Lässig im braunen Ledermantel, einem Second-Hand-Damenmodell, betritt Michael Ostrowski das Café Makom in Wien. Und sofort ist klar: Der lässt sich in keine Schublade stecken. Ob Schauspieler, Regisseur oder Komiker, er überzeugt in jeder Rolle. Seit 2022 ist der Steirer auch erfolgreicher Buchautor. Mit "Der Onkel" gelang ihm ein literarisches Werk, das die Bestsellerlisten eroberte und sogar den Sanktus von Elfriede Jelinek erhielt.
Der Rehragout-Pathologe
Unangepasst, steirisch, schräg: Schauspieler Michael Ostrowski ist wild und ruhig zugleich. Anlässlich des Kinostarts seines neuesten Films "Rehragout-Rendezvous" veröffentlichen wir das große Interview aus der März-Ausgabe erneut. Zusätzlich beantwortet er uns aktuelle Fragen zu seiner Rolle im Film.
Ab 10. August ist das Multitalent in der neuesten Rita Falk Romanverfilmung "Rehragout-Rendezvous" im Kino zu sehen. Er spielt erneut den kauzigen Gerichtsmediziner Günther, der den nicht weniger schrägen Dorfpolizisten Franz Eberhofer, gespielt von Sebastian Bezzel, mit seiner Expertise unterstützt. Anlässlich des Kinostarts haben wir ihn nochmals kontaktiert und ein paar Fragen zum Film gestellt. Lesen Sie diese sowie das große Interview nachfolgend und erfahren, bei welchem Thema er nie die Wahrheit sagt.
— Bereits zum elften Mal wurde ein Eberhofer-Krimi verfilmt. Du bist seit 2013 als Gerichtsmediziner Günther dabei. Was taugt dir an der Rolle?
Michael Ostrowski:Jede Szene ist lustig, obwohl es eigentlich um Tod und Verbrechen geht. Die Szenen sind super geschrieben und es ist immer Platz für Improvisation.
— Du wolltest ja selbst einmal Medizin studieren. Wäre die Pathologie für dich interessant gewesen?
Michael Ostrowski:Ich finde die Umstände des Todes spannender als die Todesursache selbst. Ich habe mir während der Drehpausen oft die alten Pathologiebücher angeschaut und war fasziniert von den Beschreibungen und den teilweise grauslichen Fotos, aber die rein wissenschaftliche Seite würde mich nicht genügend interessieren, glaub ich.
— Du bist bekennender Oldtimer-Fan. Bist du mit dem alten Audi 80 B2-Polizeiauto aus dem Film gefahren?
Michael Ostrowski:Nein, leider. Ich bin als Pathologe entweder im Obduktionssaal oder diesmal vor Ort am Feld, wo Leichenteile gefunden werden.
— Hast du auch Rehragout gegessen?
Michael Ostrowski:Ich habe kein Rehragout bekommen, vielleicht weil ich nicht beim Abschlussfest sein konnte - ich nehme an, dass es dort kredenzt wurde.
— Du bist ein sehr vielschichtiger Künstler, dabei war das gar nicht dein Berufswunsch…
Michael Ostrowski:Ich würde jetzt nicht sagen, dass ich es ausgeschlossen hätte, aber es war einfach nicht in meinem Kopf, Künstler zu werden. Eine Zeitlang wollte ich Medizin studieren, weil es etwas Ganzheitliches ist. Mich interessiert immer alles zusammen, also Körper und Geist. Aber schließlich haben mich andere Dinge mehr interessiert und ich habe es gelassen.
— Dafür spielst du in den "Eberhofer-Krimis" einen Rechtsmediziner.
Michael Ostrowski:Ja, es kommt alles wieder zurück (lacht). Da muss ich dir eine lustige Anekdote erzählen. Ich habe mich zum Zivildienst gemeldet, wollte ihn aber während meines Studiums nicht machen und konnte ihn aufschieben. Doch mitten im Studium bekomme ich tatsächlich die Einberufung als Altenpfleger in Mautern in der Steiermark. Der Zeitpunkt war für mich eine Katastrophe. Mit Hilfe des Institutsvorstands gelang ein Aufschub und ich konnte den Zivildienst später woanders nachholen.
Dann passiert das Unglaubliche: 15 Jahre später erhalte ich das Angebot, im "Tatort" einen Altenpfleger in Mautern zu spielen. Und ich habe es gemacht! Wie verrückt ist das? Ich dachte nur: "Jetzt komme ich doch noch nach Mautern."
