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März 2025

Wien Wahl 2025: Karl Mahrer (ÖVP)

Wie soll es mit der Mobilität in und um Wien weitergehen? Wir haben die Spitzenkandidat:innen der Gemeinderats-Parteien zu Parkpickerl, Lobautunnel, autofreier Innenstadt, Öffis und mehr befragt. ÖVP-Spitzenkandidat Karl Mahrer im Interview.

Die aktuelle Stadtregierung hat im Koalitionsprogramm eine „autofreie Innenstadt“ festgeschrieben, was im Wesentlichen auf ein elektronisch überwachtes Einfahrverbot für alle, die nicht im 1. Bezirk wohnen, hinausläuft. Für Bezirks-Fremde ist nur die Zufahrt zu Tiefgaragen erlaubt. Wie stehen Sie zu dieser Form von „autofreier Innenstadt“?

Also, grundsätzlich ist das ein Projekt, das ich befürworte. Aber wir brauchen dafür die rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen. Ich glaube, dass es vor allem dann eine gute Sache ist, wenn es mit dem Garagenleitsystem zusammenpasst. Also einem System, das bereits bei der Zufahrt in Richtung Innere Stadt die Möglichkeiten der Garagenplätze zeigt. Auch im internationalen Vergleich wäre das ein durchaus vernünftiger Weg.

Der Lobautunnel liegt seit drei Jahren auf Eis. Unabhängig davon steigt der Verkehr auf der A23 weiter an. Braucht es Ihrer Meinung nach den Lobau-Tunnel oder sind andere Maßnahmen zielgerichteter?

Der Lobau-Tunnel ist für mich eigentlich unverhandelbar und eine Bedingung für die nächste Koalition auf Bundesebene. Es ist ja so, dass der Lobautunnel das bestgeprüfte Straßenbauprojekt Österreichs und in Wirklichkeit ja bloß das Schließen einer bestehenden Lücke, nämlich des Rings rund um Wien ist. Er wäre eine große Verkehrsentlastung für Wien, speziell aber eine ganz große Verkehrsentlastung für die Donaustadt.

Die Stadt Wien hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 den Fahrzeugbestand auf rund 530.000 Stück zu senken. Welchen Stellenwert hat Ihrer Meinung nach überhaupt noch der private Pkw in der Stadt?

Also, solange es keine geeigneten Alternativen für alle gibt, hat der Autoverkehr selbstverständlich Zukunft. Was ich aber einfordere, ist die Wahlfreiheit der Mobilitätsmöglichkeiten. Wir sind die Partei, die gegen Verbote ist. Die Partei, die für Anreize ist und die Partei, die für Eigenverantwortung ist. Das heißt, es muss möglich sein, dass Menschen eigenverantwortlich entscheiden können, welches Verkehrsmittel sie nehmen oder ob sie zu Fuß gehen. Und es zeigt sich ja heute schon, dass die Menschen diese Eigenverantwortung in sehr vielen Fällen auch annehmen. Indem sie je nach Tageszeit oder Lebensabschnitt unterschiedliche Verkehrsmittel nutzen. Wenn also darüber geklagt wird, dass so viele Pendler mit dem Pkw nach Wien kommen, dann muss ich für diese Pendler einen Anreiz schaffen. Also zum Beispiel ein Park-and-Ride-System, damit sie attraktiv umsteigen können. Ich brauche auch verbesserte alternative Öffi-Angebote. Wir fordern da den Ausbau der Tangentialverbindungen zwischen den Bezirken, also zum Beispiel vom 21. in den 22. Bezirk. Denn wenn Menschen keinen attraktiven Anreiz haben, vom Auto umzusteigen, dann werden sie es weiterhin nutzen.

Laut Modal Split (Verkehrsverteilung OHNE Einpendler) werden 74% aller Wege in Wien mit Öffis, dem Rad oder zu Fuß zurückgelegt. Dieser Anteil soll bis 2030 auf 85% steigen. Wie bringt man Menschen Ihrer Meinung nach dazu, vom Auto auf andere Verkehrsmittel umzusteigen?

Für mich ganz wesentlich sind Park-an-Ride-Systeme und der Ausbau der Garagen. Garagen nicht nur unter der Erde, sondern auch Hochgaragen. Da gibt es internationale Beispiele, wie man Hochgaragen multifunktional nutzen kann, wenn dann in einigen Jahren vielleicht der Fall eintritt, dass wir eine massive Reduktion von Fahrzeugen haben. Und zur Park-and-Ride-Frage – ich glaube, dass Menschen mit dem Auto nicht freiwillig nach Wien bis tief in Richtung Stadt fahren würden, wenn sie attraktive Alternativen hätten, attraktiv vom Preis, attraktiv von der Erreichbarkeit, attraktiv vom Angebot.

