Die aktuelle Stadtregierung hat im Koalitionsprogramm eine "autofreie Innenstadt" festgeschrieben, was im Wesentlichen auf ein elektronisch überwachtes Einfahrverbot für alle, die nicht im 1. Bezirk wohnen, hinausläuft. Für Bezirks-Fremde ist nur die Zufahrt zu Tiefgaragen erlaubt. Wie stehen Sie zu dieser Form von "autofreier Innenstadt"?
Das Projekt lag aufgrund einer fehlenden Regelung in der StVO und der Blockade der Verkehrsministerin auf Eis, aber ich bin zuversichtlich, dass wir mit der neuen Bundesregierung hier einen Schritt weiterkommen. Im Regierungsprogramm wurde es jedenfalls verankert. Klar ist, dass es dann auch Zufahrtsregelungen geben muss. Also Ausnahmen für Anrainer, Taxifahrten, Zulieferer, Einsatzkräfte etc. Alles, was dringend erledigt werden muss und wofür ein Auto benötigt wird, sollte auch weiterhin möglich sein. Und private Pkw, die in die Innenstadt fahren, sollen in der Garage parken. Das macht in der Innenstadt oberirdisch Platz frei. Wir haben ein historisches Zentrum, das wir einfach auch in dieser Form würdigen wollen.
Der Lobautunnel liegt seit drei Jahren auf Eis. Unabhängig davon steigt der Verkehr auf der A23 weiter an. Braucht es Ihrer Meinung nach den Lobau-Tunnel oder sind andere Maßnahmen zielgerichteter?
Also, wir haben den Lobautunnel immer kritisch gesehen, auch ökonomisch und ökologisch halten wir ihn für nicht sinnvoll. Die versprochene Entlastung der Tangente wird mit dem Tunnel nicht eintreten, das besagen alle wissenschaftlichen Untersuchungen dazu. Jetzt steht im Regierungsprogramm, dass alle Bauprojekte, die schon eine Genehmigung haben, auch zügig gebaut werden sollen.
Beim Lobautunnel ist das nicht der Fall. Da sind noch sechs von neun Prüfungen komplett offen. Das Projekt zieht sich seit den 90ern. Ich glaube, wir brauchen hier Alternativen. Bei der Absage des Lobautunnels auf Bundesebene ist man diese Alternativen leider schuldig geblieben. Was die Zukunft bringt, werden wir sehen. Klar ist aber, wir müssen versuchen, vor allem die Pendlerinnen und Pendler aus dem Wiener Umland, die ja zu drei Viertel mit dem Pkw in die Stadt hineinfahren, frühzeitig abzufangen und auf andere Verkehrsformen zu bringen.
Die Stadt Wien hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 den Fahrzeugbestand auf rund 530.000 Stück zu senken. Welchen Stellenwert hat Ihrer Meinung nach überhaupt noch der private Pkw in der Stadt?
Ich glaube, der Stellenwert des privaten Pkw geht zurück. Mich wundert es aber, dass es relativ langsam geht. Wir haben in Wien unglaublich vielfältige Möglichkeiten von Sharing-Angeboten. Ich glaube dennoch, obwohl ich selbst manchmal ein Auto benötige, dass der Pkw-Besitz in den nächsten Jahren noch stärker zurückgehen wird.
Laut Modal Split (Verkehrsverteilung OHNE Einpendler) werden 74% aller Wege in Wien mit Öffis, dem Rad oder zu Fuß zurückgelegt. Dieser Anteil soll bis 2030 auf 85% steigen. Wie bringt man Menschen Ihrer Meinung dazu, vom Auto auf andere Verkehrsmittel umzusteigen?
Es braucht grundsätzlich wirklich attraktive Angebote. Es muss attraktiv sein, ein Sharing-Auto zu nutzen. Es muss attraktiver sein, ein öffentliches Verkehrsmittel, das Rad oder was auch immer zu nutzen, als mit dem eigenen Pkw zu fahren. Denn ein eigener Pkw bedeutet ja monatliche Fixkosten, einen Parkplatz und so weiter.
Die Schaffung dieser attraktiven Angebote passiert schon. Zum Beispiel, indem WienMobil das Angebot massiv ausbaut, Sharing-Stationen direkt an den Verkehrsknotenpunkten schafft. Indem andere Carsharing-Anbieter Entlastungen erfahren und ihr Einsatzgebiet massiv erweitert haben. Fahrräder und E-Scooter spielen eine große Rolle, vor allem bei jungen Menschen.
Aber das Ganze ist ein Umdenkprozess, der, wie schon erwähnt, noch relativ langsam vonstattengeht.
Kommentare