Mein Motto ist es, kein Motto zu haben. Einfach schauen, was passiert. Im Endeffekt überrascht man sich eh selbst.
— Wie ist es dazu gekommen, dass du in Graz, New York und Oxford studiert hast?
Michael Ostrowski:Das war ein Austauschprogramm über die Uni. Ich wollte nach England, habe dort nebenbei Theater gespielt und einen Creative-Writing-Kurs gemacht. Selbst da habe ich noch nicht daran gedacht, Künstler zu werden. Ich wollte einfach die Welt sehen, war immer schon literaturinteressiert – und mit Sprachwissenschaft hatte ich die Möglichkeit, ins Ausland zu gehen.
— Was genau hast du studiert?
Michael Ostrowski:Englisch und Französisch, parallel dazu habe ich ein Fächerbündel gemacht: Europa, Sprachen, Wirtschaft und Recht. Da war sehr viel Jus dabei und ich dachte mir damals: "Das kenn ich noch nicht." Damit habe ich zwar nach zwei Jahren aufgehört, aber es war eine gute Erfahrung. Es hat mir eine komplett andere Welt gezeigt: Bürgerliches Recht! Hey Oida, what the fuck (lacht). Das ist wirklich nicht nur eine eigene Sprache, sondern eine komplett eigene Welt. Aber es war eine gute Erfahrung, die mir als Zivi bei der Flüchtlingsberatung in Graz nützlich war. Dort hatte ich viel mit Juristen zu tun, musste Bescheide schreiben und ähnliches.
— Wie ist das mit deinem Namen? Du heißt ursprünglich Stockinger und es gibt keine Erklärung, wie es zu Ostrowski kam…
Michael Ostrowski:Ja, weil ich auch nie die Wahrheit sage (grinst).
— Aber jetzt bitte die Wahrheit!
Michael Ostrowski:Sicher nicht (lacht). Ich verstehe, dass das interessant ist, aber ich habe schlicht keine Lust, diese Frage zu beantworten. Manchmal ist ein Künstlername sinnvoll und einen zu finden hat mir geholfen. Ich war mir noch nicht sicher, ob ich Künstler sein will, und meinem Empfinden nach hat sich Stockinger dafür nicht richtig angefühlt. Das hatte mehrere Gründe. Und irgendwann ist ein Name gekommen und es hat gepasst. Das lässt sich nicht erklären.
— Schade, aber einen Versuch war's wert…
Michael Ostrowski:Ja, die Frage ist überhaupt nicht blöd, aber ich will sie halt nicht beantworten (zuckt entschuldigend die Schultern und grinst).
— Manchmal steckt natürlich etwas Interessantes dahinter …
Michael Ostrowski:Ja, es gibt auch gute Geschichten. Bei mir gibt's einfach keine gute G'schicht.
Das Buch ist eine Ansage, wild und offen zu sein. Weil das is der Onkel und ich mag solche Typen.
Das ist jetzt sehr philosophisch, aber es ist das Wesen der Dinge. Ich muss nicht alles wissen und ich muss mir nicht immer sicher sein, wer ich bin.
— Aber der Onkel in deinem Buch bist du nicht?
Michael Ostrowski:Das Buch ist eine Ansage wild und offen zu sein. Weil das is der Onkel und ich mag solche Typen. In gewisser Weise bin auch ich so, natürlich bin ich kein Spieler, der in seinem Escort lebt. Aber es hat Teile von mir.
— Erzähle etwas aus dem Buch…
Michael Ostrowski:Es beginnt mit einem Barbut-Spiel, einem Spiel, das die Taxifahrer tatsächlich spielen. Das war ein wichtiges Symbol, ein bisschen wie das fahrende Volk, das sich immer zum Spielen trifft. Und Mike, der Onkel, ist ein Spieler, er lebt am Abgrund. Sein Verhalten ist nicht logisch, seine Entscheidungen nicht rational. Er meistert sein "Nichtshabertum" mit einer wunderbaren Eleganz und das gefällt mir einfach. Es war mir sehr wichtig damit in die Geschichte einzusteigen. Die Lesenden lernen so den Typen und seinen Charakter sofort kennen und tauchen in die Geschichte ein.
— Im Buch spielt ein '91er Ford Escort eine große Rolle, wie auch bei deinen anderen Rollen oft Oldtimer eine Rolle spielen. Warum?
