Es war am 9. November 1989, als das im TV übertragene Stottern eines blassen DDR-Apparatschiks für den größten Wendepunkt der europäischen Nachkriegsgeschichte sorgte: "Nach meiner Kenntnis ... sofort, unverzüglich", lautete seine Antwort auf die Frage, wann Reiseerleichterungen für Ostdeutsche in Kraft treten sollten. Der Tagesschau-Beitrag von damals und die Berichte der darauffolgenden Ereignisse verursachen noch immer Gänsehaut.
Heute, bald 35 Jahre später, ist von der Mauer als Bauwerk kaum mehr etwas übrig. Junge Menschen in Berlin spüren sie nicht einmal mehr im Kopf. Aber noch immer gibt es deutliche Unterschiede zwischen West und Ost. Der im Osten aufgewachsene Literaturwissenschaftler Dirk Oschmann thematisiert sie in seinem Buch "Der Osten: eine westdeutsche Erfindung". Die drei Fragen, die ihm auto touring stellte, beantwortete er kurz, bündig – und pessimistisch:
- Ist, wie Willy Brandt es ausdrückte, zusammengewachsen, was zusammengehört? „Nein.“
- Ticken die Menschen diesseits und jenseits der ehemaligen Grenze anders? „Ja.“
- Wann wird sich das Durchschnittseinkommen angeglichen haben? „Nie.“
In Berlin ist davon kaum etwas zu spüren. Berlin ist keine vordergründig schöne Stadt wie Prag, Budapest oder Wien, zu viel ist zerstört worden. Aber Berlin hat sich im Laufe seiner Geschichte immer wieder neu erfunden. Die Stadt hat sich trotz ständig klammer Finanzen („arm, aber sexy“, sagte ein früherer Bürgermeister) zur Weltmetropole entwickelt. Eine Spurensuche der Relikte der Zeit rund um die Wende fasziniert auch 35 Jahre danach. Hier sind zehn Wende-Punkte dazu.
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