Zwei Personen stehen neben zwei Cabrios, der eine neben einem modernen, der andere neben einem alten. Im Hintergrund ist eine Stadt zu sehen.
© sebastianweissinger.at
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Juli 2024

Generationenkonflikt

Der eine ist jung und dynamisch, der andere war es einmal. Die Redakteure Barcelli (Bj. 1997) und Stich (Bj. 1973) fechten mit zwei Mazda MX-5 den Generationenkonflikt aus.

Fun Fact: Exakt neun Monate bevor die Mauer am 9. November 1989 in Berlin fiel, fiel am 9. Februar desselben Jahres ein Vorhang in Chicago – und enthüllte dabei einen unter vier Meter langen Roadster mit mechanischem Stoffverdeck und sympathischem G’schau inklusive Klappscheinwerfern. Es war die Geburtsstunde des Mazda MX-5 (Typ NA), der in Amerika als "Miata" vermarktet wird.

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Zeitsprung in die Gegenwart: Der MX-5 ist mittlerweile in seiner vierten Generation angekommen (Typ ND), mehr als 1,25 Millionen Exemplare wurden produziert. Zum 35-jährigen Jubiläum, das der Roadster 2024 feiert, geht auto touring der Frage nach, was sich in den letzten dreieinhalb Dekaden so getan hat – abgesehen von der Wiedervereinigung Deutschlands. Was trennt die Generationen voneinander, was verbindet sie miteinander? Und klar: Über die Autos wollen wir auch ein bisserl schreiben…

Unterschied #1: Das Aufmachen

So, jetzt aber Schmäh beiseite (beziehungsweise "jokes aside", wie einer der beiden Redakteure sagen würde) und hinein in die Autos. Schon da tut sich ein erster Unterschied auf. Während nämlich der neue MX-5 Keyless Go hat, gibt es beim alten nicht einmal eine Zentralverriegelung (Unterschied #1). Hat man also einen Passagier an Bord, muss entweder von innen oder mit dem Schlüssel von außen aufgeschlossen werden. Vorteil: Man wird ganz automatisch zum Gentleman, weil man die Beifahrertür zwangsweise aufsperren muss – und dann ist der Weg zum Aufhalten ja wirklich nicht mehr weit.

Interessant: Während der eine Redakteur (Typ NA) den Komfort des modernen Autos schätzt, gefällt dem anderen (Typ ND) das Ritual, das mit dem Fehlen von Zentralverriegelung und Startknopf einhergeht. Schlüssel rein, aufsperren, Schlüssel rein, Motor starten – man nimmt den Reisebeginn irgendwie bewusster wahr.

Ein Zündschlüssel steckt im Zündschloss eines Autos, daneben befindet sich ein Zigarettenanzünder. © sebastianweissinger.at
"Wo drück ich da jetzt drauf, um den Motor zu starten? Und was macht die Taste da rechts eigentlich?"

Unterschied #2: Die Muskelmasse

Apropos Reisebeginn: Wir fahren los. Was sich gleich beim Ausparken bemerkbar macht: Wer den alten Mazda MX-5 fährt, hat besser etwas Kraft in den Armen. Das beginnt bei der Servolenkung, die es nämlich nicht gibt, und endet bei den elektrischen Fensterhebern, die es nämlich auch nicht gibt. Im NA wird gekurbelt. Und für noch etwas braucht man ordentlich Muskelmasse: Zwar ist der einfache mechanische Verdeckmechanismus etwas, das sich die letzten 35 Jahre über stets gehalten hat (Gemeinsamkeit #1), verändert hat sich allerdings der Kraftaufwand, um das Dach zu öffnen und zu schließen. Mit dem kleinen Finger, wie das beim ND funktioniert, kommt man im NA nicht sehr weit.

Gemeinsamkeit #2: Das Fahrverhalten

Ist der Mazda MX-5 der ersten Generation aber in Bewegung, besticht die Zahnstangenlenkung durch Präzision und vor allem richtig viel Feedback. Präzision und Feedback der Lenkung vermissen wir aber genauso wenig beim neuen Mazda MX-5. Und auch sonst ist das Fahrverhalten sehr ähnlich. Kein Wunder, haben sich doch die Zutaten, die den MX-5 ausmachen, kaum geändert: eine Fahrzeuglänge von unter vier Metern, ein Gewicht von rund einer Tonne und eine ultra-knackige Handschaltung.

