F1-GP_A_Red Bull-Ring_2015-06_HE_0737_CMS.jpg Helmut Eckler

Wochenendticket-Besitzer durften am Donnerstagabend zum Pit Lane Walk in die Boxengasse.

© Helmut Eckler

Wochenendticket-Besitzer durften am Donnerstagabend zum Pit Lane Walk in die Boxengasse.

© Helmut Eckler
Juni 2015

Grand Prix von Österreich – ein Rückblick

Wie's ausgegangen ist, wissen wir: Auch beim 8. Formel-1-Grand-Prix dieses Jahres dominierte Mercedes. Und sonst? Perfekte Organisation, kaum Stars, kleine und große Krisen – ein Blick aufs Drumherum.

Es war ein durchwachsenes Wochenende. Dunkle Wolken, Regen, Schafskälte, dann wieder Sonnenschein. Die Nachricht vom Wahnsinns-Amoklauf in Graz überschattete auch das Rennwochenende auf dem Red Bull-Ring in Spielberg. Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff dazu: "Verglichen mit den tragischen Ereignissen von Graz, verkommt unsere kleine Formel-1-Welt zur Bedeutungslosigkeit."

Trotz allem – der Veranstalter hat wieder beeindruckt, mit toller Organisation und Rahmenprogramm: Legenden-Rennen mit Lauda, Berger, Prost und Piquet, Konzerte von der Berliner Country-Biker-Band Boss Hoss bis hin zum Volks-Rock’n’Roller Andreas Gabalier. Gabalier sorgte im Vorjahr mit der "töchterlosen Version" der Bundeshymne für landesweiten Aufruhr. Um ähnlichem Unbill vorzubeugen, spielten heuer drei Bergknappen-Kapellen aus den Bezirken Leoben und Murtal die Hymne, ausschließlich instrumental, allesamt im Bergmannskittel und mit traditionellem Federbusch. Und weil sich Hausherr Dietrich Mateschitz eine peppigere Version gewünscht hat, war halt ein bisserl mehr Schlagzeug dabei.

Wenn schon bodenständig, dann richtig. Darum waren auch heuer wieder 50 Formula Unas im Fahrerlager omnipräsent: Fesche Madln, die als Hostessen fungierten und aus 1.000 Bewerberinnen gecastet wurden. In der Jury mit dabei die beiden Toro Rosso-Youngsters Carlos Sainz jr. und Max Verstappen. Statt hautenger Overalls oder Hot Pants trugen die Grid Girls in Spielberg von Hand geschneiderte Dirndl-Modelle aus der Werkstatt von Monika Primas Steirischem Heimatwerk.

Einzigartig und mustergültig: Auf dem Red Bull-Ring kümmert sich ein eigens eingesetzter Behinderten-Beauftragter mit seinem Team um die Belange der Rollstuhlfahrer. Auf der Haupttribüne wurden die Sitze vor den Rollstuhlplätzen nicht verkauft, um bessere Sicht zu gewährleisten.

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Aber nichts konnte darüber hinwegtäuschen: Die Formel 1 ist wieder einmal in der Krise. Was sich durch den schleppenden Vorverkauf schon unheilvoll angekündigt hatte. Nur 55.000 Zuschauer verfolgten am Sonntag, dem 21. Juni, auf dem Red Bull-Ring in Spielberg das Rennen. Zur Erinnerung: Im Vorjahr, als die Formel 1 spektakulär nach Österreich zurückkehrte, waren es mehr als 100.000 gewesen.

Die Gründe sind bekannt: ein kompliziertes, für Konsumenten kaum mehr durchschaubares Reglement, Reifenpoker, schwacher Sound der Formel-1-Motoren und auch sonst jede Menge skurriler Arabesken. So etwa wurden die Red Bull-Piloten Daniil Kvyat und Daniel Ricciardo um 10 Plätze zurückversetzt, weil sie bereits ihren fünften Motor einsetzten. Doch damit nicht genug: Weil die Red Bulls im Qualifying weit abgeschlagen waren, wurde ihnen auch noch eine Durchfahrtsstrafe durch die Boxengasse aufgebrummt. "Absoluter Schwachsinn!" für Mercedes-Aufsichtsratsvorsitzenden Niki Lauda. "Wir müssen schauen, dass wir diese Regelung wieder wegkriegen."

Auch die Silberpfeile sind am derzeitigen Interessens-Schwund nicht ganz unbeteiligt. Lewis Hamilton und Nico Rosberg dominieren auch heuer wieder nach Belieben. Ferrari ist mit einem gut gelaunten, wieder voll motivierten Sebastian Vettel zwar in Schlagdistanz, schlagen kann sich Mercedes am Ende jedoch nur selbst. Aber um die Formel 1 sollte man sich keine Sorgen machen. In Krisenzeiten ist sie stets über sich hinaus gewachsen. Es wird bereits heftig polemisiert, natürlich von Bernie Ecclestone, aber auch von Fahrervertreter Sebastian Vettel: über mehr Speed, breitere Reifen...

Und noch ein Krisenzeichen: Die Promis bleiben aus. Also wurde der norwegische Schi-Weltmeister, Gesamtweltcup- und Olympiasieger Aksel Lund Svindal quasi stellvertretend von Interview zu Interview herumgereicht. Außer ihm wurden der steirisch-deutsche Starkoch Johann Lafer und der italienische Abfahrer Dominik Paris gesichtet. Abgesehen von den ehemaligen Formel-1-Stars David Coulthard, Jacques Villeneuve, Alex Wurz, Johnny Herbert, Damon Hill, Martin Brundle, Christian Danner und Marc Surer, die allesamt für diverse TV-Stationen ihre Fachkommentare abgeben.

