— Dein bisher größter Erfolg war Rang fünf bei der Weltmeisterschaft in Moskau – wie hast du das geschafft?
TOBI PLANGGER: Drei Wochen vor der Kletter-WM hat es nicht gut ausgesehen. Ich habe zum Spaß drei Salti vom 10-Meter-Turm im Freibad gemacht und mir dabei die Rippen geprellt. Somit gab es kaum Trainings und Vorbereitungszeit. Aber bei der WM in Moskua hat es fürs Finale gereicht und ab da hat es einfach nur Spaß gemacht.
— Du kannst also abliefern, wenn es drauf ankommt?
TOBI PLANGGER: In meinen Wettkämpfen läuft es immer besser. Aber es braucht eine hohe Konzentrationsfähigkeit und viel Routine.
Ich konnte immer schnell klettern, war aber anfangs in Wettkämpfen fehleranfällig. Speedklettern ist Sprinten an der Wand, aber mit Hindernissen. Wenn man einen Griff nicht ideal erwischt, fällt man. Das ist besonders im Wettkampf herausfordernd, weil man voll ist mit Adrenalin. Das erhöht das Tempo und verändert Sprunghöhe und Griffpositionen. Der Körper muss während des Laufs ständig korrigieren. So steigt die Wahrscheinlichkeit, dass man einen Griff verfehlt.
Hinzu kommen strategische Irritationen durch den Gegner, zum Beispiel, wenn dieser einen Lauf abbricht. Ich habe lange mit einer Mentaltrainierin gearbeitet, sie kennt mich, seit ich ein Kind war.
— Was konntest du verändern?
TOBI PLANGGER: Ich habe gelernt, mich voll zu konzentrieren und alles andere auszublenden. Den Gegner kann ich nicht beeinflussen, wenn er besser ist, ist er besser. Aber ich kann immer meine bestmögliche Leistung bringen.
Beim Start blickt man zuerst ins Publikum. Das hat mich früher nervös gemacht. Heute schaue ich nach oben ins Licht oder ich schließe die Augen. Dann sagt der Schiedsrichter: "At your marks!" Ich drehe mich um und stelle mir eine Linie vor. Wenn ich sie überschreite, gibt es nur noch mich und die Wand. Ab hier weiß ich genau, was ich zu tun habe.
Erster Zug, dann links – rechts – links – rechts – links doppelt – rechts – links doppelt – rechts – links – links. Jeder geht an der Wand seinen eigenen Weg. Ich wiederhole die Route im Kopf und warte auf das Startsignal. Das ist schwierig, weil da muss ich noch einmal raus aus meiner Bubble.
Der Schiedsrichter sagt: "Ready." Das heißt für mich Muskelspannung, Bauch einziehen, Becken nach hinten schieben. Beim ersten Piepser strecke ich den Körper, mit dem zweiten gehe ich nach hinten und beim dritten Piepser geht es los.
— Das klingt fast meditativ.
TOBI PLANGGER: Ja, in diesen Momenten bin ich total fokussiert. Ich visualisiere den Weg an der Wand sehr häufig. Vor allem an Tagen, an denen das Training sehr gut läuft. Ich sehe mir an, was ich genau gemacht habe. Nur zu denken, es war ein guter Tag, genügt nicht. Die Analyse der Videos und der Erinnerung im Körper und im Geist ist wichtig. So erkenne ich zum Beispiel, dass ich einen Tritt perfekt getroffen habe, also im exakt richtigen Winkel.
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