Bis zum Jahr 2030 soll der Auto-Einpendler-Verkehr (im Vergleich zu 2021) an der Stadtgrenze um die Hälfte reduziert werden. Wie realistisch ist das Ziel von 50% weniger Pendler-Einfahrten mit dem Auto?

Das ist meiner Meinung nach nicht realistisch und nichts anderes als Symbol- oder Showpolitik, weil es eben keine entsprechenden Angebote gibt.

Wie stehen Sie zum Ausbau der Öffi-Verbindungen und über die Stadtgrenze Wiens hinaus?

Ja, der U-Bahn-Ausbau über die Stadtgrenzen hinaus ist für uns ein ganz, ganz wichtiger Punkt. Wir fordern das zum Beispiel für die Bereiche Auhof und Purkersdorf seit vielen Jahren. Wäre eigentlich relativ leicht möglich, wurde bis jetzt immer abgelehnt. Aber das wäre zum Beispiel eine Entlastung.

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Der U-Bahn-Ausbau über die Stadtgrenzen hinaus ist für uns ein ganz wichtiger Punkt. 

Karl Mahrer, ÖVP

Das Wiener 365-Euro-Jahresticket wurde am 01. Mai 2012 eingeführt und wird u.a. durch die Einnahmen aus der Parkraumbewirtschaftung finanziert. Im Mai 2023 sagte der zuständige Stadtrat Peter Hanke, „dass der Preis nicht ewig zu halten sei“. Wie sehen Sie das?

Ich glaube, gerade beim Öffi-Ticket muss man sagen, dass der Preis von 365 Euro auch immer in Relation zu den geforderten Leistungen der Öffis, beispielsweise bei der Taktung oder dem notwendigen Öffi-Ausbau. Hier geht es um ein ausgewogenes Gesamtpaket für Kosten und Leistung.

Für uns ist aber auch wichtig, wie die Stadtregierung mit einer Nagelprobe umgeht, wenn es um die Einführung einer Jahreskarte für Studenten und beim Seniorenticket geht. Das sind zwei wesentliche Zielgruppen, für die wir eine Vergünstigung gefordert haben. Und das Gegenargument der Stadt Wien lautet dann immer, dass man sich das nicht leisten kann. Dabei geht es bei unserem Vorschlag für das Studententicket doch auch um eine bürokratische Erleichterung für die Wiener Linien, wenn sie Studenten statt vier Tickets nur mehr ein Jahresticket ausstellen müssten. Wir wollen und wir werden auch all diese Pläne umsetzen, wenn wir in Wien Regierungsverantwortung tragen.

Trotz vieler Investitionen in Radwege und Verbesserungen für den Radverkehr, ist der Radverkehrsanteil in Wien in den letzten zwei Jahrzehnten nur von 6 auf 10% gestiegen. Wo ist anzusetzen, um die Nutzungshäufigkeit des Fahrrades spürbar zu erhöhen?

Wir sind, wie ich vorhergesagt habe, ganz klar für die Eigenverantwortung der Menschen und für die Freiheit bei der Auswahl der Mobilitätsmittel. Und daher unterstützen wir auch alles, was zu einem sicheren Radfahrverkehr beiträgt. Wir müssen nur zwei Dinge besonders betonen. Das eine ist, ich habe den Eindruck, dass sehr oft nicht der sinnvolle Bau von Radwegen auf der Agenda steht, sondern einfach nur das Vernichten von Parkplätzen, wie zum Beispiel bei dem äußerst umstrittenen Radweg in der Krottenbachstraße.

Und das Zweite ist, dass ich auch bei der Bezeichnung von solchen Radstrecken vorsichtig wäre. Wenn ich also den Fahrradweg vom 22. in den 1. Bezirk, den ich befürworte, als Rad-Highway bezeichne, dann bekommt die Gruppe der Radfahrer den Eindruck, dass das eine Strecke ist, wo du zügig fahren kannst und nicht links und rechts schauen musst. Allerdings führt dieser Rad-Highway in der Praterstraße in relativ knappem Abstand an Hausausgängen vorbei. Das finde ich nicht in Ordnung und das ist auch nicht gut so.

Wir wollen nicht eine Gruppe der Verkehrsteilnehmer gegen die anderen ausspielen. Sondern es muss möglich sein, ein Miteinander zwischen Autofahrern, Radfahrern, Fußgängern und Öffi-Benutzern zu erreichen. Und daher – vernünftiger Ausbau der Radwege, sichere Radwege, aber immer auch mit dem Hintergrund, dass alle Verkehrsteilnehmer, Fußgänger, Radfahrer, Autofahrer sich an die Gesetze halten müssen und dass wir als Stadt und als Staat das darstellen und es auch einfordern.

