Motoren kreischen, Reifen quietschen – und Alexander Holzeis lacht. Nicht wegen der Reifen und auch nicht wegen der Motoren, obwohl natürlich die Sechs-, Acht- und Zehnzylinder zumindest der Neigungsgruppe Motorsport ein dickes Grinsen ins Gesicht zaubern. Und Holzeis ist als AMF-Offizieller definitiv ein Angehöriger eben dieser Neigungsgruppe. Holzeis lacht, weil er an den gestrigen Abend denkt.
Einsatzort: Racetrack
Ohne Ehrenamtliche geht fast nichts in diesem Land. Das gilt auch für Österreichs Rennstrecken – wie ein Blick in den Arbeitsalltag der Kommissare der Austrian Motorsport Federation (AMF) beweist.
Wir sind am Red Bull Ring, es ist der Samstag des DTM-Wochenendes. 41.000 Fans, so werden es die Veranstalter später berichten, pilgern an die Strecke, um die deutsche Traditionsrennserie zu sehen. Sie kommen wegen der Action. Damit es diese überhaupt gibt, drehen sich im Hintergrund viele Zahnräder, die ineinandergreifen und gemeinsam zu einem gut geölten Getriebe werden. Holzeis ist als AMF-Offizieller so ein Zahnrad.
Das macht die AMF
Die AMF, kurz für Austrian Motorsport Federation, ist die österreichische Vertretung des Motorsports in den Automobil- und Motorrad-Weltverbänden FIA und FIM. Zu ihren Aufgaben gehört die technische und sportrechtliche Betreuung von Rennen. Für Erstere sind die technischen Kommissar:innen (Scrutineers), für Zweitere die Sportkommissar:innen (Stewards) zuständig. Kurz gesagt: Die AMF entsendet zu quasi jeder Motorsport-Veranstaltung, die im Land stattfindet, offizielle Gutachter und Schiedsrichter. Von der DTM in Spielberg bis zum Autoslalom im ÖAMTC Fahrtechnikzentrum Teesdorf sind das immerhin rund 100 pro Jahr. Und manchmal geht es für die Offiziellen sogar bis nach Asien.
Die Gutachter
"Unsere Sabine war gerade in Singapur bei der Formel 1 und hat bei der F1 Academy, der Nachwuchsserie für junge Frauen, mitgearbeitet", erzählt der 58-jährige Holzeis. So ein Event sei einerseits natürlich besonders zeitintensiv. Anderseits: Singapur, schon lässig. Doch woran arbeitete Sabine dort eigentlich? Und was macht Holzeis hier am Ring?
Beide sind Scrutineers, sprich, technische Kommissare. Ihr Job ist Kontrolle: Passen die Abstände der Flügel? Wird die erlaubte Bodenfreiheit eingehalten? Und darf dieser Reifen noch verwendet werden? Der Hauptfokus liegt von Singapur bis Spielberg auf der Sicherheit.
Deshalb werden in der Formel 2 und 3 sogar die Helme der Mechaniker kontrolliert. "Die Teams kommen dann mit einem Wagerl voll mit Helmen daher", erzählt Holzeis. Das seien auch zumindest für ihn die lässigsten Arbeiten: Dort, wo man wirklich Hand anlegen kann, kontrollieren muss, ganz nah am Motorsport ist. Doch was, wenn etwas nicht passt?
Der Schiedsrichter
Szenenwechsel. Im ersten Stock des Boxengebäudes tut sich ein Meer aus Bildschirmen auf. Konkret sind es 21 Monitore, die digital zu maximal 84 kleineren unterteilt werden können. Sie zeigen Livebilder, die von 34 Kameras, allesamt 4K auflösend und 360 Grad schwenkbar, eingefangen werden. Was aussieht wie eine NASA-Kommandozentrale am Weltraumbahnhof Cape Canaveral, ist in Wahrheit die Race Control am Red Bull Ring – und der Einsatzort von Christian Singer.
Seit 2006 ist Singer technischer Kommissar bei der AMF, 2018 kam noch das Amt des sportlichen Kommissars dazu, des Stewards. "Wir bekommen Berichte von den Scrutineers und geben ihnen auch Aufträge." Und dann wird überprüft: Stimmen die Ergebnisse mit dem Reglement überein? Wenn nicht, können Sanktionen ausgesprochen werden: Geldstrafen, Rückversetzungen in der Startaufstellung, sogar Disqualifikationen. "Wir sind die letzte Instanz und können auch den Rennleiter überstimmen", sagt Singer. Etwa 15 Veranstaltungen macht er im Jahr, fünf der letzten sechs Wochenenden war er im Einsatz, freilich ehrenamtlich. Woher die Motivation komme? "Idealismus."
Auch Holzeis hat einen ähnlichen Antrieb, nur dass er es nicht Idealismus nennt, sondern ein wenig erdiger ausdrückt: "Ein bisserl einen ,Pecker' muss man einfach haben." Neben der Leidenschaft für den Motorsport ist es auch die Teamarbeit, die ihm besonders Spaß mache. Nicht zuletzt, weil sich Jung und Alt durchmischen. "Wir haben aktuell eine schöne Altersstruktur."
Der Nachwuchs
Fabian Windwarder gehört zu den Jungen. Seit 2021 ist der 21-Jährige bei der AMF, rund sechs Veranstaltungen macht er im Jahr. Windwarder ist Aspirant, also noch in Ausbildung. "Die dauert zumindest zwei Jahre, in denen man bei möglichst vielen und möglichst unterschiedlichen Motorsport-Events dabei sein soll", erzählt er. Man schaue sich viel von den Erfahrenen ab, doch das, hakt Holzeis ein, gelte in beide Richtungen: "Die Jungen lernen von uns und wir von ihnen."
Generationenunterschiede
Motoren kreischen, Reifen quietschen – und Alexander Holzeis lacht, als er an gestern Abend denkt. Da seien sie alle beisammengesessen, auch das gehöre dazu, Teambuilding eben. "Wir nicht mehr ganz so Jungen haben über unsere Beschwerden geredet und die ganz, ganz Jungen den ganzen Abend über Autos. Porsche und GT3 und was weiß ich."
Der Weg zum AMF-Offiziellen: austria-motorsport.at/amf_offizielle
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