunft).
Die verschiedenen Verfahrensebenen
Vereinfachtes Verfahren
- Organstrafverfügung
- Anonymverfügung
- Strafverfügung
Ordentliches Verwaltungsstrafverfahren
- Straferkenntnis
Lenkererhebung (Lenkerauskunft)
Vollstreckungsverfahren
Organstrafverfügung (Organmandat)
Bei geringfügigen Verkehrsdelikten (z.B. falsch geparktes Fahrzeug) kann von besonders geschulten ermächtigten Organen der öffentlichen Aufsicht eine Strafe bis € 90 an Ort und Stelle verhängt werden, wenn die Verwaltungsübertretung vom Organ dienstlich wahrgenommen wird.
Bezahlung
Das Organmandat ist entweder sofort zu zahlen (falls der Betreffende anwesend ist) oder es wird ein Zahlschein hinterlassen, der binnen 14 Tagen ab Ausstellung einzuzahlen ist.
Die Einzahlung kann
- bar bei der Post,
- mittels Überweisungsauftrag oder
- Electronic-Banking erfolgen.
Die Bezahlung mit Kreditkarte ist möglich.
Wichtig! Bei Einzahlung mittels Überweisung bzw. Electronic-Banking muss immer die Identifikationsnummer angegeben werden und der Betrag muss fristgerecht dem Konto der Behörde gutgeschrieben werden. Ohne die Identifikationsnummer kann die Zahlung nicht zugeordnet werden und das Organmandat gilt als nicht bezahlt. Es empfiehlt sich daher, den Originalbeleg zur Einzahlung zu verwenden.
Wird das Organmandat rechtzeitig und ordnungsgemäß bezahlt, ist das Verfahren damit beendet. Es erfolgt keine Eintragung in das Verwaltungsstrafregister. Es empfiehlt sich, den Einzahlungsbeleg mindestens zwölf Monate aufzuheben, um bei eventuellen Unklarheiten die Einzahlung nachweisen zu können.
Geht das Organmandat verloren, etwa weil es von Dritten entfernt oder vom Wind fortgeweht wurde, ist mit der Einleitung des normalen Verfahrens, d.h. mit einer Anzeige zu rechnen. Einsprüche wegen Verlust des Organmandats sind sinnlos.
Wird ein zu hoher Strafbetrag einbezahlt, so ist der Differenzbetrag abzüglich zwei Euro zurückzuzahlen; übersteigt der Differenzbetrag zwei Euro nicht, erfolgt keine Rückzahlung.
In der Regel kein Rechtsanspruch auf Organmandat
Der einschreitende Beamte hat das Wahlrecht, ob er ein Organmandat ausstellt oder eine Anzeige erstattet. Es gibt grundsätzlich kein Recht auf Ausstellung eines Organmandats, bis auf drei Ausnahmen:
- Nichtverwendung von Sicherheitsgurten: Organstrafe € 35,-
- Nichtverwendung von Sturzhelmen: Organstrafe € 35,-
- Nichtverwendung von Freisprecheinrichtungen beim Handy-Telefonieren: Organstrafe € 50,-
Seit Jänner 2017 besteht allerdings die Möglichkeit auch in diesen Fällen ohne Anhaltung gestraft zu werden. Seit der 28. StVO-Novelle kann Bildmaterial aus bildgebenden Überwachungsverfahren (Section Control, Radar, Abstandsmessung, Rotlichtüberwachung) auch zur Ahndung abschließend aufgezählter Fälle von Übertretungen der Verkehrsvorschriften verwendet werden:
- Telefonieren am Steuer ohne Freisprecheinrichtung,
- unerlaubte Personenbeförderung,
- Nichtanlegen des Sicherheitsgurts,
- mangelnde Kindersicherung,
- Nichttragen eines Schutzhelmes,
- Beförderung einer unzulässigen Anzahl von Personen auf einem Motorrad oder Motorfahrrad.
