Die aktuelle Stadtregierung hat im Koalitionsprogramm eine „autofreie Innenstadt“ festgeschrieben, was im Wesentlichen auf ein elektronisch überwachtes Einfahrverbot für alle, die nicht im 1. Bezirk wohnen, hinausläuft. Für Bezirks-Fremde ist nur die Zufahrt zu Tiefgaragen erlaubt. Wie stehen Sie zu dieser Form von „autofreier Innenstadt“?
Also, grundsätzlich ist das ein Projekt, das ich befürworte. Aber wir brauchen dafür die rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen. Ich glaube, dass es vor allem dann eine gute Sache ist, wenn es mit dem Garagenleitsystem zusammenpasst. Also einem System, das bereits bei der Zufahrt in Richtung Innere Stadt die Möglichkeiten der Garagenplätze zeigt. Auch im internationalen Vergleich wäre das ein durchaus vernünftiger Weg.
Der Lobautunnel liegt seit drei Jahren auf Eis. Unabhängig davon steigt der Verkehr auf der A23 weiter an. Braucht es Ihrer Meinung nach den Lobau-Tunnel oder sind andere Maßnahmen zielgerichteter?
Der Lobau-Tunnel ist für mich eigentlich unverhandelbar und eine Bedingung für die nächste Koalition auf Bundesebene. Es ist ja so, dass der Lobautunnel das bestgeprüfte Straßenbauprojekt Österreichs und in Wirklichkeit ja bloß das Schließen einer bestehenden Lücke, nämlich des Rings rund um Wien ist. Er wäre eine große Verkehrsentlastung für Wien, speziell aber eine ganz große Verkehrsentlastung für die Donaustadt.
Die Stadt Wien hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 den Fahrzeugbestand auf rund 530.000 Stück zu senken. Welchen Stellenwert hat Ihrer Meinung nach überhaupt noch der private Pkw in der Stadt?
Also, solange es keine geeigneten Alternativen für alle gibt, hat der Autoverkehr selbstverständlich Zukunft. Was ich aber einfordere, ist die Wahlfreiheit der Mobilitätsmöglichkeiten. Wir sind die Partei, die gegen Verbote ist. Die Partei, die für Anreize ist und die Partei, die für Eigenverantwortung ist. Das heißt, es muss möglich sein, dass Menschen eigenverantwortlich entscheiden können, welches Verkehrsmittel sie nehmen oder ob sie zu Fuß gehen. Und es zeigt sich ja heute schon, dass die Menschen diese Eigenverantwortung in sehr vielen Fällen auch annehmen. Indem sie je nach Tageszeit oder Lebensabschnitt unterschiedliche Verkehrsmittel nutzen. Wenn also darüber geklagt wird, dass so viele Pendler mit dem Pkw nach Wien kommen, dann muss ich für diese Pendler einen Anreiz schaffen. Also zum Beispiel ein Park-and-Ride-System, damit sie attraktiv umsteigen können. Ich brauche auch verbesserte alternative Öffi-Angebote. Wir fordern da den Ausbau der Tangentialverbindungen zwischen den Bezirken, also zum Beispiel vom 21. in den 22. Bezirk. Denn wenn Menschen keinen attraktiven Anreiz haben, vom Auto umzusteigen, dann werden sie es weiterhin nutzen.
Laut Modal Split (Verkehrsverteilung OHNE Einpendler) werden 74% aller Wege in Wien mit Öffis, dem Rad oder zu Fuß zurückgelegt. Dieser Anteil soll bis 2030 auf 85% steigen. Wie bringt man Menschen Ihrer Meinung nach dazu, vom Auto auf andere Verkehrsmittel umzusteigen?
Für mich ganz wesentlich sind Park-an-Ride-Systeme und der Ausbau der Garagen. Garagen nicht nur unter der Erde, sondern auch Hochgaragen. Da gibt es internationale Beispiele, wie man Hochgaragen multifunktional nutzen kann, wenn dann in einigen Jahren vielleicht der Fall eintritt, dass wir eine massive Reduktion von Fahrzeugen haben. Und zur Park-and-Ride-Frage – ich glaube, dass Menschen mit dem Auto nicht freiwillig nach Wien bis tief in Richtung Stadt fahren würden, wenn sie attraktive Alternativen hätten, attraktiv vom Preis, attraktiv von der Erreichbarkeit, attraktiv vom Angebot.
Bis zum Jahr 2030 soll der Auto-Einpendler-Verkehr (im Vergleich zu 2021) an der Stadtgrenze um die Hälfte reduziert werden. Wie realistisch ist das Ziel von 50% weniger Pendler-Einfahrten mit dem Auto?
Das ist meiner Meinung nach nicht realistisch und nichts anderes als Symbol- oder Showpolitik, weil es eben keine entsprechenden Angebote gibt.
Wie stehen Sie zum Ausbau der Öffi-Verbindungen und über die Stadtgrenze Wiens hinaus?
Ja, der U-Bahn-Ausbau über die Stadtgrenzen hinaus ist für uns ein ganz, ganz wichtiger Punkt. Wir fordern das zum Beispiel für die Bereiche Auhof und Purkersdorf seit vielen Jahren. Wäre eigentlich relativ leicht möglich, wurde bis jetzt immer abgelehnt. Aber das wäre zum Beispiel eine Entlastung.
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