Bei den Radwegen ist es so, dass manche gut angenommen werden, manche nur sehr schlecht. Ist für Sie denkbar, dass man bei jetzt schon gebauten Radwegen hier einfach noch einmal eine Evaluierung macht?

Ja, genau.

E-Mobilität ist ein zentraler Bestandteil der Mobilitätswende. Zu den aktuell rund 1.000 Ladepunkten sollen in den nächsten Jahren aber gerade einmal 200 weitere dazukommen. Ist das ausreichend und sollen die Ladepunkte im öffentlichen Raum auch von anderen Anbietern als der Wien Energie betrieben werden dürfen?

Ich bringe Ihnen ein Beispiel, das sehr konkret ist und die Taxifahrer in Wien betrifft. Man hat ja festgelegt, dass alle neu zugelassenen Taxis mit 1.1.2025 mit E-Antrieb ausgestattet sein müssen. Man hat dann während der Corona-Zeit ein Ladeplattenprojekt erprobt. Diese Ladeplatten sollten auf den Standplätzen untergebracht werden und damit die Möglichkeit schaffen, die Taxis während der Standzeit zu laden. Allerdings sind nur 30 Ladeplatten, also für 30 Fahrzeuge, geliefert worden. Wir haben derzeit, wenn man alle Taxis zusammenrechnet, rund 6.000 Taxis in Wien.

Die Lademöglichkeiten, die die Wien Energie anbietet, beinhalten wiederum aber sehr wenig Schnellladestationen. Jetzt können Taxis während des Tages aber nicht drei Stunden langsam laden, denn da müssen sie ja fahren und Geld verdienen. Das heißt, das System funktioniert nicht.

Und obwohl für den Umstieg auf E-Autos den Taxiunternehmen viele Förderungen angeboten worden sind, haben diese davon fast nicht Gebrauch gemacht. Warum nicht? Weil sie nicht wissen, wie sie das Ladeproblem lösen.

Das heißt, die Stadt Wien hat durch den Nichtausbau der Ladestationen sowohl für Private als auch natürlich jetzt für Gewerbliche das geschafft, was sie sicherlich nicht schaffen wollte, nämlich genau den Umkehrschub. Die Taxi-Unternehmen haben jetzt verstärkt zum Verbrenner gegriffen und werden in den nächsten zwei, drei Jahren ganz sicher nicht auf E-Fahrzeuge umsteigen, zumindest in einem Ausmaß, wie man es sich seitens der Stadt gewünscht hätte.

Welche Maßnahmen würden Sie setzen?

Einen ganz massiven Ausbau der Ladestationen in Wien. Das ist eine dringende Notwendigkeit, sonst können wir das nicht schaffen.

Ein massiver Ausbau – heißt das auch mit anderen Partnern als mit der Wien Energie?

Selbstverständlich. Wenn die Wien Energie dazu alleine nicht imstande ist, sollte man auch mit anderen Partnern überlegen. Wir brauchen Lösungen. Ja, es ist nicht so einfach, da müssen verschiedene Dinge in der Infrastruktur vorbereitet werden. Aber man muss sich ehrlich hinsetzen und fragen, schaffen wir das? Und wenn wir es nicht gleich schaffen, wie schaffen wir es später?

Die Parkraumbewirtschaftung in Wien mittels Kurzparkzone und „Parkpickerl“ wurde ja auf ganz Wien ausgedehnt. Wie bewerten Sie diese Erweiterung?

In einigen Bereichen durchaus positiv, gerade in der Nähe von öffentlichen Verkehrsmitteln. Aber je weiter man rauskommt in den Außenbezirken, an die Peripherie, desto unsinniger wirkt es. Desto mehr wirkt es nach reiner Abzocke. Und wenn also jetzt in einem Bereich, wo es nie ein Parkproblem gegeben hat, wenn dort auf einmal die Parkraumüberwachungsorgane durchmarschieren und die Menschen strafen, macht es auf mich den Eindruck, dass es eine reine Abzocke ist.

Das heißt, eine wirkliche Steuerungsmaßnahme begrüße ich dort überall, wo es ein Beitrag zur Verbesserung für Anwohnerinnen und Anwohner war. Ganz wesentlich fände ich eine Änderung der kostenpflichtigen Parkzeit, die ja am Abend erst um 22 Uhr endet. Dies bedeutet für viele wirtschaftstreibende Gastronomen am Stadtrand ein Verdrängen der Gäste in Richtung Niederösterreich. Wir fordern daher eine Evaluierung der Parkraumbewirtschaftung und eine Reduzierung der kostenpflichtigen Parkzeit auf 19 Uhr, dort wo es bis 22 Uhr nicht notwendig ist, wie zum Beispiel in den Außenbezirken.

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