Frust bei McLaren

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1 Frust, nein danke: McLaren-Honda-Pilot Jenson Button nimmt das Motoren-Drama wie ein echter Gentleman, posiert nach dem Rennen entspannt mit Formula Unas. Die feschen Hostessen, Fahnenträgerinnen und Grid Girls sind in ihren maßgeschneiderten Dirndln ein Augenschmaus und trösten ein wenig über das frühe Aus in der 8. Runde hinweg. © Helmut Eckler

2 Frust beim Boss: Jetzt-wieder-McLaren-Teamchef Ron Dennis ist alles, nur nicht amused. Da kann auch der Christophorus-Notarzthubschrauber nichts retten. Dennis war Mastermind erfolgreicher McLaren-Zeiten mit Porsche-TAG-Turbo-, Honda- und Mercedes-Motoren. © Helmut Eckler

3 Frust total: Fernando Alonso will noch einmal Weltmeister werden – und hat die zumindest derzeit schlechteste Entscheidung getroffen. Mit dem McLaren-Honda ist er chancenlos. Es stellt sich die Frage, ob überhaupt je wieder an die glorreichen Zeiten dieser Auto-Motor-Kombination angeschlossen werden kann. © Helmut Eckler

Spannend wie immer – die Gerüchteküche: Ganz heiß die offenbar bevorstehende Scheidung zwischen Red Bull und seinem Motoren-Lieferanten Renault. Die Differenzen scheinen unüberbrückbar zu sein. Renault kann derzeit kein konkurrenzfähiges Antriebsaggregat liefern. Daher hat Red Bull nach vier WM-Titeln in Serie nun komplett den Anschluss zur Spitze verloren. Das treibt selbst Dauerlächler Daniel Ricciardo Sorgenfalten auf die Stirn. Der derzeitige Status: Es ist kompliziert. Welche Optionen hat Red Bull denn noch? Mercedes? No Way! Toto Wolff und Niki Lauda wollen und werden sicher keinen Konkurrenten stärken. Ferrari? Red Bull-Teamchef Christian Horner, frisch getraut mit Ex-Spice-Girl Geri Halliwell, hat dieser Möglichkeit eine klare Absage erteilt. Denn die Kundenmotoren haben 20 bis 30 PS weniger als die des Stammteams aus Maranello. "Sauber kann davon ein Lied singen", weiß Gerhard Berger. Ist doch was dran, dass Audi oder VW vielleicht als Motorenlieferant in die Königsklasse einsteigen? Bis dahin wäre Ferrari doch eine Option. Wenn auch nur vorübergehend, denn Red Bull mag kein Mittelmaß. Fiat-Konzernchef Sergio Marchionne, der am Sonntag anreiste und von Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene durchs Fahrerlager geführt wurde, wäre über eine Zusammenarbeit mit Red Bull höchst erfreut. Immerhin wurde der erste sogenannte Red Bull-Sieg mit einem Ferrari-Motor eingefahren: 2008 im Autodromo von Monza von Sebastian Vettel – damals noch im Toro Rosso.

Honda wird’s wohl nicht werden, denn die haben einen riesengroßen Entwicklungsnachteil, weil sie voriges Jahr zum Beginn der Hybrid-Motoren-Ära noch nicht dabei waren. McLaren fährt mit den japanischen Triebwerken hoffnungslos hinterher, matcht sich trotz viel höheren Budgets derzeit nur mit dem Nachzüglerteam Manor Marussia – wenn sie überhaupt durchkommen. Da ist die neue schwarze Lackierung wohl irgendwie Programm, frei nach dem Filmtitel: Wenn die Autos Trauer tragen.

Heiß auch das Gerücht um einen bevorstehenden Reifenkrieg: Pirelli bekommt angeblich einen Mitbewerber. Michelin! Nach dem Skandalrennen von Indianapolis 2005 (nur sechs Autos am Start) beim damaligen FIA-Boss Max Mosley in Ungnade gefallen, wollen die Franzosen ab 2017 wieder Exklusiv-Lieferant der Formel 1 sein. Aber sie stellen Bedingungen: Die Pneus sollen langlebiger und breiter werden, von 18 Zoll ist die Rede. Der Plan könnte aufgehen, nachdem die Formel 1 sowieso an allen Ecken und Enden um Attraktivität ringt. Vielleicht fällt sogar das Monopol und es gibt bald wieder zwei Ausrüster. So wie bis 2006 mit Michelin und Bridgestone.

Aber es wurde auch flott gefahren auf dem Red Bull-Ring, einer teils holprigen Strecke mit schnellen Geraden und hart zu bremsenden Ecken. Als Sebastian Vettel im Ferrari völlig überraschend die Trainings-Sessions beherrschte, roch es nach Sensation. Für den Heppenheimer war aber immer klar: "Mercedes wird im Qualifying noch 'ne Schippe drauflegen!" Das taten die Silberpfeile dann auch: Sekunden vor Schluss lag Lewis Hamilton vor Nico Rosberg. Als Hamilton die Ziellinie überquerte und zu einer letzten schnellen Runde ansetzen wollte, brach sein Auto beim Anbremsen auf Turn 1 (Castrol-Kurve) unvermittelt aus. Rosberg hatte also noch die Chance auf die Pole. Doch er zeigt Nerven und setzt seinen Boliden in der Zielkurve ins Kiesbett. Egal. Hamilton war auf Pole, Rosberg Zweiter. Dahinter Vettel und Massa.

Doch am Renntag der Silberstreif: Nico Rosberg gelingt ein Raketenstart, er setzt sich in der Castrol vor Hamilton und Vettel, fährt seine Position clever bis in Ziel. Damit gewinnt er zum zweiten Mal in Folge auf dem Red Bull-Ring. Aber langsam werde die vielen Silber-Erfolge fad. 

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