Vier Autos nebeneinander an der Meeresküste
© Erich Reismann
© Erich Reismann
Oktober 2024

Wien – Jesolo – Wien

1.200 Kilometer: Wir vergleichen Diesel, Benzin, Vollhybrid und Elektro auf der Langstrecke. Im Fokus haben wir Reichweite, Verbrauch sowie Fahr- und Ladezeit. 

Die Meinungen sind fest in unseren Hirnen verankert. Erstens: Für die lange Urlaubsfahrt ist ein Diesel ideal. Durch den geringen Verbrauch und die hohe Reichweite eignet sich der Selbstzünder für die Langstrecke optimal. Zweitens: Ein Benziner ist prinzipiell in der Anschaffung günstiger, er braucht aber viel mehr Kraftstoff und muss viel früher an die Tankstelle.

Drittens: Ein E-Auto hat eine viel zu geringe Reichweite und verbringt die ­Hälfte der Zeit an der Ladesäule, sofern überhaupt genügend vorhanden sind und das Laden funktioniert.

Stimmt das alles oder sind es mittlerweile veraltete Vorurteile? Wir wollten es genau wissen und haben uns auf den Weg gemacht – auf eine simulierte Urlaubsfahrt in die Destination unserer Jugend: Jesolo! Und zwar mit einem BMW 320d mit modernem Selbstzünder, einem VW Passat Kombi mit top-aktuellem Benzinmotor, dem elektrischen Tesla Model 3 sowie einem vollhybriden Renault Symbioz.

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Das Video zur Vergleichsfahrt

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Fließend Strom

Von der Mobilitätszentrale des ÖAMTC in Wien Erdberg starten wir in Richtung Süden. Von Anfang klar: Die Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor benötigen keinen Tankstopp, um das Ziel zu erreichen. Anders beim vollelektrischen ­Tesla: Bei der Zieleingabe ins Navi schlägt die Routenplanung blitzschnell einen Ladestopp in Villach vor, zeigt an, mit welchem Akkuladestand die Ladesäule erreicht wird und wie lange das Nachladen dauern wird, um das Ziel in Jesolo zu erreichen.

Hier ist Tesla ­sicherlich ein Maßstab, den viele andere Hersteller erst erreichen müssen. Das betrifft auch den Ladevorgang an den Tesla-eigenen Superchargern selbst: An die Ladesäule fahren, Kabel anstecken, der Strom beginnt zu fließen. Authentifizierung mit Karte oder App – nicht notwendig. 42 Minuten an der Säule reichen aus, um das Hotel in Jesolo mit ­einem Akkustand von 30 % und einer Restreichweite von 148 km zu erreichen.

Dort wird an der hoteleigenen Wallbox über Nacht wieder vollgeladen. Für ­E-Auto-Besitzer ist diese Möglichkeit natürlich eines der Hauptkriterien bei der Auswahl der Urlaubsunterkunft.

Ein schwarzer BMW steht in einem Park 1
Ein Mann in gelber Jacke betankt ein schwarzes Auto 2
Ein schwarzer Kombi fährt auf einen Kreisverkehr zu 3

1 Der BMW 320d ist ein klassisches Langstreckenauto: niedriger Verbrauch und hohe Reichweite. © Erich Reismann

2 An die Zapfsäule muss er wegen der Größe seines Tanks dennoch einmal. © Helmut Eckler

3 In Jesolo kommt man dank BMW-typischem Komfort ausgeruht an. © Helmut Eckler

Laden, tanken, durchfahren?

Bei der Rückfahrt zeichnet sich bei den Verbrennern eine Überraschung ab: Zwar weist der Diesel-BMW in absoluten Zahlen den geringsten Verbrauch (5,2 l/100 km) auf, aber aufgrund des kleineren Tanks tankt der Fahrer 20 Liter Diesel nach, um wieder den Ausgangspunkt zu erreichen.

Anders beim VW Passat: Der bemerkenswert gute Verbrauch für einen Benziner bei Autobahn-Tempo (5,7 l/100 km) und der große Tank (70 Liter) reichen aus, um das Ziel ohne Zwischentanken zu erreichen.

