Wie steht es um unsere Umgebung im mobilen Kontext: Sollen auch Wartehäuschen, Bahnhofshallen, Bus-Stationen, Schnellstraßen und Züge über ihrer Funktionalität hinaus schön sein?
Sie müssen sogar schön sein. Wenn wir zum Beispiel die Flughäfen JFK New York und Zürich vergleichen, dann können wir beobachten, dass sich die Leute in Zürich viel besser benehmen. Sie sind viel weniger aggressiv, die Atmosphäre ist viel angenehmer. Das hat etwas mit der Architektur zu tun. Zürich wurde mit mehr Liebe und Sorgfalt gestaltet. In ansprechenden Umgebungen wie zum Beispiel auf der New Yorker High Line benehmen wir uns anders. Die Menschen werfen ihren Müll nicht einfach weg, sie sind höflicher. Nur wenige Meter entfernt, im Meatpacking District, wo die Umgebung nicht schön ist, verändert sich ihr Verhalten zum Negativen.
Es ist genau das gleiche Publikum, das sich 100 Meter weiter ganz anders benimmt. Und das Gleiche gilt auch für Bushaltestellen und Bahnhöfe.
Sehen Sie, dass dieser Gedanke auch tatsächlich zur Umsetzung gelangt?
Die Denke der 70er- und 80er-Jahre, dass alles einfach nur funktionieren muss, damit es automatisch schön wird, ist glücklicherweise passé. Heute ist man sich einig, dass Schönheit aktiv als Ziel in den Designprozess eingebaut werden muss, da sie sonst nicht erreicht wird. Es besteht auch Einigkeit, dass Menschen, egal, ob sie arm oder reich, gebildet oder ungebildet sind, die Schönheit im Leben brauchen und sie das Wohlbefinden positiv beeinflusst.
Wie sind Sie selbst unterwegs?
In New York bin ich sehr viel zu Fuß unterwegs und habe kein eigenes Auto. Es würde keinen Sinn ergeben. Zudem ist überall etwas los, es macht einfach mehr Spaß. Doch während der Pandemie habe ich in Palm Beach ein Apartment gekauft. Dort brauchst du ein Auto, weswegen ich mir einen 1962er Cadillac Convertible zugelegt habe: ein sehr schönes Auto aus der Hochzeit des amerikanischen Autodesigns. Ich habe es nur wegen seiner Form gekauft. Das Auto selbst ist Mist. Es ist mehr Sofa als Auto, es geht nicht schnell, ist wahnsinnig behäbig, aber Cruisen macht damit richtig Freude.
In Ihrem aktuellen Projekt präsentieren Sie Belege dafür, dass im Großen und Ganzen alles besser wird. Welche positiven Entwicklungen haben Sie entdeckt?
Das ganze Projekt hängt mit der Einsicht zusammen, dass sich die Menschheitsentwicklung, über einen langen Zeitraum betrachtet, sehr positiv gestaltet. Wenn wir dagegen eine kurzzeitige Betrachtung anstellen, scheint es, also ob alles den Bach hinuntergeht. Das hat auch wahnsinnig viel damit zu tun, dass wir alle das Negative lieben. Wir mögen das Drama. Das spiegelt sich auch in unseren Medien wider. Aber die wichtigen Dinge in unserem Leben, etwa Lebenserwartung, Gesundheit, Ernährung, Demokratie, Frieden: Sie alle haben sich in den letzten 100 oder 200 Jahren radikal verbessert.
Dafür sind allerdings auch neue Probleme entstanden.
Stimmt, Ausnahmen sind neue Herausforderungen, die es vor 200 Jahren nicht gab. Die Klimakatastrophe, das Aussterben von Arten. Ich glaube aber auch, dass wir aus der Vergangenheit ableiten können, dass die Menschheit erstaunlich flexibel ist, solche Probleme zu bekämpfen.
Haben Sie dafür ein Beispiel?
In meiner Jugend war die Überbevölkerung ein Riesenthema. Damals gab es ordentliche Wissenschaftler, die gedacht haben, dass es im Jahr 2000 Dutzende Millionen Tote pro Jahr geben wird, weil wir diese Anzahl von Menschen nicht ernähren können. Heute wissen wir aus Prognosen der Vereinten Nationen, dass sich die Weltbevölkerung bis zum Jahre 2070 auf ungefähr zehn Milliarden einpendeln wird. Und dann geht sie zurück. Wir haben jetzt schon in vielen reichen Ländern das gegenteilige Problem. Dadurch, dass China und Indien in der Armutsbekämpfung sehr erfolgreich sind, ist die extreme Armut auf der gesamten Welt von 90% vor 100 Jahren auf 9% zurückgegangen. Dadurch hat sich auch die Überbevölkerung eingebremst, weil Menschen, die nicht extrem arm sind, viel weniger Kinder haben. Mir ist diese positive Perspektive wichtig, weil wir dadurch bei der Bekämpfung der aktuellen großen Herausforderungen nicht in Resignation verfallen.
Sie hoffen also auf den Einfallsreichtum der Menschheit?
Bei meinen Recherchen zur technischen Entwicklung für das aktuelle Projekt habe ich herausgefunden, dass bei der Weltausstellung in Chicago 1896 die ausstellenden Experten gefragt wurden, was denn im 20. Jahrhundert die dominanten Technologien sein würden. Niemand hat die Bedeutung von Autos oder Telefonen vorhergesehen.
Nun sind wir 120 Jahre später in einer Situation, in der sich die Technologie noch viel schneller entwickelt. Jetzt anzunehmen, dass es keine weiteren Entwicklungen geben wird, die uns weiterhelfen können, ist realitätsfremd, um es freundlich auszudrücken.
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