Michael Ostrowski:Ich habe lange darüber nachgedacht und es war einfach das richtige Auto. Wie soll ich das beschreiben? Es gibt Leute, die sich mit Autos wahnsinnig gut auskennen. Ich gehöre nicht dazu, aber ich denke, ich habe ein Gefühl für Autos und ein gewisses Stilempfinden.
Ich habe ein Gefühl für Autos und ein gewisses Stilempfinden.
Der Escort ist ein Auto aus meiner Kindheit. Es war damals das erste leistbare Auto, von dem die Leute gesagt haben: "Des kaun wos." Ich denke viel über die Autos meiner Figuren nach, denn sie beeinflussen den Charakter, das ist wie ein Gewand.
Für mich war der Onkel auch immer einer, der einen Nadelstreifanzug und gute Schuhe anhat. So stellt er trotz Armut etwas dar. Das sind ganz wichtige Insignien und der Escort ist irgendwie räudig, weil Baujahr '91, aber er ist geil. Und der Onkel lebt in seinem Auto, er hat keine Kohle. Für ihn gilt: "My car is my castle."
Trailer: "Der Onkel" von und mit Michael Ostrowski
— Warum ein Buch, nachdem es bereits das Drehbuch und den Film gab?
Michael Ostrowski:Während des Schnitts vom "Onkel" habe ich von Quentin Tarantino "Once Upon a Time in Hollywood" gelesen und gedacht: "Das mache ich jetzt auch." Nachdem ich für den "Onkel" 15 Jahre lang recherchiert habe, war mir klar, dass es da noch viel mehr zu erzählen gibt, als im Drehbuch steht. Tarantino war quasi der letzte "Oaschtritt".
Im Drehbuch werden die Texte knapp gehalten, aber ich wollte mehr erzählen und mit der Sprache spielen. Ich suchte eine gewisse Freiheit, eine literarische Freiheit. So entstand das Buch.
— Was war dir dabei wichtig?
Michael Ostrowski:Ich wollte ein literarisches Buch schreiben, aber keines, das niemand versteht. Eines, das schnell und gerne gelesen wird, bei dem man reinkippt. Das waren meine Vorgaben an mich selbst.
— Wie lange hast du am Buch gearbeitet?
Michael Ostrowski:Ich denke, es waren zwei Mal drei Monate. Ich habe wirklich sehr schnell geschrieben, ehrlich, ich habe es aus mir rausgerissen. Ich habe richtig Gas gegeben und dem Rowohlt Verlag die Hälfte geschickt. Ich bekam keine Antwort, die dachten sicher: "Wieder irgend so ein spinnerter Schauspieler, der glaubt, er macht Literatur" (grinst). Aber ich schrieb dem Chef, er soll es doch bitte einmal lesen und wenn es ihm nicht gefällt, kann er immer noch sagen: "Der ist ein spinnerter Schauspieler."
In seiner Antwort hat er mir dann alle Gründe aufgezählt, warum er das Buch nicht machen will. Darauf meinte ich: "Versteh ich, aber ich habe zuvor Anfragen von vier Verlagen gehabt, ob ich ein Buch machen will, und immer mit der Begründung abgelehnt: Ich werde nur ein Buch schreiben, wenn ich etwas zu erzählen habe, und nicht, weil ich Schauspieler bin." Das hat er verstanden, es gelesen und gesagt: "Schreib fertig, ist gebongt!"
— Du wolltest, dass dein Verlag das Buch an Elfriede Jelinek schickt. Sie hat es gelesen und dir sogar eine Empfehlung geschrieben. Wie hättest du reagiert, wenn sie es nicht gemocht hätte?
Michael Ostrowski:Das ist eine gute Frage, das war natürlich ein Risiko, das wäre eine Zurückweisung. Literarisch gesehen geht mir ihr Werk sehr nahe. Was mein Buch betrifft, habe ich vieles tatsächlich aus einem Bauchgefühl heraus gemacht und es war mein Wunsch, dass sie es liest. Ich habe gewusst, wenn sie einmal anfängt, dann … (lacht).
— Alles gut, sie hat dich gelobt…
Michael Ostrowski:Extrem gut! Das war so ein unglaublicher Tag, als ich es erfahren habe. Ich habe mich so gefreut, dass ich gleich zwei Zeitungsabos, die ich kündigen wollte, verlängert habe (lacht).