Das weitere Verfahren
Wird das Organmandat nicht oder nicht rechtzeitig bezahlt, so tritt es außer Kraft und es beginnt ein Verwaltungsstrafverfahren wie nach einer Anzeige, die Strafe wird höher. Bei verspäteter Einzahlung des Organmandats kann die Erstattung bzw. Anrechnung des bereits bezahlten Betrages verlangt werden.
Gegen das Organmandat gibt es kein Rechtsmittel. Wenn man der Meinung ist, dass man das vorgeworfene Delikt nicht begangen hat, so kann man es nur außer Kraft treten lassen (indem man es nicht einbezahlt). Dann beginnt ein Verwaltungsstrafverfahren, der Strafbetrag wird höher. Im Verfahren hat man die Möglichkeit einen Einspruch zu erheben bzw. zum Vorwurf Stellung zu nehmen.
Anonymverfügung
Die Behörde hat die Möglichkeit bei geringfügigen Verwaltungsübertretungen von der Ausforschung des wahren Täters abzusehen und diese mittels Anonymverfügung zu ahnden. Sie richtet sich somit gegen einen unbekannten – also anonymen – Täter.
Es gibt kein Recht darauf, vor einer Strafverfügung eine Anonymverfügung zu erhalten. Die Strafobergrenze beträgt € 365,-. Wie bei der Organstrafverfügung gilt, die Behörde hat die Möglichkeit, nicht aber die Verpflichtung, eine solche auszustellen.
Die Zustellung erfolgt an den Zulassungsbesitzer und muss nicht zu eigenen Handen erfolgen. In der Regel erfolgt die Zustellung ohne Zustellnachweis. Der Zulassungsbesitzer kann die Strafe selbst bezahlen oder dem Lenker zur Zahlung überlassen.
Bezahlung
Die Anonymverfügung ist binnen vier Wochen ab Ausstellung zu bezahlen.
Die Einzahlung kann
- bar bei der Post,
- mittels Überweisungsauftrag oder
- Electronic-Banking erfolgen.
Wichtig! Bei Einzahlung mittels Überweisung bzw. Electronic-Banking muss immer die Identifikationsnummer angegeben werden und der Betrag muss fristgerecht dem Konto der Behörde gutgeschrieben werden. Ohne die Identifikationsnummer kann die Zahlung nicht zugeordnet werden und die Anonymverfügung gilt als nicht bezahlt. Es empfiehlt sich, den Originalbeleg zur Einzahlung zu verwenden.
Mit der rechtzeitigen und ordnungsgemäßen Bezahlung wird die Anonymverfügung gegenstandslos. Es erfolgt keine Eintragung in das Verwaltungsstrafregister. Sie darf weder in amtlichen Auskünften erwähnt noch bei der Strafbemessung im Verwaltungsstrafverfahren herangezogen werden. Es empfiehlt sich, den Einzahlungsbeleg mindestens zwölf Monate aufzuheben, um bei eventuellen Unklarheiten die Einzahlung nachweisen zu können.
Wird ein zu hoher Strafbetrag einbezahlt, so ist der Differenzbetrag abzüglich zwei Euro zurückzuzahlen; übersteigt der Differenzbetrag zwei Euro nicht, erfolgt keine Rückzahlung.
Das weitere Verfahren
Wird die Anonymverfügung nicht oder nicht rechtzeitig bezahlt, so tritt sie außer Kraft und es beginnt ein Verwaltungsstrafverfahren, die Strafe wird höher. Bei verspäteter Einzahlung kann die Erstattung bzw. Anrechnung des bereits bezahlten Betrages verlangt werden.
Gegen die Anonymverfügung gibt es kein Rechtsmittel. Wenn man der Meinung ist, dass man das vorgeworfene Delikt nicht begangen hat, so kann man diese nur außer Kraft treten lassen (indem man sie nicht einbezahlt). Dann beginnt ein Verwaltungsstrafverfahren, der Strafbetrag wird höher. Im Verfahren hat man die Möglichkeit einen Einspruch zu erheben bzw. zum Vorwurf Stellung zu nehmen.
Strafverfügung
Mit der Strafverfügung geht die Behörde gegen eine Person vor, die sie für den Täter hält. Eine Geldstrafe bis zu EUR 600,- kann verhängt werden. Die Zustellung muss seit 1.7.2013 nicht mehr zu eigenen Handen erfolgen.