Auch beim Motor hat sich für 35 Jahre eigentlich wenig getan. Werkelt im MX-5 der ersten Generation ein 1,6 Liter großer Sauger mit vier Zylindern und 115 PS/135Nm, sind es beim aktuellen wahlweise ein 1,5-Liter-Motor mit 132 PS/152 Nm oder ein zwei Liter großer Vierzylinder mit 184 PS/205 Nm. Letzterer wird allerdings mit Ende des Jahres in Europa aus dem Programm genommen.

Ergibt in Summe da wie dort ein herrliches Fahrverhalten. Der Mazda MX-5 tänzelt leichtfüßig um Kurven, dreht willig hoch, die Bremsen verzögern ordentlich, aber ohne bissig zu sein, wenn man das Pedal nur schief anschaut. Nein, Bäume hat man mit dem MX-5 nie ausgerissen, der NA sprintet laut Datenblatt in 8,8 Sekunden von 0 auf 100 km/h, der ND braucht je nach Motorisierung und Dach (es gibt ihn auch als RF genannten Targa) 6,5 bis 8,6 Sekunden. Auf der Nordschleife des Nürburgrings, wo Hersteller ihre Sportwagen für den Kampf um die schnellste Runde von der Leine lassen, wird man also keine medienwirksame Fabelzeit in den Asphalt brennen. Aber man wird beim Versuch dabei verdammt viel Freude haben. Ein Verbrauch von 6,3 bis 6,7 Liter auf 100 Kilometer laut WLTP ist für diesen Fahrspaß ein fairer Deal.

Gemeinsamkeit #3: Der Preis

Apropos fairer Deal: Der aktuelle Mazda MX-5 startet bei 34.250 Euro. Die getestete Kazari-Sonderedition, die durch LED-Matrix-Scheinwerfer, ein Soundsystem von Bose und vor allem die beigen Nappa-Ledersitzen und das Verdeck besticht, startet bei 39.350 Euro. Womit wir bei Gemeinsamkeit #3 sind, denn der Mazda MX-5 startete bei seiner Einführung in Österreich bei 270.000 Schilling. Laut des inflationsbereinigenden Währungsrechners der Österreichischen Nationalbank sind das heute 43.008,30 Euro.

Ein altes, rotes Cabrio und ein modernes, graues Cabrio stehen auf einem Parkplatz, im Hintergrund ist eine Stadt zu sehen. © sebastianweissinger.at

Unterschied #3: Digitales und Komfortables

Zeit für einen Boxenstopp. Wir parken ein – und widmen uns einem der augenscheinlichsten Unterschiede. Rund ein Monat, nachdem der Mazda MX-5 NA 1989 vorgestellt wurde, präsentierte der Forscher Tim Berners-Lee seinem Chef am Kernforschungszentrum CERN in der Schweiz eine Idee: ein System, um den Datenaustausch zwischen Forschenden zu vereinfachen. Es ist der Beginn des World Wide Webs. 35 Jahre später tanzen Teenager auf TikTok, statt im Brockhaus nachzublättern fragt man die künstliche Intelligenz, auto touring hat einen Instagram-Kanal – und auf der Mittelkonsole des Mazda MX-5 thront ein serienmäßiger 8,8-Zoll-Touchscreen.

Der kann freilich mit dem Smartphone gekoppelt werden. Die Rückfahrkamera bietet eine Auflösung, die jede aufwendig produzierte TV-Sendung aus den späten 80ern in den Schatten gestellt hätte. Wenngleich der ND für ein modernes Auto angenehm analog ist: Um so triviale Dinge wie Sitzheizung, Klimaautomatik oder Radio-Lautstärke zu bedienen, muss weder getoucht werden noch muss man sich in das Untermenü eines Untermenüs vorkämpfen. Kurzum: Der aktuelle Mazda MX-5 kann digital alles, was man braucht, verzichtet aber auf die ganz große Cybershow. Und der alte? Wirkt trotz der vielen Tasten ebenfalls sehr aufgeräumt.

Fazit: Mehr Verbindendes als Trennendes

Bei unserer Suche nach der Antwort auf die Frage, was sich in den letzten 35 Jahren beim Mazda MX-5 getan hat, haben wir unterm Strich mehr Verbindendes als Trennendes gefunden. Klar hielt die Digitalisierung Einzug, natürlich gibt es moderne Assistenzsysteme und Fahrsicherheit-Features wie ABS und ESP und eine Servolenkung möchte man heute nicht mehr missen.

Doch im Wesentlichen ist im Laufe der letzten 35 Jahre Grundlegendes gleich geblieben. In wenigen Worten: nicht allzu stark, nicht allzu teuer, leichtfüßig, knackig, unkompliziert. Und das gilt auch für den MX-5.

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