"Ostrowski macht Urlaub"
— In "Ostrowski macht Urlaub" düst du im alten VW-Bus durchs Land. Reist du viel privat?
Michael Ostrowski:Ich bin tatsächlich in der Studienzeit viel gereist, mir war der Blick über den Tellerrand sehr wichtig. Privat habe ich nicht viel Zeit, auf Urlaub zu fahren. Ich bin schon froh, wenn ich einmal in Graz kurz Ruhe habe.
Da ich beruflich viel unterwegs bin, hatte ich das Glück, durch Filmdrehs an Orte wie Kambodscha oder Kuba zu kommen, die ich sonst wahrscheinlich nie besucht hätte. Das war super. Bei "Ostrowski macht Urlaub" war es lustig. Ich wurde gefragt, was ich machen will, und ich meinte: Ich bin so viel unterwegs, dass ich nie dazu komme, in Österreich irgendwohin zu fahren.
— Hast du generell bei der Autowahl ein Mitspracherecht?
Michael Ostrowski:Ja klar. Wir haben für "Ostrowski macht Urlaub" ein älteres Modell gesucht, das auch zum Übernachten taugt. Diese Autos erzählen etwas, das ist genauso wichtig wie ein Outfit. Es erzählt etwas über eine Figur. Und natürlich hätte ich auch mit einem modernen VW-Bus T7 anrauschen können, dann hätten die Leute gedacht: "Was ist mit ihm los?" (grinst).
— Als Stilmittel ist der Oldtimer sicher passender…
Michael Ostrowski:Ja, absolut. Und ich arbeite auch richtig beim Fahren! Bei dem Auto den Gang reinzubekommen, mit dem komischen Stangl, dann Zwischengas und gemma. Das hat was. Das macht auch etwas mit mir und das ist wichtig. Daher sind mir die Autos natürlich wichtig.
— Womit fährst du privat?
Michael Ostrowski:Mit einem Mazda 6 Sportkombi. Das kam daher, dass ich für Mazda Werbung gesprochen und ein Auto zur Verfügung gestellt bekommen habe. Nachdem das ausgelaufen ist, habe ich ihnen vor zehn Jahren das Auto abgekauft. Ich bekomme auch Anfragen, ob ich ein Auto haben möchte. Ich finde aber, dass es zu mir passen muss.
— Hast du ein Traumauto, außer dem Escort im "Onkel"?
Michael Ostrowski:Du meinst neben dem Ford Escort… (grinst) Meine Eltern fuhren lange einen Alfasud, so eine 70er-Jahre-Kiste, die es nicht mehr gibt. Den finde ich gut. Ich mag schon eher ältere Autos. Ich muss aber zugeben, dass ich auch einen Hybrid oder ein Elektroauto spannend finde (lacht). Ich finde es wichtig umzusteigen. Ich denke schon sehr umweltbewusst. Es ist aber in einem Gesamtkonzept zu sehen. Ich selbst habe eine PV-Anlage und könnte das Auto auch aufladen, das habe ich extra so machen lassen. Aber ich habe noch keine Entscheidung getroffen. (ergänzt lachend) Falls mir jemand eines zur Verfügung stellen möchte, bitte gerne!
— Bist du auch Radfahrer?
Michael Ostrowski:Ja, ich bin früher sehr viel gefahren, derzeit komme ich selten dazu. Aber ich habe mein ganzes Studium am Radl verbracht. In Graz wohne ich am Stadtrand, das ist mit dem Rad nicht zu schaffen, aber in Wien bin ich immer wieder gerne damit unterwegs.
— Mit welchem Rad fährst du?
Michael Ostrowski:Einem alten Damenfahrrad. Wirklich (lacht).
— Hast du auch einen A-Schein?
Michael Ostrowski:Nein, ich bin auf der sogenannten Gastarbeiterroute in der Steiermark aufgewachsen, die wird auch "Organspenderroute" genannt. Und da ein Teil meiner Verwandtschaft im Spital arbeitet, habe ich immer wieder Geschichten über abgetrennte Körperteile bei Motorradfahrern gehört. Woraufhin ich selbst und meine Eltern gemeint haben: "Das mache ich nicht."
— Du bist oft unvorhersehbar und bringst lustige Sager wie "Ich bin ein Werwolf". Warum machst du das?
