— Wie kann ich mir Ihren Tagesablauf vorstellen?
Yvonne Otzelberger: Mein Tag beginnt um 5 Uhr früh. Oft auch früher, weil Schlafstörungen typisch für das Angelman-Syndrom sind. Yannick fehlen mehrere Hormone, die ihn beruhigen, daher ist er nachts wach und will beschäftigt werden. Vormittags arbeite ich in einem Ringstraßenhotel in Wien. Mein Mann ist in der Gastronomie. Wir wechseln uns ab. Er bringt Yannick und unsere 12-jährige Tochter Valentina in die Schule, ich übernehme am Nachmittag, organisiere die Kinder, die Therapien, die Arztbesuche. Wir sind ein eingespieltes Team.
— Nicht genug mit dem anstrengenden Alltag, haben Sie sich heuer auch noch einer großen sportlichen Challenge gestellt.
Yvonne Otzelberger: Ja, Yannick und ich haben unseren ersten Ironman absolviert. Es ist nicht alles ideal gelaufen, aber es war ein ganz besonderer Moment.
Nichts zeigt die Liebe zu deinem Kind so sehr wie eine gemeinsame Aktivität.
Yvonne Otzelberger, Yannicks Mutter
— Wie kam es dazu?
Yvonne Otzelberger: In meiner Jugend war ich Turnerin und Pole Dancerin, aber nie wollte ich joggen oder Ausdauersport machen. Das war nicht meins. Durch Yannick bin ich zum Sport gekommen, weil es der einzige Sport war, den wir gemeinsam machen können. Yannick sollte die Chance bekommen, bei einem Wettbewerb mitzumachen. Er sollte im Mittelpunkt stehen und ich wollte gleichzeitig die Situation nutzen, um auf das Angelman-Syndrom aufmerksam zu machen. Ich will anderen Betroffenen zeigen, dass sie sich nicht verstecken müssen, nicht aufgeben dürfen.
Yvonne Otzelberger schiebt das iPad zurecht auf dem Yannick spielt, füttert ihn, säubert den starken Speichelfluss und spricht ihm beruhigend zu.
Die Idee hatte ich schon früher, da war Yannick zwei Jahre alt. Inspiriert hat mich ein Video über einen Amerikaner, der mit seinem erwachsenen behinderten Sohn einige Ironmen absolviert hat. Das hat mich tief berührt. Nichts zeigt die Liebe zu deinem Kind so sehr wie eine gemeinsame Aktivität. Es ist schön, die eigenen Grenzen zu sprengen und ich war überrascht, wie gut das funktioniert hat.
— Wie kann ich mir das vorstellen – die Umsetzung, das Training, die Organisation?
Yvonne Otzelberger: Wir haben die kürzeste Distanz gewählt: 400 Meter schwimmen, 18 KilometerRad fahren und 4,2 Kilometerlaufen. Der Plan war, vier Stunden in der Woche zu trainieren. Das klingt nicht viel, ist aber im Alltag einiges. Das Wichtigste war immer, dass Yannick sich wohl fühlt und Spaß hat. Und den hatte er, denn er liebt Geschwindigkeit. Oft hat er mir aber auch gezeigt, wann es genug ist. Ich habe mich seinem Tempo angepasst. Beim Radfahren nahm ich einen Anhänger. Darin wurde Yannick fixiert, um nicht rauszufallen. Das hat ihm sehr getaugt, war aber nicht ungefährlich. Also trainierte ich oft allein mit dem 20 Kilogramm schweren Anhänger und mit Sandsäcken.
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