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Der VW Passat zeigt: Ein moderner Benziner kann heute in vielen Belangen mit einem Diesel mithalten.

Christian Stich, Redakteur

Nachgefüllt

Anders beim Renault: Der Vollhybrid weist zwar auch einen durchaus respektablen Verbrauch auf (6,0 l/100 km), aber mit nur 48 Litern Tankinhalt ist ­natürlich ein Tankstopp notwendig. Wir füllen 30 Liter Benzin nach.

Ein blaues SUV steht in einem Park 1
Eine Frau betankt ein blaues SUV 2
Ein blaues SUV fährt auf einem Kreisverkehr, im Hintergrund steht in großen Buchstaben "Jesolo" 3

1 Der Renault Symbioz kann seine Stärken als Vollhybrid auf der Langstrecke nicht ausspielen. © Erich Reismann

2 Wegen des nur 48 Liter großen Tanks muss der Franzose auf jeden Fall einmal an die Zapfsäule. © Christian Stich

3 An den Stecker muss der Symbioz in Jesolo nicht. Denn als Vollhybrid hat er gar keinen und wird nur während der Fahrt geladen. © Christian Stich

Angezapft

Das Navi des Tesla schlägt wieder ­einen Ladestopp vor, und zwar bei Völkermarkt Ost. Und so wie hier wünscht sich der E-Auto-Mobilist alle Lademöglichkeiten an der Autobahn: 16 Schnellladesäulen in Reih und Glied sowie unmittelbar daneben ein Restaurant. Ankunft mit 25 % Akku, nach 33 Minuten wieder auf 84 % – das reicht, um am Ziel mit einer Restreichweite von 100 km anzukommen.

RAUECKER_CMS.jpg Erich Reismann

Elektrisch auf die Langstrecke – mit guter Routenplanung und Ladeinfrastruktur absolut kein Problem.

Günter Rauecker, Redakteur

Ruhezeit

Bei solchen Möglichkeiten lässt sich das Aufladen eines E-Autos mit den (auch bei den Verbrennern unbedingt notwendigen) Erholungspausen verbinden. Damit relativiert sich der Unterschied zwischen den Fahrzeugen mit E-Antrieb und konventionellen Antrieben. Die 1:15 Stunden, die der Tesla auf der Teststrecke zum Laden gebraucht hat, entsprechen zumindest der Pausenzeit, die man auch mit herkömmlichen Fahrzeugen einlegen sollte.

Das Fazit

Der Leitsatz, dass ein Diesel (wie im BMW 320d) für lange Stecken bezüglich Reichweite und Verbrauch der einzig wahre Antrieb ist, gilt nicht mehr. Ein moderner Benzinmotor wie im VW Passat ist beim Verbrauch auf Augenhöhe, obwohl der BMW auf unserer „Urlaubsfahrt“ unter seinem Normverbrauch blieb. Beim CO2-Ausstoß liegt der VW sogar unter dem BMW. Ein Liter Diesel verursacht eben mehr CO2 als ein Liter Benzin.

Der Renault Symbioz weist die höchste Abweichung zwischen WLTP-Norm und Autobahnverbrauch auf, aber das liegt in der Natur eines Vollhybrids. Der spielt seines Stärken vor allem im Stadtverkehr aus.

Der Tesla musste insgesamt 1:15 Stunden aufgeladen werden (nicht eingerechnet die Ladezeit über Nacht im Hotel). Aber da man auf so langen Strecken mit allen Fahrzeug-Typen Pausen einlegen muss, relativiert sich dieser Zeitverlust komplett. Voraussetzung ist eine ausreichende Ladeinfrastruktur, um Wartezeiten an der Ladesäule zu vermeiden.

Bemerkenswert: Zwischen Minimum und Maximum der Kraftstoff- bzw. Stromkosten liegen nur 20 Euro. Fährt man zum Zwischentanken (auch bei 20 bzw. 30 Liter) von der Autobahn ab, gibt es noch Einsparungspotenzial.

Vier Autos nebeneinander an der Meeresküste
© Erich Reismann

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