Michael Ostrowski:Der Journalist hat mich gefragt: "Was ist das Erste, das dir einfällt?" Der Werwolf-Sager war's. Ich kann nicht erklären, woher das manchmal kommt. Es ist wie bei Träumen. Und auch wenn es ein Schwachsinn ist, schiebe ich es nicht weg, da es manchmal auch lustig ist. Das ist das Improvisatorische oder der Versuch, spontan zu sein. Das treibt mich immer wieder an. Selbst wenn ich ein Buch schreibe oder schauspiele, will ich mir diese Spontaneität behalten und versuche nicht zu verkopft zu sein. Damit kein Gefühl von Vorhersehbarkeit entsteht. Ich hätte gerne, dass wenn ich etwas spiele, die Zuschauer nie wissen, was als Nächstes geschieht. Ist das zu philosophisch (lacht)?
— Du bist tatsächlich oft philosophisch. Das ist sehr interessant, da wir von Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen, immer ein gewisses Bild haben. Du bist schwer einzuordnen. Ein bisserl der Strizzi, der Komiker, der Unangepasste und der Literat. Du bist extrem vielschichtig.
Michael Ostrowski:Nett, freundlich, eingebildet, arrogant, gutaussehend, fad UND zuvorkommend. Das trifft es (lacht).
Natürlich ist es schwer jemanden einzuordnen, den man aus dem Fernsehen kennt. Ich denke mir das manchmal, wenn mich jemand aus einer Serie wie "Vier Frauen und ein Todesfall" kennt. Da fahre ich einen Einser-Golf oder abgefuckte Varianten davon und spiele einen totalen Golf-Fan. Das ist aber überhaupt nicht meine Persönlichkeit. Ich bin auch nicht der verlorene Sohn einer Dorfwirtin, der nichts gelernt hat und nichts kann. Ich verstehe, dass es verwirrend für Menschen ist, die Rolle von der Person zu trennen.
— Die Person wird gerne mit der Rolle, die sie spielt, verbunden. Man denke nur an Peter Falk und Columbo…
Michael Ostrowski:Ja, der hat sogar seinen eigenen Trenchcoat getragen. Genau das ist der Punkt. Ich mag Peter Falk sehr gerne und habe viel über ihn gelesen. Als sie die Figur entwickelt haben, hat er gesagt, es geht sehr stark über das Gewand. Das ist bei mir auch so. Er wollte seinen Trenchcoat und seine Schuhe. Das ist wichtig, es ist ein Teil von ihm, den er kennt. Das ist normal, man nimmt Teile von sich in die Rolle auf, ist aber jemand anderer.
—Wo hast du dich speziell eingebracht?
Michael Ostrowski:Beim Franzi von den "Vier Frauen". Ich wollte ein Ohrringerl und ein Ketterl haben. Das bin schon ein bisserl ich, aber auch wieder nicht.
— Jedenfalls hast du einen einzigartigen Kleidungsstil. War das schon immer so?
Michael Ostrowski:Das ist sicher gewachsen. Es hat bei mir, glaube ich, mit den Reisen während meines Studiums angefangen. Damals habe ich viel Second Hand und am Flohmarkt gekauft. Ich hatte immer schon ein Faible für ausgefallenere Dinge. Ich weiß, das klingt so deppert, aber so ist's. Auch heute (zeigt auf seinen Ledermantel): Second-Hand-Damenmantel. Vieles kam auch mit dem Theater. Ich habe immer wieder Frauen und Männerkostüme durchgemischt. Was passt ist gut. Man muss seinen Kleidungsstil auch immer dem anpassen, wie man sich gerade fühlt.
— Du bist ein sehr privater Mensch und führst gerne die Presse an der Nase herum.
Michael Ostrowski:Immer wieder.
— Bislang hast du deine Kinder eher aus den Medien herausgehalten. Im "Onkel"-Kinofilm spielen aber gleich mehrere mit…
Michael Ostrowski:Das hatte damit zu tun, dass meine ehemalige Partnerin und ich die drei Kinder (Anm.: Elisea, Janosch und Maris) immer aus allem raushalten wollten. Sie haben gar nichts mit meinem öffentlichen Leben zu tun. Jetzt ist es ein Unterschied. Elisea und Maris sind schon groß und haben mehr oder weniger durch einen Zufall mitgespielt. Die Kleine (Anm.: drei Jahre alt, mit Partnerin Hilde Dalik) war sowieso die ganze Zeit am Set, dann hat sie eben auch mitgespielt. Mein 19-jähriger Sohn Janosch ist mit Trisomie geboren und dass ich dann auch erstmals über ihn in der Öffentlichkeit gesprochen habe, hat sich richtig angefühlt. Weil ich mich schon sehr lange dafür eingesetzt habe, dass die Ungleichbehandlung in der Schulbildung endlich thematisiert wird.
