— Hat Ihr einjähriger Südamerika-Trip vor 35 Jahren Ihr Leben verändert? Und wie war es vor vier Jahren bei Ihrer zweiten Reise?
Alleine reisen bringt Farbe ins Leben und erweitert den Horizont. Das kann ich nur jedem empfehlen – ob jung oder alt.
Gitti Müller, Reisebloggerin
Gitti Müller: Die erste Reise hat mich total geprägt. Rückblickend gesehen war es die beste Schule. Eine Reise ist besser als jede Uni, jede Ausbildung. Man lernt flexibel und tolerant zu sein. Ich habe sehr viel über mich selbst erfahren, das hat mich in meiner Persönlichkeitsentwicklung weitergebracht. Ich bin damals mit 23 Jahren ein Jahr durch Südamerika gereist, das hat mir sehr viel Selbstvertrauen gegeben. Ich habe danach meinen Beruf aufgegeben, die Abendmatura gemacht und begonnen zu studieren – sogar im Ausland. Das alles hätte ich mich sonst nie getraut. Meine Eltern meinten damals, eine Frau braucht keine Matura.
Und heute ist das Reisen das beste Anti-Aging-Mittel (lacht). Moderne Untersuchungen zeigen, dass das alternde Gehirn jung bleibt, wenn es Anregungen bekommt. Deswegen ist auch studieren im Alter gut. Oder eben reisen, da arbeitet auch das Gehirn. Es ist nie zu spät, seine Träume zu verwirklichen. In meinen Buch findet man auch Tipps fürs Reisen, aber es soll auch Mut machen, eingefahrene Wege zu verlassen und jenseits der Komfortzone den Horizont zu erweitern.
— Warum ist es wichtig, die Komfortzone zu verlassen?
Gitti Müller: Weil man einerseits ganz neue Erfahrungen macht, die man sonst nie machen würde. Und andererseits ist es wichtig, sich seinen Ängsten zu stellen. Jeder Mensch hat Ängste, meistens vor Dingen, die man nicht kennt. Das ist völlig in Ordnung. Ich finde es nur nicht gut, sich dem auszuliefern. Oder dass man Situationen meidet, weil man Angst hat. Das schränkt einen ja total ein, wenn man sich immer nach seinen Ängsten richtet.
Mir ist aufgefallen, dass im Nachhinein gesehen meine Bedenken meist völlig unbegründet waren. Das gibt einem unheimlich viel Vertrauen und Lebensmut. Oft werden einem Ängste von seinem Umfeld auch eingetrichtert. Wie etwa die Angst, dass man bestohlen wird. Die Angst, alleine im Dunkeln über die Straße zu gehen, oder die Angst, dass man überfallen wird.
— Und? Sind Sie in all den Jahren auf all den vielen Reisen schon einmal überfallen worden?
Gitti Müller: Auf meiner ersten langen Reise bin ich am Strand in Lima eingeschlafen und meine Kleidung und zehn US-Dollar waren weg. Ich musste dann in der Badekleidung zurück durch die Stadt zur Unterkunft, konnte mir kein Wasser kaufen. Heute kann ich darüber lachen, damals fand ich es natürlich schrecklich. Sonst ist aber nie etwas passiert, obwohl ich heute sogar mit meinem teuren Fotoequipment unterwegs bin. Generell halte ich mich natürlich an gewisse Regeln. Wenn ich an einem neuen Ort ankomme, frage ich in der Unterkunft nach, ob ich nachts alleine auf die Straße kann, wenn ja, wie lange und so weiter.
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