Einspruch
Gegen eine Strafverfügung kann Einspruch erhoben werden. Vor Erhebung des Einspruchs rechtzeitig mit der ÖAMTC-Rechtsabteilung Kontakt aufnehmen, um sich über die Erfolgsaussichten zu informieren.
Der Einspruch kann nur binnen 2 Wochen ab Zustellung (bzw. ab Hinterlegung) erhoben werden und ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat. Vorsicht! Auch durch eine Hinterlegung beginnt i.d.R. die Rechtsmittelfrist zu laufen! Das Datum der Behebung ist unerheblich.
Wird rechtzeitig Einspruch erhoben, tritt die Strafverfügung außer Kraft, wenn der Einspruch nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird. Die Behörde hat sodann das ordentliche Verfahren einzuleiten und das bisher unterbliebene Ermittlungsverfahren durchzuführen. Die Entscheidung ergeht in Form eines Straferkenntnis. War der Einspruch nicht erfolgreich, so wird die Strafe zwar nicht höher, es kommen aber Verwaltungsgebühren in Höhe von 10 % der verhängten Strafe (mindestens jedoch EUR 10,-) hinzu.
Straferkenntnis
Das Straferkenntnis ergeht nach Durchführung eines ordentlichen Verwaltungsstrafverfahrens bzw. nachdem gegen eine Strafverfügung Einspruch erhoben wurde.
Beschwerde
Als Rechtsmittel ist die Beschwerde bei dem Landesverwaltungsgericht möglich. Sie muss bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, eingebracht werden.
Sollte man mit der Beschwerde nicht erfolgreich sein, so wird die Strafe zwar nicht höher, es kommen aber weitere Verwaltungsgebühren in Höhe von 20 % der verhängten Strafe (mindestens jedoch EUR 10,-) hinzu.
Beschwerde kann nur innerhalb von 4 Wochen ab Zustellung bzw. mündlicher Verkündung des Bescheides eingebracht werden. Vorsicht! Auch durch eine Hinterlegung beginnt i.d.R. die Rechtsmittelfrist zu laufen! Das Datum der Behebung ist unerheblich.
Erfolgsaussichten prüfen
Bevor Sie Beschwerde erheben, nehmen Sie rechtzeitig mit der ÖAMTC-Rechtsabteilung Kontakt auf, um sich über die Erfolgsaussichten zu informieren. Zur entsprechenden Prüfung ist der gesamte Akt vorzulegen.
Für Fragen betreffend Zustellung trotz Ortsabwesenheit steht die ÖAMTC-Rechtsabteilung zur Verfügung. Vor längeren Reisen beim Postamt kostenlos abwesend melden. In diesem Fall schickt die Post den Brief gleich wieder an die Behörde zurück und regt einen späteren Zustelltermin an.
Lenkererhebung (Lenkerauskunft)
§ 103 Abs 2 KFG – Pflicht des Zulassungsbesitzers
Wenn der Lenker bei einem Verkehrsdelikt nicht angehalten werden kann oder nicht beim Fahrzeug ist (z.B. Parkvergehen), ist der Polizei lediglich das Fahrzeugkennzeichen bekannt. Aufgrund des Kennzeichens kann nur der Zulassungsbesitzer ermittelt werden, bestraft wird aber meist der Lenker, der nicht immer auch Zulassungsbesitzer sein muss.
Deshalb fragt die Behörde (meist schriftlich) den Zulassungsbesitzer, wer das Fahrzeug im fraglichen Zeitpunkt gelenkt bzw. abgestellt hat.
Bei schriftlichen Anfragen muss die Auskunft unbedingt binnen 14 Tagen gegeben werden, telefonische Fragen sind sofort zu beantworten.
Pflicht des Zulassungsbesitzers
Der Zulassungsbesitzer muss daher immer wissen, wer sein Fahrzeug gelenkt hat! Nötigenfalls muss er darüber Aufzeichnungen (Fahrtenbuch) führen.