— Was meinst du damit genau?
Michael Ostrowski:Mit 16 sind die Kinder eigentlich ausgeschult, gerade in dieser Zeit hat aber Janosch sehr große Fortschritte gemacht und in seiner Entwicklung steckte noch viel Potential. Wir haben es damals geschafft, dass er die Schule noch zwei weitere Jahre besuchen konnte. Das ging, weil ich hartnäckig war, in der Öffentlichkeit stehe und ständig angerufen habe. Das kann halt nicht jeder. Damals fasste ich den Entschluss, damit an die Öffentlichkeit zu gehen und den vielen Eltern, die nur kämpfen und nicht gehört werden, eine Stimme zu geben.
— Geht dir dein Prominentsein auch auf die Nerven?
Michael Ostrowski:Sind wir einmal ehrlich, wenn dich niemand kennt, dann bist du ein bisserl falsch in dem Beruf. Wenn ich jetzt anfange mich darüber aufzuregen, dass mich jemand erkennt, dann wäre ich ein Volltrottel und unglücklich. Ich bin dankbar, denn wenn mich Leute kennen, kann ich meinen Beruf weiterhin machen. Aber es ist ein Prozess, damit klarzukommen.
— Was kommt als Nächstes?
Michael Ostrowski:Vieles! Ich gehe im Herbst wieder auf "Onkel"-Lesetour. Bei der Lesung ist es mir wichtig, dass es nicht vorhersehbar und abwechslungsreich ist. Daher setze ich auch Musik ein, denn mit Musik wirkt es noch viel mehr. Ich achte immer darauf, wie das Publikum es aufnimmt und schaue, dass ich mit dem Publikum interagiere.
Außerdem drehe ich im Herbst zwei Krimis, einen in Graz und einen in München. "Der Onkel" ist bereits auf Blu-ray zu haben und "Ostrowski macht Urlaub" gibt's auch wieder. Schon in der Maturazeitung stand über mich: "Der Typ, der fünf Sachen gleichzeitig macht."
Nicht zu vergessen: Am 19. November performe ich gemeinsam mit Anke Engelke und Band im Globe Wien "The Return of the Onkel".
— Vielen Dank für das interessante Gespräch…
Michael Ostrowski:Ich finde es immer so lustig, ich lese selbst gerne Interviews von Schauspielern und die finde ich dann so sympathisch. Dabei kenne ich viele privat (lacht). Schauspieler sind ja hervorragende Lügner bei Interviews, ich hoffe, auch ich (grinst).
— Und ich hoffe, du hast mir nicht zu viel aufgetischt…
Michael Ostrowski:Natürlich nicht (lacht).
Infokasten: Michael Ostrowski
- Schauspieler, Regisseur, Moderator, Autor
- Geboren am 03.01.1973 als Michael Stockinger in Leoben, Stmk.
- Wohnt in Wien und Graz
- Vater von vier Kindern
- Liiert mit Schauspielerin Hilde Dalik
- Englisch- und Französisch-Studium in Graz, Oxford und New York
- 1993: "Theater im Bahnhof" in Graz
- Durchbruch 2010: "Die unabsichtliche Entführung der Frau Elfriede Ott"
- 2004–2020: "Vier Frauen und ein Todesfall“"
- Servus TV: "Ostrowski macht Urlaub"
- Regiedebüt 2016: "Hotel Rock’n’Roll"
- ab 2019: Netflix-Serie "How to Sell Drugs Online (Fast)"
- Seit 2020: "Ein Krimi aus Passau"
- 2022: "Der Onkel" Kinofilm
- 2022: Erstlingsroman "Der Onkel" (Rowohlt Verlag), bereits 4. Auflage und seit Beginn in den Bestsellerlisten
- 2023. "Der Onkel" auf DVD und Blu-ray
- 2023: Nominiert für die Kurier-Romy als Schauspieler in "Ein Krimi aus Passau"
- 2023 im Kino: "Rehragout-Rendezvous" (Eberhofer-Krimi Teil 11)
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