Die aktuelle Stadtregierung hat im Koalitionsprogramm eine „autofreie Innenstadt“ festgeschrieben, was im Wesentlichen auf ein elektronisch überwachtes Einfahrverbot für alle, die nicht im 1. Bezirk wohnen, hinausläuft. Für Bezirks-Fremde ist nur die Zufahrt zu Tiefgaragen erlaubt. Wie stehen Sie zu dieser Form von „autofreier Innenstadt“?
Wir Grünen waren immer für eine Verkehrsberuhigung in der inneren Stadt. Die Frage ist, wie legt man es an und welches System wählt man auch dafür? Wir haben 2020 ja schon ein Konzept auf dem Tisch gehabt, es gab sogar eine Paket zwischen der damaligen Grünen-Stadträtin Birgit Hebein und dem Bezirksvorsteher der Inneren Stadt, Markus Figl. Leider ist es nicht dazu gekommen. Aber ich bin der Überzeugung, dass kein Weg an einer Verkehrsberuhigung vorbeiführt. Wichtig finde ich es natürlich, dass alle Einsatzkräfte, alle Menschen, die dort wohnen, alle Menschen, die sich kurz dort aufhalten, eine Möglichkeit haben sollen, in die Innenstadt hineinzufahren. Also wir brauchen einfach eine gute Regelung, die niemandem vor den Kopf stößt.
Sollte es im 1. Bezirk tatsächlich zu einem Einfahrverbot kommen erwarten wir, dass es ähnliche Wünsche auch in anderen Bezirken geben wird. Wie sehen Sie das?
Ich finde es immer gut, wenn man neue Dinge ausprobiert, an einem Punkt einfach zu beginnen. Es gibt immer Fragen, die man vielleicht nicht bedacht hat oder Aspekte, die man nicht berücksichtigt hat. Und dann können wir uns überlegen, ob wir das auf weitere Teile von Wien, vom Zentrum ausgehend, ausweiten.
Die Stadt Wien hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 den Fahrzeugbestand auf rund 530.000 Stück zu senken. Welchen Stellenwert hat Ihrer Meinung nach überhaupt noch der private Pkw in der Stadt?
Ich glaube, es wird weniger werden. Ich glaube, es wächst gerade auch eine Generation heran, die einfach weniger häufig Autos besitzt und Autos anmeldet. Insgesamt steigt ja die Zahl von Neuanmeldungen immer noch, aber das hat natürlich auch mit einer wachsenden Stadt zu tun. Gleichzeitig muss man sagen, dass wir alle ja nicht entweder Autofahrer oder Fußgänger oder Öffi-Nutzer sind. Sondern wir sind Menschen, die unterschiedliche Formen der Mobilität verwenden. Die Frage ist, wie kann man für Menschen, die ein Auto brauchen, die Situation so attraktiv gestalten, dass sie kein Auto besitzen müssen, dass sie es sich zum Beispiel einfach nur ausborgen. Und ich glaube, da haben wir noch wahnsinnig viel Luft nach oben
Laut Modal Split (Verkehrsverteilung OHNE Einpendler) werden 74% aller Wege in Wien mit Öffis, dem Rad oder zu Fuß zurückgelegt. Dieser Anteil soll bis 2030 auf 85% steigen. Wie bringt man Menschen Ihrer Meinung dazu, vom Auto auf andere Verkehrsmittel umzusteigen?
Der Öffi-Ausbau und die Taktung sind das Allerwichtigste. Also diese beiden Dinge muss man einfach gemeinsam betrachten, denn wenn die Taktung so bleibt, wie sie jetzt mancherorts in Wien ist, dann ist das keine attraktive Alternative. Weiters: Sharing-Systeme in allen Variationen und natürlich Garagen, um die Autos von der Oberfläche wegzubekommen und um Platz freizumachen für die Bewohner der Stadt.
Ein weiterer wesentlicher Punkt wäre ein modernes Parkraumbewirtschaftungssystem. Das aktuelle ist, glaube ich, noch nicht der Weisheit letzter Schluss. Auch die Digitalisierung bietet uns viele Chancen zum Beispiel mit Echtdatensystem, wo man via App sehen kann, wie ich am schnellsten von A nach B komme, wo es eine Park- oder Umsteige-Möglichkeit gibt. Also auch da gibt es noch so viel Luft nach oben.
Und wie kann man es noch attraktiver machen? Durch den Ausbau von sicheren Radwegen. Denn an vielen Stellen in Wien können Radler:innen derzeit noch nicht sicher und angstfrei von A nach B kommen. Mein Lieblingsvorbild ist hier Kopenhagen. Wenn man sich da mal aufs Rad gesetzt hat, hat man das Gefühl, okay, da gehe ich nie wieder vom Rad runter. Und in Wien denkt man sich oft, okay, ich lasse es doch lieber stehen, mir wird das einfach zu gefährlich. Da haben wir noch viele Möglichkeiten.
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