Der Behörde den Namen und die (genaue) Adresse des Lenkers oder der Person, die über den Lenker Auskunft erteilen kann, genau angeben!
Unbedingt sind Formulierungen zu vermeiden wie z.B.
- "Ich kann mich nicht erinnern, wer gefahren ist"
- "vermutlich (wahrscheinlich, ich glaube) Herr X" oder
- "gelenkt hat der Herr X oder Herr Y"
Derartige Angaben werden als Nichterteilung der Auskunft gewertet!
Die Angabe des Lenkers stellt kein Schuldeingeständnis für irgendein Delikt dar! Über die Frage des Verschuldens entscheidet erst das anschließende Verwaltungsstrafverfahren. Die Lenkerauskunft kann also gefahrlos gegeben werden.
Strafen und Folgen
Wer die Antwort nicht binnen 14 Tagen (bei telefonischen Anfragen sofort) erteilt, wird zusätzlich wegen Nichterteilung der Lenkerauskunft bestraft. Diese zusätzliche Bestrafung fällt meist höher aus, als jene für das ursprüngliche Delikt; die Strafobergrenze liegt bei EUR 10.000,- (die Strafen liegen i.d.R. zwischen EUR 72,- und EUR 218,-).
Vollstreckungsverfahren
Wird eine Geldstrafe nicht rechtzeitig, d.h. zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft, bezahlt, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Eine Mahnung hat nicht zu erfolgen, wenn mit Grund anzunehmen ist, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Strafe uneinbringlich ist; in diesem Fall ist sofort zu vollstrecken. Im Fall einer Mahnung ist ein pauschalierter Kostenbeitrag in der Höhe von fünf Euro zu entrichten.
Kostenlose ÖAMTC-Rechtsberatung hilft
Die ÖAMTC-Rechtsberatung des jeweiligen Bundeslandes steht im Einzelfall gerne zur Verfügung, um Auskünfte über die Angemessenheit einer durch Anonymverfügung oder Strafverfügung (bzw. Straferkenntnis) ausgesprochenen Strafe zu geben und Empfehlungen über das weitere Verhalten im allenfalls eingeleiteten Verwaltungsstraf- oder Führerscheinentziehungsverfahren zu geben.
ÖAMTC-Rechtsberatung - so hilft der Club
Häufige Fragen & Antworten
Frist versäumt?
Versäumen einer Frist
Wird infolge längerer Ortsabwesenheit, z.B. weil man auf Urlaub war, eine Frist versäumt oder ist diese schon sehr verkürzt, ist es ratsam, die ÖAMTC-Rechtsberatung zu kontaktieren. Die Club-Juristen geben Auskunft darüber, wie man im speziellen Fall richtig reagiert und unter welchen Voraussetzungen ein Antrag auf "Wiedereinsetzung wegen Fristversäumnis" möglich ist.
Tipp der Club-Experten: Belege wie Hotelrechnungen und Flugtickets für ein mögliches Wiedereinsetzungsverfahren aufheben. Die bloße Behauptung, dass man unterwegs gewesen ist, reicht nur bei ganz besonders verständnisvollen Behörden aus, um eine Fristverlängerung zu erreichen.
Was ist das Führerschein-Vormerksystem?
Für 13 Verkehrsdelikte erhält man in Österreich eine Vormerkung im Führerscheinregister als Vorstufe für einen Führerschein-Entzug. Bei der ersten Übertretung gibt es eine Vormerkung im Register. Nach dem zweiten Delikt aus demselben "Pool" ist eine Maßnahme zu absolvieren, etwa ein Verhaltenstraining. Wenn innerhalb von zwei Jahren ein drittes Delikt gesetzt wird, wandert der Führerschein für mindestens drei Monate zur Behörde.
Haben Bestrafungen aus dem Vormerksystem Einfluss auf "konventionelle" Verkehrsstrafen?
Jede Entziehung der Lenkberechtigung (auch aufgrund des Vormerksystems) verlängert die Dauer später verhängter Entziehungen! Jede Vormerkung aus dem Katalog der Vormerkdelikte verlängert eine "konventionelle" Entziehung um zwei Wochen!